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Parabolo Gänsefüßchen
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Beiträge: 24
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P 03.01.2010 14:35 Entrissen von Parabolo
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- Entrissen -
Wenn ich in meinem ganzen Leben einen einzigen Wunsch frei hätte, würde ich ihn dafür verwenden, mit dir aus diesem kahlen Zimmer zu gehen.
Ich halte dich im Arm, dein Kopf lehnt an meiner Schulter. Wie du dich bei mir anschmiegst, fühlt es sich an wie immer. Nur dass deine Hand nicht auf meiner Brust liegt.
„Du?“, hast du mich nach Minuten des stillen einander Spürens oft gefragt. „Ich muss dir etwas erzählen.“
Heute schweigst du. Ich streichle sanft über deine schulterlangen Haare, die noch vor ein paar Stunden im Sonnenlicht rotgolden schimmerten, und küsse sie. Weich und fein fühlen sie sich an und sie sind so widerspenstig wie ich sie an dir liebe. Obwohl ich weiß, dass du jeden Morgen mit ihnen gekämpft hast. Bis du glaubtest, sie erfolgreich zur Ordnung gerufen zu haben.
Ich atme den schwachen Geruch von Meerwasser ein, den sie verströmen, vermischt mit dem von fiebrigem Schweiß. Auf dem Weg aus dem Meer bist du auf etwas getreten gestern. Du wusstest nicht, was es war. Mitten in der Nacht hast du dann im höchsten Fieber gezittert. Das Gift des Fisches war überall in deinem Körper. Ich hätte dich viel früher bringen müssen. Jetzt, sagen sie, wirst du es nicht mehr schaffen. Nur ein unglaubliches Wunder könnte dich noch erhalten.
Du bist blass, deine Augen sind geschlossen. Du zeigst keine Reaktion mehr, wenn ich deine Wange streichle, deren Haut so unglaublich glatt ist wie immer. Nur etwas kühler.
Dein Gesicht strahlt Frieden aus und erinnert mich daran, dass du dein Leben schon immer als Fluss mit unbekannter Länge gesehen hast, der eines Tages in der Weite des Meeres enden würde.
Ich weiß noch genau, dass ich diese Dinge von dir nicht hören wollte. Es war dir aber wichtig. Für unsere Kinder sollte ich einmal weiterleben. Kinder, die es nun nicht mehr geben wird. Und für dich sollte ich weiterleben. Was, möchte ich dich fragen, wird von dieser Welt noch übrig bleiben, wenn ich dieses kleine Zimmer verlassen habe.
Ich kann nicht zugeben, dass ich deinen flachen Atem nicht mehr spüre. Wenn ich es tue, wird meine Kraft zerrissen sein. Du wirst immer kälter, obwohl ich dich wärme. Ich habe das Gefühl, mit dir zu erstarren. Das ist der Moment, von dem du auch gesprochen hast. Es ist Zeit, wenn ich deine Wärme in mich aufgenommen habe.
Dass für mich dann alles nichts mehr ist, hast du nie erwähnt.
Bevor ich deinen Körper von mir löse, küsse ich deine Stirn. Auch wenn ich mir vorstellen soll, dass du angekommen bist, wirst du auf meinen Schultern ruhen. Jetzt ist der Rest meines Lebens. Ich werde nie mehr aufrecht gehen.
Für alles, was du für mich warst und was wir gemeinsam hatten, liebe ich dich.
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Lady_of_words Eselsohr
Alter: 40 Beiträge: 238 Wohnort: Franken
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03.01.2010 15:50
von Lady_of_words
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Hallöchen Parabolo.
Das sit wirklich eine schöne und gefühlvolle Geschichte, die mit ein paar Umformulierungen sogar noch verbessert werden kann.
Zitat: | Wenn ich in meinem ganzen Leben einen einzigen Wunsch frei hätte, würde ich ihn dafür verwenden, mit dir aus diesem kahlen Zimmer zu gehen. |
Der erste Satz zum Beispiel. Eigentlich macht er neugierig, doch würde ich ihn persönlich etwas kürzer halten.
Beispiel:
Wenn ich nur einen einzigen Wunsch frei hätte, dann würde ich mit dir aus diesem kahlen Zimmer gehen.
Im Prinzip sagts das selbe aus, alles andere ist ein bisschen sehr ausschweifend wie ich finde.
Zitat: | Wie du dich bei mir anschmiegst |
Das "bei mir" könntest du streichen, denn dass ihr Kopf auf seiner Schulter liegt, erfahren wir im Satz davor.
Zitat: | fühlt es sich an wie immer. |
Und das liest sich verdreht.
"es fühlt sich an wie immer"
Zitat: | Nur, dass deine Hand nicht auf meiner Brust liegt. |
Zitat: | „Du?“, hast du mich nach Minuten des stillen einander Spürens oft gefragt. „Ich muss dir etwas erzählen.“ |
Der Satz brachte mich beim ersten durchlesen ehrlich gesagt völlig raus. Ich hatte erst den Eindruck nun käme ein Dialog, kam aber nicht.
Er erinnert sich also nur an schöne, gemeinsame Stunden, in denen sie über Gott und die Welt sprachen, das kannst du sicher besser ausdrücken.
Zitat: | Weich und fein fühlen sie sich an und sie sind so widerspenstig wie ich sie an dir liebe. Obwohl ich weiß, dass du jeden Morgen mit ihnen gekämpft hast. Bis du glaubtest, sie erfolgreich zur Ordnung gerufen zu haben. |
Das sind mir persönlich irgendwie zu viele Haardetails. Klar, man bekommt ein noch detaillierteres Bild von ihr und ihren Marotten, aber auch ohne diese Zwischeninfos würde deine Geschichte funktionieren.
Zitat: | Ich atme den schwachen Geruch von Meerwasser ein, den sie verströmen, vermischt mit dem von fiebrigem Schweiß. |
Auch hier würde ich den Satz ein bisschen umstellen:
Ich atme den Geruch von Meerwasser und fiebrigem Schweiß ein, den sie verströmt.
Wobei das dann eher plump klingt und nicht mehr so schön ausformuliert. Mir gefällt dieses "vermischt mit dem von..." irgendwie nicht...
Zitat: | Du wusstest nicht, was es war. |
Hier kann das Komma raus.
Zitat: | im höchsten Fieber |
Was ist denn ein "höchstes Fieber"?
Reicht nicht einfach hohes Fieber? Muss es das höchste sein?
Zitat: | Das Gift des Fisches |
Eher der qualle, oder?
Zitat: | Ich hätte dich viel früher bringen müssen. |
Wohin?
Klar, im nächsten Satz löst es sich auf, dennoch find ichs zu ungenau.
Viel früher hätte ich dich zum Arzt bringen müssen...
oder sowas.
Zitat: | Du bist blass, deine Augen sind geschlossen. Du zeigst keine Reaktion mehr, wenn ich deine Wange streichle, deren Haut so unglaublich glatt ist wie immer. Nur etwas kühler. |
Schön geschrieben, wirklich.
Zitat: | als Fluss mit unbekannter Länge |
Mir ist klar, was du auszusagen versuchst. Allerdings find ichs kompliziert umschrieben. Mir würde allerdings spontan auch keine bessere Formulierung einfallen.
Den letzten Absatz find ich rundum gelungen. Nach dem ersten Lesen kam mir sogar die spontane Idee, ob es die ganzen vorherigen Absätze überhaupt braucht. Ob nicht der letzte allein stehen könnte.
Alles in Allem finde ichs aber wirklich schön geschrieben.
LG
Rosi
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Biggi Klammeraffe
Alter: 52 Beiträge: 782 Wohnort: BY
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04.01.2010 23:11
von Biggi
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Hallo Parabolo,
ich finde es sehr schön, dass Du Dich so schnell entschlossen hast, einen Text einzustellen, nachdem Du schon mit den Kommentaren zu den Wettbewerbsbeiträgen hier im Forum begonnen hast.
Das Thema ist ein schwieriges, und ich schicke es gleich vorweg: ich halte diesen kurzen Text für sehr gelungen. Als Leser werde ich hineingezogen, erlebe und fühle die Szene mit, die Du mir beschreibst.
Was die Formulierungen angeht, kann ich mich meiner Vorrednerin nicht anschließen. Es sind durchaus längere Sätze dabei, sie sind aber für mich deswegen nicht unverständlich.
Die Erklärungen, die Du gibst, sind knapp und hilfreich, um mich ins Bild zu setzen, was eigentlich passiert ist.
(Für mich ergibt sich nur eine Detailfrage: mein erster Gedanke war die Verletzung durch einen Steinfisch. Allerdings wäre die Vergiftungssymptomatik meines Wissens nach nicht Fieber, sondern Lähmungen.)
Für mich drückt der Text tiefe Liebe aus, in jeder einzelnen Zeile. Ich bin ganz sicher, dass dieser Mann seiner Partnerin das zu Lebzeiten vermittelt hat.
Mit dem Gefühl weiterleben zu müssen, den möglicherweise vermeidbaren Tod eines geliebten Menschen nicht verhindert zu haben, ist sehr schwierig.
Ich wünsche mir für Dich, dass diese Geschichte fiktiv ist.
Liebe Grüße,
Biggi
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Parabolo Gänsefüßchen
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Beiträge: 24
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