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Zyklus über verlorengegangene Gespräche


 
 
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EdgarAllanPoe
Geschlecht:männlichPoepulistischer Plattfüßler

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Bronzene Harfe Die Goldene Bushaltestelle
Goldene Feder Lyrik


Die Tauben
Beitrag30.11.2009 20:38
Zyklus über verlorengegangene Gespräche
von EdgarAllanPoe
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Anmerkung: Bei diesem "Zyklus" soll es sich um eine Reihe kurzer Prosatexte handeln, die alle eine Art Kommunikation zum Thema haben, die nicht mehr funktioniert.

I.

Wie das Licht durch die Ritzen der geschlossenen Fensterläden kriecht. Wie die Schatten im Zimmer verschwimmen: Draußen auf der Straße rufen und lachen die Menschen. Ich halte mir die Finger in die Ohren und atme tief ein. Zucken ihre Hände? Winken sie der Gestalt hinter dem Fenster zu?
Ich frage Fräulein H., die bei mir im Zimmer sitzt, was dies zu bedeuten habe. Sie steht auf und setzt sich neben mich; ihr Haar streift meine Schultern. Was meinen Sie?, fragt sie. Meinen Sie die Blätter der Bäume da draußen, die Uhren, deren Zeit abläuft?
Ich sehe zu der Zimmerdecke auf. Dort schlurfen die Schatten wie die Schnecken auf einsamer Bahn voran, wie die Ratten draußen in ihren Löchern. – Die Blicke der Menschen da draußen stelle ich mir wie Spiegel vor, die in mich selbst gerichtet sind. Ich weiß die Antwort, sage ich. Ich weiß sie.



_________________
(...) Das Gedicht will zu einem Andern, es braucht dieses Andere, es braucht ein Gegenüber. Paul Celan

Life is what happens while you are busy making other plans.
- JOHN LENNON, "Beautiful Boy"

Uns gefällt Ihr Sound nicht. Gitarrengruppen sind von gestern. (Aus der Begründung der Plattenfirma Decca, die 1962 die Beatles ablehnte.)
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*Gast*
Klammeraffe
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*
Beitrag02.12.2009 10:42

von *Gast*
Antworten mit Zitat

Hallo EAP,

die Kommunikation funktioniert auch bei mir nicht so richtig. Dass die Beiden aneinander vorbei reden, wird schon deutlich. Allerdings habe ich bei jedem Einzelnen das Problem, ihn bzw. sie nicht ganz zu verstehen. Bei mir kommen die Aussagen von Beiden als Wahrnehmungsstörungen an.

Er stellt sich vor, dass ihn draußen Menschen durch die geschlossenen Fensterläden beobachten, sie sieht durch die geschlossenen Läden Blätter an den Bäumen. Haben Beide eine rege Phantasie, oder lese ich etwas falsch?

Zitat:
Dort schlurfen die Schatten wie die Schnecken auf einsamer Bahn voran, wie die Ratten draußen in ihren Löchern.
Der Satz klingt zwar erstmal schön, aber Schnecken und Ratten sind so unterschiedlich in ihren Bewegungen, dass bei mir da nur Verwirrung aufkommt.

Vorgelesen stelle ich mir den Text sehr schön vor, die Sprache fließt richtig. Vielleicht erhellt sich mein Verständnis ja noch, wenn weitere Teile folgen.

Lieben Gruß
Sabine
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EdgarAllanPoe
Geschlecht:männlichPoepulistischer Plattfüßler

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Die Tauben
Beitrag02.12.2009 16:49

von EdgarAllanPoe
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Sabine,

erst einmal danke für deinen ausführlichen Kommentar.

Zitat:
Hallo EAP,

die Kommunikation funktioniert auch bei mir nicht so richtig. Dass die Beiden aneinander vorbei reden, wird schon deutlich. Allerdings habe ich bei jedem Einzelnen das Problem, ihn bzw. sie nicht ganz zu verstehen. Bei mir kommen die Aussagen von Beiden als Wahrnehmungsstörungen an.


Mit den "Wahrnehmungsstörungen" liegst du richtig. Der Ich-Erzähler hat Probleme mit Menschen, das wird auch aus weiteren Texten deutlich. Explizit zur Beantwortung einer Frage:

Zitat:

Er stellt sich vor, dass ihn draußen Menschen durch die geschlossenen Fensterläden beobachten, sie sieht durch die geschlossenen Läden Blätter an den Bäumen. Haben Beide eine rege Phantasie, oder lese ich etwas falsch?


Dabei handelt es sich um eine Anspielung auf einen früheren Text:
http://www.dsfo.de/fo/viewtopic.php?t=17049
Der Ich-Erzähler hat wie gesagt soziale Probleme, weswegen er sich an einen Einzelnen klammert und so gut wie nichts von der Außenwelt sieht. Weil er (fast) immer nur in seinem Kämmerchen hockt, muss er wohl irgendwann "durchdrehen". Das mag sich pauschal anhören, es ist allerdings so (zumindest bei ihm). Dabei bindet er sich immer weiter an Fräulein H., die ihm seine Fragen nicht mehr beantworten kann. Er flüchtet sich dagegen in Antworten, die er sich selbst zusammengebastelt hat - und so wird er niemals vom Fleck kommen.

Zitat:
Zitat:
Dort schlurfen die Schatten wie die Schnecken auf einsamer Bahn voran, wie die Ratten draußen in ihren Löchern.
Der Satz klingt zwar erstmal schön, aber Schnecken und Ratten sind so unterschiedlich in ihren Bewegungen, dass bei mir da nur Verwirrung aufkommt.


Du hast absolut Recht. Ich werde es umändern.

Liebe Grüße,

Edgar

I.

Wie das Licht durch die Ritzen der geschlossenen Fensterläden kriecht. Wie die Schatten im Zimmer verschwimmen: Draußen auf der Straße rufen und lachen die Menschen. Ich halte mir die Finger in die Ohren und atme tief ein. Zucken ihre Hände? Winken sie der Gestalt hinter dem Fenster zu?
Ich frage Fräulein H., die bei mir im Zimmer sitzt, was dies zu bedeuten habe. Sie steht auf und setzt sich neben mich; ihr Haar streift meine Schultern. Was meinen Sie?, fragt sie. Meinen Sie die Blätter der Bäume da draußen, die Spiegel in den Zimmern Ihrer Nachbarn?
Ich sehe zu der Zimmerdecke auf. Dort kriechen die Schatten wie die Schnecken auf einsamer Bahn voran, wie die Würmer draußen in ihren Löchern. – Die Blicke der Menschen da draußen stelle ich mir wie Spiegel vor, die in mich selbst gerichtet sind. Ich weiß die Antwort, sage ich. Ich weiß sie.


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EdgarAllanPoe
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Die Tauben
Beitrag02.12.2009 21:03

von EdgarAllanPoe
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Noch eine Anmerkung: Die Texte weisen nur einen losen Zusammenhang auf, sie sind nur durch das Oberthema der ziellosen Kommunikation miteinander verbunden. Dieser Grundgedanke soll aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden.

II.

Licht in senkrechten Bahnen am Himmel klebend: Ihre Blicke erstarren mitten in der Bewegung, verschmelzen mit den bläulichen Tagesenden. Als spräche jemand anders aus ihr, öffnet sie den Mund. Mitten in die Stille hinein fallen ihre Worte. Langsam schließt sie die Augen und öffnet sie wieder: An ihren Blicken hat sich nichts geändert. Ich sehe zu Boden.


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Jocelyn
Bernsteinzimmer

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Beitrag03.12.2009 11:59

von Jocelyn
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Hallo Eddie,

Text 2 gefällt mir besser als Text 1.
Er ist geheimnisvoll, aber ein Glück kurz genug, dass ich Lust bekomme, mich darauf einzulassen.

Irgendein Thema hat sich in dir festgebissen.
Ich möchte damit sagen, dass das Licht in den senkrechten Bahnen mich an deine Lichtgitter aus der Vergangenheit erinnern.
Bleibst du ihnen treu?

Außerdem hat dein Text etwas von dem Gedicht “Dunkel war's der Mond schien helle”, mein wohl fast einziges und dazu auch Lieblingsgedicht aus meinen Kindheitstagen.
Fast in jedem Satz verwendest du sich eigentlich gegenseitig Ausschließendes.
Als wäre es Teil des Programms, wird damit Ausdruck des Nichtzuverstehendem, der Verlorenheit.

Sie sagt nichts, und trotzdem sieht er ihre Worte auf dem Boden.
So lautet meine kleine Zusammenfassung.
Eine Art von wortloser Verständigung, wobei sie einseitig bleibt.
Nun, die Ziellosigkeit, die ist damit hinreichend erklärt.
Sie müsste ihre Blickrichtung ändern.
Aber wie werden dann die Worte sein?
Wird das LI dann zuhören/zusehen wollen?

Eine wirklich interessante Gedankenführung, bisschen sehr außergewöhnlich?, finde ich, hast du hier.

Gruß, J.


_________________
If you dig it, do it. If you really dig it, do it twice.
(Jim Croce)

Die beständigen Dinge vergeuden sich nicht, sie brauchen nichts als eine einzige, ewig gleiche Beziehung zur Welt.
(Aus: Atemschaukel von Herta Müller, Carl Hanser Verlag, München 2009, Seite 198)

"Si Dieu n'existait pas, il faudrait l'inventer."
(Voltaire)
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EdgarAllanPoe
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Die Tauben
Beitrag03.12.2009 17:58

von EdgarAllanPoe
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Hallo Jocelyn!

Danke, dass du die Texte - oder zumindest den zweiten - magst.
Ja, da hat sich etwas in mir festgebissen. Ich weiß nicht, was, aber es will aus mir heraus. Das möchte ich durch diese Texte erreichen.

Zitat:
Ich möchte damit sagen, dass das Licht in den senkrechten Bahnen mich an deine Lichtgitter aus der Vergangenheit erinnern.
Bleibst du ihnen treu?


Offen gesagt: nein. Allerdings musste ich beim Schreiben auch an die "Lichtgitter" denken. Ich glaube, besagtes Gedicht bildet eine Untereinheit dieses Zyklus. Die Hoffnungslosigkeit, das Verlorengegangene, die Suche nach etwas Undefiniertem, aber trotzdem Bestimmten. Schön, dass du mir diesen Zusammenhang deutlich gemacht hast!

Zitat:
Außerdem hat dein Text etwas von dem Gedicht “Dunkel war's der Mond schien helle”, mein wohl fast einziges und dazu auch Lieblingsgedicht aus meinen Kindheitstagen.


Danke!

Fast in jedem Satz verwendest du sich eigentlich gegenseitig Ausschließendes.
Als wäre es Teil des Programms, wird damit Ausdruck des Nichtzuverstehendem, der Verlorenheit.

Zitat:
Sie sagt nichts, und trotzdem sieht er ihre Worte auf dem Boden.
So lautet meine kleine Zusammenfassung.
Eine Art von wortloser Verständigung, wobei sie einseitig bleibt.


Du sagst es. Genau das versuche ich mit meinen Texten zu verdeutlichen, und es freut mich, dass du - und natürlich auch Sabine - den Sinn dieser Geschichtchen erfasst hast.

Zitat:
Sie müsste ihre Blickrichtung ändern.
Aber wie werden dann die Worte sein?
Wird das LI dann zuhören/zusehen wollen?


Danke für den Anreiz, ich werde versuchen, was draus zu machen!

Liebe Grüße,

Eddie


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EdgarAllanPoe
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Die Tauben
Beitrag03.12.2009 21:14

von EdgarAllanPoe
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Dritter Teil.

III.

Bläulich verwischtes Licht in den Ästen der Bäume. Vier Stühle sind im Garten um einen Tisch gruppiert, auf dem Regentropfen schillern. In den Ecken zwei aufrecht stehende männliche Statuen, beide eine Hand in den Himmel gerichtet. Ich stehe oben am Fenster, ihren Blick im Gedächtnis. Niedergeschlagene Augen. Hände in den letzten Zügen des Tages wild gestikulierend, Augen wie Regentropfen. Aus dem Mund fallen stille Worte: Ich wende mich ab. Meine Hände umkrampfen den Fensterrahmen. Das Licht fällt. Ich sehe es mit ihren Worten in der Erde versickern.


_________________
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*Gast*
Klammeraffe
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Beitrag03.12.2009 21:23

von *Gast*
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Hallo Edgar,

der dritte Teil gefällt mir richtig gut.
Der Gegensatz von den Händen, die in den Himmel gerichtet sind und den Worten, die in der Erde versickern, wobei die Arme auch eine Brücke für das Licht bilden könnten. Auch die Regentropfen kehren in den Augen wieder, das Stillleben als Spiegel des Menschen, das Licht als Sprache.
Jetzt bin ich gespannt, was da noch kommen mag.

Lieben Gruß
Sabine
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Alogius
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Alter: 47
Beiträge: 3206

Die Goldene Bushaltestelle Goldene Feder Prosa (Anzahl: 2)


Vom Verschwinden der Muse
Beitrag04.12.2009 12:16

von Alogius
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Hi Eddie,

sehr interessant, was Du da produzierst.
Mangelnde oder verschobene Kommunikation, das ist ein endloses Thema. Man kann es in ausbreitenden und abschweifenden Erzählungen verwenden, das Nichtssagen oder Falschsagen verpacken - oder man wählt den anderen Weg und gibt der Thematik auch stilistisch diesen Schub. Das hast Du getan, und zwar auf sehr interessante Art. Nur stellenweise verschlüsselt; nämlich in den Passagen, die gerade die Kommunikationslosigkeit oder -unfähigkeit auch sinnbildlich zeigen sollen.
Sprachlich ein sehr hohes Niveau.

Zu I:

Hier scheint es nicht nur so zu sein, dass die Figuren aneinander vorbei reden. Das wäre wenigstens ein Ansatz, die Situation zu klären. Aber sie nehmen das Gesagte und das, was zu sehen und zu hören ist, völlig verschieden (und vielleicht beide falsch?) auf. Gestörte Wahrnehmungen, illusionäre Verkennungen und vielleicht sogar Halluzinationen, auf jeden Fall aber Fehlinterpretationen, bestimmen die Situation. An sich vielleicht bedeutungslose Ereignisse werden in einen höheren Kontext gesetzt.
Famos!
Jedoch die Ratten und die Schnecken, die irritieren im Zusammenhang.
Die überarbeitete Fassung räumt kleinere Fehler aus und ist noch besser.

Zu II:

Hier nimmt es eine weitere Dimension an. Die Sprachlosigkeit (obwohl gesprochen wird, wie es scheint) verselbständigt sich, angetrieben von unbekannten Mächten "fallen" die Worte heraus.
Das Ganze steht in einer eigenartigen Umgebung, die ich beinahe als das Geheimnis selbst bezeichnen würde. Eine Art dunkle Ewigkeit.
Gefangen in der mangelnden Kommunikation?
Rätselhaft, aber das Thema konsequent verfolgt.
Besser als I.

Zu III:

Hier wird die Starre der Kommunikation auch noch gezeigt (Statuen). Die Wahrnehmung des Ichs scheint aber im Gegensatz zu I, II zwar noch beengt, aber auf den Moment bezogen, konzentrierter.
Die Sprache ist hier ihren normativen Möglichkeiten entrückt und findet seine Entsprechung in natürlichen Erscheinungen.
Besser als II.

Bisher mein Fazit:

Lohnenswert, sehr durchdacht, aber nicht gewollt wirkend. Sprachlich extrem wertvoll.

Gruß

Tom


_________________
Aus einem Traum:
Entsetzter Gartenzwerg: Es gibt immer noch ein nullteres Fußballfeld. Wir werden viele Evolutionen verpassen.
Busfahrer: Tröste dich. Mit etwas Glück sehen wir den Tentakel des Yankeespielers, wie er den Ereignishorizont des Schwarzen Loches verlässt.
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EdgarAllanPoe
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Die Tauben
Beitrag04.12.2009 14:34

von EdgarAllanPoe
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Hallo ihr zwei!

Sabine:

Vielen Dank für dein Lob. Ich bin auch gespannt, was da noch kommen mag - bin in schriftstellerischen Dingen niemand, der gerne lange vorausplant -, und ich freue mich, dass du den Gegensatz in dem Text erkannt hast.

Tom:

Zitat:
Mangelnde oder verschobene Kommunikation, das ist ein endloses Thema. Man kann es in ausbreitenden und abschweifenden Erzählungen verwenden, das Nichtssagen oder Falschsagen verpacken - oder man wählt den anderen Weg und gibt der Thematik auch stilistisch diesen Schub.


Die Idee dazu kam mir, als ich in einem Rimbaud-Band eine Art Tagebuch (wohl eines Herausgebers) fand, der in einem ähnlichen Stil über seine Erfahrungen mit dem Werkd des Dichters referierte. Das gab mir zu denken, und da ich seit Monaten noch eine andere Idee hatte, habe ich mich diesem Projekt angenommen. Danke, dass es dir gefällt!

Zitat:
Gestörte Wahrnehmungen, illusionäre Verkennungen und vielleicht sogar Halluzinationen, auf jeden Fall aber Fehlinterpretationen, bestimmen die Situation. An sich vielleicht bedeutungslose Ereignisse werden in einen höheren Kontext gesetzt.


So ist es. Wohl jeder hat irgendwann einmal eine Situation erlebt, in der zwei oder mehr Gesprächspartner etwas völlig verschieden voneinander interpretiert und es damit ad absurdum geführt haben. Das wollte ich damit zeigen, wenn auch auf extreme, um nicht zu sagen verstörte Weise.

Zitat:
Hier nimmt es eine weitere Dimension an. Die Sprachlosigkeit (obwohl gesprochen wird, wie es scheint) verselbständigt sich, angetrieben von unbekannten Mächten "fallen" die Worte heraus.
Das Ganze steht in einer eigenartigen Umgebung, die ich beinahe als das Geheimnis selbst bezeichnen würde. Eine Art dunkle Ewigkeit.


Ich denke, dass man die Situation, die ich gerade eben erwähnt habe, auch in diesem Text weiterführen kann: Etwas verselbständigt sich, geht seinen eigenen Weg. Den Ort, an dem sich die beiden befinden, habe ich bewusst offen gelassen. Es soll möglichst großen Raum für Deutungen geben, und dieses "Dunkle", wie du es nennst, diese "Ewigkeit" kann - und soll es auch - die Bodenlosigkeit und das Hoffnungslose in dieser Situation beschreiben.

Zitat:
Hier wird die Starre der Kommunikation auch noch gezeigt (Statuen). Die Wahrnehmung des Ichs scheint aber im Gegensatz zu I, II zwar noch beengt, aber auf den Moment bezogen, konzentrierter.
Die Sprache ist hier ihren normativen Möglichkeiten entrückt und findet seine Entsprechung in natürlichen Erscheinungen.


Hier bahnt sich eine Steigerung an. Das gefällt mir. Danke für den unbewussten Inspirationsschub! Ich denke, ich werde das Projekt auf diese oder jene Weise fortführen können, mal sehen.

Zitat:
Bisher mein Fazit:

Lohnenswert, sehr durchdacht, aber nicht gewollt wirkend. Sprachlich extrem wertvoll.


Das freut mich doch! Man sieht hieran, wie unterschiedlich die Meinungen zu mehreren Texten sein können, weil ich schon dachte, besonders der dritte Teil sei Mist.

Liebe Grüße,

Eddie


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Die Tauben
Beitrag04.12.2009 15:36

von EdgarAllanPoe
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Vierter Teil.

IV.


Wer die Spiegel dreht, wird zum Gejagten.
Helle Lichtdecken hängen an den Wänden. Stunden schleichen an mir vorbei. Ihre Blicke braun, lächelnd. Aus ihr spricht etwas Helles, das ein Spiegel reflektiert. Ich stehe hinter ihm und höre ihr zu. Alles, was sie sagt, verschwindet. Ich höre sie schon lange nicht mehr, sondern jage mich selbst. Immer weiter entferne ich mich von ihren Worten. Das Licht steigt, bis es uns nicht mehr sieht.


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Die Tauben
Beitrag04.12.2009 21:06

von EdgarAllanPoe
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Fünfter und letzter Teil.

V.

Und die Stimmen fallen.
Sie verschwinden wie der Tau, der an den Gräsern klebt. Ihre Töne verschwimmen, werden zu Wasser, das im Boden versickert.
Ich betrachtete ihre Blicke und muss an einen Spiegel denken, der im Keller das Licht reflektiert.
Sieht sie mich? – Nein.
An dich, Vorübergehende: Deine Worte sind nur noch ein Nebelfetzen in der Luft, nahezu unsichtbar.


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