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Mittwochswartezimmerlogie I


 
 
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MosesBob
Geschlecht:männlichGehirn²

Administrator
Alter: 44
Beiträge: 18339

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Beitrag29.10.2009 22:31
Mittwochswartezimmerlogie I
von MosesBob
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Mittwochswartezimmerlogie I

Der Typ gegenüber hält seinen Kopf unterm Arm.
Ich glaube nicht, dass er simuliert.
Ich glaube auch nicht, dass uns der Türke etwas vorspielt,
dem die Faust
mit dem tätowierten Hakenkreuz auf dem Handrücken
noch mitten im Gesicht steckt.

Das da vorne ist Jochen,
den kenne ich aus meiner Grundschulzeit.
Er ist ziemlich fett geworden,
platzt aus allen Nähten
und versüßt sich die Wartezeit mit einem Snickers XXL.
Ob er heute wirklich krank ist,
vermag ich nicht zu beurteilen.
Offensichtlich ist aber,
dass es ihm ziemlich schlecht geht,
und zwar nicht erst seit gestern.

Hier sind auch Kinder.
Eins hat Röteln, eins hat Mumps
und ein anderes ist mit seinem Schwesterchen
unzertrennlich an der Schläfe zusammengewachsen.
Ein kleines Mädchen ist mit seinem Vater hier.
Es sitzt rücklings in der Ecke,
hat einen schwarzen Filzstift und einen Block
und malt Bilder von einer Zwergenwelt,
in der riesengroße Männer leben.

Den alten Mann mit dem dünnen Haar
und den Kerben im Gesicht,
der links von mir in einer Frauenzeitschrift blättert,
habe ich auch schon häufiger hier gesehen.
Heute schweigen wir uns an,
aber beim letzten Mal habe ich ihn gefragt,
was er eigentlich hat.
Er ist felsenfest davon überzeugt,
das er mit dem linken Bein,
das er im Krieg von der Hüfte abwärts verloren hat,
nicht mehr richtig auftreten kann.
Ich warf einen Blick auf das schlaffe Hosenbein,
nickte sachkundig und meinte,
dass man halt nicht jünger wird.

Mir selbst geht es eigentlich gut.
Ich überlege noch,
ob ich mir einen gelben Schein hole
oder ob ich nur ein bisschen jammern soll.
Übelkeit, Schwindelgefühl, Bauchschmerzen,
vielleicht ein Ziehen im Brustkorb?
Ich glaube, ich entscheide spontan.
Hauptsache, der Tag geht irgendwie rum.



_________________
Das Leben geht weiter – das tut es immer.
(James Herbert)

Die letzte Stimme, die man hört, bevor die Welt untergeht, wird die eines Experten sein, der versichert, das sei technisch unmöglich.
(Sir Peter Ustinov)

Der Weise lebt still inmitten der Welt, sein Herz ist ein offener Raum.
(Laotse)
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