Mathematik und Leben

[Pencake]

Sheldrake sagt,
Gewohnheiten sind Rinnen,
tief ausgefahrene Bahnen
und für die Gewohnheit,
Gewohnheiten zu haben,
gibt’s ein mathematisches Modell.

Ich kenne Madelaine
seit vielen Jahren,
unser Umgang ist
rein mechanisch,
sie ist kein Model-Typ,
ihre Symmetrien stark verschoben,
sie arbeitet als Verkäuferin
von Schreibwaren.  

Madeleine hat eine Schwester,
sie heißt Ricarda,
Ricky ist cool,
nur in letzter Zeit
telefoniert sie zu viel;
sie setzt sich in Cafés,
bevorzugt in überfüllte,
und spricht mit jemandem am Handy,
dass die Beziehung aus sei,
dass er sich seine Ex sonstwohin stecken könne,
dass er dort übernachten solle,
wo es seinem Schwanz am besten gehe;
das einzige Problem:
da ist niemand
am anderen Ende der Leitung.

Das Leben, sagt Sheldrake,
gleicht einer Landschaft
mit Bergen und Tälern,
wo wir tendenziell eher
ins Tal hinabgehen;
und ich möchte nichts lieber,
als mit Madeleine
in der Talbahn zum Bahnhof fahren,
wo wir Ricky treffen,
die Maßeinheit für Tiefe
neu besprechen
und uns alle - kurz -
in die Arme nehmen.

[anuphti]

Moin Pencake,

wow, Sheldrake

Morphogenetische Felder?

Gesetz der Gewohnheiten, übertragbares Wissen?

[Schmierfink]

Ganz ehrlich Pencake, das finde ich richtig geil, muss auch mal gesagt werden!

Persönlich, kann ich mit dem Mathematiker, Physiker, was auch immer dieser Mann gewesen sein mag, oder ist, nichts anfangen, dennoch finde ich den Text wunderbar.

Die Verbindung, der sachlichen mathematischen Erkenntnis, die doch recht poetisch formuliert ist, mit menschlichen Leben und Beziehungen, gelingt dir finde ich sehr gut.
Richtig fein finde ich auch die doch rechtplötzlichen Wechsel und Einschnitte, vorallem in der letzten Strophe ist das mit der Talbahn wirklich schön.

Sehr gerne gelesen.

lg
Schmierfink

[ono]

Sheldrake sagt,
Gewohnheiten wären Rinnen,
tief ausgefahrene Bahnen
und für die Gewohnheit,
Gewohnheiten zu haben,
gäb's ein mathematisches Modell.

Ich kenne Madelaine
seit vielen Jahren,
unser Umgang ist
rein mechanisch,
sie ist kein Model-Typ,
ihre Symmetrien sind stark verschoben,
sie arbeitet als Verkäuferin
von Schreibwaren.

Madeleine hat eine Schwester,
sie heißt Ricarda,
Ricky ist cool,
aber in letzter Zeit
telefoniert sie zu viel;
sie setzt sich in Cafés,
bevorzugt in überfüllte,
und spricht mit jemandem am Handy,
dass die Beziehung aus sei,
dass er sich seine Ex sonstwohin stecken könne,
dass er dort übernachten solle,
wo es seinem Schwanz am besten gehe;
das einzige Problem:
da ist niemand
am anderen Ende der Leitung.

Das Leben, sagt Sheldrake,
gliche einer Landschaft
mit Bergen und Tälern,
wo wir tendenziell eher
ins Tal hinabgingen;
(und) ich möchte nichts lieber,
als mit Madeleine
in der Talbahn zum Bahnhof fahren,
wo wir Ricky treffen,
die Maßeinheit für Tiefe
neu besprechen
und uns alle - kurz -
in die Arme nehmen.

cooler text, pencake. ich wette, die beiden mädelz gibt's wirklich. den sheldrake würd ich in den irrealis setzen, da er ja nicht wirklich anwesend ist, niemand an seinen schmarren glaubt und vor allem, weil du im vierten textabschnitt ja auch indirekt wirst.

die zeilenumbrüche sind völlig sinnlos; weder dienen sie der besseren sprechbarkeit noch machen sie aus dem text etwas anders. er wirkte, unaffektiert niederegeschrieben, m.e. noch mechanischer (welchletzterer begriff mir hier unverzichtbar erscheint).

grüße aus der tiefe des repetitoriums

ono

[anuphti]

[Pencake]

Moin zusammen.

@Anuphti
"Mechanisch" ist auch Synonym von gewohnheitsmäßig, unbewusst [ablaufend],
 ohne Nachdenken [ablaufend], kein Nachdenken erfordernd. Deine Deutung
gefällt mir, Dank für die Mühe.

@Schmierfink
"Richtig geil" freut mich sehr - danke. Auch für deine knackige Zusammenfassung.

@Ono
Dank fürs freundliche Lob und die detaillierte Textarbeit.
Das mit indirekt und direkt habe ich mir genau andersrum gedacht:
Die Theorien als etwas Grundsätzliches direkt, den Dialog/Monolog
eben als indirekte Widergabe eines spezifischen Gesprächs.
Mit den Zeilenumbrüchen, das probier ich aus. Blöd wär das, wenns
so wirklich bloß gekünstelt wirkte.

@Ono&Anuphti
Eine Diskussion über Pro und Contra Sheldrake ist in etwa so
sinnvoll wie die über den Unterhaltungswert von Kunst australischer
Schafscherer. Der eine findet was Spannendes für sich, der Nächste
nicht - so einfach ist das.
Und: Der Junge scheint mir in Sphären unterwegs, in denen "richtig"
und "falsch" ohnehin ausgedient haben.

HG, Niko

[anuphti]

[Tiefgang]

Mensch Niko, Mensch Freund, Menschenfreund,
ich frage mich ein auf's andere Mal, wo du das immer herholst...

... schön, tief, ganz schön tief.

[Pencake]

Ey Deepcorridor,

ty.

Sag mal, ich werf gleich ein paar Bälle
auf den Korb Schinkelplatz, hier ums Eck.

17:30 - und da ein paar 20-Jährige am Start
sind, dachte ich, du könntest als diskursives
Bindeglied dienen. Lust?

Niqu O´Neal

[phönixe]

Hallo pencake,
wirklich beeindruckend,
wenn man mutig genug ist, zwei Schwestern zu umarmen, wovon mindestens eine eins am Sträußchen hat( und bei der Verkäuferin, wegen der mendelschen Vererbungslehre, ist ähnliches zu vermuten)
Hach, aber das ist ja nur die Lyrik...schnief, in echt gibts das nur bei Pilcher im ZDF?( hab aber ehrlich keine Ahnung, muss Mam fragen, bei solchen zwischenmenschlichen Helden)
hat mir auf jeden Fall gefallen;

lg phönixe

[jim-knopf]

hallo mein freund
auch ich finde das gelungen
es grüßt
der schwarze mann aus der eisenbahn

[Pencake]

Moin zusammen.

Phoenixe, könnte sein, dass auch die Bepflanzung des LI
in Unordnung ist. Da hilft so eine Umarmung am Ende allen.

Roman-ce, Black Beauty - du siehst schlank aus in letzter
Zeit. Der Frühling ist da, Zeit für eine Entschwarzung.

Dank euch,
Niko