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[KGe] Der Apfeltäter


 
 
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Korahan
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 39
Beiträge: 30



Beitrag25.04.2007 19:26
[KGe] Der Apfeltäter
von Korahan
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hiho
Ich wollte mal fragen was ihr von meinem Kurzgeschichten-Stil haltet.
Viel Spass!

Korahan

_______________________

Der Apfeltäter

Unser Nachbar war ein seltsamer und introvertierter Mensch. Er beherrschte unsere Sprache kaum. Er war erst vor ein paar Jahren nach Österreich gekommen und hatte sich den kleinen Bauernhof gekauft, der oben am Fuß des Berges steht, nur ein paar Schritte vom Waldrand weg. Ich weiß nicht woher er kam, aber er hatte dort sein Geld sicher nicht ehrlich verdient. Wie sollte sich so einer sonst ein solches Haus kaufen können?
Nicht nur, dass er unsere Sprache nicht beherrschte, er sah auch irgendwie schmutzig aus. Er hatte eine etwas dunklere Haut und schwarze Ringe unter den Augen. Er war kein Schwarzer- bei Gott ich hatte nie etwas gegen Schwarze! Aber dieser Nachbar, er war ein komischer Kauz. Wenn man ihn unterwegs traf, sagte er nie so etwas wie „grüß Gott“ oder wenigstens „Servus“. Nein! Er machte sich nicht einmal die Mühe die einfachsten Dinge auf Deutsch zu lernen. Er nickte dann nur und lächelte dümmlich.
Man sah ihn auch nie mit anderen Menschen. Einmal kam er spät abends ins Wirtshaus um sich Zigaretten zu kaufen. Der Höflichkeit halber hatte ich ihn auf ein Bier eingeladen. Ich stellte es ihm hin, sagte „Hallo, schön sie mal zu treffen!“.  Er schüttelte nur den Kopf und hustete etwas, was wohl so viel heißen mochte wie „nein Danke“. Dann setzte er wieder sein dämliches Grinsen auf.

Ich wollte nie, dass Patrick, mein Sohn, dort oben am Waldrand spielt. Patrick hörte nie auf mich- und heute, wo er älter ist, erst recht nicht. Jeden Tag schwirrten er und seine Freunde auf dem Grundstück dieses Nachbarn herum. Die älteren Jungs schnitzten Pfeile und Bögen, bauten Baumhäuser und die jüngeren versuchten einfach alles um am Abend dreckig nach hause zu kommen. Und ab und zu, naschten sie auch heimlich ein paar Äpfel und Kirschen von den Bäumen. So ging das schon das ganze Jahr.
Es war im Herbst da kam Patrick mit einem Apfel nach Hause. „Der Ausländer hat ihn mir geschenkt“, sagte er. „Du sollst doch von Fremden nichts annehmen“, hatte meine Frau gleich geschimpft, „dass du mir nie wieder mit dem redest!“ Ich dachte mir noch nichts arges dabei.  Wir gingen zu Bett und schliefen zu meinem Leidwesen bald ein. Mitten in der Nacht wurden wir geweckt. Patrick weinte und schrie aus vollem Leibe. Meine Frau zischte aus dem Bett und war schneller im Kinderzimmer, als sich die Bettdecke legen konnte. Es war vier Uhr morgens. „Er hat Bauchschmerzen!“ rief meine Frau.  
Bauchschmerzen von dem Apfel, dachte ich sofort.
Als ich am Bett meines Sohnes ankam, ich hatte inzwischen ein Glas Wasser und eine harmlose Beruhigungstablette besorgt, da hatte er bereits aufgehört zu weinen. Er lag fest eingewickelt unter seiner dunkelblauen Astronauten-Bettwäsche und guckte mich mit verquollenen Augen an. „Du hast Bauchweh“, fragte ich. Ein kraftloses „Au“ reichte mir als Antwort. Meine Frau war am Ende mit ihren Nerven. Sie nahm mir das Glas aus der Hand und auch die Tablette und spülte sie runter. „Danke“, sagte sie, „wir müssen mit ihm ins Krankenhaus. Ich werde ihm nur schnell was anziehen.“ „Das war bestimmt der Apfel. Der Kerl wollte dem Jungen wohl eine Lektion erteilen weil er immer oben Äpfel klaut.“ Ich ging noch mal nach unten um noch eine Tablette für den Jungen zu holen. Ich stand in Morgenmantel und Hausschlappen in der Küche und füllte gerade ein Glas mit Wasser, da bemerkte ich den angebissenen Apfel. Ich stand eine Weile da und betrachtete das Ding. Dann nahm ich ihn und setzte mich mit ihm an den Küchentisch. Einen Moment lang war ich versucht abzubeißen. Ich traute mich nicht.
Was hat er nur damit angestellt, dachte ich. Er wird ihn doch nicht vergiftete haben? Wer weiß was die für Sitten haben, dort wo der her kommt. Er wird da schon aus gutem Grund weg sein. Meine Frau kam mit dem Jungen im Arm die Treppe runter. „Bleib nur hier, Schatz. Du musst morgen arbeiten.“ Ehrlich gesagt, ich hatte ohnehin gar nicht vor mitzufahren. Sie waren schon eine Weile weg, da rang ich mich durch und biss doch noch in den sauren Apfel. Nicht in den angebissenen Teil der schon unappetitlich braun war. Er schmeckte komisch. So seltsam wie der Nachbar, dachte ich. Der soll seine faulen Äpfel gefälligst behalten! Ich spuckte das Zeug aus. Für mich war es ein klarer Fall.

Ich rief die Polizei und erzählte ihnen, dass unser Nachbar meinen Sohn vergiftet hatte.

Ein paar Stunden später, ich hätte eigentlich schon in meinem eigenen Büro sitzen sollen, da saß ich in dem Büro des Kommissars, der nach alter Polizeimanier auf sich warten ließ. Auch mein Nachbar war da. Er trug eine abgewetzte Lederjacke. Darunter eine schwarze Pyjamahose mit weißen Sternchen. Zwischen Hose und Schuhe leuchteten weiße Knöchel heraus. Er versuchte offensichtlich möglichst unschuldig dreinzublicken. Ich wurde wütend. Ich stand auf und wollte rüber gehen um ihm die Meinung zu sagen. Zwecklos, dachte ich, der versteht mich ja doch nicht. Ich setzte mich wieder. Ich kochte vor Wut. Meine Hände fühlten sich heiß an. Ich hörte meinen Pulsschlag in den Ohren hämmern. Er lehnte sich ruhig zurück, verschränkte die Arme hinter dem Kopf, streckte gemütlich die Beine von sich und dann warf er mir einen unheimlich herablassenden Blick zu.
Was genug war, war genug!
„Giftmischer, elendiger! Scher dich heim“, rief ich hinüber. Fassungslos starrte er mich an, sein Mund stand ihm offen- als hätte er verstanden was ich ihm ins Gesicht gebrüllt hatte. Die Bürotür flog auf.  Der sichtlich verärgerte Kommissar fuhr mich an: „Ja was soll denn das?“
Und was machte ich?

Ich bekam in diesem Moment furchtbare Bauchkrämpfe. Mir wurde ziemlich übel und mir blieb nur noch der Weg zur Toilette. Dort ließ ich mir alles noch einmal durch den Kopf gehen. Ich war gerade beim Müsliriegel angekommen, den ich am Nachmittag hatte, da kam mein Nachbar zu mir in die Toilette. Er hatte meine Jacke über den Arm gehängt und fragte: „Geht es ihnen gut, Herr Reinwald?“
Der fehlte mir jetzt noch, dachte ich.
Woher kennt der meinen Namen, dachte ich.
Endlich, gab mein Magen einen Moment lang Ruhe.
„Der spricht ja deutsch!“, dachte ich und sprach es dabei laut aus.
„Natürlich“, meinte er, „Ich bin ja schon lange genug hier.“
„Aber sie haben  nie etwas gesagt.“
„Sie haben mich auch nie etwas gefragt. Außerdem werde ich als Moslem weder im Namen ihres Gottes grüßen, noch werde ich Alkohol trinken. Ihr Handy hat geläutet, Herr Nachbar“, sagte er und hielt es mir in die Kabine.  
Ich fühlte mich noch den ganzen Tag elend. Und das nicht bloß wegen der Magenschmerzen… Es war meine Frau, die da angerufen hatte. Als ich zurückrief erklärte sie, dass sie Fisch in Zukunft nicht mehr in Supermärkten kaufen würde.

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Libera
Geschlecht:weiblichLeseratte
L

Alter: 38
Beiträge: 191
Wohnort: France


L
Beitrag25.04.2007 23:43

von Libera
Antworten mit Zitat

Also, ich finde den Stil gut. Und den Inhalt auch! Daumen hoch

_________________
Kann man die Welt nicht verändern, dann schafft man sich eine Neue!
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Das Ding
Schneckenpost


Beiträge: 9
Wohnort: Kerpen


Beitrag26.04.2007 01:11

von Das Ding
Antworten mit Zitat

Ich bin zu blöde um eine vernünftige Rezension zu schreiben, zumal wir weit nach Mitternacht haben.

Aber ich fand sowohl deinen Stil als auch den Inhalt plus Pointe sehr ansprechend. Hat mir gut gefallen...obwohl mir ziemlich schnell klar wurde, dass Mr. Ausländer nicht böse ist. Aber das war glaube ich auch so gewollt, da du die Abneigung gegen ihn schon fast absurd gezeigt hast.

Dennoch mehr davon


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Das Leben meistert man entweder lächelnd oder überhaupt nicht.
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