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Die letzte Kanufahrt


 
 
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Nordlicht
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Beiträge: 3755



Beitrag09.04.2010 02:48
Die letzte Kanufahrt
von Nordlicht
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Vorbemerkung: Saskatchewan ist eine kanadische Prairieprovinz, die flach und öde ist (hoffentlich liest das keiner von Saskatchewan  Embarassed )


“Lass uns doch noch eine letzte Runde paddeln gehen, bevor wir das Kanu einmotten!" Chris schaute mich erwartungsvoll an.
Draußen hingen die Wolken wie eine schmuddelige Decke tief über den Bergen und gaben die Illusion einer viel flacheren Landschaft. Es hätte ebenso gut Saskatchewan oder Ontario an einem grau verwaschenen Novembertag sein können. Ich guckte auf das Thermometer: -7 Grad. Alles in allem nicht gerade das Wetter, das eine wilde Lust nach einer Kanufahrt in mir weckt.

"Komm, sei nicht so faul. Unsere letzte Chance für sechs Monate, noch mal aufs Wasser zu gehen!"
Mit einem Seufzer gab ich nach. Wenn Chris nicht wäre, würde ich vermutlich auf dem gemütlichen Sofaplatz neben dem Ofen Wurzeln schlagen.

Fesch in Yukoner Winterpaddelklamotten eingepellt (fadenscheinige Fleecehosen,  mit Kleber geflickte Wintergummistiefel, hundehaarige Pullis und Windjacken, Mützen, Handschuhe und Schwimmwesten) stapften wir durch den Schnee zum See hinunter. Wieso haben eigentlich immer die Wochenendsportler die ganze gute Ausrüstung, während wir andern uns mit abgetragenen Klamotten, zu kleinen Schneemobilen, Aluminium-Nussschalen mit mickrigen Außenbordmotoren und arg gebeutelten Kanus herumschlagen? Das arme Ding, es sah ganz fehl am Platz aus, der zerkratzte Kiel bestäubt mit Schnee.

Vorsichtig trugen wir es über die vereisten Ufersteine und setzten es im flachen, dickflüssig wirkenden Wasser ab. Ich stieg ins Boot, schwerfällig mit meinen dicken Stiefeln, dann gab Chris einen leichten Schubs und kletterte hinterher. Warm behandschuht zogen wir an den Paddeln, suchten uns unseren Weg dicht am verschneiten Ufer entlang. In gedämpftem Tannengrün, die felsigen Hügel dünn behaart mit skeletösen Pappeln und Weiden, stand der Wald in völliger Stille.

Wir glitten an der neuen Biberburg vorbei, die schon im Spätsommer verlassen ausgesehen hatte und die jetzt noch verfallener wirkte. Abgenagt Äste trieben herum: Ein weiteres unfertiges Bauprojekt des Nordens. Ach, ich verstand es nur zu gut, all die Pläne und Träume vom perfekten Haus zerschlagen in der rüden Kollision mit der Realität.
Als wir weiterpaddelten gelang es der Sonne, einen Schaft goldgelben Lichts durch die bleierne Wolkendecke über einem Tal zu schieben. Blendend und üppig zerlief er sich glitzernd über dem Wasser, der eine breite Strahl. Überall, wohin er sich ergoss erglühte der Schnee, strahlten die Bäume, lächelten die Kanuten. "Hätte die Sonnenbrille mitnehmen sollen," murmelte Chris.

Für einen kurzen Moment kam mir die Idee für einen Winterkanutrip. Es wäre anders, auf jeden Fall, aber schon ein Spaß. Vielleicht doch nicht so viel Spaß, gab ich schnell zu, als wir aus dem sonnenüberfluteten Stück heraus kamen und der graue November uns wieder hatte. So ein Bußemonat, in dem man für den Farbenexzess des Herbstes zahlt.
Hier war der Fleck, an dem Chris im Sommer die zerfleischten Überreste eines jungen Schwarzbären gefunden hatte. Nichts konnte man davon mehr sehen, zumindest nicht vom Wasser aus. Etwas weiter war die Bucht, in der im Juni das Jährlingselchkalb gestanden hatte, verloren und unsicher, vertrieben von seiner Mutter, die sich nun um ein neues Kalb kümmern musste.

Wie die Perlen an einem Rosenkranz erinnerte uns jeder Ort an eine andere Geschichte des Sommers, bekannt nur den Eingeweihten, von Bedeutung nur für die Gläubigen. Im Gegensatz dazu gab der Schnee die Geheimnisse des Ufers willig preis, konnte den Tratsch nicht für sich behalten.

Hier waren Schneehasen hin und her gerannt, ihre Pfade so publik wie eine Straßenkarte auf Google Earth, gekreuzt von den Tupfen und Strichen, die Hermelin- und Marderpfoten hinterlassen hatten. Noch weiter, der Abdruck ausgebreiteter Flügel, runde Luchsspuren und ein Häufchen Elchsköttel, halb verdeckt vom Schnee. Wir trieben heimlich vorbei, hinterließen keine Spur unseres Vorbeikommens, weiter zum Blaubeerdickicht und dem flechtenbetupften Kliff: Orange Flecken, die laut in das allumfassende Grau hinaus schrien.

Schließlich lenkten wir das Kanu zurück nach Hause, um die Übergangszeit abzuwarten in der das Wasser verschwand, bis sich Eis von Ufer zu Ufer erstreckt. Das Kanu ging hinter unserem Schuppen in den Winterschlaf, wo kein Elch aus Versehen drauf treten konnte, und ich fand mich wieder mit einer Tasse Tee in der Sofaecke beim Ofen ein. Draußen vorm Fenster erwiderte Saskatchewan schmollend meinen Blick, aber ich ließ mich davon nicht mehr täuschen.

"Weißt du was, das war eine richtig gute Idee," sagte ich zu Chris.



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Pütchen
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Beitrag09.04.2010 04:32

von Pütchen
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Liebes Nordlicht,

du weißt ja, deinen Erzählungen kann ich unmöglich widerstehen Embarassed Laughing

Und wieder habe ich gerade eine Gänsehaut bekommen. Dein Erzählstil ist einfach gigantisch - Bild für Bild rudere ich da mit dir durch Kanada und hab alles vor meinem Auge Daumen hoch

Ich sollte nicht immer nur loben, sondern produktiv sein, gell? Laughing

Schau mer mal ... lol2

Hier ist ein Fall, den ich mal zur Diskussion stellen will lol2

Zitat:
Alles in allem nicht gerade das Wetter, das eine wilde Lust nach einer Kanufahrt in mir weckt.


Ja, es ist generell so, dass dies keinen vom Hocker haut, diese Kälte lol2 Aber muss es, wenn die Geschichte im Präteritum geschrieben ist, nicht trotzdem "weckte" heißen?? Mir war da was, aber da bin ich auch kein Spezialist smile


Diesen Satz musste ich zwei Mal lesen (im Gegensatz zu allen anderen, ich die verschlungen hatte Very Happy):

Zitat:
In gedämpftem Tannengrün, die felsigen Hügel dünn behaart mit skeletösen Pappeln und Weiden, stand der Wald in völliger Stille.



Ich denke, ein Umstellen könnte es einfacher machen:

In gedämpftem Tannengrün stand der Wald in völliger Stille, die felsigen Hügel dünn behaart mit skeletösen Pappeln und Weiden.

(übrigens wieder eines dieser tollen Bilder love)


Zitat:
Hier waren Schneehasen hin und her gerannt, ihre Pfade so publik wie eine Straßenkarte auf Google Earth, gekreuzt von den Tupfen und Strichen, die Hermelin- und Marderpfoten hinterlassen hatten.


Den Vergleich finde ich gigantisch Daumen hoch Ich liebe ihn love

Und dennoch bin ich ein bisschen mit mir am Hadern, ob dieser "neuzeitliche" Begriff in diesem verträumten Kanutrips inmitten der Natur nicht irgendwie etwas fehl am Platze ist?? Da bin ich mir wirklich nicht sicher, weil ich mich ungerne davon trennen würde lol2


Noch eine Frage: Hast du über deine Fleecehose keine wasserdichte Hose an, oder ist die wasserabweisend? Hat mich nur interessiert lol2


So gerne gelesen smile extra

Hat mich gleich wieder in unsere Kanutouren in Kanana zurückversetzt, nur dass bei bei uns wesentlich wärmer war im Sommer lol2

*seufz, war des schee*

Liebe Grüße, Pütchen


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BlueNote
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Beitrag09.04.2010 09:18

von BlueNote
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Hi Nordlicht,

ich habe deinen Text zwar nur bis zur Hälfte gelesen, aber ich weiß jetzt schon, was mir daran nicht gefällt. Pütchen schreibt ja, dass ihr dein Stil so gut gefällt. Für mich wirkt dieser "Stil" viel zu normal und wenig originell. Du versuchst den Text zwar mit ungewöhnlichen Einzelformulierungen aufzumotzen, das geht aber eher in die Hose. Für mich liest sich der Text wie ein besserer Schüleraufsatz. Das Thema Kanada hätte mich wirklich sehr interessiert, der zu einfache Sprachstil stört mich jedoch so sehr, dass ich den Text nicht zu Ende lesen wollte. Ich hoffe, meine Kritik ist dir nicht zu unkonstruktiv. Aber würde ich anfangen, im Text zu korrigieren, würde das ein sehr langer Textbeitrag werden. Und vielleicht gefällt dir ja gerade dieser Stil - und Pütchen ja auch.

BN
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Nordlicht
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Beitrag09.04.2010 16:36

von Nordlicht
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Hallo Ihr,

danke fürs Lesen und die Kritik smile extra

Pütchen, Du warst ja wieder sehr milde  Laughing Freut mich, dass es Dir gefällt!

Zitat:
"Alles in allem nicht gerade das Wetter, das eine wilde Lust nach einer Kanufahrt in mir weckt."  

Aber muss es, wenn die Geschichte im Präteritum geschrieben ist, nicht trotzdem "weckte" heißen??


Das weiß ich nie - wenn ich was autobiografisches schreibe und dieser Punkt für mich noch immer gilt, ob's dann trotzdem in der Vergangenheit geschrieben wird? Muss ich vielleicht mal im Grammatikbereich nachfragen, denn das stößt mir immer wieder auf.

In gedämpftem Tannengrün stand der Wald in völliger Stille, die felsigen Hügel dünn behaart mit skeletösen Pappeln und Weiden.

Stimmt, das liest sich besser so!

Das mit Google Earth und den Hasenpfaden gefällt mir eigentlich so (angesichts des seltsamen Satelliteninternet- und Plumpsklolebens  Laughing ), aber ich sehe schon, dass es auch ein Stolperstein ist.

Nur fürs am Ufer entlang schippern ziehen wir nicht extra das high tech gear an, aber für längeres pelle ich mich immer in meinen Trockenanzug (wobei ich auch meistens kajaken gehe, das Kanu nehmen wir selten).

Und, Du weißt ja: mußt nur zur Beringstraße und dann den Yukon hoch und bis zum Ende durchfahren, dann kannst Du mit mir paddeln gehen smile extra

BlueNote, ich finde es eigentlich erfrischend, auch mal was komplett negatives zu hören, da bisher eigentlich fast alle Resonanz auf meine Texte positiv war und ich selber davon nicht grade hin und weg bin  Laughing

Von daher fände ich es interessant, wenn Du mir vielleicht nur kurz ein, zwei Sätze rauspflücken könntest, die Du besonders furchtbar fandest und die Dich abgetörnt haben.

Es verkauft sich zwar gut, was ich in diesem Stil schreibe, aber wie gesagt, ich bin damit auch nicht immer glücklich. Große literarisch-wertvolle Höhenflüge habe ich nicht vor zu machen, daran haben die Zeitungen und Magazine, für die ich schreibe kein Interesse (und ich selbst eigentlich auch nicht), aber an einigen Sachen kann ich bestimmt arbeiten.

Dank Euch smile extra


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Pütchen
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Beitrag09.04.2010 17:27

von Pütchen
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Guten Morgen smile

Immer wieder interessant, wie unterschiedlich die Geschmäcker sind lol2

Und ich hatte tatsächlich Fließhose, statt Fleecehose geschrieben, daran bin ich heute Nacht aufgewacht und dieses Wort stand vor meinem Auge  Shocked

Mannomann ohh Rolling Eyes lol2

Liebes Grüßchen, Pütchen


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BlueNote
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Beitrag09.04.2010 17:38

von BlueNote
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Hi Nordlicht,

wenn du deine Geschichte für gutes Geld verkaufen kannst, dann machst du ja alle richtig. Ich schildere dir - weil es dich ja interessiert - trotzdem noch meine Meinung etwas ausführlicher.

Mich stört vor allem, dass in dem Text alles so banal geschildert wird. Da machen zwei Kanadier einen Paddelausflug und stellen am Schluss fest, dass es eine gute Idee war. Hmmm ... und was habe ich jetzt als Leser davon? Ich habe absolut nichts Neues erfahren, etwa über das Kanufahren in Kanada, wie es sich anfühlt in einem Boot auf einem See zu sein, ich erfahre nicht einmal, um welchen See es sich handelt (zuerst ist sogar nur von "Wasser" die Rede), wie die Landschaft genau aussieht (die ich ja nicht kenne) - außer vielleicht, dass sie langweilig ist. Und deswegen ist auch die ganze Geschichte so langweilig. Das fängt bei dem einfachen Satzbau an, der im "Überarbeitungsmodus" nur ein wenig durch einzelne Wörter aufgemotzt wurde. Ein Beispiel:

Zitat:

Warm behandschuht zogen wir an den Paddeln

Das mit den Handschuhen wird nur nebenbei so erwähnt. Viel interessanter fände ich, wenn beschrieben wü(rde), wie die Kälte empfunden wü., oder wenn die Landschaft die beiden doch faszinierend wü., oder wenn irgend etwas passieren wü.

Mir stellt sich als Leser die Frage: Warum soll ich diese Geschichte eigentlich lesen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich hier in Deutschland eine Geschichte der Art schreibe "Ich mach dann mal heute einen Spaziergang, obwohl ich überhaupt keine Lust dazu habe, weil es die nächsten Tage sicherlich nur regnen wird" und die FAZ würde diese Geschichte drucken.

Da du sonst nur gute Kritik bekommst, kannst du diese Ausnahme heute bestimmt gut verkraften, oder?

BN
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Nordlicht
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Beitrag09.04.2010 19:05

von Nordlicht
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Laughing Pütchen, das mit der Fließhose hatte bei mir auch Schweißausbrüche ausgelöst: "Ach Herrje, schreibt sich das jetzt so nach der Rechtschreibreform?!"  Shocked lol

BlueNote, dank Dir für die ausführlichere Erklärung smile extra Bei mir kommt da jetzt ein Batzen Enttäuschung an, den ich nun auch besser nachvollziehen kann.

Ich hatte den Text eigentlich extra recht understated geschrieben, um damit die Atmosphäre vom grauen November hier oben auszudrücken.

Von der Landschaft sieht man dann nur das, was auch im Text steht: die Berge sind weggewischt von Wolken, der Wald scheint leblos, das Wasser dickflüssig, Farbflecken von Flechten sind ein krasser Gegensatz zum grau und weiß. Große Änderung, sobald etwas Sonne hindurchbricht: alles glüht wie von innen heraus. Die Verschwiegenheit, die die Landschaft im November hat und die nur von den Tierspuren im Schnee gebrochen, ist eine Illusion - uns erinnern die verschiedenen Orte ja an Begebenheiten vom Sommer.

Schade, dass das für Dich als Langeweile rüberkommt  sad Ich kann aber schon verstehen, dass Dich mehr Beschreibung oder Ausdruck der Gegend selber und des Kanufahrens interessiert hätte.
Das ist etwas, wo ich echt aufpassen muß, da ich bisher hauptsächlich für den lokalen, nordkanadischen Markt geschrieben habe und schon recht lange hier bin. Dabei ist mir, glaube ich, etwas das Bewußtsein flöten gegangen, was die Leser anderswo eigentlich interessiert. Von daher ist es äußerst hilfreich, was Du da sagst - da muss ich den (für mich eher banalen und uninteressanten) Sachen, die einfach Alltag sind, mehr Raum zugestehen. Dabei sind die Handschuhe doch 2x erwähnt  Laughing

Wobei ich mich dem eher reißerischen Ton, den man bei vielen Reise- und Erlebnisberichten ("Unter Erfrierungsgefahr noch paddeln gehen! Vorbei an Bärenleichen! Erwischt es mich als nächste?!"), dann auch wieder nicht anfreunden kann und werde, da ich das für komplette Übertreibung halte.

Nein, in der FAZ oder auch sonst einer deutschen Zeitschrift/Magazin würdest Du es so nicht lesen und würde ich auch nicht versuchen, es so zu verkaufen. Aber ich dachte mir, dass gerade dieser Text hilfreich wäre, mir zu zeigen, was für "ausländische" Leser funktioniert und was nicht.

Vielleicht liege ich mit einem andern Text, der auch das von Dir bemängelte (und das wirst Du ja nicht als einziger so empfinden) berücksichtigt dann das nächste Mal besser smile


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Bananenfischin
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Beitrag09.04.2010 20:08

von Bananenfischin
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Hallo Nordlicht!

Für mich ist dieser Text wegens des Rahmens, den er hat, rund.

Wenn ich mir die Frage stelle, die BlueNote erwähnt hat
Zitat:
Mir stellt sich als Leser die Frage: Warum soll ich diese Geschichte eigentlich lesen?
dann kommt mir als Antwort, dass es hier nicht wirklich darum geht zu schildern, was man bei der Kanufahrt so alles sieht usw., sondern um die innere Befindlichkeit der Erzählerin. Anfangs ist der Blick von der Melancholie - oder kann man sogar sagen Depression - trüber Tage getrübt (hmpf, schön ausgedrückt  Rolling Eyes ), Landschaftswahrnehmung und innere Stimmung beeinflussen sich wahrscheinlich auch wechselseitig. Doch die Fahrt verändert etwas. Wichtigster Satz daher am Ende:
Zitat:
Draußen vorm Fenster erwiderte Saskatchewan schmollend meinen Blick, aber ich ließ mich davon nicht mehr täuschen.

Den allerletzten Satz könnte man meiner Meinung nach daher übrigens streichen, denn dieser hier macht es doch schon deutlich genug.

Zitat:
Wie die Perlen an einem Rosenkranz erinnerte uns jeder Ort an eine andere Geschichte des Sommers, bekannt nur den Eingeweihten, von Bedeutung nur für die Gläubigen.
Dieser Satz gefällt mir von der Formulierung her sehr gut. Dennoch zweifle ich, ob es ihn braucht.
Denn einige Zeilen weiter oben habe ich im Grunde beim Lesen genau das gedacht, nun mit anderen Worten: Dass es hier eben nicht ums Beschrieben, sondern ums Erinnern geht, und dass Erinnerungen eine Landschaft auch mit Leben füllen können, dass sie nicht wirklich "öde" ist.
Es ist also die Frage, ob ich das dem Leser so "aufdrücken" muss oder ihm diese Erkenntnis nicht selbst überlasse. Bin selbst unentschlossen ...


Zitat:
So ein Bußemonat, in dem man für den Farbenexzess des Herbstes zahlt.

Ein toller Satz!  love

Liebe Grüße
schickt Bananenfischin


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I assure you, all my novels were first rate before they were written. (Virginia Woolf)
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Nordlicht
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Beitrag10.04.2010 00:50

von Nordlicht
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Hallo Banane smile extra

(mein Schatz und ich nennen uns grad immer "Schnittlauch" - Gemüse und Obst macht doch gute Kosenamen  Laughing )

Ja, es sollte eine leise Textbotschaft sein, keine wilde Paddelpartie...

Bananenfischin hat Folgendes geschrieben:
Den allerletzten Satz könnte man meiner Meinung nach daher übrigens streichen, denn dieser hier macht es doch schon deutlich genug.


Stimmt; jetzt wo Du es sagst, fällt mir das auch auf!

Bananenfischin hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Wie die Perlen an einem Rosenkranz erinnerte uns jeder Ort an eine andere Geschichte des Sommers, bekannt nur den Eingeweihten, von Bedeutung nur für die Gläubigen.
Dieser Satz gefällt mir von der Formulierung her sehr gut. Dennoch zweifle ich, ob es ihn braucht.
Denn einige Zeilen weiter oben habe ich im Grunde beim Lesen genau das gedacht, nun mit anderen Worten: Dass es hier eben nicht ums Beschrieben, sondern ums Erinnern geht, und dass Erinnerungen eine Landschaft auch mit Leben füllen können, dass sie nicht wirklich "öde" ist.
Es ist also die Frage, ob ich das dem Leser so "aufdrücken" muss oder ihm diese Erkenntnis nicht selbst überlasse. Bin selbst unentschlossen ...


Hm...die Formulierung fand ich eben auch gut, da ich das Land als sehr beseelt, spirituell oder wie auch immer empfinde. Aber stimmt, es ist dann schon etwas doppelt gemoppelt...Wenn ich es weiter vorziehen würde, bevor ich die Bärenreste und das Elchkalb erwähne, wäre es wahrscheinlich glücklicher und liest sich nicht so, als hielte ich die Leser für deppert.

Dank Dir smile extra Und schön, dass es Dir soweit gefallen hat.


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