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Die Abgründe des Sonderlings


 
 
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der Suchende
Gänsefüßchen
D


Beiträge: 22



D
Beitrag02.02.2010 20:33
Die Abgründe des Sonderlings
von der Suchende
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Das ist mein erster Versuch. Also seid bitte nachsichtig.

Die Abgründe des Sonderlings
1

Eisige Böen rauschten und huschten durch die leergefegten Gassen, während einzelne Laternenlichter ihre zaghaften Lichtbündel auf die allerorts verstreuten Pfützen und Regenlachen warfen und farbenprächtig flackernde Strahlen mit reizsamen Tänzchen den seidengleichen, in den Einbuchtungen angesammelten, Regenguss durchdrangen. Die Lichtstrahlen tänzelten und glitten geradezu über das hauchzarte Häutchen der Lache, berührten mit äußerster Zärtlichkeit dieses zerbrechliche Element heiligen Lebens, liebkosten mit erdenklich innigster Erregtheit das in Wallung zuckende Nass. Wasser und Licht, beides war eins. Man wähnte Gott gleichsam beim Werken in jenen sich in den Straßen niedergelassenen Finsternis zu erspähen, in welchen scheinbar wie von Geisterhand alles schwieg und ruhte, und hier und dort der erfrischende orphische Odem des Wehens in dumpf säuselnden Klängen ihrem lieblichem Gesang Gehör zu verschaffen suchte.

Während sich aber allerhand Solches zutrug, sich hier und da zahlreiche Gewalten und Substanzen augenscheinlich neckten und zärtlichst aneinander rieben, strolchte zum Unzählbarsten, ein sichtlich finstrer Herr bleiernen Schrittes über den durchtränkten Asphalt, in dessen Seelensphäre dergestaltige Spannungskräfte in vervielfachter Wuchtigkeit aufeinander prallten. Diese köstliche und balsamische Duftwolke in vollen Zügen einzuatmen und im Dunste der Entfremdung sich seinem unleidlichen Selbst zu entfremden galt seine vollste Aufmerksamkeit. Er labte die kühle Brise, öffnete die Pforten von Geist und Verstand, und hieß die Gewalten in sein inneres Heiligtum willkommen. War es zwar exakt dies, was ihn entzückte, so war es ebenso dies, was  ihn rasend machte. Dieses Weder- Noch in jeder Facette des Seins, dieses sich weder zum gänzlich Ästhetischen noch Grässlichen hingegebene Etwas, diese sonderbare und ungeheuerliche Zweiheit in jedweder Einheit, machte ihn zu schaffen, weil brennend und glühend am innigsten Er, wie keine andere Menschenseele, diese groteske Wirklichkeit zu verstehen vermochte, und deshalb am ärgsten  litt.

Trotz alle dem konnte er sich dieses Genusses nicht enthalten. Denn wie viel Schmerz es ihm auch bereitete, sosehr bedeutete es ihm auch Freude und Glück. Er nippte geradezu an der deliziösen Monstrosität dieser Gegensätzlichkeit, dessen tatsächliches Gehalt er im Geiste bis zur Unkenntlichkeit durch reine Einbildungskraft verpotenzierte, sodass ein zages und schüchternes Tröpflein sich ihm in Gestalt des tobenden und tosenden Weltmeeres zeigte. Völlig liebestoll betrachte er die wuchtig hin und her gewogenen Wellen, die in tausenderlei Formen aufeinander prallten und stießen, und wieder tausenderlei neue ungeahnte Formen entstehen ließen. Dieser Ausdruck völliger Selbstvergessenheit in der Versunkenheit in eine einzige Bestrebung zeitigte, seiner materiellen Brachialität und Mächtigkeit sich erhebend, eine so vergeistigte, paradiesische und himmlische Geistesfreude, dass er vor Verzückung in tausend Stücke zu Bersten wähnte.

Doch sogleich verschlug es ihm einem beinahe den Atem.
Denn all diese Starrheit  und Festgefrorenheit  der Stadt, bei all diesem Tumult, stach mit ihren rasierklingenscharf umrissenen Konturen förmlich greifbar hervor, so dass man gar geistesversunkenen Betrachtens der grotesken Vorstellung anheimfiel, dass jene plumpen Gemäuer die Fähigkeit des Sprechens erworben hätten. Aus den Fenstern und Türen brachen sie dröhnend ihr ewiges Schweigegelübde und gaben ihm in den Worten, ,, Du bist ein absoluter Taugenichts und nicht einmal der geringfügigsten Beachtung wert, “ zu Verstehen, dass die allgemeine Geisteshaltung zutiefster Menschenverachtung selbst die seelenlosen Backsteine befallen hatte.                                                                       

Wohl wusste er um des Wahnsinns in seinem abgebrutzelten Hirn, wohl wusste er aber auch um der Tatsächlichkeit des Wahnsinns der vorherrschenden Gesinnung.                                                                                                                                                          

Er hätte sich am liebsten sämtliches Kopfhaar bündelweise herausgerissen und womöglich hätte das dabei aus seiner Schädeldecke herausspritzende Blut ihm für ein Weilchen die lang ersehnte Erquickung beschert.

Um sich diesem beunruhigenden Hirngespinst zu entledigen, versuchte er aus Geisteskräften seinen Blick auf etwas Tröstlicheres zu wenden. Diese plagvollen Geistesverwirrungen verfolgten ihn bei und Tag und Nacht, schier unaufhörlich nagten sie an dem Rest gesunden Menschenverstands, welches in Bälde, ebenso wie alles Andere, verpestet zu werden drohte. Aber nichts, weder die umherstehenden PKWs noch die im gleichweiten Abstand voneinander entfernten Eichenbäume, welche letztere in dieser winterlichen Jahreszeit umso geheimnisvoller aussahen, als kündeten sie in einer ihnen eigenen Sprache von einer anderen Welt, vermochten ihm über eine Minute hinweg Ablenkung zu verschaffen. Alle diese Gedanken zu diesem oder jenem Gegenstand kamen zwar auf, aber hielten sich nicht und verpufften wieder. Nein, egal was er auch immer tat, nichts hatte Bestand, nicht einmal kurzweilig.

All diese gemütsbedingten und in seinem tiefsten Innern verwurzelten Anomalien waren ihm bis ins winzigste und scheinbar banalste Detail geläufig. Sämtliche Geisteskraft, die er aufzubringen imstande war, verwendete er zum Studium seines Selbst. Er erkannte ähnlich der Aufgespaltenheit und Entzweitheit der Natur ein zutiefstes Verkeiltsein entgegensetzter und widersprüchlicher Sehnsüchte und Verlangen, nur mit dem Unterschiede zur Außenwelt versehen, das diese so viel dichter beieinander lagen, beinahe sich verschmelzend und vereinheitlichend. Und doch waren es zwei so völlig verschiedene Wesenheiten, die dennoch einander bedingten und Not taten.

Verhöhnen tat er alle diese scheinbaren Überklugen und nichtswissenden Besserwisser mit ihren vermeintlich hochgescheiten Fachbüchern, die nach akkuratester und akribischster Forschung über unzählige Jahre hinweg nun als steter Sekundant einem in dringlichster Notlage als Freund und Helfer an der Seite stünden, welches diesen und jenen ungelösten Knoten in Handumdrehen zu entwirren versprach, und dem Leichtgläubigen und Einfältigen aufschwatzte für jedwede Komplikation, hier in seinem Wunderwerk die Anleitung zu einem Antiseptikum bereit zu halten.                                                                                                          

Die notwendige Tat zur Klärung jedweder Verzwickt- und Verwickeltheit bestehe lediglich darin, das jeweilige Kapitel aufzuschlagen und  nachzulesen, um letztlich durch die erworbenen Erkenntnisse der Wurzel allen Übels gewahr werdend, ihn samt seiner feingliedrigen Härchen auszujäten. So einfach ist das!

Ach, wäre doch die Wirklichkeit tatsächlich so schlicht, so einfach, so leicht durchschaubar und einsehbar!!!
Solche Gedanken schossen ihn durch den Kopf. Nur war er allzu irritiert, um einen von diesen Ideen aufzuschnappen und ihr bis zur letzten Konsequenz nachzuhängen. Jeder Einfall der in ihm völlig abrupt aufkeimte, verflüchtigte sich ebenso blitzartig wieder. Die Gedanken, so könnte man sagen, verfolgten und jagten vielmehr ihn, als er sie.
So taumelte er tief in Gedanken verloren über die Straße, indem er mal nach rechts und ein andermal nach links einbog, ohne selbst recht zu wissen wohin er wollte, ohne ein bestimmtes Ziel vor Augen zu haben. Er ging, weil er zu gehen beabsichtigte. Wohin war ihm einerlei. Zumal ohnehin diese Frage über die Grenze des Selbstzwecks hinausging. Es schien als haben seine Beine ein Eigenleben entwickelt und sich dem dirigierenden und kommandierenden Hirn entledigt.                                                                                                                                    

Rein gar nichts nahm er von seiner Umgebung wahr, nein, vielmehr kam es vor, dass er zuweilen unvermittelt stehenblieb und einen geschäftigen Metzger oder einen bis über beide Ohren in Akten vertieften Amtmann anstarrte, und über mehrere Minuten hinweg wie festgefroren und festgewurzelt seinen auf ihm ruhenden Blick nicht abwand. Dies war wahrlich ein schauderhafter Anblick für die Person, die vom Schicksal auserkoren von einem höchst wunderlichen Subjekt betrachtet werden durfte.                                                                                                       Aber betrachtet wurde  nicht der Mensch an sich, nicht die äußere, vergängliche und dahinsiechende Hülle, nicht dieses dahinvergammelnde und dahinvermodernde Körperfleisch. Das Auge, so erzählt man, sei des Seelen Fenster und demjenigen ein leichtleserliches Buch, welcher es vermag sie zu öffnen.

Es war nicht in Eigentlichkeit die anatomische Gestalt dieses überaus verschrobenen Originals, als vielmehr seine unergründlichen Augen, die auf eine ihnen eigentümliche Weise bis in den tiefsten Urgrund der Seele vorzudringen vermochten. Bei all dieser trägen, apathischen und weltfremden Allüre, die sich insbesondere beim Spazieren durch seinen stets gegen den Straßenboden zugewandten Blick verriet, stachen seine scharfen und feuersprühenden Augen hervor. Völlig einerlei welche Tragödie und welches Drama sich auch immer just neben ihm abspielte, angefangen von einem Neugeborenen, welches bitter flennend und plärrend die barmherzigen Blicke der Umherstehenden magnetisch anzog, bis hin zum blutrünstigen Mord auf offener Straße, alles, aber auch alles, ohne jedwede Ausnahme war ihm egal, einerlei, gleichviel und gleichgültig.

Ein wahrhaft grelles Beispiel, welches ich dem Leser nicht vorenthalten möchte, zumal es sein perverses Desinteresse allzu trefflich an allem weltlichen Geschehen wiederspiegelt, trug sich in einer verschneiten und recht stürmischen Winternacht zu. Wieder begab er sich diszipliniert seiner Gepflogenheit folgend ins Freie, als nach einigen Dutzend Schritten ein entsetzlich durchdringendes Wehgeschrei etwa zweihundert Meter von ihm entfernt zu Hören war. Eine Dame jüngeren Alters, in einem dünnen, dürftig gefütterten, rotfarbigen Mantel gehüllt, wälzte sich vor Schmerzen gekrümmt auf dem durchtränkten Asphalt und bat bitterlich heulend, kreischend und stöhnend um Hilfe. Ihrem schmerztriefenden Rufe wäre auch jedermann nachgekommen, wenn nicht das Schicksal es so gewollt hätte, dass sie unglücklicherweise sich just in einem gänzlich unbewohnten Viertel der Stadt befand.                                                        (

Vergeblich stöhnte sie stockend und stammelnd in abgerissenen und verstümmelten Sätzen nach einer helfenden Hand, wider dem besseren Wissen, dass keine Menschenseele sie hören würde. Schließlich als sie dann doch einen menschenhaften Umriss unweit von ihr schattenhaft erkannte, konnte sie ihr Glück kaum fassen. Unverwandt blickte sie, wie in einen unheimlichen Bann geschlagen, ihrem zukünftigen Retter entgegen und für einige wenige Augenblicke konnte sie sich der Gewalt der unausstehlich immerfort anschwellenden Qual entziehen, die aber sogleich mit der Wiederkehr ihres Bewusstseins ihrer entsetzlichen Not wie eine gigantische und kolossale Axt über sie hereinstürzte. In dieser nebelhaften und erdrückenden Finsternis, phantasierte sie, könne es nur ein zartfühlender Engel sein, der ihre unaufhörlichen Wehklagen vernommen habe, um sich ihrer in Windesschnelle herbeiflatternd anzunehmen. Vor Schmerzen kaum noch bei Bewusstsein, bewahrte sie einzig vor dem Sturz in die Ohnmächtigkeit der so innigst herbeigesehnte Atemzug, in welchem sie sich in die warmherzigen Arme ihres herannahenden Schutzengels zu verkriechen lechzte.

Doch umso näher diese Engelserscheinung herantrat, verlor sie jede nur erdenkliche Ähnlichkeit mit einem Engel, nein nicht nur das, es schien als verwandle sie sich mit jedem einzelnen Schritt in etwas mehr und mehr Dämonisches und Grauenerregendes, als durchliefe sie einen diabolischen Prozess in seinen vermeintlichen Gegensatz. Der anfänglich verspürte Freudentaumel lief zugleich in ein fortwährend ansteigendes Entsetzen  über und schlich sich auf nimmermehr davon. Anstelle Seiner blieb allein eine markverzehrende Erschütterung zurück.
Endlich als sie ihn leibhaftig mit schmerzverzerrter und totblasser Grimasse etwa einen halben Meter weit vor sich stehen sah, rang sie tief nach Luft und bettelte und flehte mit dem letzten Stäubchen an Lebenssaft herzergreifend ihn, IHN! ihren noch einzig verbliebenen Hoffnungsstrahl an.

,, Gott mu… muss sie geschickt haben. Ich leide an akuter Schwindsucht. Ich friere am gan..ganzen Kö…Körper. Hel…helfen sie mir bit..bitte! Mu..Muss in..ins Kra…Kran..Krankenkenhaus. Bitte!!!

Jede einzelne, aus ihren blassen rosaschimmernden Lippen hervorquellende Silbe, stotterte sie unter sichtlichen Strapazen. Mit jedem einzelnen Wort, welches ihrem Munde entwich (entrang), verkrampfte sich ihr Körper blitzartig und erschlaffte ebenso rasch, um schon beim nächsten Wort notgedrungen wieder die gleiche Tortur über sich ergehen zu lassen. Sie presste ihre knochigen und feingliedrigen Hände mit ihren zierlichen Fingerchen auf ihren Brustkorb, um die stechende, unleidlich sich in sie hineingrabende und bohrende Höllenqual zu erdrücken und zu erdrosseln. Ein Gefecht entflammte im Inneren ihres schmächtigen Leibes, eine Schlacht aussichts- und trostlos entbrannte tief im Innern  ihrer Brust, ein unerbittliches Ringen wogte, durchsauste und durchwallte in einem Zug ihr Fleisch und Blut. Zugleich bemächtigte sich ihrer abgemergelten Glieder ein epileptoides Zucken, Frösteln und Schlottern, welches sie förmlich wie einen lavaspeienden Vulkan aufwallen ließ.
Unverändert stand er wie erstarrt und festgewurzelt da,  nicht die leiseste, blasseste Regung war seinem abgestumpftem Gesichtsausdruck zu entnehmen. Der Ausdruck in seinen Augen strotzte vor Gleichgültigkeit, und es schien überhaupt als seien sie mehr leblos als lebend, mehr die einer Leiche als die eines Beseelten. Nicht diese jämmerliche Kreatur, die dem Tode nahe und zum Tode unwiderruflich und unentrinnbar verdammt war, nein etwas anderes, viel Enormeres an gefühlsmäßiger Explosionskraft, bannte schier unwiderstehlich sein trübes Augenlicht an diese Elende. Diese Hilflosigkeit und Schmach waren bloß das Beiwerk des Eigentlichen und Wesentlichen.

Jählings erschollen am düsteren Sternenhimmel eine etliche Anzahl dicht aufeinanderfolgender Donnerschläge, krachend, grollend und dröhnend über sie hereinbrechend. Die gesamte Stadt war gleichsam für die folgenden sieben Sekunden in einen gleißend goldenen Glanzlack eingetunkt. Dem prallen Gedonner zutrotze entströmte in diesen Sekunden eine fragile Himmelsstille.

Es musste schon eine allesdurchdringende Kraft von diesem Naturschauspiel ausgegangen sein, welche ihr neues Leben einhauchte und zu neuer Kraft verhalf, denn ohne dieses hätte sie wohl kaum zum Worte ansetzen, geschweige denn eines Redeergusses folgenden Ausmaßes imstande sein können.

Trotz ununterbrochenen Keuchens und Röchelns wurde dieses vom Lebensschicksal zuschanden gerittenes Ross der deutlichen Aussprache wieder fähig, wobei sie zugleich in einen Erregtheitszustand voll Pathos verfiel. Es gelang ihr einen letzten verzweifelten und händeringenden Versuch zu unternehmen um diesen Entarteten zur Tat zu treiben.

 „ So sagen sie doch irgendetwas, irgendwas“, entrang es ihrem Munde. „ Ein Wort, nur eines! Nichts? Sie sind sie denn von Sinnen. Nein, sie sind eine der Unterwelt entronnene Bestie!!! Oder bin, bin ich. Nein, nein! Das darf nicht sein! Aber wenn dem tatsächlich so sein sollte, ich tot, mausetot sein sollte, dann…, dann müssen sie der verfluchte Satan sein, den alle Welt verabscheut und verachtet!“ Unvermittelt verfiel sie in ein kaum merkliches Denken, und besann sich ihres schroffen und gröblichen Tons.
,, Nur nicht ich! ich nicht, Herr Satan“, begann sie aufschreiend, anscheinend um die nachteilhaften Schmähworte, wieder wettzumachen. „ Wissen sie, im Stillen habe ich ihre Bitternis immer nachvollziehen können, war es doch ihr gutes Recht dort aufzubegehren, wo ihnen gegenüber Unrecht getan wurde. Dem Menschen eines höheren Ranges zu würdigen, wo doch dieser seinem Eigensinn und Trieb hinterherjagend sich unvorstellbarer Schand- und Schmähtaten versündigt, wiewohl es doch durchaus dem getreuen Engel zukommt, als Krönung der Schöpfung gepriesen und gefeiert zu werden. Sowas ist nicht verkraftbar. Sie, Herr Satan, der sie über Jahrmillionen hinweg ein Devoter und Untertäniger waren, dem ein Wort genügte, um ihn unverzüglich zu Tat zu bewegen, sie, der sie nie revoltiert und nimmer rebelliert haben, haben richtig getan, indem sie zeigten, dass sie mit dieser ganz und gar unverfrorenen Ungerechtigkeit, welches in der Begünstigung des Niederträchtigen und Infamen bestand, nicht einverstanden waren. Denn dies ist mitnichten zu billigen!                                                                                        Ich habe sie immerfort betrauert und bemitleidet. Einst als einer unter den Ranghöchsten wurden sie übersät und überhäuft mit Ruhm und Ehre, um sodann in den bodenlosen und pechschwarzen Abgrund der Verachtung gestürzt zu werden. Welcher gerechtfertigte Groll muss in ihnen gekocht und gebrodelt haben. Ach, sie Elender, sie tun mir genauso leid, wie ich es mir selbst tue. Unser Schicksal“, seufzte sie verbittert, indem sie sich auf ihre Knie aufraffte, „ ist von gleichem Schlag. Wie sie verlebte ich meine Jugend im frommen Nachgehen des Gottesdienstes, ging der althergebrachten sonntäglichen Verpflichtung nach, und versuchte überdies ein möglichst gottesfürchtiges Leben zu führen. Im Herzen von so vielen glühenden Träumen und Hoffnungen erfüllt, wie sie ein blutjunges Fräulein nur haben kann, bat ich inbrünstig nach der Erhörung meiner Bittgebete. Ich bat um einen rechtschaffenen Gatten, um ein seliges, langwährendes Dasein voll Eintracht und Glück. Ich bat um wahre, innige und bedingungslose Liebe seitens des Mannes, dem ich mein Herz zu schenken und mein Leben zu widmen gewillt war. Ach, ich bat, bat und bat! Aber nichts von alledem geschah, nichts, nichts!                 
Aber ich will ihnen schildern, was an seine Stelle trat, wie die Wirklichkeit mir ihre unersättlich blutrünstige, kaltblütige und blutdurstige Visage zuwandte, nach und nach an all meinem Lebensmut und Lebensblut schlürfte, um mir letzten Endes einen heftigen Tritt zu verpassen, der mich schnurstracks hierhin, in die Hölle, zu ihnen befördern sollte. Ich will sie demjenigen bekunden, der als einziger nicht außerstande ist meine Verletztheit und  Betroffenheit nachzufühlen bis in die tiefste und wirrste Verästeltheit und Verzweigtheit  hinein.  
Ein lebensfrohes und heiteres Geschöpf, die stets der irren, gebrechlichen Mama beistehend den häuslichen Arbeiten nacheilte, vom Morgen bis ins Tief der Nacht durch allerlei Aufgaben geradezu erdrückt war, hier schrubbte und dort fegte, hier wieder die Butterbrote zubereitete, dort wieder die verwahrloste Küche und Toilette von allem Unrat befreite, die dreckige Wäsche ihre Geschwister in kochendem Wasser reinigte und auswrang, den letzteren sowohl Ersatz für die halbwahnsinnige Mutter, als auch für den schon lange krepierten Vater war, Einkäufe tätigte, fortwährend, über und über bis zum Halse in Schuldensumpf steckend offenstehende Rechnungen nach Maßgabe ihres Budget bei ihren Gläubigern beglich, nebenbei sich als Dienstmagd im Hause einer wohlbetuchten Fürstenfamilie verdingte, und allenfalls in dünn gesäten heiteren Lebenstagen bei einem großem Dorffest sich für flüchtige Stunden blicken ließ, ansonsten aber keine Freude und keine Seligkeit kannte, außer jenen, die in ihren dumpfen Phantasien ihr vorschwebten und ihr freudvolle Erdentage verhießen, - wurde nun allmählich immer heißblütiger vom Wunsche der Ehelichung beseelt, und durch die Plaudereien mit ihren schwatzhaften Leidensgenossinnen sowie den Schmeicheleien ihres Verehrers aufgestachelt und aufgepeitscht, als sie in trunkener Vorfreude auf künftiges Glück, endgültig die eilfertigen Empfehlungen beherzigend ihrem künftigen Schänder in die Arme rannte.                  
Oh, wie blind und trunken sie war! Völlig liebestoll werkte sie nächtens, im Halbschlaf, bei dämmrigem Lichte, gänzlich in sehnsüchtige Phantasien versunken an schillernden und farbenprächtigen Luftschlössern, zupfte jedweden misslichen Ton aus der vermeintlichen Sinfonie ihrer baldigen Ehe heraus, bebte und zitterte flammend vor dem Augenblick, in welchem sie unverbrüchlich und für alle Zeit in seine behütsamen Arme geschlossen werde.                                                                                                   
Alle erlittene Schmach und Qual in unauffindlicher Seelentiefe vergraben, die Welt um sie rings vergessen, nichts fühlend, nichts sehend und nichts hörend, als die Welt, die sie durch ihn und in ihm fand.“
Dies alles hatte sie in so reißender Geschwindigkeit und aus ihrer vergewaltigten Seele herausgepresst, dass es einem gar dünkte, sie hätte es sich selbst unentwegt hergesagt, dass sie es bald inwendig konnte.
Sie hielt inne und senkte ihr goldiges Köpfchen. Von ihrem kindlichen Gesicht, von welchem trotz allen geschlagenen Lebensübels noch immer eine natürliche und eigene Schönheit erstrahlte, waren, der gesenkten Haltung ihres Kopfes wegen, keinerlei physiognomische Wandlungen mehr zu erkennen.
Kaum merklich perlten ein, zwei zaghafte Tropfen, sich gleichsam vor den durchdringenden Blicken des „Satans“  genierend nieder, um sodann, indem sie der Schmach vollends ausgeliefert zu sein innewurde, einem heftigen Platzregen gleich dahinzuprasseln. Jäh erhob sie ruckartig ihr tränenüberströmten Antlitz, um geradewegs ihn anfunkelnd mit Worten anzuspeien, die endlich die massive Felsmauer seiner Apathie zugrunde sprengen würden.
„  Endlich!“, fuhr sie fort, „streckte sie ihre Arme vertrauensvoll ihm entgegen, um alle so vollen Herzens ersehnten Freuden und Wünsche, die sich förmlich allesamt in seiner Person vereinigt zu haben schienen, auf nimmermehr loslassend zu umgreifen. Umfassen taten sie aber nur das leere und dumpfe Nichts! Erstarrt, ohne Sinn, ohne Verstand steht sie vor einem jähen und weitklaffenden Abgrund. In der bodenlosen, düsteren Tiefe erscheint ihr das Spiegelbild ihres Selbst. Rings um sie die erdrückende und erstickende Last der Finsternis. Über ihr die einstige Himmelspracht in pechschwarzer Trauertracht. Kein Ausweg lässt sich aus dem Irrgarten finden, kein Trost sich auflesen, keine Hoffnung in den kühnsten Phantasien sich erträumen. Denn der hat sich davongestehlt, indem sie allein ihr Dasein wusste und fühlte, in dessen Gegenwart sie alles war, was sie wollte, weil er alles war, was sie verlangte.                                           
Und diese, diese… Elende bin ich.“
Bei den letzten Worten versagte ihre Stimme, sei es der zunehmenden Bewusstwerdung ihrer Schmerzen oder der unausstehlichen Qual der Erinnerung wegen. Gewiss ist freilich, dass die Wehmut einer scharfen Nadel gleich an der eitrigen Wunde vergangener Erlebnisse herumgestochert hatte. Womöglich war es folglich vielmehr die seelische Drangsal, die den Strom ihrer Worte zum Versiegen brachte.
Abermals sank ihr Köpfchen. Ihre ausgemergelten Ärmchen auf den durchnässten Asphalt stämmend, presste sie sich mehrmalig vergebens ab, um auf diese Weise an hinlänglicher Schwungkraft zu gewinnen. Allein diese für unsereins leichte Aktion, hatte ihr so viel Kraft abgesogen, dass ihre Arme, auf welchen sich weiterhin abzustützen glaubte, jählings einkrachten und sie wuchtig mit dem Gesicht auf den holprigen Straßenasphalt stürzte. Mit der rechten Wange und ihm zugewandtem Gesicht lag sie auf dem harschen Schnee. Beinahe gänzlich niedergeschlagen waren ihre Augenlider, als dass lediglich durch einen hauchdünnen Schlitz  das dämmrige Augenlicht einer Geschändeten zu erkennen war. Es ist anzunehmen, dass sie solcherart in den tiefen und festen Schlaf des Todes eingeschlummert wäre, hätte sich nicht eine gewaltige Erscheinung in ihrem Sinn erhoben, welche augenscheinlich der letzte Strang war, die sie noch mit dieser Schattenwelt verband. Schrecklich röchelnd fixierte sie weitaufgerissenen Auges die bestialische Realität ihrer Situation, als unversehens ein Blutstrom sich in einem kräftigen, ruckartigen Schuss aus ihrem Mund ergoss. Ihren zittrigen, leichenblassen und blutverschmierten Arm ihm entgegenstreckend, ergriff sie seine schlaffe von seinen Schultern herabhängende Hand mit titanischer Kraft, förmlich so, als wolle sie ihm gewaltsam zur Wohltat nötigen.

Ihn mit glühender Wachheit anstierend, quetschte die Armselige ihren restlichen Lebensatem heraus und dieser letzte Aufschrei durchschallte und durchwallte ihn so scharf, dass ihm Gebein, Fleisch und Geist durchgerüttelt wurden. Endlich aus der dunklen und dumpfen Phantasiesphäre aufgetaucht, vermochte er mit aller Geistesklarheit zu erkennen, dass ein totes Weiblein im blutdurchtränkten Schnee vor seinen Füßen lag. Ihre blondes, zottiges Haar, ihre schmächtigen und hageren Gliedmaßen, ihre auf dem ganzen Leibe verteilten Narben, verrieten ihm ein Dasein voll Schmach und Schmerz, welche sie vermutliche zu irgendeinem Zwecke zu ertragen sich verpflichtet hatte. So viel Anmut bei so viel Armut mundete seinem irren Geiste nur allzu sehr. Er schwelgte wie seit langem nicht mehr im Hochgenuss des Lebendingseins des Moments, indes sie momentan und für alle Ewigkeit tot sein sollte. Wie vieles, entging seinem Scharfsinn auch diesmal nicht die endlose Diskrepanz des letzteren Gedankengangs, aber statt des Einflößens ehrfürchtiger Pietät, verpotenzierte es nur seinen viehischen Geschmack. Allerdings wurde ihm nach einigen Minuten auch dieses Bild unschmackhaft und gleichviel. Schließlich wandte er sich von ihr, der flüchtigen Unterhaltungsdauer wegen sichtlich verdrießt ab und zog von dannen.

2
06.08.1987 um 16:00 Uhr

Sollte dies denn alles Schicksal sein? Dieses so jämmerliche Leben, dass ihm alle Lebensmut entzogen hatte. Könnte es denn etwa einen solchen Gott geben? Musste er denn unter all diesen dem Genussleben so widrigen Umständen ausharren, dieses unerträgliche Joch der Einsamkeit, gleich einem Becher voll galligem und ätzendem Gift ausschlürfen?                                                                                    Wie viele dunkle Abgründe musste er zuweilen widerwillig in sich erspähen, und wie viele davon waren nicht nur erdichtete Trugbilder seines verworrenen und verdorbenen Geistes, sondern wahrhaftige Laster seiner eigenen Natur, denen er zuzeiten so voll zarter Leichtfüßigkeit hinterher geflossen war, denen er alle erdenkliche Liebe seines Herzens anvertraut hatte.
Und nun!!!
Jetzt, just jetzt wollten sie ihn alle im Stich lassen, ihm beim Absaufen im allesverschlingenden Treibsand seiner eigenen Nichtsnutzigkeit zusehen, sich an dieser verkörperlichten Karikatur völliger Ohnmächtigkeit ergötzen, während er sich händeringend an etwas festzuklammern sucht und schluchzend um eine helfende Hand fleht.                                                                                                                                                        Ach, dass das Leben nur eine absonderliche Absurdität sei, dünkte schon manch einen Denker, dass es allerdings in solcher Wildheit und Brachialität alles und jenes gleich zertrümmern und zermalmen musste, das war ihm, dem einst so heiß behuldigten Jonas, fremd. Nein, nein, er wollte nicht, musste nicht, ja, würde, wenn es die Umstände von ihm abnötigten, auch dem Leben Lebewohl sagen. Diesen ihm und mir verbliebenen letzten Trumpf hält er und halte ich, halten wir allein in fest geballten Händen.“
Ich selbst, vorab erwähnt, beliebe einstweilen in der Öffentlichkeit anonym zu bleiben und werde bestrebt sein die letzten Erdentage dieses sowohl bemitleidens- als auch  bewundernswürdigen Mannes zu schildern. Wobei ohnehin ein namentlich erwähntes Ich der Sache selbst zu keinerlei Nutzen gereichen würde, als einen unter vielen tausend zu nennen, die den gleichen Namen tragen.

Zum  Zwecke einer möglichst akribischen Veranschaulichung seines Denkens und Fühlens werden wir nicht umhin kommen, zuweilen in seiner Vergangenheit zu wühlen und zu kramen, um die diese oder jene Handlung durch psychologische Methodik mittels  Zuhilfenahme erlebter Traumata illuminierend dem Leser begründlich zu  machen. Einst sprach der Dichterfürst Goethe ein Diktum aus, dem unbedingte Beipflichtung zuteilwerden muss. Dieser Satz nämlich, dass man Menschen nicht nach ihrem Tun zensurieren solle, sondern stets nach den Gründen und Ursachen forschen müsse, die eine Handlung womöglich gar notwendig machen, zerschlug mit einem Hiebe mein bis dorthin leichtsinniges und seichtes Weltbild einfacher Aburteilung entsprechend äußerlichen Erkennens in abertausend Stücke.

Und um jenem Imperativ gerecht zu werden, und um nicht allzu lange über die Absichten des Verfahrens zu sprechen, ohnehin diese dem Scharfsinnigen durch den Text per se herleitbar, bin ich genötigt einerseits einige Tagebucheinträge miteinzufügen, um hierdurch eine etwaig haltlose Behauptung eines selbsterdichteten Zerrbildes Jonas‘ zu verwehren, und andererseits durch das Sprechen Jonas‘ das unmittelbare Hineindringen in die Person zu ermöglichen.

3
16.08.1987 um 01:16

Den Heutigen verlebte ich wie die restlichen Tage, verprasste, vergeudete und verschwendete sie nach Herzenslust, war mehr oder minder gar gezwungen, denn was will ein Greis dem Leben Nützliches vorlegen, der Welt Förderliches anbieten, als eine zur Gänze lästige Last sein, welcher so häufig man sie im Inneren durch den Wunsch beseelt er möge rasch dahinscheiden oder gar aufs Qualvollste krepieren, stets putzmunter mit keckem Augausdruck einen anglupscht.
Mir entfiel, bei aller mir vorschwebender Ideensvielfalt, die ich allesamt gewillt bin dem Papiere, meinem einzig gebliebenen und getreulichen Intimus, einzuhauen, ihn gleichsam mit meinem Lebenshauch zu beseelen und zu verewigen, dass dieser heutige Tag, wenn man ihn recht betrachten tut, einen Vorzug gegenüber den Anderen genießt, nämlich den, dass er, was die grenzenlose Nichtigkeit und Absurdität meines Daseins anbelangt, mir mit schier überdeutlich gnadenloser Rohheit offenbarte, dass ich nichtsnutziger sei, als eine Scheibe verschimmelter und vergammelter Käse. Wie ich just auf diese sonderbare Allegorie gekommen? Aber lustig ist sie allemal! Denn sogar ein Solcher wird von gewissen Gourmets genüsslich verspeist, aber wer, Herrgott nochmal, ist willens mich verspeisen zu mögen? Schwerlich kann ich mich des Lachens enthalten… Ich muss mir eingestehen, dass sie allemal amüsant ist.
Jetzt allerdings, wenn ich mich des eigentlichen Inhalts des bisherig Geschriebenen besinne, schwingt da nicht etwas Untröstliches, etwas unsäglich Betrübliches mit?                                                 

Aber warum verzagen und allem Lebensmut entsagen, wenn ohnehin dem Prinzipium der bestialischen Mutternatur entsprechend versterben wird alles, wenn ohnehin diese Allesverschlingende und Unersättliche  weder ruhen noch rasten wird, ehe sie allem, restlos allem sich bemächtigt hat, was sie selbst hat vorgebracht.

Diese frommen und einfältigen Pietisten sind zuweilen unergründlicher als der Unergründliche selbst, indem sie dem Wirkkraft zuschreiben der nicht zu sehen, und dem dieselbe absprechen, welcher in aller erdenklicher Klarheit ist zu sehen. Die abgrundtiefe Narrheit des Menschen, die da besteht im Glauben, ist die irrste und wirrste Ausgeburt menschlichen Vernünftelns.                                                                                                                                           
Aber tue ich nicht in diesem Augenblick, der vermeintlich über alles Erhabene, nicht selbst jenes, welches ich wohlweislich aufs Schärfste verdamme. Vernünfteln?                                    
Willst etwa auch du mir zum Erbrechen verhasst werden, auch du letzter Freund, mir auf Erden lieblicher Hang, mir hienieden letzter Lebensstrang?
Krepieren werden wir allesamt, ohne jedwede Ausnahme und damit basta!!!

4
31. 08. 1987 um 19:05
Wie herrlich bordeauxrot die gigantische Abendsonne mich anlacht, in unnennbarer Pracht kolossale Ausbrüche anfacht, wie es mich unbändbar danach dürstet von den Spitzen ihrer in unermessliche Höh sich züngelnden und schlängelnden Flammenobelisken berührt zu werden, in ihr allesverschlingendes und allesbindendes Flammenmeer hinabzutauchen, mich meiner entledigend in unversiegbarer Seligkeit des dahinschmelzenden Herzens in den wabblig schwabbligen Lavateig hinabzutreiben, bis ich in unauffindlich tiefe Tiefen hinabgesunken, endlich gänzlich in mich versunken.   
Ist denn der Mensch nur in unerreichlicher Ferne sich nahe? Erst im Spektakel abertausender dahinbrausender Gewalten stille? Und ist denn der Tod eben nicht das Überschreiten einer endlosen Ferne, einem unüberbrückbar weitgähnenden Klufte gleich, in das für unsereins völlig Fremde? Das Fremde…
Warum sich nicht mit dem Bekannten begnügen? Verhält es sich denn nicht so, dass das vermeintlich Bekannte, dass in Eigentlichkeit Verkannte ist, folglich das uns am ehesten entfremdete Fremde?
Ein pechschwarzer Rabe tut sich vor meinem Aug auf. Sein weites Flügelgefieder in majestätischer Gravidität ausgebreitet, schwebt er im luftig leeren Himmelsgewölbe. In resoluter und unfehlbarer Bestimmtheit saust er seinem sich auf einer Anhöhe befindlichem Opfer entgegen.
Nichts ahnend von dem sich in Pfeilesschnelle herannahenden Raben beschaut es in seelenruhiger Versunkenheit, die im morgendlichen Strahlenglanze paradiesisch erscheinende Landschaft, welche so betörend duftet und dampft, welche bis zur Himmel- und Erdreich splittenden Linie alle erdenklichen Schattierungen und Facetten schillernd saftigen Grüns präsentiert, dass ihm gleichsam die Sinne schwinden.
Aber, ach!                                                                                                                    Was ist des löblich Lebens Sinn, wenn des Lebens Ende unerträglich schlimm?

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Sandkorn im Muschelschlund
Eselsohr

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Beitrag02.02.2010 21:51

von Sandkorn im Muschelschlund
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Hallo der Suchende.

Entschuldige bitte: dir ist schon bewusst das das volle 9 Word Seiten sind? Es heißt maximal 500 Worte pro eingestellten Text...
Ich bin leider nicht in der Lage mir die nötige Zeit zu nehmen deinen Text zu rezensieren!
Was ich sagen kann, nach dem ich ein wenig gelesen habe: Du benutzt sehr viele Adjektive, was nicht grundsätzlich positiv aber auch nicht immer schlecht ist. Deine Sätze sind teilweise einfach viel zu lang und zu verschachtelt. Das hindert den Lesefluss. Deswegen hab ich auch leider nicht die vollen 9 Seiten gelesen.

Versuch es mit ein etwas weniger Text bitte noch einmal. Dann kann ich mich bestimmt deiner annehmen smile


LG,

Light


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Maybe you remeber me. If not, you get to know me again.

Gott hat den Menschen erschaffen, weil er vom Affen enttäuscht war. Danach hat er auf weitere Experimente verzichtet.
(Mark Twain)
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Angst
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Beitrag02.02.2010 22:20

von Angst
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Guten Abend,

Mir ist dieser Stil zu gewaltig, zu erdrückend, als dass ich ihn geniessen könnte. Kettensätze dieser Art sind auf den ersten Blick natürlich beeindruckend. Nach einer Weile aber zehren sie ganz gehörig an den Nerven. Das ist mir hier passiert, da will ich ehrlich sein. Ich bin der Meinung, dass du zwar sehr viel schreibst, dafür aber sehr wenig sagst.

Du spielst volle Kanne, fortissimo. Wie gesagt: Das ist beeindruckend. Aber ein Stil wie dieser lässt sich nicht so lange durchhalten, wie du es anscheinend zu tun gedenkst. (Sorry, habe nicht annähernd alles gelesen.) Die Aussage, die Handlung und auch das Gefühl gehen in diesen enormen Satzkonstruktionen verloren. Manchmal muss man pianissimo spielen, der Dramaturgie wegen. Nicht falsch verstehen, ich werde gerne mitgerissen. Aber das geht subtiler.

Liebe Grüsse,
Scheinheilige


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— Søren Kierkegaard, Philosophische Brosamen,
München: Deutscher Taschenbuch Verlag, S. 48.
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der Suchende
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Beitrag02.02.2010 22:21

von der Suchende
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Hierbei handelt es sich lediglich um die letzten Abschnitte. Das erste Kapitel, welches wesentlich zu enormen Länge beigetragen hat, habe ich entfernt.

2
06.08.1987 um 16:00 Uhr

Sollte dies denn alles Schicksal sein? Dieses so jämmerliche Leben, dass ihm alle Lebensmut entzogen hatte. Könnte es denn etwa einen solchen Gott geben? Musste er denn unter all diesen dem Genussleben so widrigen Umständen ausharren, dieses unerträgliche Joch der Einsamkeit, gleich einem Becher voll galligem und ätzendem Gift ausschlürfen? Wie viele dunkle Abgründe musste er zuweilen widerwillig in sich erspähen, und wie viele davon waren nicht nur erdichtete Trugbilder seines verworrenen und verdorbenen Geistes, sondern wahrhaftige Laster seiner eigenen Natur, denen er zuzeiten so voll zarter Leichtfüßigkeit hinterher geflossen war, denen er alle erdenkliche Liebe seines Herzens anvertraut hatte.
Und nun!!!
Jetzt, just jetzt wollten sie ihn alle im Stich lassen, ihm beim Absaufen im allesverschlingenden Treibsand seiner eigenen Nichtsnutzigkeit zusehen, sich an dieser verkörperlichten Karikatur völliger Ohnmächtigkeit ergötzen, während er sich händeringend an etwas festzuklammern sucht und schluchzend um eine helfende Hand fleht. Ach, dass das Leben nur eine absonderliche Absurdität sei, dünkte schon manch einen Denker, dass es allerdings in solcher Wildheit und Brachialität alles und jenes gleich zertrümmern und zermalmen musste, das war ihm, dem einst so heiß behuldigten Jonas, fremd. Nein, nein, er wollte nicht, musste nicht, ja, würde, wenn es die Umstände von ihm abnötigten, auch dem Leben Lebewohl sagen. Diesen ihm und mir verbliebenen letzten Trumpf hält er und halte ich, halten wir allein in fest geballten Händen.“
Ich selbst, vorab erwähnt, beliebe einstweilen in der Öffentlichkeit anonym zu bleiben und werde bestrebt sein die letzten Erdentage dieses sowohl bemitleidens- als auch bewundernswürdigen Mannes zu schildern. Wobei ohnehin ein namentlich erwähntes Ich der Sache selbst zu keinerlei Nutzen gereichen würde, als einen unter vielen tausend zu nennen, die den gleichen Namen tragen.

Zum Zwecke einer möglichst akribischen Veranschaulichung seines Denkens und Fühlens werden wir nicht umhin kommen, zuweilen in seiner Vergangenheit zu wühlen und zu kramen, um die diese oder jene Handlung durch psychologische Methodik mittels Zuhilfenahme erlebter Traumata illuminierend dem Leser begründlich zu machen. Einst sprach der Dichterfürst Goethe ein Diktum aus, dem unbedingte Beipflichtung zuteilwerden muss. Dieser Satz nämlich, dass man Menschen nicht nach ihrem Tun zensurieren solle, sondern stets nach den Gründen und Ursachen forschen müsse, die eine Handlung womöglich gar notwendig machen, zerschlug mit einem Hiebe mein bis dorthin leichtsinniges und seichtes Weltbild einfacher Aburteilung entsprechend äußerlichen Erkennens in abertausend Stücke.

Und um jenem Imperativ gerecht zu werden, und um nicht allzu lange über die Absichten des Verfahrens zu sprechen, ohnehin diese dem Scharfsinnigen durch den Text per se herleitbar, bin ich genötigt einerseits einige Tagebucheinträge miteinzufügen, um hierdurch eine etwaig haltlose Behauptung eines selbsterdichteten Zerrbildes Jonas‘ zu verwehren, und andererseits durch das Sprechen Jonas‘ das unmittelbare Hineindringen in die Person zu ermöglichen.

3
16.08.1987 um 01:16

Den Heutigen verlebte ich wie die restlichen Tage, verprasste, vergeudete und verschwendete sie nach Herzenslust, war mehr oder minder gar gezwungen, denn was will ein Greis dem Leben Nützliches vorlegen, der Welt Förderliches anbieten, als eine zur Gänze lästige Last sein, welcher so häufig man sie im Inneren durch den Wunsch beseelt er möge rasch dahinscheiden oder gar aufs Qualvollste krepieren, stets putzmunter mit keckem Augausdruck einen anglupscht.
Mir entfiel, bei aller mir vorschwebender Ideensvielfalt, die ich allesamt gewillt bin dem Papiere, meinem einzig gebliebenen und getreulichen Intimus, einzuhauen, ihn gleichsam mit meinem Lebenshauch zu beseelen und zu verewigen, dass dieser heutige Tag, wenn man ihn recht betrachten tut, einen Vorzug gegenüber den Anderen genießt, nämlich den, dass er, was die grenzenlose Nichtigkeit und Absurdität meines Daseins anbelangt, mir mit schier überdeutlich gnadenloser Rohheit offenbarte, dass ich nichtsnutziger sei, als eine Scheibe verschimmelter und vergammelter Käse. Wie ich just auf diese sonderbare Allegorie gekommen? Aber lustig ist sie allemal! Denn sogar ein Solcher wird von gewissen Gourmets genüsslich verspeist, aber wer, Herrgott nochmal, ist willens mich verspeisen zu mögen? Schwerlich kann ich mich des Lachens enthalten… Ich muss mir eingestehen, dass sie allemal amüsant ist.
Jetzt allerdings, wenn ich mich des eigentlichen Inhalts des bisherig Geschriebenen besinne, schwingt da nicht etwas Untröstliches, etwas unsäglich Betrübliches mit?

Aber warum verzagen und allem Lebensmut entsagen, wenn ohnehin dem Prinzipium der bestialischen Mutternatur entsprechend versterben wird alles, wenn ohnehin diese Allesverschlingende und Unersättliche weder ruhen noch rasten wird, ehe sie allem, restlos allem sich bemächtigt hat, was sie selbst hat vorgebracht.

Diese frommen und einfältigen Pietisten sind zuweilen unergründlicher als der Unergründliche selbst, indem sie dem Wirkkraft zuschreiben der nicht zu sehen, und dem dieselbe absprechen, welcher in aller erdenklicher Klarheit ist zu sehen. Die abgrundtiefe Narrheit des Menschen, die da besteht im Glauben, ist die irrste und wirrste Ausgeburt menschlichen Vernünftelns.
Aber tue ich nicht in diesem Augenblick, der vermeintlich über alles Erhabene, nicht selbst jenes, welches ich wohlweislich aufs Schärfste verdamme. Vernünfteln?
Willst etwa auch du mir zum Erbrechen verhasst werden, auch du letzter Freund, mir auf Erden lieblicher Hang, mir hienieden letzter Lebensstrang?
Krepieren werden wir allesamt, ohne jedwede Ausnahme und damit basta!!!

4
31. 08. 1987 um 19:05

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Ist denn der Mensch nur in unerreichlicher Ferne sich nahe? Erst im Spektakel abertausender dahinbrausender Gewalten stille? Und ist denn der Tod eben nicht das Überschreiten einer endlosen Ferne, einem unüberbrückbar weitgähnenden Klufte gleich, in das für unsereins völlig Fremde? Das Fremde…
Warum sich nicht mit dem Bekannten begnügen? Verhält es sich denn nicht so, dass das vermeintlich Bekannte, dass in Eigentlichkeit Verkannte ist, folglich das uns am ehesten entfremdete Fremde?
Ein pechschwarzer Rabe tut sich vor meinem Aug auf. Sein weites Flügelgefieder in majestätischer Gravidität ausgebreitet, schwebt er im luftig leeren Himmelsgewölbe. In resoluter und unfehlbarer Bestimmtheit saust er seinem sich auf einer Anhöhe befindlichem Opfer entgegen.
Nichts ahnend von dem sich in Pfeilesschnelle herannahenden Raben beschaut es in seelenruhiger Versunkenheit, die im morgendlichen Strahlenglanze paradiesisch erscheinende Landschaft, welche so betörend duftet und dampft, welche bis zur Himmel- und Erdreich splittenden Linie alle erdenklichen Schattierungen und Facetten schillernd saftigen Grüns präsentiert, dass ihm gleichsam die Sinne schwinden.

Aber, ach! Was ist des löblich Lebens Sinn, wenn des Lebens Ende unerträglich schlimm?
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Ruthi
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Alter: 36
Beiträge: 218



Beitrag02.02.2010 22:26

von Ruthi
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Sei mir nicht böse, ich hab nur den ersten Satz gelesen:
Zitat:
Eisige Böen rauschten und huschten durch die leergefegten Gassen, während einzelne Laternenlichter ihre zaghaften Lichtbündel auf die allerorts verstreuten Pfützen und Regenlachen warfen und farbenprächtig flackernde Strahlen mit reizsamen Tänzchen den seidengleichen, in den Einbuchtungen angesammelten, Regenguss durchdrangen.

 Shocked Hilfe! Viel zu viel zu viel zu viele Adjektive....Ich empfehle dir hier im Forum mal folgenden Thread durchzulesen, da stehen viele hilfreiche Tipps zur Verbesserung des Schreibstils drin:
http://www.dsfo.de/fo/viewtopic.php?t=9914&highlight=schreibschule

Nimms mir nicht übel, ich will nur helfen wink
LG Ruthi


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MT
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Alter: 52
Beiträge: 1090
Wohnort: Im Süden (Niedersachsens)


Beitrag02.02.2010 22:31

von MT
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Moin und herzlich willkommen hier im Forum!

Dein Text zeigt Phantasie und sicher auch eine große Portion an Potential. Bisher aber kann ich mich nur Ruthi anschließen. Nimm die Schreibübungen hier im Forum wahr, sieh Dir Ralphies Schreibwerkstatt an und verinnerlich sie Stück für Stück. Glaub mir: So haben die meisten hier angefangen (und bei vielen hat´s geholfen Very Happy ).

Du hast Potential zum Schreiben - bau es aus.

Liebe Grüße

MT
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FictionWriter
Geschlecht:männlichLeseratte


Beiträge: 128



Beitrag07.02.2010 15:28

von FictionWriter
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Ruthi hat Folgendes geschrieben:

Nimms mir nicht übel, ich will nur helfen wink
LG Ruthi


Ganz ehrlich?
Ich denke nicht dass der Suchende so wie in diesen Ratgebern empfohlen schreiben WILL.

Und das ist auch sein gutes Recht.


Sowas Hochgestochenes und Gekünsteltes liest man nicht alle Tage.

Gefällt mir irgendwie.

 Smile
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der Suchende
Gänsefüßchen
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Beiträge: 22



D
Beitrag07.02.2010 16:50

von der Suchende
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Ganz richtig, FictionWriter!
Tausendfach lieber sähe ich dem Tod in sein allesverschlingendes und allesvernichtendes Angesicht!
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Dunkelblaue Kunst
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 40
Beiträge: 46



Beitrag07.02.2010 17:14

von Dunkelblaue Kunst
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Hallo

FictionWriter hat Folgendes geschrieben:
Ruthi hat Folgendes geschrieben:

Nimms mir nicht übel, ich will nur helfen wink
LG Ruthi


Ganz ehrlich?
Ich denke nicht dass der Suchende so wie in diesen Ratgebern empfohlen schreiben WILL.

Und das ist auch sein gutes Recht.


Also, wenn er nicht deswegen hier ist, weswegen dann? Die Talentschmiede war doch eigentlich da, um an seinen Texten zu feilen, oder?

Ich muss zugeben, so etwas derart Kompliziertes hatte ich das letzte mal im Deutschleistungskurs gelesen.
Ich habe ganze vier Absätze geschafft, danach hatte der Text mich geschafft. Man könnte ihm fast schon vorwerfen, dass er gar nicht gelesen werden will. Er scheint fast nur um sich selbst zu kreisen, um in fraktaler Art und Weise immer neue literarische Blüten zu produzieren, die nur um ihrer selbst Willen existieren. Ich habe in den gelesenen Abschnitten nicht wirklich mitbekommen, worum es geht.

Mir drängt sich der Eindruck auf, dass es in deinem Text auch gar nicht darum geht, eine Geschichte zu erzählen. Auch die folgenden kürzeren Abschnitte haben nicht den Eindruck. Stattdessen wirkt das eher wie eine Sammlung an Gedanken. Was nichts Schlechtes ist. Aber "Sturm und Drang"-Literatur, so wie du sie scheinbar zu kopieren versuchst, war mir nie das Liebste, mich erreichst du damit nicht.

Ich will und kann niemanden vorschreiben, wie er zu schreiben hat. Wenn dir das so gefällt, dann ist schön. Wenn du auch ein Publikum dafür findest, um so besser. Ich wünsche noch viel Freude dabei.

Auf bald.


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Was soll all dies?
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der Suchende
Gänsefüßchen
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Beiträge: 22



D
Beitrag07.02.2010 17:26

von der Suchende
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Zitat von dunkelblaue Kunst:
Ich habe ganze vier Absätze geschafft, danach hatte der Text mich geschafft. Man könnte ihm fast schon vorwerfen, dass er gar nicht gelesen werden will. Er scheint fast nur um sich selbst zu kreisen, um in fraktaler Art und Weise immer neue literarische Blüten zu produzieren, die nur um ihrer selbst Willen existieren. Ich habe in den gelesenen Abschnitten nicht wirklich mitbekommen, worum es geht.
Zitat Ende

Sie hätten etwas weiter lesen müssen.

Ab dem 14. Absatz beginnt das Eigentliche meines Textes


Der Absatz wird mit den Wörter: Ein wahrhaft grelles Beispiel.....eingeleitet
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Ruthi
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Alter: 36
Beiträge: 218



Beitrag07.02.2010 19:36

von Ruthi
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FictionWriter hat Folgendes geschrieben:
Ruthi hat Folgendes geschrieben:

Nimms mir nicht übel, ich will nur helfen wink
LG Ruthi


Ganz ehrlich?
Ich denke nicht dass der Suchende so wie in diesen Ratgebern empfohlen schreiben WILL.

Und das ist auch sein gutes Recht.


Sowas Hochgestochenes und Gekünsteltes liest man nicht alle Tage.

Gefällt mir irgendwie.

 Smile


Ok, ich hätte dabei sagen sollen, dass ich erst einmal davon ausgehe, dass die Texte möglichst viele leser ansprechen sollen. Natürlich hat auch dieser Stil seine Berechtigung und seine Fans smile
Aber da ich mit meiner Meinung nicht alleine da stehe, seh ich mich schon bestätigt, dass so ein Text einen Publikumsverlag eher abschrecken würde. Aber man muss ja nicht immer nur für die breite Masse schreiben wink
LG Ruthi


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der Suchende
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Beitrag07.02.2010 22:00

von der Suchende
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Wie schon erwähnt hätten Sie etwas weiter lesen müssen. Vielleicht hätte der Text dann auch ihrem Geschmack entsprochen. Daher verwerfe ich die Kritik als überstürtze Urteile, welchen keine Legitimation zukommt.
Razz
Alles bis zum 14. Absatz ist der Beschreibung des Gemütsleben des Protagonisten gewidmet. Und weil der nun einmal kompliziert denkt, ist der Text, welcher sich seiner annimmt, etwas kompliziert. Leuchtet doch ein oder?

Ab dem 14. Absatz beginnt der eigentliche Abschnitt meines Textes

Der Absatz wird mit den Wörter: Ein wahrhaft grelles Beispiel.....eingeleitet
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Angst
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Beitrag07.02.2010 22:51

von Angst
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Guten Abend,

Ich habe nun weitergelesen, doch mein Eindruck hat sich leider nicht geändert. Nach wie vor bin ich der Meinung, dass du zu verschwenderisch mit deinen Wörtern umgehst. Du kannst sehr gut formulieren, das steht ausser Frage. Aber das reicht nicht. Ich versuche mal, die Redundanz an einigen Stellen aufzuzeigen:

der Suchende hat Folgendes geschrieben:
Es schien, (Komma) als haben (hätten) seine Beine ein Eigenleben entwickelt und sich dem dirigierenden und kommandierenden Hirn entledigt.

"dirigieren" und "kommandieren" ist beinahe synonym. Ausserdem: Wenn seine Beine ein Eigenleben entwickeln, erklärt sich von selbst, dass sein Hirn die Signale vergeblich nach unten schickt. Ist in meinen Augen eine unnötige Dopplung.

der Suchende hat Folgendes geschrieben:
Eine Dame jüngeren Alters, in einem (einen) dünnen, dürftig gefütterten, rotfarbigen Mantel gehüllt, wälzte sich vor Schmerzen gekrümmt auf dem durchtränkten Asphalt und bat bitterlich heulend, kreischend und stöhnend um Hilfe.

"dünn" und "dürftig gefüttert" ist bedeutungsähnlich, also zu viel Adjektiv für zu wenig Inhalt. Ich will nicht stur auf dieser Adjektivregel rumreiten, doch du verwendest diese Wortart tatsächlich inflationär – nicht nur in diesem Satz. Ähnlich ergeht es mir mit dem Wortdrilling „heulend, kreischend, stöhnend“. Ich akzeptiere mal, dass sie das alles zugleich tun kann. Nur ist mir das wesentlich zu dick aufgetragen. Ungeschickt auch, dass du diese Partizipien mit der unpassenden Wendung "um Hilfe bitten" verbindest. Sie bittet nicht, sie fleht.

der Suchende hat Folgendes geschrieben:
Schließlich als sie dann doch einen menschenhaften Umriss unweit von ihr schattenhaft erkannte, konnte sie ihr Glück kaum fassen.

"schliesslich" und "dann" ist doppelt gemoppelt. Überhaupt stimmt hier die Reihenfolge nicht.

Liebe Grüsse,
Scheinheilige


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— Søren Kierkegaard, Philosophische Brosamen,
München: Deutscher Taschenbuch Verlag, S. 48.
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der Suchende
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Beitrag07.02.2010 23:19

von der Suchende
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Unnützige Pedanterie, die nicht des Gehalts, sondern der Form ergebenster Sklave ist.
Wenn sie schon meinem Schreibstil so feindselig gegenüberstehen, frage ich mich, wie die Reaktion wohl aussehen täte, wenn ich einige Abschnitte aus dem Buch Hoffmanns ,,Die Elixiere des Teufels" reinstellen würde.

Vermutlich würde man einen so exzellenten Virtuosen wie ,,Hoffmann,, eines zu überfrachtenen adjektivischen Stils zeihen!

Es lebe die Individualität des Geistes !!!
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*Gast*
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Beitrag07.02.2010 23:28

von *Gast*
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Hallo Suchender,

eigentlich wollte ich etwas zu Deiner Geschichte schreiben. Aber das wäre auch nur unnütze Pedanterie, weil ich zu den Lesern gehöre, für die Form den Inhalt trägt. Was durchaus nicht heißt, dass ich grundsätzlich diesen Stil nicht mag, im Gegenteil, aber er muss wirklich beherrscht werden, sonst hindert er daran, den Inhalt wahrzunehmen.

Zitat:
frage ich mich, wie die Reaktion wohl aussehen täte,
Wenn schon schwurbeln, dann bitte so, dass sich meine Nackenhaare nicht aufstellen.

Individuellen Gruß
Sabine
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der Suchende
Gänsefüßchen
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Beitrag07.02.2010 23:32

von der Suchende
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Wie ist dieser zu beherrschen?
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Mardii
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Beitrag07.02.2010 23:36

von Mardii
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Du solltest solche Kritik nicht so persönlich nehmen.

Das ist Textarbeit. Scheinheilige hat dich auf ein paar Punkte hingewiesen, die wirklich überarbeitungsbedürftig sind.

Hoffmann hat sicherlich einen ausladenden Stil gepflegt, aber er verstand seine Kunst. Nicht umsonst war er auch Musiker.

Gruß von Mardii
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*Gast*
Klammeraffe
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Beitrag07.02.2010 23:37

von *Gast*
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Für den Anfang schon mal dadurch, dass der Schreiber die durchaus nicht verkehrten Ratschläge bezüglich Adjektiven und Doppelungen beherzigt. Dann durch das ganz feine Schleifen und Durchkämmen des gesamten Textes nach logischen Brüchen. Weiterhin durch das Vermeiden überflüssiger Fremdworte und durch Kürzen. Ein langer Satz mit vielen Nebensätzen muss in sich perfekt sein, sonst stolpert der Leser über fehlende oder falsche Formalitäten. Und dann üben, üben und nochmal üben. Laut lesen und noch mal korrigieren.

Gruß
Sabine
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Angst
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A
Beitrag07.02.2010 23:45

von Angst
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Sag doch mal, was an redundanten Adjektiven gehaltvoll sein soll. Ich lerne gern dazu. Mein Eindruck bisher war nämlich, dass du derjenige bist, der die Form über den Inhalt stellt.

Was ich von Hoffmann halte, ist im Übrigen Jacke wie Hose.


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München: Deutscher Taschenbuch Verlag, S. 48.
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der Suchende
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Beitrag08.02.2010 00:11

von der Suchende
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Ich werde mich dahingehend zu zügeln suchen, auch wenn die Vorstellung, mich in meiner Ausdrucksweise bändigen zu müssen, mir nicht behagt, zumal sie meinem innersten Innern entspringend jegliche Gekünsteltheit verunmöglicht.

Ich vermute dennoch, dass der hoffmannsche Stil auf äußerste Antipathie stoßen würde, ungeachtet seiner Einzigartigkeit in der deutschen Literaturwelt.
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der Suchende
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Beitrag08.02.2010 00:36

von der Suchende
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Bis auf Weiteres werde ich mich nicht melden, um härter an mir zur arbeiten, allerdings soll dies nicht heißen, dass ich zur Verbesserung meines stilistischen Vermögens irgend einem vorgezeichneten Weg folgen werde!!!
Denn: Es lebe die Individualität!!!
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Dunkelblaue Kunst
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Alter: 40
Beiträge: 46



Beitrag08.02.2010 01:07

von Dunkelblaue Kunst
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Hallo Suchender,

der Suchende hat Folgendes geschrieben:
Ich werde mich dahingehend zu zügeln suchen, auch wenn die Vorstellung, mich in meiner Ausdrucksweise bändigen zu müssen, mir nicht behagt, zumal sie meinem innersten Innern entspringend jegliche Gekünsteltheit verunmöglicht.

Ich vermute dennoch, dass der hoffmannsche Stil auf äußerste Antipathie stoßen würde, ungeachtet seiner Einzigartigkeit in der deutschen Literaturwelt.


Zitat:
Bis auf Weiteres werde ich mich nicht melden, um härter an mir zur arbeiten, allerdings soll dies etwa nicht heißen, dass ich mich zur Verbesserung meines stilistischen Vermögens auf irgend einen vorgezeichneten Weg begeben werde!!!
Denn: Es lebe die Individualität!!!


Ich habe Ihnen den Gefallen getan, und Ihren Text weitergelesen. Sie hatten recht, ab dieser Stelle wird es halbwegs interessant, da hier nun wirklich etwas passiert. Der Tod der Frau war doch schon fast bewegend.
Aber: Es rutscht ob Ihres opulenten Stils fast schon ins Triviale ab. Sie überfrachten das ganze so sehr, dass dort kein Platz bleibt für Bilder oder Gefühle. Es ist dort nur Text. Text, der seiner selbst Willen dort steht. Der Tod der Frau war egal. Er war nur ein Vorwand für Text.

Mein Eindruck bleibt. Sie vermitteln keine Geschichte. Sie übermitteln Gedanken. Jemand scheint eine Art Tagebuch zu führen. Und dabei wird einfach alles in seine Gedankenwelt integriert.
Mich lädt der Text aber nicht dazu ein, ihm in diese Welt zu folgen. Um ehrlich zu sein habe ich große Schwierigkeiten damit, dem Text zu folgen und zu irgendwelchen Schlussfolgerungen zu kommen. Vielleicht bin ich einfach zu doof. Oder zu faul.

Zum Thema Individualität. Ich muss Ihnen zustimmen, sie möge leben. Allerdings bedeutet sie nicht nur Individualität im Schreiben, sondern auch in seiner Meinung. Vielleicht würde Hoffmann hier abgewatscht werden. Aber das ist eine Frage des persönlichen Geschmacks. Literatur ist eine Frage des persönlichen Geschmacks. Ihnen ist unsere Meinung nicht genehm. Ihnen ist es nicht genehm, dass wir Hoffmann nicht mögen könnten. Ich denke, Ihnen könnte man nun auch den Vorwurf der Individualitätsberaubung machen. Ich habe jedenfalls noch so viel eigene Identität, dass ich mich nicht von Etiketten wie "Bestseller" oder "Nobelpreisträger" blenden lasse.

Schreiben Sie so wie es Ihnen gefällt. Mein Geschmack ist es nicht. Aber sicher werden Sie genug Freunde Ihrer Literatur finden, dass es auf einen mehr oder weniger nicht ankommt.

Auf bald.


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