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Dunkelblaue Kunst
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 40
Beiträge: 46



Beitrag17.01.2010 21:14
Sowohl als auch
von Dunkelblaue Kunst
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Ich weiß nicht, was ich will. Das heißt, ich weiß schon, was ich will. Allerdings liegen diese Dinge soweit auseinander wie der Nord- und Südpol. Ambivalenz nennt man so etwas. Ich nenne es „Scheiße“.
Man stelle sich vor, man baut sich ein Raumschiff, um zu den Sternen zu fliegen. Aber man baut sie absichtlich so, dass man diese niemals erreichen kann. Man stelle sich vor, man wünscht sich nichts sehnlicher als auf der Bühne zu stehen und alle Blicke auf sich zu haben. Gleichzeitig fürchtet man die stechenden Blicke, die einen in der Luft zerschneiden könnten. Man stelle sich vor, man sehnt sich nach der Hitze eines Feuers. Und doch zuckt man bei der geringsten Spur von Wärme zurück.
Das bin ich. Mein Alltag ist ein Hindernisparkour, den ich mir selbst ausgedacht habe.
Ein nett anzusehendes Mädchen kommt in der Einkaufspassage auf mich zu. Sie lächelt mich an. In diesem Moment kollidieren zwei Gedanken in meinem Kopf. „Wenn sie mich anspricht werden wir ein glückliches Paar.“ und „Hoffentlich spricht sie mich nicht an, das wird nur in einem Drama enden.“
Der Zusammenstoß lähmt mich.
Mein Gesichtsausdruck entgleist.
Sie zieht an mir vorbei.
In meinem inneren Stadion macht die eine Hälfte der Fans eine Laola-Welle, die andere Hälfte schreit und flucht und brüllt. Nach dem Spiel wird es wieder Straßenschlachten geben. Dann liege ich in meinem Bett und hasse mich, prügele mit Schlagstöcken auf beide Seiten ein, bis sie endlich Ruhe geben.
Ich erledige meine Arbeit immer gewissenhaft. Sitze ich dann vor einem fertigen Objekt, so meldet sich dann sogleich der schmierige Kritiker. Ausdrucke wie „hat keine Ahnung“, „unfähig“ und „schlecht“ in all seinen Varianten, wie „grottenschlecht“, „erbärmlich schlecht“ und „so schlecht, dass es an göttliche Bestrafung grenzt“, beweisen seine Eloquenz. Leider ist er mit meinem größten Fan verheiratet. Sie ist nicht so mit Worten. Dafür hat sie aber ein sehr enthusiastisches Gemüt. Und so fliegen dann mal wieder Teller, Vasen, Fernseher, Ninjasterne und Granaten hin und zurück. Bis dann ein Kollege an meiner geistigen Haustür klopft und den Streit schlichten muss.
Ich bin Materie und Antimaterie zugleich, ich bin nichts. Null. Wahrscheinlich ist das auch mein Wert in der Weltformel. Schade, dass ich nicht Mathematiker geworden bin. Dann wüsste ich vielleicht, was am Ende meines Lebens herauskommt. So kann ich nur schätzen, und ich war nie gut darin. Ich kann ja noch nicht einmal mich selbst schätzen. Mein Leben dreht sich nur im Kreis. Ein perfekter Kreis. Vielleicht ist mein Leben ja das: so perfekt, dass die einzige Konsequenz Stillstand ist.
Es ist an der Zeit stillzustehen. Oder mal endlich eine andere Abzweigung zu nehmen.
Aber ich kann mich nicht entscheiden...

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OceanChild
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 36
Beiträge: 272
Wohnort: Köln


Beitrag18.01.2010 15:44

von OceanChild
Antworten mit Zitat

Dein Text hat mir sehr gut gefallen. Man darf an deinen Gedankengängen teilhaben, deine Suche nach Erklärungsversuchen mit immer neuen Vergleichen, die fließend ineinander übergehen. Das ist so die Gegenüberstellung von Wunsch und Realität, so hab ich es empfunden bzw. so habe ich mich darin wieder gefunden. Ein bisschen beschreibt es vielleicht das, was man sein oder tun möchte, aber gleichzeitig große Angst oder Hemmungen davor hat, sich überwinden will, aber es nicht schafft.
Also wie gesagt, es hat mich sehr angesprochen smile


_________________
Kleine Meise, großes Herz.
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Dunkelblaue Kunst
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 40
Beiträge: 46



Beitrag18.01.2010 16:37

von Dunkelblaue Kunst
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hey,

Vielen Dank für deinen Kommentar, das bedeutet mir sehr viel!  rotwerd  
Ich habe ja eigentlich gedacht, dass man das eher für zu melodramatisch und den Erzähler für ein Weichei halten könnte. So unter dem Motto "reiß dich mal zusammen". Jedenfalls denke ich das, wenn ich dieses Text lese. Der Erzähler ist eigentlich nur mitleidsheischend.
Ich habe allerdings versucht, die Bilder so ansprechend zu gestalten, um die Energie (positiv wie negativ) die dabei entstehen zu verbildlichen. Freue mich, wenns dann auch gefällt.  smile

Auf bald.


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Sternensee
Geschlecht:weiblichSchneckenpost
S

Alter: 32
Beiträge: 5



S
Beitrag10.02.2010 20:15

von Sternensee
Antworten mit Zitat

Interessante Vergleiche, die du da anstellst um dieses Gefühl der Aufsplittung zu beschreiben.
Ausserdem erkennt man, also ich zumindest, sich in genau diesen Gedankengängen wieder:)

Besonders der letzte Absatz hat es mir wirklich angetan.
Besonders das mit der Materie.
Gut eingesetzt:)

Liebe Grüße
Sternensee


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"Lies keine Oden, mein Sohn, lies die Fahrpläne: sie sind genauer."

(Hans Magnus Enzensberger)
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Alogius
Geschlecht:männlichKinnbeber

Alter: 47
Beiträge: 3206

Die Goldene Bushaltestelle Goldene Feder Prosa (Anzahl: 2)


Vom Verschwinden der Muse
Beitrag10.02.2010 21:31

von Alogius
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Hi,

ein sehr humorvoller Text, trotz aller "Dramatik", die dem Reflektieren über die eigene Ambivalenz innewohnt. Sprachlich gefällt er mir auch, da er mit einer ziemlichen Leichtigkeit und schön verkorksten Bildern arbeitet, um seine Botschaft zu transportieren.
Ja, man findet sich wieder, denke ich.

Eine Sache ist seltsam:

Zitat:
Man stelle sich vor, man baut sich ein Raumschiff, um zu den Sternen zu fliegen. Aber man baut sie absichtlich so, dass man diese niemals erreichen kann.

Soll das meinen, man baut die Sterne so? Es liest sich so, wird aber wohl kaum so gedacht sein?

Lg

Tom


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Aus einem Traum:
Entsetzter Gartenzwerg: Es gibt immer noch ein nullteres Fußballfeld. Wir werden viele Evolutionen verpassen.
Busfahrer: Tröste dich. Mit etwas Glück sehen wir den Tentakel des Yankeespielers, wie er den Ereignishorizont des Schwarzen Loches verlässt.
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Dunkelblaue Kunst
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 40
Beiträge: 46



Beitrag11.02.2010 00:47

von Dunkelblaue Kunst
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo,

Ich bin ehrlich gesagt erstaunt, dass sich hier in den Text noch einige Leute zum Kommentieren finden, nachdem er quasi einen Monat "gereift" ist.
Vielen lieben Dank für die Kommentare! Irgendwie ein wenig beruhigend, dass man nicht ganz so alleine dasteht in seiner allgemeinen Ratlosigkeit.

Zitat:
Eine Sache ist seltsam:

Zitat:
Man stelle sich vor, man baut sich ein Raumschiff, um zu den Sternen zu fliegen. Aber man baut sie absichtlich so, dass man diese niemals erreichen kann.

Soll das meinen, man baut die Sterne so? Es liest sich so, wird aber wohl kaum so gedacht sein?


Hoppla. Das sie ist noch ein Relikt aus einem Vorentwurf, da war es noch eine Rakete, kein Raumschiff, deshalb das übriggebliebene "sie". Da liesst man so oft Korrektur wegen Rechtschreibfehler und übersieht sowas. Rolling Eyes

Auf bald.

Martin


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