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Morgengrauen und Abenddämmerung


 
 
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Chantal
Geschlecht:weiblichSchneckenpost

Alter: 32
Beiträge: 10
Wohnort: Duisburg


Beitrag29.09.2009 12:25
Morgengrauen und Abenddämmerung
von Chantal
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Schnell öffnete Horst die Augen. Nervös warf er einen Blick auf seine Taschenuhr, die auf dem Nachttischchen neben seinem Bett lag, obwohl er schon wusste, dass er verschlafen hatte. Horst hatte schon jahrelang nicht mehr verschlafen, denn er wollte Leni nicht warten lassen. Bei dem Geräusch des ruhigen Atmens seiner Frau wandte er den Kopf nach links und stellte fest, dass Leni wie üblich auf dem Rücken schlief, mit leicht geöffnetem Mund und beinahe kerzengerader Körperhaltung. So kannte er es von ihr. Dann fiel sein Blick erneut auf das Haupt seiner Gattin und er wunderte sich darüber, wie schön das Gesicht einer so alten Dame im Schein der aufgehenden Morgensonne doch aussehen konnte. Er genoss ihren Anblick in vollen Zügen, versuchte das Gefühl der Ruhe in sich aufzusaugen. Schließlich riss er sich von ihr los und schlupfte in seine alten, abgerissenen Pantoffeln. Er schlurfte wie jeden Morgen in die kleine, altmodisch eingerichtete Küche und bereitete Lenis Frühstück zu: ein Glas frische Vollmilch und ein Spiegelei auf Brot. Eine seltsame Kombination wie Horst fand, aber er bekam morgens ohnehin keinen Happen runter. Mit dem kleinen Tablett in der Hand, von dem Leni jeden Morgen aß, ging Horst zurück in das Schlafzimmer. Es lief alles genauso ab wie jeden anderen Tag der Woche auch, nur eben eine viertel Stunde später. Als Horst das Schlafzimmer wieder betrat, ging er um das Ehebett herum und blieb wie gewöhnlich in einem gewissen Abstand zum Bett stehen, um sie zu wecken, denn Leni neigte dazu, sich zu erschrecken, wenn man sie während des Schlafes berührte. „Leni, dein Frühstück ist fertig. Wach auf, Liebling.“, sagte Horst mit seiner behutsamsten Stimme. Erstaunt darüber, dass Leni nicht wie üblich durch seine Stimme aufwachte, beugte er sich ein wenig nach vorne, um ihr Gesicht sehen zu können.
Klirrend fiel das Tablett zu Boden. Das Glas zersprang in tausend Splitter. Erst jetzt hatte Horst bemerkt, dass seine Frau nicht mehr atmete. Entsetzt und unfähig einen klaren Gedanken zu fassen stürzte Horst so schnell er konnte auf seine Frau zu, griff sie hart an den Schultern und schüttelte sie. Er hatte sie vergöttert, er hatte sie geliebt, er verstand nicht, dass sie von ihm gegangen war. Er war sich sicher, dass sie noch gelebt hatte, als er das Schlafzimmer verlassen hatte, um das Frühstück zuzubereiten. Er verfluchte sich dafür ausgerechnet an diesem Tag verschlafen zu haben und war sich sicher, dass er sie auf ihrem letzten Weg hätte begleiten können, wäre er nur rechtzeitig aufgewacht. Horst konnte seine Frau nicht loslassen, sein verzweifeltes Schütteln wurde jetzt durch völlige Erschöpfung und leises Schluchzen abgelöst. Vorsichtig legte er seinen Kopf auf Lenis Brust als würde er hoffen doch noch einen Herzschlag zu vernehmen, aber es war völlige Stille in ihrem Körper. Rasch legte er seine Hände auf ihre Arme und fühlte ihre Wärme. Aus Angst sie würde erkalten und somit ihre letzte Lebendigkeit verlieren stand er auf und deckte sie zu. Sein Herz schrie vor Sehnsucht und Trauer. Er wollte sie noch nicht gehen lassen, er wollte sie zumindest noch einen Tag bei sich haben. Also ging er um das Ehebett herum und legte sich zu seiner Frau. Er schmiegte sich an sie, noch immer liefen Tränen seine Wangen herunter. Doch dann versank er in Gedanken, hörte auf zu weinen, sein Blick wurde leer und seine Atmung ruhig. Ihr ganzes gemeinsames Leben zog an Horst vorbei, es war als würde er alles noch einmal durchleben und als er aus seinen Gedanken erwachte, sah er, dass die Sonne hinter den Hügeln verschwand. Wieder fielen Sonnenstrahlen auf Lenis Gesicht und wieder betrachtete er ihre feinen Gesichtszüge. Und plötzlich wusste er, dass er sie schon vor dem nächsten Sonnenaufgang wiedersehen würde. Dieser Gedanke beflügelte ihn. Er lächelte, schloss die Augen und schlief ein.

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Gast







Beitrag05.10.2009 10:47

von Gast
Antworten mit Zitat

Hallo Chantal,

ich habe mich gewundert, warum du trotz über vierzig Klicks noch keinen Kommentar hast, und mich deiner Geschichte angenommen. Inhaltlich hast du dich einem schweren und emotionalen Thema zu gewandt. Die Umsetzung gab mir Rätsel auf und vermittelte mir den Eindruck, dass die Geschichte nicht aus der direkten und persönlichen Vorstellungskraft kam, sondern der Versucht war, eine erinnerte Filmszene in Worte zu fassen. Es war mir nicht möglich in die Geschichte hinein zu gleiten.


Zitat:
Schnell öffnete Horst die Augen. Nervös warf er einen Blick auf seine Taschenuhr, die auf dem Nachttischchen neben seinem Bett lag, obwohl er schon wusste, dass er verschlafen hatte. Horst hatte schon jahrelang nicht mehr verschlafen, denn er wollte Leni nicht warten lassen. Bei dem Geräusch des ruhigen Atmens seiner Frau wandte er den Kopf nach links und stellte fest, dass Leni wie üblich auf dem Rücken schlief,


Gleich die ersten beiden Sätze werden durch eine Dehnungsfuge getrennt, die den Leser holpern lässt. Gemeint sind die Adjektive „schnell“ und „nervös“. Dann folgt eine verheerende Satzkette zur Erklärung, deren vertauschte Reihenfolge dem Inhalt eher schadet. Hätte er erst gefühlt, dass er verschlafen hat und sich dann durch den Blick der (räumlich nicht zugeordneten) Taschenuhr davon überzeugt, hätte die Aussage an Kraft gewonnen. Dem letzten Satz, beginnend mit „Bei dem Geräusch (…) fehlt jegliches Gefühl und somit die Wirkung.
Das zieht sich durch den gesamten Text. Deshalb hab ich nur noch mal den vermeintlichen Höhepunkt aufgegriffen.

Zitat:
„Leni, dein Frühstück ist fertig. Wach auf, Liebling.“, sagte Horst mit seiner behutsamsten Stimme. Erstaunt darüber, dass Leni nicht wie üblich durch seine Stimme aufwachte, beugte er sich ein wenig nach vorne, um ihr Gesicht sehen zu können.
Klirrend fiel das Tablett zu Boden. Das Glas zersprang in tausend Splitter. Erst jetzt hatte Horst bemerkt, dass seine Frau nicht mehr atmete. Entsetzt und unfähig einen klaren Gedanken zu fassen stürzte Horst so schnell er konnte auf seine Frau zu, griff sie hart an den Schultern und schüttelte sie. Er hatte sie vergöttert, er hatte sie geliebt, er verstand nicht, dass sie von ihm gegangen war.


Er verpufft fast vollständig durch die Distanz des Erzählers, unpassenden Wortwahl und groben Sprache, sowie der Umstand, dass die Zeit im wichtigsten Moment zu rasen beginnt!

mit der Beifügung „sagte Horst mit seiner behutsamsten Stimme“, warst du übermotiviert. „Er beugte sich vor“ …, so weit so gut, dann folgt die unnötige Erklärung, warum er das tut. Sie lag aber auf dem Rücken. Nun versuchst du Dramatik ins Spiel zu bringen und geht’s zur sehr schnellen und konfusen Aktionen über. Statt die Entdeckung auf Horst und dem Leser wirken zu lassen, haust du sie mit folgendem Satz raus: „Erst jetzt hatte Horst bemerkt, dass seine Frau nicht mehr atmete und gehst dazu über, wie sehr er sie geliebt hat.

All das auch noch im Plusquamperfekt. Du bist nun ein mehrere Fallen gleichzeitig getreten. Der Leser wird auf das Tablett und das Glas fixiert, mit raschen Bewegungen und Lärm konfrontiert, und zack! Ist es bereits wieder vorbei, weil du ins Plusquamperfekt gleitest und ein seltsames Resümee in den Vordergrund stellst. Er hatte sie geliebt usw.

Vermeintliche Gefühlsverstärker? Weit gefehlt. Sie zerschlagen die emotionale Wirkung wie das Glas auf dem Tablett, in kleine Stücke. Klischees haben die wichtigste Schlüsselszene emotional gemeuchelt, und der Sprung auf sie zu, gab ihr den Rest.

Um wie vieles hätte die Auffindesituation stärker werden können, wenn es weder Lärm noch Hektik noch Zeit gegeben hätte. Die Situation hätte Stille – das fehlende Atemgeräusch – und Starre, die fehlenden Atem-Bewegungen des Brustkorbes- usw. erfordert. Das langsame Einsickern dessen, was geschehen ist. Stumme Tränen hätten den Leser sehr viel intensiver vermittelt, was geschehen ist, als ein Rückblick im PQP, der sich mehr wie der Trauernachruf in der Tageszeitung liest.

Sterben heißt Lähmung der Zeit, der innerlich brüllende Schmerz ist nach außen hin stumm. Vollkommende Hilflosigkeit verhindert Aktionismus. Begegne der Situation mit Demut und Aufmerksamkeit, und lass dem Leser Zeit sich an die Seite des Hinterbliebenen zu positionieren.  Dann wirst du dem Geschehen gerecht. Hier wäre noch einiges zu überarbeiten.

Grüße

Bobbi
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