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Auf in die Freiheit


 
 
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Octavian
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Beiträge: 13
Wohnort: Aachen


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Beitrag21.11.2009 22:07
Auf in die Freiheit
von Octavian
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Hier poste ich eine Geschichte in voraussichtlich 4 Teilen. Schonmal danke fürs Lesen und Kritisieren.


1/4

Ich kann meinen Augen kaum trauen. Gebannt starre ich in Richtung Ausgang. Schon seit jeher – ja, wahrscheinlich wirklich vom ersten Tag meines Daseins an – wünsche ich mir, dass dies einmal passieren wird. Da hat jemand die große Glastür nicht vollständig zugeschoben. Ich wage kaum zu atmen, als mir bewusst wird, was dies bedeutet: Dort zeigt sich mir der Weg in die Freiheit.

 Ich kann mich aus meiner Erstarrung lösen und drehe mich um. Gerade will ich den anderen zurufen und ihnen meine Entdeckung mitteilen. Doch dann verkneife ich mir diesen Ausruf des Glücks. Warum soll ich ihnen Bescheid sagen? Mir drängt sich das Gefühl auf, dass ich ohne sie besser dran bin. Da draußen. Meine Chancen, bei einer Flucht nicht entdeckt zu werden scheinen alleine größer zu sein. Auch wenn ich nicht weiß, was mich erwartet. Das wissen die anderen schließlich auch nicht.

 Es hat gerade Frischkost zu Mittag gegeben. Niemand beachtet mich.
Unauffällig will ich mich zum Ausgang begeben. Ich beginne zu pfeifen, während ich rückwärts gehe und dämlich durch die Gegend schaue. Vielleicht ist das Pfeifen keine so gute Idee, kommt es mir gerade in den Sinn. Da rutschen meine Füße schon an einer Kante ab und wild fuchtelnd baumele ich in der Luft. Gerade noch kann ich mich am Rand festklammern. Von den anderen schaut noch niemand her. Das will ich aber auch nicht riskieren, denn von einer Begleitung auf meiner Flucht habe ich gänzlich Abstand genommen. Ich will das allein schaffen! Sollen die anderen doch sehen wo sie bleiben. Todesmutig gebe ich meinen letzten Halt auf.
 
 Ich falle ganz schön tief und bei meinem Sturz drehe ich mich ein paar Mal um mich selbst. Irgendwie komme ich mir unbeholfen vor. Das kann ich besser!  
Als ich endlich auf kaltem Steinfußboden aufschlage, schwirrt mir etwas der Kopf, dennoch bin ich größter Zuversicht. Nur noch schnell orientieren, dann geht’s auf in die Freiheit. Ich glaube links muss ich lang, da kommt zumindest immer das Essen her.

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Octavian
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Beiträge: 13
Wohnort: Aachen


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Beitrag23.11.2009 10:28

von Octavian
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2/4

Rechts im Gang stehen, so weit ich schauen kann, riesige schwarze Bottiche aufgereiht. Vielleicht sind sie auch für Gefangene, wer weiß. Links, erhöht auf Stahlgerüsten, erkenne ich weitere Glasscheiben, wie auch ich eine überwunden habe. Ganz schön tief bin ich da gefallen. Alle Achtung!

 Mich interessieren jedoch eher die Bottiche zur Rechten. Was da wohl drin sein mag? Ich habe keinen blassen Schimmer. Ich bin mir auch nicht sicher, ob es von Nöten ist, dies zu erfahren. Nur drängt mich meine Neugierde dazu es herauszufinden. Was wenn in den ominösen Behältern etwas ist, was mir auf meiner Flucht behilflich sein kann?

 Da einfach über den Rand schauen bei meiner Größe nicht in Frage kommt, werde ich wohl springen müssen. Nicht dass ich ein kleines Exemplar wäre. Ganz und gar nicht! Aber Springen ist für mich erst recht kein Problem. Also springe ich. Der obere Rand des Bottichs kommt mir entgegen und ich erkenne schon, dass der Behälter leer ist, alles schwarz. Nein er ist nicht leer! Jetzt bemerke ich, dass sich schwarzes, bedrohlich wirkendes Wasser darin befindet.
Ich lande auf dem Rand. Aber er ist fürchterlich glitschig. Ich drohe vorne über zu kippen und in die dunkle Suppe zu fallen. Ich kann doch nicht schwimmen! Wie verrückt rudere ich mit allen Beinen, doch der Rand ist so rutschig und schmal. Das will ich nicht erleben, panisch kneife ich die Augen zusammen und warte auf das Aufklatschen im Meer aus Schwärze. Doch es bleibt aus. Vorsichtig öffne ich erst ein, dann beide Augen.

 Ich bin nicht im Wasser, das steht fest. Scheinbar war eine gehörige Portion Glück dabei. Bäuchlings bin ich auf dem Rand des Bottichs zum Stillstand gekommen, meine Beine baumeln rechts und links des Randes herunter. Vielleicht war es nicht nur Glück, sondern einfach das tadellose Zusammenspiel meiner Fähigkeiten, kommt es mir in den Sinn, als ich mich vorsichtig aufrappele.

 Nervös schiele ich auf das Wasser. Seine Oberfläche ist nahezu unbewegt. Bei der Vorstellung, was darin lebt oder gefangen gehalten wird und dass ich beinahe unfreiwillig damit Bekanntschaft gemacht hätte, kribbelt es mir jetzt noch bedenklich in der Magengegend.
Keine Zeit für grauenhafte Vorstellungen, es ruft doch die Freiheit.
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Octavian
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Beiträge: 13
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Beitrag25.11.2009 12:42

von Octavian
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3/4

Nun vorsichtiger bewege ich mich auf dem Rand des schwarzen Bottichs fort, bedacht darauf, dem Wasser nicht noch einmal zu nahe zu kommen. Mir fallen die gläsernen Gefängnisse auf der anderen Seite des Ganges ein und ich werfe einen Blick hinüber. Alles ruhig so weit. Noch hat mich niemand bemerkt. In den meisten Arrestzellen liegt noch das Mittagessen herum, das sorgt für Beschäftigung.

 Mein Bottich ist zu Ende. Sinnvoller, wenn ich mich hier oben weiter von Rand zu Rand hangele oder soll lieber auf dem Boden weiterlaufe? Unten ist es bestimmt sicherer, allerdings habe ich dann nicht so einen guten Überblick über den Gang.

 Beim Sprung zum nächsten Bottich bin ich vorsichtiger und das macht sich bezahlt. Ich rutsche nicht ab und kann meinen Weg ohne Rutsch- und Balancierunterbrechung fortsetzen. Bemerkenswert, wie schnell ich doch aus Fehlern lerne.

 In den Glasgefängnissen, an denen ich nur vorbeikomme, scheinen jüngere Gefangene zu sein. Und sie haben schon gegessen. Mir bleibt keine Zeit, mich mit einem waghalsigen Sprung außer Sichtweite zu bringen und so rennen sie alle ans Fenster, glotzen, schreien und jubeln mir schließlich zu. Ihre Rufe hallen durch die geschlossene Glasscheibe und mein Stolz ist geweckt. Die wollen eine Show sehen!
Ich richte mich auf, erwidere das Klatschen der Gefangenen, verbeuge mich und lasse mich sogar zum Siegesgruß verleiten. Dabei achte ich nicht mehr auf den schmierigen Rand des Wasserbehälters.
Ich gerate ins Straucheln, durch die Masse meiner Anhänger geht ein besorgtes Raunen. Doch ich fange mich schnell - wäre doch gelacht - und winke weiter Richtung der gläsernen Zellen. Aber das Raunen verstummt nicht. Ganz im Gegenteil. Meine Sympathisantenhorde wird immer unruhiger und ihre Schreie sind nun nicht mehr voller Begeisterung sondern drücken Angst und Schrecken aus. Was haben sie denn nur? Ich bin nicht ins Wasser gestürzt, ist das nicht ein Grund für Begeisterungsstürme?
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Octavian
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Beiträge: 13
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Beitrag30.11.2009 14:31

von Octavian
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4/4

Da höre ich ein lautes Rascheln neben mir, es kommt allerdings nicht aus dem Wasser im Bottich. Ein riesiges Wesen kommt auf mich zu, es geht aufgerichtet auf zwei Beinen, seine anderen beiden Gliedmaßen, die normal neben dem Körper baumeln, sind nun erhoben und auf mich zu gestreckt.

 Oh nein, ein Wächter! Starr vor Schreck sitze ich am Bottichrand. Als mir der Gedanke kommt zu springen ist es schon zu spät, der Wächter hat ein großes Plastikgefäß schon halb über mich gestülpt und so krache ich nur gegen das Dach des Behältnisses. Wieder auf dem Bottichrand verliere ich endgültig den Halt, rutsche ab.
Aber da ich nicht völlig talentfrei bin, falle ich nicht ins schwarze Wasser, sondern auf den Boden des Ganges. Reaktionsschnell springe ich dem Wächter durch die Beine, als er hastig nach mir greifen will. Ich stoße dabei an den schweren Bottich, werde herumgerissen. Vor Panik verliere ich die Orientierung, in beide Richtungen des Ganges sieht es gleich aus.

 Durch den Schock, unter dem ich scheinbar immer noch stehe, kann ich nicht mehr deutlich zwischen den Metallgestellen auf der einen und den Bottichen auf der anderen Seite unterscheiden. Aber ich habe es fast schon geschafft.  Ich kann jetzt nicht aufgeben! Wo ich der Freiheit doch so nah bin.

 Mein vorläufiges Ziel muss es sein, dem Wächter zu entkommen. So springe ich immer weiter und schneller von ihm fort. Hinter mir höre ich ihn in seiner Sprache rufen und den Gang entlang trampeln, während die Schreie meiner Fans langsam verklingen.

 Ich komme an einem hohen Durchgang an. Der Weg ist frei! Das gibt es nicht: Die zweite offene Tür an einem einzigen Tag! Ich verkneife mir vorerst meinen Siegesjubel und weiter geht unsere Jagd durch eine mir unbekannte Umgebung. Ich muss mich von meinen Instinkten leiten lassen, wünsche ich mir doch so sehr die Freiheit.

 Es geht riesige Stufen hinauf weiter durch einen Gang in einen angrenzenden Raum, der schnaufende Wächter hinter mir her.
Ich denke schon, dass ich in eine Sackgasse geraten bin, da entdecke ich eine große rechteckige Öffnung über einem hohen Holzgestell.
Mit großer Anstrengung schaffe ich einen Sprung auf den Rand der Öffnung. Ein letzter Blick zurück zeigt mir den Wächter, auf mich zu taumelnd, da verliere ich auch schon den Halt und falle wieder. Aber dieses Mal ist es mir egal was kommt. Ob es ein kalter Steinboden ist oder eine schwarze, undurchdringlich erscheinende Wassermasse. Ich glaube nämlich ich bin frei.

 Nach kurzem Fall schlage ich auf dem Untergrund auf - zum Glück bin ich so gut gepanzert, sonst wäre mir nach den vielen Stürzen heute sicher nicht nur etwas dreherig im Kopf. Wieder bin ich erstaunt: Hier ist der ganze Boden, so weit ich sehen kann, voller Grünzeug. Die Luft ist zwar kühler, aber bei weitem auch angenehmer als in meinem Glasgefängnis. So also sieht die Freiheit aus, ich bin begeistert. Vom Wächter ist nichts mehr zu sehen, er scheint aufgegeben zu haben.

 Verträumt und im Siegestaumel bewege ich mich mal springend mal auf allen Sechsen gehend durch das hohe Gras. Wundervoll ist es hier. Ein tiefer Seufzer verlässt mich, da bemerke ich einen Schatten über mir. Erleichtert erkenne ich, dass es nicht der Wächter ist, sondern ein schwarzes, mattglänzendes Etwas, das anmutig über mir kreist.
Aber Angst verspüre ich keine. Was soll mir hier draußen denn schon passieren? Ich bin im Paradies und das habe ich mir ja wohl auch verdient, so heldenhaft wie ich getürmt bin. Ich bin die erste Wanderheuschrecke, die das Paradies verdient habe, denke ich gerade. Da spüre ich einen stechenden Schmerz an meiner Körpermitte und bekomme gerade noch mit, wie mich das schwarze, fedrige Vieh mit sich davonträgt, bevor ich ohnmächtig werde.
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