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Der Dicke


 
 
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Ernst Clemens
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 78
Beiträge: 594
Wohnort: München


Beitrag23.12.2009 17:27
Der Dicke
von Ernst Clemens
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Soeben haben sich Mathilde und Martha auf die einzige Parkbank am Rande der großen Wiese gesetzt. Demnach wird gleich die Turmuhr der Dorfkirche zehn Uhr schlagen. Würde ein Blitzschlag diese Uhr zerstören, könnten sich die Bürger des Dorfes getrost nach den beiden Damen richten; sie wären immer pünktlich.

Es ist einer der letzten warmen Herbsttage. Mathilde sitzt bereits in der Sonne. Seit gut einer Woche muss Martha anfangs mit einem Schattenplatz auf ihrer Seite der Bank vorlieb nehmen. Aber in ein paar Minuten wird die Sonne rechts von der mächtigen Eiche hervortreten und auch ihren Sitzplatz erwärmen. Wie jedes Jahr sitzen die beiden täglich – außer bei Regen – vom Frühjahr bis in den Spätherbst auf dieser Bank. Hätten die Verantwortlichen der Gemeinde eine schlechtere Qualität für die Farbe der Parkbänke ausgewählt, müssten die beiden Hintern schon blanke Stellen auf der Sitzfläche gescheuert haben: eine schmale Fläche für die knochigen vier Buchstaben von Mathilde und mindestens die doppelte Breite für Martha. Man hätte annehmen können, dass die große freie Fläche zwischen den beiden Damen mit Reißnägeln, die Spitze nach oben, gespickt sei, denn niemals rücken sie näher zu einander. Der Platz in der Mitte ist reserviert für den Rucksack von Mathilde und für die ausladende Tasche von Martha.

Mathilde ist eine groß gewachsene Frau. Zu behaupten, sie wäre schlank, wäre untertrieben. „Dürr“ beschreibt das Klappergerüst besser. Ihre Kleider umflattern ihren Körper und ihre Knie müssten eine verführerisch weiße Haut haben, denn wadenlange Röcke schützen sie stets vor dem indiskreten Sonnenlicht. Das gewichtigste an ihrem Busen ist das filigrane Kreuz, das sie an einem dünnen Goldkettchen eng um den Hals trägt. Sie legt großen Wert auf das „H“ in ihrem Namen. Zwar behauptet sie nie, ein direkter Abkomme von Mathilde der Heiligen zu sein, aber der katholischen Kirche steht sie sehr nahe.

Natürlich ist auch Martha katholisch, denn in diesem kleinen Nest wagt es niemand, zu den Ketzern, den Reformierten zu wechseln. Würden sie es tun, behandelte man sie wie Aussätzige. Im Gegensatz zu Mathilde ist Martha ein barocker Mensch. Die Rundungen befinden sich an ihrem Körper nicht nur da, wo es eine Frau attraktiv macht. Gerade strickt sie am Vorderteil einer Jacke für sich. Es ist so breit, dass es Mathilda glatt als vollwertiges Rückenteil für sich verwenden könnte.

Stricken, plaudern und Lästern über die wenigen Passanten sind die Hauptbeschäftigungen der beiden. Martha strickt für sich und für ihre  riesige Verwandtschaft. Von Socken über Pullover zu Schals hat sie alles im Programm. Mathilde verfolgt andere Ziele: meist strickt sie Topflappen, die im Kirchenbazar verkauft werden. Die besondere Anerkennung des Dorfgeistlichen wird mindestens einmal pro Monat öffentlich von der Kanzel verkündet. Ein Platz im ehrenamtlichen Gremium, das sich in dieser Gemeinde „Kirchenpflege“ nennt, ist ihr für nächsten Winter schon sicher.

„Gleich wird er kommen.“ Gespannt schauen Martha und Mathilde auf die Straßenecke bei der Bäckerei, denn meistens ist auch er pünktlich. „Er trägt das grüne Shirt“, schmunzelt Martha. „Demnach haben wir heute ein Datum mit geraden Zahlen“, schloss Mathilde messerscharf. Der dicke Jogger überquert die Straße und setzt zu einem schwerfälligen, leicht hinkenden Trab an. Nach der ersten Runde, die ihn um die alte Eiche führt, wird er an der Parkbank vorbeikommen. Sein Schnauben nähert sich und die Frauen können zuschauen, wie sich der Schweißfleck auf dem Shirt unter den Achseln ausbreitet. Der laue Südwind trägt eine Fahne üblen Geruchs als Vorbote heran. Gleich wird der Schatten seiner massigen Gestalt die Parkbank streifen und der Dicke wird zur nächsten Runde ansetzen.

„Sport ist Mord“, höhnt Martha und kassiert dafür einen gehässigen Blick aus den Schweinsäuglein des Mannes, der sich mit der Hand die Schweißbäche von der Stirn wischt. „Außer den rosa Turnschuhen ist doch an dem nichts sportlich“, flüstert Mathilde hinter vorgehaltener Hand. Sie ist ein ängstlicher Mensch und will nicht provozieren, obwohl ihr dieser Dicke zuwider ist.

Schweigend stricken die beiden weiter und beobachten dabei den Läufer, der sich auf der nächsten Runde bereits wieder nähert. „Morgen ist wieder das Lila-Shirt dran. Ob er die blauen Hosen, mit den breiten Generalsstreifen an den Seiten, jemals wäscht?“ Mathilda hält sich die Nase zu, als ob sie den säuerlichen Gestank schon aus der Entfernung riechen könnte.

Sein Trab verlangsamt sich merklich, dafür wird das Keuchen lauter. Neben dem Laufen rudert er jetzt zusätzlich mit den Armen. Wahrscheinlich, um leichter Luft zu bekommen. Oder soll es eine gymnastische Übung sein? Unwahrscheinlich, entscheiden die Frauen für sich und kichern albern.

„Was ist jetzt mit unserem sportlichen Koloss los? Er kürzt seine Standardrunde ab und kommt direkt auf uns zu“. Mathilde legt ihre Stricksachen neben sich auf die Bank und nimmt die grüne Thermoskanne aus ihrem Rucksack. Auch diese Kanne, mit den beiden kanariengelben Bechern, ist seit Jahren immer dabei. Heute ist ‚Hüttentee’ drin, ein Gebräu, das Mathilde bei ihrer einzigen Auslandsreise in die Alpen kennen lernte. Im Hochsommer ist es ein gekühlter Sirup aus Kräutern.

„Jetzt verfällt er in eine Art Schweinsgalopp“, spottet Martha, „ganz amüsant anzusehen! Sollen wir ihm applaudieren? Jetzt fasst er sich mit der rechten Hand an die Brust und wirft den Kopf zurück!“

„Als ob er sich für den Applaus bedanken möchte, obwohl er ihn noch gar nicht bekommen hat“, feixte die andere.

Da – plötzlich stürzt er mitten im laufen, rollt über den Boden und bleibt wenige Meter vor der Parkbank auf dem Rücken liegen. Sein Fettwanst unter dem dünnen Shirt, das hoch gerutscht ist,  und das Doppelkinn fällt in dieser Lage bis hinter die Ohren zurück. Seine kleinen Augen sind aus den Höhlen getreten; der Atem geht stoßweise und röchelnd.

„Widerlich, wie der aussieht“, schnaubt Martha und nimmt einen tiefen Zug aus dem gelben Becher. Aber wir können ihn ja nicht einfach so liegen lassen! Was sollen wir tun?“ An den Erste-Hilfe-Kurs aus der Fahrschule erinnert sie sich nur mit Mühe. „Stabile Seitenlage?“ Die Rentnerin Mathilde kann sich nicht mal mehr an die Fahrschule erinnern.

Gemeinsam versuchen sie die Fleischmassen auf die Seite zu drehen und den verschwitzten Kopf auf den Unterarm des Läufers zu betten.

Während die Frauen überlegen, was weiter zu tun ist, kommt langsam wieder Leben in den Sportler. Er rappelt sich umständlich hoch. „Lassen Sie mich zu Ihnen auf die Bank setzen“, sagt er matt. Beide stützen ihn und setzen sich zwischen sie auf die Bank. Martha reicht ihm ihren Becher mit Hüttentee.

„Ich sagte doch, dass Sport Mord sei“, meint sie in vorwurfsvollem Ton. Sie rückt ans äußerte Ende der Bank, um mehr Raum zwischen sich und dem röchelnden Mann zu bringen.

„Sei nicht so hart, er will doch sicher etwas für seine Gesundheit tun. Sonst würde er sich nicht so abmühen.“ Mitleid war in Mathildes Gesicht abzulesen. „Mögen Sie noch mehr heißen Tee?“, wandte sie sich an den Mann.

„Entschuldigen Sie, meine Damen, dass ich Ihnen so viel Umstände mache – aber mein Herz! Ich bin sehr unhöflich, habe mich noch gar nicht vorgestellt. Ich bin Ulrich Braun, Musiker.“ Er deutet eine Verbeugung an, erst zu Mathilde, dann zu Martha. „Ja, geben Sie mir bitte noch etwas von dem köstlichen Nass!“

„Und was spielen Sie für ein Instrument?“ Mathildes Interesse ist geweckt, denn Musik ist – neben dem Stricken und der katholischen Kirche – ihr einziges Hobby. „Ich spiele Violine, aber hauptsächlich bin ich Komponist und leite ein großes Orchester in der Hauptstadt. Ich bin auf Erholungsurlaub hier.“

Wäre die Parkbank länger gewesen, würde Martha noch weiter von dem widerlichen Menschen abrücken. Ihre halbe Pobacke hängt schon über der Holzkante. Sie versucht sich gerade diesen Kerl auf einem Dirigentenpodest vorzustellen. Oder noch schlimmer: wie die Geige bis zur Hälfte unter seinem Hängekinn verschwindet. Kann man da überhaupt noch spielen? Ein Schmunzeln umspielt kurz ihre Lippen, gleichzeitig schüttelt es sie vor Ekel.

„Ich stelle mir vor, dass Sie Opern komponieren. Liege ich da richtig?“ Mathilde hängt jetzt mit schmachtenden Augen am Gesicht des Künstlers. Den Opern gehört ihre heimliche Liebe. Sie sitzt Abende lang allein in ihrer Wohnung und hört sich eine CD nach der andern an.

Langsam nimmt das Gesicht des Musikers wieder eine menschliche Farbe an. Seine Sprache wird lebendiger. Es ist ihm anzusehen, dass er sich über das Interesse an seinem Beruf freut.

„Zwei Opern habe ich geschrieben bis jetzt, aber erst eine wurde bis jetzt auf die Bühne gebracht. Die zweite wird ihre Uraufführung kurz vor Weihnachten erleben. Gleich nach meinem Urlaub werde ich mit den Proben dazu beginnen. Darf ich Sie beide zu diesem Opernerlebnis einladen? Sie haben mir doch fast das Leben gerettet! Wenn Sie mir ein Stück Papier geben, schreibe ich Ihnen das genaue Datum auf.“

Rasch kritzelt er die Informationen auf die Rückseite eines Briefumschlages, den ihm Mathilde gereicht hat. „Jetzt muss ich aber leider wieder weiter. Es hat mich sehr gefreut, Sie zu treffen – und nochmals vielen Dank für Ihre Hilfe. Ich hoffe sehr, Sie beide beim Konzert zu sehen!“ Er erhebt sich mühsam und geht mit einer leichten Verbeugung zu den beiden Damen.

„Ein Künstler!“ schmachtet Mathilde.
„Ein Schwein!“ kontert Martha. Du wirst doch nicht etwa hingehen?
„Und ob ich hingehen werde! So einen kultivierten Menschen trifft man nicht alle Tage.“
„Du bist übergeschnappt!“

Morgen wird die Parkbank um zehn Uhr nicht besetzt sein.

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hobbes
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Beitrag23.12.2009 18:51

von hobbes
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Hallo Ernst Clemens,

gefällt mir gut, Dein Text. Ich bin sowieso ein Fan von älteren Damen und von Deinen hatte ich gleich ein Bild vor Augen.

Die rosa Turnschuhe find ich auch gut  Very Happy

Nur den Schluss fand ich nicht so schlüssig. Die beiden sitzen schon jahrelang zusammen auf der Bank und geben das wegen einer kurzen Bekanntschaft auf? Und so schnell? Da ist mir noch zu wenig Konflikt im Text, um das zu glauben.
Vielleicht fehlen mir aber auch nur ein paar erklärende Worte, sowas in die Richtung: "Am nächsten Morgen um zehn Uhr blieb die Parkbank leer. Sowohl Mathilde als auch Martha blieben in ihrer Wohung. Jede wunderte sich darüber, wie sie es mit so einer Person jahrelang hatte aushalten können."


Und dann noch ein paar Kleinigkeiten...

Zitat:
Im Hochsommer ist es ein gekühlter Sirup aus Kräutern.

Das ist ein bisschen missverständlich. Ich dachte zuerst, der Hüttentee ist im Hochsommer ein gekühlter Sirup.

Zitat:
Da – plötzlich stürzt er mitten im laufen

Laufen bitte groß.

Zitat:
Beide stützen ihn und setzen sich zwischen sie auf die Bank.

Beide stützten ihn und setzen ihn zwischen sich auf die Bank?

Zitat:
„Ich sagte doch, dass Sport Mord sei

Da würde ich eher "ist" schreiben.

Liebe Grüße,
hobbes
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Ernst Clemens
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Beitrag28.12.2009 11:24

von Ernst Clemens
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hallo hobbes,

vielen dank für deine rückmeldung.

die von dir entdeckten fehler habe ich in meinem manuskript korrigiert.

die von dir vorgeschlagenen schluss-sätze gefallen mir sehr gut, darf ich sie sinngemäß übernehmen?

herzliche grüße
ernst
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hobbes
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Beitrag28.12.2009 16:23

von hobbes
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Hallo Ernst,

Ernst Clemens hat Folgendes geschrieben:

die von dir vorgeschlagenen schluss-sätze gefallen mir sehr gut, darf ich sie sinngemäß übernehmen?


klar darfst Du, freut mich, wenn Du was damit anfangen kannst  Very Happy

Liebe Grüße,
hobbes
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sonya
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Beiträge: 42



S
Beitrag31.12.2009 18:42

von sonya
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Hallo Ernst,

Deine Geschichte gefällt mir wieder sehr gut. Die rosa Turnschuhe gefallen mir auch. Ich finde, dass das sie beste Stelle im Text ist. Besonders gefällt mir die Beschreibung wie Mathilde das sagt. Ich finde die Charaktere sehr treffend beschrieben.

Guten Rutsch
Sonja


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ELsa
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Alter: 74
Beiträge: 1398



Beitrag14.06.2010 18:32

von ELsa
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Lieber Ernts Clemens,

ich bin gern mit dir in den Park gegangen, hat Spaß gemacht.

Was den Schluss betrifft, würde ich ihn nach dem Vorschlag abändern, sonst kommt er mir zu schwach daher.

Liebe Grüße
ELsa


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golddistel
Geschlecht:weiblichSchneckenpost


Beiträge: 10



Beitrag17.06.2010 08:12
Re: Der Dicke
von golddistel
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Hallo Ernst,

da hat mich doch glatt das Mitleid mit dem Joggerklops gepackt. Deine Geschichte habe ich gern gelesen, die Charaktere gefallen mir.

Zwei Kleinigkeiten sind mir aufgefallen:

Ernst Clemens hat Folgendes geschrieben:
„Zwei Opern habe ich geschrieben bis jetzt, aber erst eine wurde bis jetzt auf die Bühne gebracht.


Zweimal "bis jetzt"?

Ernst Clemens hat Folgendes geschrieben:
Er erhebt sich mühsam und geht mit einer leichten Verbeugung zu den beiden Damen.


Sicher meinst du, dass er sich zu den beiden Damen hin verbeugt, man kann aber auch herauslesen, dass er zu den beiden Damen hingeht. Vielleicht kannst du das eindeutiger ausdrücken?

Liebe Grüße
Edda
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Ernst Clemens
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Beitrag17.06.2010 08:20

von Ernst Clemens
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guten morgen edda,

ja, mit dem doppelten "bis jetzt" hast du natürlich recht - werde ich rausnehmen.

das andere ist aber echt eine kombination zwischen gehen, und gleichzeitig eine verbeugung andeuten. versuch es mal, das geht vorzüglich (und zeigt den inneren zwiespalt des protagonisten: einerseits will er höflich sein, andererseits ist er "hilfsbedürftig" und unangenehm verschwitzt).

herzliche grüße
ernst
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golddistel
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Beiträge: 10



Beitrag17.06.2010 15:01

von golddistel
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Hallo Ernst,

ich hab schon verstanden, was du mit dem Satz ausdrücken wolltest. Aber es kommt auf die Betonung an oder besser um das Luftholen, was der arme Kerl wirklich macht.

Entweder:
Er erhebt sich mühsam und geht LUFTHOLEN mit einer leichten Verbeugung zu den beiden Damen.

Oder:
Er erhebt sich mühsam LUFTHOLEN und geht mit einer leichten Verbeugung zu den beiden Damen.
Das würde bedeuten, er geht zu den Damen HIN, dabei geht er ja WEG von ihnen.

Vielleicht ist es so besser zu verstehen? Was du sagen wolltest, ist klar, aber es lässt sich verschieden interpretieren.  

Ich hätte geschrieben: Mit einer leichten Verbeugung in Richtung der beiden Damen geht er.

LG
Edda
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Ernst Clemens
Geschlecht:männlichKlammeraffe

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Beitrag17.06.2010 15:20

von Ernst Clemens
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das ist "gebongt", edda, denn dein vorschlag ist gut! ich ändere in: "Mit einer leichten Verbeugung in Richtung der beiden Damen geht er. "

Vielen dank für deine unterstützung!

ernst
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The Brain
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Wohnort: Over the rainbow


Beitrag17.06.2010 15:42

von The Brain
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Heute schon zum zweiten Mal -

sehr amüsant!

Den Schluss hast du bereits geändert .....

Zitat:
Er erhebt sich mühsam und geht, mit einer leichten Verbeugung zu den beiden Damen.


Das kleine Komma hätte das Problem auch gelöst?


Liebe Grüße

The Brain


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Ernst Clemens
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Beiträge: 594
Wohnort: München


Beitrag17.06.2010 15:45

von Ernst Clemens
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stimmt, hätte das problem auch gelöst, brain. trotzdem finde ich eddas version besser, weil sie noch eindeutiger ist.

danke für deinen hinweis. es freut mich, wenn die kleine geschichte amüsieren konnte!

ernst
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agu
Geschlecht:weiblichExposéadler

Alter: 49
Beiträge: 2009
Wohnort: deep down in the Brandenburger woods


Beitrag18.06.2010 03:02

von agu
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Hallo Ernst,

die Geschichte in sich finde ich gut: Die beiden kleinstädtischen Matronen, die - Macht der Gewohnheit - auf ihrer Parkbank sitzen und über die Leute klatschen, die glauben, sie wüssten alles übereinander und die dann darüber, wie verschieden sie den Jogger wahrnehmen, ihre Unterschiedlichkeit offenbaren.
Ich stimme Hobbes zu, der letzte Satz kommt etwas abrupt. Es erschließt sich über den Verlauf der Geschichte nicht, wieso die unterschiedliche Wahrnehmung des Dirigenten die beiden Freundinnen so entzweien sollte, dass sie nicht mehr auf der gleichen Parkbank sitzen und ihrem jahrelangen Ritual nachgehen. Ich würde den letzten Satz eher weglassen den Schluss offen lassen, dann bleibt es trotzdem eine befriedigende Geschichte. Zum Beispiel so:

„Ein Künstler!“ schmachtet Mathilde.
„Ein Schwein!“ kontert Martha. Du wirst doch nicht etwa hingehen?
„Und ob ich hingehen werde! So einen kultivierten Menschen trifft man nicht alle Tage.“
„Du bist übergeschnappt!“
So laut schnaubt Martha ihre Missbilligung heraus,  dass Ulrich Braun stehen bleibt und sich verwundert umblickt. Mathilde hebt eine Hand und winkt ihm huldvoll zu.


Ein paar kleine handwerkliche Anmerkungen hätte ich noch, wenn Du ein bisschen an Deinem Text schleifen magst  Wink :

1) konsistenter Gebrauch der Zeitformen.
Du verfasst die Geschichte im Präsens, rutscht aber immer mal wieder ins Präteritum. Hier z.B.:
„Gleich wird er kommen.“ Gespannt schauen Martha und Mathilde auf die Straßenecke bei der Bäckerei, denn meistens ist auch er pünktlich.
„Er trägt das grüne Shirt“, schmunzelt Martha. „Demnach haben wir heute ein Datum mit geraden Zahlen“, schloss Mathilde messerscharf.


"schauen" ist Präsens, demzufolge muesste es "schließt" Mathilde heißen.
Ich habe das noch an ein paar anderen Stellen gefunden, geh Deinen Text mal danach durch.


Du hast noch ein paar nicht so glückliche Zeitformenkonstruktionen drin:
Hätten die Verantwortlichen der Gemeinde eine schlechtere Qualität für die Farbe der Parkbänke ausgewählt, müssten die beiden Hintern schon blanke Stellen auf der Sitzfläche gescheuert haben:
"müssten gescheuert haben" ist eine komplizierte Verbkonstruktion die sich holprig liest. "Hätte gescheuert" wäre besser, aber ich sehe, dass es dann mit dem ersten "hätte" eine Dopplung gibt.
Vielleicht kannst Du es wie folgt umstellen:
Wären die Parkbänke mit einer Farbe schlechterer Qualität gestrichen, hätten die beiden Hintern längst blanke Stellen auf die Sitzfläche gescheuert.

Man hätte annehmen können, dass die große freie Fläche...
Hier wieder so eine Konstruktion, "hätte annehmen können". Genereller Tipp: Ich würde solche komplizierten Partizipien-Konstruktionen, die aus 3+ Teilwörtern bestehen, tunlichst vermeiden.
So klingt es netter: Man sollte annehmen, dass die große freie Fläche...

Zu behaupten, sie wäre schlank, wäre untertrieben.
Ich würde eines der beiden "wäre" durch "ist" ersetzen.



2) Infodropping in den Dialogen
Vor allem zu Beginn, als Martha und Mathilde das Treiben des Joggers kommentieren, haftet ihrem Dialog manchmal etwas Künstliches an, weil sie Dinge sagen, nur damit der Leser diese Information bekommt (Infodropping).

vor allem diese Passagen:
- Ob er die blauen Hosen, mit den breiten Generalsstreifen an den Seiten, jemals wäscht?
Da sie ihn ja schon seit einigen Tagen beobachten, würden sie sicher keine ausführliche Beschreibung in den Dialog packen, sondern nur sagen "ob er die Hosen jemals wäscht"

- Er kürzt seine Standardrunde ab und kommt direkt auf uns zu
einfach "Er kommt direkt auf uns zu" wäre natürlicher.
 Du kannst ja vorher ausserhalb des Dialogs schreiben, was er tut. Also: Der Mann kürzt seine Standardrunde ab und kommt direkt auf die beiden Damen zu.
"Was ist denn mit unserem sportlichen Koloss heute los?", wundert sich Mathilde.



3) Formatierung der Dialoge
Die Wortwechsel würden sich leichter und eleganter lesen, wenn jeder Sprecherwechsel durch eine neue Zeile angezeigt wird. Sonst ist man verwirrt und denkt, ein und die gleiche Person spricht einfach weiter, unterbrochen nur durch einen kleinen Handlungseinschub.
Du hast auch an ein paar Stellen fehlende Anführungszeichen im Dialog und an einer Stelle steht der Punkt am Satzende hinter den Anführungszeichen (der muss natürlich davor).


Soweit meine kleinen Mäkeleien.
Sehr stimmungsvoll finde ich übrigens die Einführung und Charakterisierung der beiden Damen. Und später, als sie mit Ulrich plaudern, ihm Tee anbieten usw., ist es auch richtig nett.

viele Grüsse,
Andrea


_________________
Meine Bücher:
Engelsbrut (2009 Sieben, 2011 LYX) | Engelsjagd (2010 Sieben) | Engelsdämmerung (2012 Sieben)
Die dunklen Farben des Lichts (2012, SP)
Purpurdämmern (2013, Ueberreuter)
Sonnenfänger (2013, Weltbild)
Kill Order (2013 Sieben)
Choice / als Chris Portman (2014, Rowohlt)
Wie man ein Löwenmäulchen zähmt / als Eva Lindbergh (2016, Droemer Knaur)
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Ernst Clemens
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Alter: 78
Beiträge: 594
Wohnort: München


Beitrag18.06.2010 08:52

von Ernst Clemens
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guten morgen andrea,

wow - da hast du dir aber eine menge arbeit mit meinem kleinen text gemacht - und das noch mitten in der nacht!

aber ein blick in dein profil klärt schnell auf:

- in LA war es nicht mitten in der nacht
- und du bist als kreative in der werbebranche, hast also erfahrung und wissen, wenn es um texte geht
- und am wichtigsten: du bist ja eine ECHTE schriftstellerin, die schon mehrfach veröffentlicht hat.

deshalb auch ganz detailliert zu deinen kritischen anmerkungen:

das ende der geschichte: mir liegt daran, dass klar wird, dass das ritual der beiden damen gestört, abgebrochen, oder zuminest unterbrochen wird. deshalb will ich meinen letzten satz so lassen wie er ist (zumindest, was seine aussage betrifft).

zeitformen: hier hast du mich voll erwischt.. da muss ich in zukunft mehr darauf auchten. danke für den hinweis.

satzkonstruktionen: auch hier hast du recht. einfache (klare) sätze sind besser und wirken nicht wie stolpersteine im lesefluss. wenn einfachheit nur immer so einfach zu finden wäre!

nochmals vielen dank für deinen beitrag.

wann gibt es was spannendes von dir zu lesen?


herzliche grüße
ernst
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agu
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Alter: 49
Beiträge: 2009
Wohnort: deep down in the Brandenburger woods


Beitrag19.06.2010 09:47

von agu
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Hi Ernst,

Dein Anliegen mit dem letzten Satz verstehe ich - touché, da gibts nix dran zu rütteln. Aber vielleicht kannst Du ja drei Sätze draus machen. Es so hinflechten, dass es ein bisschen zwangsläufiger und geschmeidiger daherkommt.

Zitat:
satzkonstruktionen: auch hier hast du recht. einfache (klare) sätze sind besser und wirken nicht wie stolpersteine im lesefluss. wenn einfachheit nur immer so einfach zu finden wäre!

Du sagst es. Einfach schreiben ist am schwersten. Die gute Nachricht - nach einiger Zeit kriegt man ein Gefühl dafür. Und spätestens beim dritten Überarbeitungsdurchgang nach 4 Wochen Liegenlassen findet man sie alle, die komplizierten Verrenkungen. Geht mir jedenfalls so.

Zitat:
wann gibt es was spannendes von dir zu lesen?

Ich stell gleich mal was online.

LG,
Andrea


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