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Gast







Beitrag24.01.2010 13:58

von Gast
Antworten mit Zitat

Hallo Martin,

deine Zeilen machen es erforderlich noch mal nachzusetzten. Bitte nehme diesen Satz ernst!

Der Krimi- und Thrillerautor (Erzähler)DARF den Lesern NIEMALS etwas vorenthalten! Er ist zur Wahrheit und Klarheit VERPFLICHTET!

Du widersprichst meiner Aussage, dass du die Übersicht verlierst. Schau dir den ungekürzten Ausschnitt deines Textes an. Wie konnte es dazu kommen, wenn nicht durch verlorene Übersicht? Beachte die roten Passagen.

Zitat:
Dein Einstiegssatz: Um Ivana war es schwarz.
dann folgte:

Als erstes konnte sie ihre Füße wieder sehen. Die Strumpfhose war unten zerrissen und legte bläulich verfärbte Zehennägel und eine leichenweiße Haut frei. Der Boden unter ihren Fußsohlen war tiefschwarzer Asphalt.
Vorsichtig hob Ivana ihren Blick. Die Straße vor ihr wand sich durch eine unebene Landschaft aus unbefruchteten Äckern und Wiesen. Dahinter war im Dunkeln ein Wald zu erkennen. Die kahlen Bäume reckten ihre Äste in Ivanas Richtung, als wenn sie der Nacht entfliehen und Ivana um Hilfe anflehen wollten. Doch Ivana konnte ihnen nicht helfen.

Sie blickte in den Himmel, ihre Arme baumelten kraftlos herab. Die Sonne zog sich gerade hinter dem Horizont zurück, als sich ein Heer aus schwarzen, schweren Wolken auftürmte. Gierig schienen sie jegliches Licht aufsaugen zu wollen. Der kommende Regen hatte Ivana schon einen Begrüßungskuss gegeben. Der Wind frischte auf und ließ ihren weinroten Rock flattern. Einige hellbraune Strähnen lösten sich aus ihrem Pferdeschwanz, als Ivana von der Böe fast umgerissen wurde. Ihre grünen Augen blickten matt und glanzlos. Sie drehte sich um. Alles hinter ihr tauchte wieder in schwarz, die Straße war jetzt kaum noch zu erkennen.


Ganz ohne Zweifel war es Nacht und NUR drei Sätze später wieder Tag! Kein Mangel an Übersicht?

Ich kenne die Serie „Lost“ nicht, weil ich Serien schon ihres billigen Charakters wegen nicht schätze. Eine Serie mit ernstem künstlerischen Wirkens zu vergleichen mutet wie der Vergleich eines Ölgemäldes mit „Malen nach Zahlen“ an.

Der Absicht, die Chronologie einer Geschichte zu verändern, steht gar nichts entgegen und ist oft gebrauchtes Stilmittel. Rückblenden werden gewöhnlich im PQP serviert, werden ihres störenden Charakters wegen eher sparsam genutzt.

Verlangt die Geschichte es der Wirkung wegen, gibt es andere Möglichkeiten. Das könnte zum Beispiel so angegangen werden.
Nehmen wir an, am ENDE einer Geschichte steht der Tod des Protagonisten an und du möchtest diesen jedoch zum Anfang servieren. Da er am Anfang zu lesen ist, wären sämtliche Geschehen nun eigentlich ins PQP zu schreiben. Es sei denn, man nutzt einen dem Toten nahe stehenden Charakter.

Die Probeszene könnte wie folgt laufen.
Ein Kommissar und die dem eigentlichen Protagonisten nahe stehende Person stehen  vorm Leichnam des Helden. Die zwei kommen ins Gespräch und der „Zeuge“ beginnt die Geschichte des Toten zu erzählen. Und zwar im Präteritum. Wir waren, er sagte und so weiter. Auf diese Weise wird das eigentlich erforderliche PQP zum Präteritum. Aber aufgepasst. Der Pferdefuß dieses Kniffs ist, dass die Geschichte nur noch von einem „Externen Erzähler in dritter Person“ erzählt werden kann.
Ist eine interne Position unbedingt erforderlich, wirst du auf durch das Opfer erstellte Dokumente zurück greifen müssen. Ein Tagebuch zum Beispiel.

Die legendäre Agatha Christie hat es in ihrem Roman „Alibi“ vor gemacht. Wissend, dass der Erzähler weder lügen noch verschweigen darf, und dass Leser wie Autoren dies wissen, ist es ein Unding eine Mordgeschichte aus interner Sicht des Erzählers zu berichten. Es sei denn, die Erzählung wurde nieder geschrieben und wird dem Leser quasi vor gelesen. Auf diese Weise hat sie sich eine Rechtfertigung verschafft keine Gedanken des Mörders wieder zu geben. Grund. Hätte sie offen aus interner Position des Mörders erzählt, hätte sie dessen Gedanken preis geben müssen, und den Täter so zwingend verraten müssen. Das verlangt die eiserne Regel für Krimi- und Thriller-Autoren. Den Mord kann man nicht neu erfinden, wohl aber die Zubereitung.

Ungeachtet dessen fehlt es dir handwerklich, so dass meine Empfehlung bestehen bleibt. Du wirst es noch nicht hin bekommen. Entdecke zuerst die vielen Möglichkeiten, probiere dich aus und reife. Dann schreib das Werk. Anders wird es auch in Jahren nicht funktionieren.

Grüße
Bobbi
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Nemo
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Postkartenprosa II


Beitrag24.01.2010 17:08

von Nemo
Antworten mit Zitat

Nur noch eine Anmerkung:
Es ist zwar richtig, dass es Bestandteil des "Vertrages" zwischen Autor und Leser ist, klar und wahr zu erzählen. Aber es gibt durchaus clevere Ausnahmen, die zeigen, dass diese Regel so eisern nicht ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Autor einen unzuverlässigen Erzähler verwendet, der klar durchscheinen lässt, dass er lügt, beschönigt und übertreibt. Ein solcher Erzähler ist nicht zu Wahrheit und Klarheit verpflichtet, solange es für den Leser erkennbar ist, dass dem Erzähler nicht in allen Belangen zu glauben ist. Solche Erzähler sind zumeist Exzentriker, Fanatiker, Schwach- oder Wahnsinnige. Bspw. Benjy in William Faulkners Roman Schall und Wahn. Ein besonders schönes Beispiel im Genre "Krimi" liefert Horacio Castellanos Moya mit dem Buch "Die Spiegelbeichte". Verwendet wird hier ein unzuverlässiger Ich-Erzähler, der obendrein der Mörder ist. Um hier nicht die Gedanken des Mörders verraten zu müssen, greift Moya zum Trick, den ganzen Roman als Gespräch zu erzählen. Dies funktionierte, weil sein Erzähler klar als unzuverlässig erkennbar war und somit lügen durfte.
Dies nur der Vollständigkeit wegen.


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Dunkelblaue Kunst
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Beiträge: 46



Beitrag24.01.2010 18:07

von Dunkelblaue Kunst
Antworten mit Zitat

Hallo,

Ich wollte noch einmal klarstellen, dass ich sicherlich die Meinung von niemanden hier torpedieren oder ingnorieren wollte. Nur um darauf zurückzukommen:

Zitat:
Ganz ohne Zweifel war es Nacht und NUR drei Sätze später wieder Tag! Kein Mangel an Übersicht?


Vorher war es schwarz um Ivana, nicht weil es Nacht war. Es ist so angedacht gewesen, dass Ivana nicht bei vollem Bewusstsein ist und nicht alles mitbekommt. Als Erzähler sitze ich also ganz nahe bei ihr, in diesem Moment.
Dass es dann nur ein paar Sätze weiter Abend wird, ist dagegen wirklich unglücklich von mir gewählt und verwirrt unnötig. Das sehe ich ja ein. Aber dagegen, keinen Plan zu haben, da wehre ich mich vehemment.

Und mit dieser unumstößlichen Wahrheit, dass der Erzähler niemals dem Leser etwas vorenthalten darf, wollte ich in der Tat in dieser Geschichte spielen, so wie Nemo es angedeutet hat.
Geplant war also folgendes:
Die vier Protagonisten sind alle aus verschiedenen Gründen nicht bei klaren/vollem Bewusstsein an diesem Abend, als sie aufeinander treffen und die unheimlichen Dinge ihren Lauf nehmen. Es würde immer aus der näheren Sicht eines der Protagonisten erzählt, wie er eine Situation wahrnimmt, ohne dass sie sich in Wirklichkeit so ereignet haben muss.
Dass ich es nun nicht geschafft habe, dies direkt zu vermitteln, ist meinen mangelnden handwerklichen Fähigkeiten anzurechnen. Deshalb stimme ich ja zu, dass ich da noch einiges zu lernen habe. Dagegen habe ich auch nie widersprochen.

Ich hoffe, ich konnte das klarstellen. Ich will hier nicht als trotziger Anfänger rüberkommen, der meint alles besser zu wissen und alle korrigieren will. Aber noch weniger will ich als komplett unfähig und gedankenlos hingestellt werden.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

Auf bald.

Martin angel


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