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femme-fatale233
Geschlecht:weiblichFüßchen

Alter: 31
Beiträge: 1913
Wohnort: München
Das Bronzene Pfand


Beitrag24.10.2009 18:13
Tarot
von femme-fatale233
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Ja, es ist Klamauk. Aber mehr soll es auch nicht sein.



Es war irgendwann so während der Mitte der Ewigkeit, als ich feststellte, dass ich eigentlich vollkommen machtlos war. Um diesen Zustand zu ändern überlegte ich, was ich denn dagegen tun könnte.

Schließlich nahm ich mir ein Bier aus der Kühlung und machte den Fernseher an.

„Jay, bring mia doch moi moa Kippen“, rief ich meinem Mitbewohner, genannt Sohn, zu, doch das Einzige, was ich zu hören bekam, war ein genervtes „geht gerade nicht“. So sind Kinder im schwierigen Alter, sagte ich mir und zappte durch die Kanäle. Pornos, Tiersendungen, Nachrichten… ständig das Gleiche. Bei „Glorias Astroguide“ blieb ich schließlich hängen. Mit ihren feuerroten Haaren und den Zukunftswegweisern in Doppel-D war sie mir sofort aufgefallen.

„Sind sie unzufrieden mit ihrem Leben?“, fragte Gloria.
Joa.
„Wissen sie keinen Ausweg mehr?“
Joa.
„Brauchen Sie Hilfe für Ihr Schicksal?“
Joa.
„Dann rufen sie mich an unter 01379 3003 02 und wir werfen gemeinsam einen Blick in ihre Zukunft.“

Ich raffte mich von der Couch auf, um nach unserem Telefon zu angeln und wählte schließlich die Nummer zum Glück. „Bitte warten, bitte warten, bitte warten“, teilte mir eine Tonbandaufnahme mit, „dieser Anruf kostet sie 4,99 pro Minute. Legen sie nicht auf. Bitte warten.“ Eigentlich wollte ich schon entnervt den Hörer auf knallen, als die lahmarschige Warteschleifenstimme plötzlich sagte: „Sie werden nun live mit Gloria verbunden.“

„Guten Tag, wen habe ich denn da jetzt in meiner Sendung?“, wollte die Wahrsagerin wissen.

„Ja, mei, I bin’s der Gott“, murmelte ich.

„Schön, dass Sie am Telefon sind, Herr Gott. Vielleicht wären Sie so freundlich mir Ihren Vornamen zu verraten?“

„Joa, also manche nennen mich Petrus oder Pete, aber Allah is a okay.“

Für einen kurzen Moment lang herrschte Schweigen am anderen Ende der Leitung und Glorias Gesicht war auf dem Bildschirm wie erstarrt. Dann folgte ein affektiertes Lachen.
„Petrus, Sie sind ja ein Scherzkeks! In welcher Herzensangelegenheit kann ich Ihnen denn nun helfen?“

„Joa, wie soll I sogn? Es leift hoilt in moam Lebm nix mehr so wie as soll. Moa Bua der Jay, der is in am gonz am schwierigen Oilter, und ma Frau, die Maria, mit der laaft scho long nix mehr im Bett. Die tuat liaber mit am andern schnackseln!“

„Ich verstehe“, flötete Gloria, „Sie fühlen sich also machtlos in Ihrem eigenen Leben!“
„Des triffts so ganz guad! Und woillt I hoilt wissen, ob I mir da noch a moi Hoffnungen mochen ko, so wega der Maria, verstehgens?“

„Ja, also wissen sie, Petrus…“

„Weil, ansonsten tät i mi natürli schon anderweitig umschaugn. I moan, die Eva aus moaner Entwicklungsabteilung is scho a an schafer Hase!“

„Ich sehe Sie sind sehr verzweifelt, sollen wir mit göttlichem Beistand in die Karten gucken, um zu sehen was die Zukunft für Sie bereit hält?“, fragte der Fernseh-Guru mit einem seltsamen Unterton. Machte sie sich über mich lustig? Unmöglich.

„Joa, bitte, des wär Recht.“
Nun verfolgte ich auf dem Bildschirm gespannt mit wie Gloria die Karten sorgfältig mischte, vor sich auslegte und mit ihren knallroten Plastikfingernägeln vorsichtig zu Recht schob.

„Sollen wir gemeinsam die erste Karte umdrehen?“, säuselte sie ins Telefon. Wow, die Frau hatte was!

„Gerne, wenn Sie scho so charmant froagn.“

Gesagt, getan. Ein plötzlicher Hauch des Entsetzens fuhr über das Gesicht der Wahrsagerin, der schnell in den Zustand tiefer Bestürzung überzugehen schien. Gloria atmete geräuschvoll aus. „Mein lieber Petrus, ich habe gerade den Turm aufgedeckt. Das sieht nicht gut aus, das bedeutet Veränderung, vielleicht sogar Krankheit oder Tod!“

Tod, ganz sicher.

„Aber um mehr zu wissen, muss ich die anderen Karten auch noch aufdecken“, Glorias Stimme überschlug sich fast.

Wie gebannt starrte ich auf das Paar Hände im Fernsehen – Was die wohl noch so alles konnten? – und sah dabei zu wie sie flink über den Tisch hinweg sausten. Nun waren die Würfel also gefallen. Doch die Mine der TV-Frau hellte sich keines Wegs auf. Im Gegenteil. Gloria stöhnte auf. „Oh Gott!“

„Joa, woas is mit mia?“

„Ich sage es nur ungern Petrus, aber das mit Ihnen und ihrer Maria wird nichts, denn ich habe hier auch noch den Gehängten, die drei Schwerter und die Liebenden liegen. Das in Kombination mit dem Turm ist katastrophal! Die Karten sagen mir, dass die Trennung bald bevorsteht. Und wie ich durch die drei Schwerter weiß, wird der Akt nicht gerade friedlich von statten gehen, es wird viel Trauer und Schmerz geben, besonders bei ihrem Sohn Jay, sonst läge hier vor mir nicht der Gehängte!“

Ich brauchte einen Moment, um Glorias Worte zu verarbeiten. Hatte ich es nicht schon immer gewusst? War ich wirklich so ein Waschlappen, der von seiner Frau verlassen wurde? Wenn Zeus oder Sid das erführen…
Ich konnte sie mir direkt vorstellen, wie sie bei unseren wöchentlichen Skat-Abenden über meine Misere herzogen.
Die beiden würden den griechischen Wein besingen und darüber sprechen wie detailreich die „Unterwelt Post“ von der Trennung berichtete und was Maria – meine Maria – gegenüber der „BLÖD“ über den Sex mit dem Seppi gesagt hatte.


„Sind sie noch dran?“, riss mich Gloria aus meinen Gedanken.

„Des mit moana Zukunft is natürli… bleed“, sagte ich schließlich, als ich mich beruhigt hatte, „oaber, nun woaß I wenigstens woran I bin. I moan, die Maria die tät ja a scho länger mit dem Seppi da umernant und überhaupt…“

„Ich wünsche Ihnen ganz viel göttlichen Beistand!“ Das war das Letzte was ich brauchen konnte, aber so eine Sahnschnitte wie Gloria… die wäre schon was.

„Ähm… Sie I hob da noch a Froge, mia is groad oagfallen, dass die Eva, joa seit oaniger Zeit mim Adam, moanem Praktikant, am rumschiam is, oaber I fühl mi doch so einsam, täten sie eventuell mit mir vögeln?“

„Nur über meine Leiche“, kreischte Gloria durch den Hörer.

„Na ja, wer friher stirbt is joa bekanntlich länga tot“, entgegnete ich.

„Nun ist unsere Sendezeit leider auch schon wieder um, ich wünsche Ihnen, meine lieben Zuschauer noch eine gute Nacht!“, sagte Gloria plötzlich hastig. Stille. Die Telefonverbindung war unterbrochen. Das nächste, was ich zuhören bekam war wieder die Frau auf dem Tonband: „Dieser Anruf 34,93 Euro gekostet.“

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Einherjer
Geschlecht:männlichKlammeraffe


Beiträge: 545



Beitrag02.11.2009 02:27

von Einherjer
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Blasphemie!  Evil or Very Mad


Ich hab zwar nur die Hälfte verstanden, aber über den Rest habe ich mich köstlich amüsiert.

lol


Zitat:
Zukunftswegweisern in Doppel-D

Rolling Eyes
Gibt noch etliche andere Highlights.




Sehr schön.
Möchtest du noch eine ausführliche Kritik haben oder reicht dir das?


Forentechnisch hast du mir den Tag gerettet.



Lieben Gruß

Einherjer


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Stil ist die Fähigkeit, komplizierte Dinge einfach zu sagen - nicht umgekehrt (Jean Cocteau)

Der Unterschied zwischen dem richtigen Wort und dem beinahe richtigen ist der gleiche wie zwischen einem Blitz und einem Glühwürmchen. (Mark Twain)
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Ronneburger
Geschlecht:weiblichEselsohr
R

Alter: 44
Beiträge: 316



R
Beitrag02.11.2009 13:48

von Ronneburger
Antworten mit Zitat

Hallo,

mir hat das auch sehr gut gefallen. Witzig und ironisch. So gefällt mir das.

Dass das mit der Religion an manchen Stellen gehapert hab oder ich vielleicht irgendwann den Überblick verloren hab, tat dem ganzen keinen Abbruch.

Aber nur für mich: Gott war ja dein Protagonist, oder? Jesus sein Sohn im schwierigen Alter. Warum aber Petrus? Der war doch sein erster Jünger oder so. Und die Maria war doch eigentlich mit Josef oder nicht?

Das mit dem bayerischen Dialekt, war mir persönlich zu viel des Guten und an manchen Stellen musste ich es mehrfach durchlesen um es wirklich zu verstehen, aber das muss man ja auch wenn man mit einem Bayer spricht, nicht wahr.  Very Happy

LG
Michi


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If you have big ideas, you have to use big words to express them. (Anne of Green Gables)

Das ist einer dieser Tage, an dem ich erst weiß was ich rede, wenn ich höre, was ich sage. (Anett Louisan)
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femme-fatale233
Geschlecht:weiblichFüßchen

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Das Bronzene Pfand


Beitrag02.11.2009 21:03

von femme-fatale233
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Hallo Einjeher, hallo Ronneburger!


Freut mich, dass euch dieser kleine Text so gut gefallen hat - trotz Sprachbarriere.
Einjeher, es freut mich, dass ich deinen Tag forentechnisch gerettet habe.  Very Happy
Nun zu Ronneburger: Ja, Maria war die Tussi von Joseph. Seppi ist die bayrische Version des Namens. (Es überrascht mich gerade so sehr, dass man das in anderen Regionen Deutschlands nicht kennt  Shocked )

Liebe Grüße,
Caro
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Valeska
Waldohreule

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Beitrag02.11.2009 23:05

von Valeska
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Köstlich lol

Ich lebe zwar feeeerrrn des bayerischen Freistaates, hatte aber keinerlei Verständnisprobleme. Seppi gleich Joseph ist mir auch klar. Ich finde, das Bayerische macht Gott erst so richtig schön schräg.

Wirklich lustig geschrieben (nur dem letzten Satz ist das Verb abhanden gekommen).

Gruß
Vale


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so bin ich
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Maria
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Beitrag03.11.2009 10:21

von Maria
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aaaaaaaaah vergessen, meine Liebe. Hatte den Text schon gelesen und wusste nicht wie ich es sagen sollte und brauchte noch Anlauf und dann .. vergessen: inhaltlich wirklich witzig, spritzige Idee. Aber der Dialekt... das Bayrisch - mir bluteten Augen und Ohren.
Das liest sich stellenweise wie ein Kieler oder der Saarländer der letztings einen Maß Bier böstöllt hat.

Soll ich mal anlackieren, oder garnicht so wichtig? Ich werde zwar heulen und mit den Zähnen knirschen aber für dich...

Embarassed


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Tyrion Lannister
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femme-fatale233
Geschlecht:weiblichFüßchen

Alter: 31
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Wohnort: München
Das Bronzene Pfand


Beitrag03.11.2009 11:05

von femme-fatale233
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Hallo Valeska, hallo Maria!
Danke auch für euer Feedback, freut mich, dass euch der Text zum Schmunzeln gebracht hat.

@ Maria: ja ja, die Sache mit dem Bayrischen. Oft weiß ich wie man's sagt, aber die Verschriftlichtung macht mir dann immer totale Probleme und dann klingt es wenn man es am Schluss liest ganz anders als man es spricht.  Crying or Very sad Ich sollte echt so einen Volkshochschulkurs machen "bayrische Orthographie"

Liebe Grüße,
Caro
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Gast







Beitrag03.11.2009 11:10

von Gast
Antworten mit Zitat

Hallo Caro,

lol das ist jetzt witzig, weil ich den Text nämlich aufgrund Marias Begründung irgendwo in der Mitte abgebrochen hatte... Inhaltlich fand ich's bis dahin auch sehr witzig, aber dieser Satz hat mir fast körperlich weh getan:
Zitat:
Es leift hoilt in moam Lebm nix mehr so wie as soll.
(Bis dahin hab' ich's noch ganz großzügig auf die Unterschiede zwischen Münchner und Regensburger Dialekt geschoben... wink ) Aber dann wurd's mir ein bisschen zu viel. Großer Vorteil also: Auch die Nicht-Bayern verstehen scheinbar das Ganze. Nachteil: Die Bayern müssen sich dafür genauso anstrengen wie die Nicht-Bayern. lol
Dialekt schreiben finde ich persönlich auch ziemlich schwierig, aber der Text wär's, soweit ich ihn gelesen habe, schon wert, die Dialektpassagen zu überarbeiten. Ich würd' ihn dann auch ganz lesen, versprochen! wink

Servus, Pfiat di, O'zapft is' und ganz liebe Grüße,

Soraya

EDIT: Sorry, hast ja schon geantwortet, dann ist mein Beitrag somit eigentlich überflüssig... Ich würd's aber echt nochmal probieren an deiner Stelle, die Idee hätte es verdient! Daumen hoch
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