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Die Frau auf der Bank

 
 
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EdgarAllanPoe
Geschlecht:männlichPoepulistischer Plattfüßler

Alter: 32
Beiträge: 2356
Wohnort: Greifswald
Bronzene Harfe Die Goldene Bushaltestelle
Goldene Feder Lyrik


Die Tauben
Beitrag27.09.2009 23:35
Die Frau auf der Bank
von EdgarAllanPoe
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Die Frau auf der Bank


Niedergelassen hatte sie sich im Innenhof der Plattenbausiedlung irgendwann um den zweiten Juli herum, er wusste es noch genau genau. Die Sonne hatte grell auf das Pflaster geschienen, die Blumen, die in den Asphaltritzen kauerten, ließen traurig die Köpfchen hängen. Kinder liefen umher, ein Eis schleckend, und warfen der Frau seltsame Blicke zu, die sich auf ihrer Bank wie ein Igel zusammengerollt hatte und zu schlafen schien. Aus den Plattenbauten waren – wie an jedem anderen gewöhnlichen Tag auch – aufgeregte, teils hektische, teils wütende Stimmen geklungen. Er hatte sich längst daran gewöhnt, sich in seinem Domizil verkrochen, doch er genoss die Aussicht, die sich ihm aus dem obersten Stockwerk des Gebäudes bot.
Schon seit langem hatte er genug Zeit zur Verfügung, um einfach nur dazusitzen und die Umwelt zu betrachten; dafür hatte er sich ein Fernglas beschafft, das er seinem alten, senilen Vater gestohlen hatte, als der einmal nicht auf seinen Schatz aufgepasst hatte. Seitdem hatte er – besonders um die Nacht herum – absonderliche Dinge in den Büschen vorgehen sehen, Männer mit tief herabgezogenen Kappen, die in ihre Münder griffen und seltsame kleine Tütchen zu Tage förderten, die sie ihrem Gegenüber aushändigten, und noch vieles mehr. Doch niemals hatte er eine Frau gesehen, die wochenlang auf der gleichen Parkbank schlief und nur selten aufstand.
Sie hatte viele Flaschen unter ihrer Bank stehen, deren Anzahl sich mit jedem Tag vermehrte, und sie benutzte nur einen Busch als provisorische Toilette; angewidert, zugleich aber fasziniert hatte er eines Tages dabei zugesehen, wie sie ihre verdreckte Hose mit zitternden Händen nach unten zog und urinierte. Sie hatte sich nichts aus den verwunderten Blicken der Bewohner gemacht, die an ihr vorbeigegangen waren; stattdessen hatte sie ungerührt ihre Hose wieder nach oben gezogen und hatte sich nochmals auf die Parkbank gelegt.
Mit jedem Tag wuchs seine Faszination an der Frau, die dort nichts zu tun schien. Er graste mit dem Fernglas ihren Körper ab, als hoffte er dadurch, einen Hinweis auf den Beweggrund ihres Aufenthaltes im Innenhof zu finden. Ihre Gesichtshaut war nach unten gesackt, hatte Falten gebildet, war verschrumpelt wie eine Pflaume, besaß dadurch aber etwas Großmütterliches, das anrührend wirkte. Die Finger der Hände waren seltsam kurz – das konnte er gerade noch so mit dem kostbaren Fernglas seines Vaters erkennen -, was auf Brachydaktylie schließen ließ. Er fragte sich, wer in der Familie noch an dieser Erkrankung gelitten habe, kam aber nicht mehr darauf. Irgendwann musste er dieses Thema in der Schule durchgenommen haben, er konnte sich aber beim besten Willen nicht daran erinnern.
Doch ihre Missbildung machte die Frau für ihn noch attraktiver: Er mochte es, wenn sie nicht makellos war, und er stellte sich vor, über ihre Hand zu streichen und sie an seine Wange zu pressen.
Irgendwann kaufte er sich eine Kamera und machte Bilder von ihr, wie sie dort lag und wartete. Ihre Hände in Großaufnahme: die schrumplige, verdreckte Haut, die kurzen Finger mit den abgebissenen Nägeln. Vorerst konnte er die Bilder nur auf seinem Computer betrachten, aber er richtete sich einen ganzen Ordner damit ein und betrachtete sie immer wieder, während er sich zurücklehnte und zufrieden seufzte.
Nun konnte er nicht mehr verstehen, dass sie ihn angeekelt hatte; sie war für ihn die schönste Frau der Welt, trotz ihrer Hässlichkeit. Was konnte es Besseres geben als sie? Er riss die Bilder der schönen Models, die er früher sich so gerne angesehen hatte, von den Wänden. Dann kaufte er sich von den Resten seiner Ersparnisse einen Drucker und brachte die Fotos der obdachlosen Frau damit an die Wand. Jeden einzelnen Zentimeter, von der Decke bis zum Boden, beklebte er mit zitternden Händen. Die kurzfingrigen Hände der Frau schienen sich ihm entgegenzuheben. Er küsste sie, schmiegte sich an die Wand und jauchzte zufrieden. Alles in ihm war im Einklang zueinander.
Die Frau verwahrloste jedoch zusehends. Ihr Haar wurde strähnig wie das Fell einer Ratte, das Gesicht war schmutzverkrustet, die Lippen vertrocknet. Entsetzt hielt er das Fernglas in den Händen und konnte es nicht glauben.
Eines Tages stand seine Mutter in der Tür, in einen grauen Hosenanzug gekleidet, mit streng zurückgekämmtem Haar. Sie hielt eine Tüte mit Nahrungsmitteln in der Hand.
„Jungchen, wie sieht’s denn hier aus?“, brummelte sie. Er stand nur in der Türöffnung, damit sie die neu tapezierte Wand nicht sehen konnte.
„Wasch dir mal die Haare. Putz dir die Zähne, mein Liebling, das stinkt ja schauderhaft. Schneid dir die Fingernägel.“
Er drückte die Tür zu.
„Was soll das, Schnucki?“, entbrüstete sie sich und trat gegen die Tür. „Warum tust du das?“ Sie hämmerte gegen das dünne Holz. „Mach auf, du Schlappschwanz!“
Er wandte sich von der Tür ab und schüttelte den Kopf. Seine Mutter ließ nach einer Weile davon ab, ihn zu nerven, und verließ kreischend den Flur. Er konnte ihr Keifen noch hören, als sie die Treppe hinunterpolterte.
Seine Gedanken waren jedoch bald wieder bei seiner Liebe, der alten Frau auf der Bank. Sie war so rein und schön wie die ersten Menschen, sie wusch sich nicht, und das machte sie zu etwas Besonderem. Die sauberen Menschen, die an ihr vorbeigingen, vergifteten nur die Atmosphäre. Das Parfüm, das ihre sich in der Augustsonne erhitzenden Körper ausströmte, vertrieb die Unverfälschtheit, mit der seine Liebe auf der Bank logierte. Er ging in die Küche und streichelte seufzend über die Schränke, an denen die Fotos ihrer Hände hingen, in einem fürchterlichen Chaos angeordnet. Bilder überlagerten einander, die Ränder verknickt, doch er fühlte sich gut so.
In den folgenden Tagen wusch auch er sich nicht mehr. Es hatte eine Zeit gegeben, in der er das getan hatte, doch nun hatte er damit gebrochen. Es gab Besseres zu tun, als sich Shampoo auf die Haut zu klatschen. Sein Haar verfettete zusehends, er kämmte es nicht mehr, und die Schweißreste an seinem Körper formierten sich zu einem sauren, nassen, kalten Gestank. Bald wäre er so weit, sich mit seiner Braut zu vermählen.
Nun saß er immer am Fenster, es sei denn, er musste essen oder pinkeln, und besah sich seine Braut. Sie wurde von Tag zu Tag schöner, das Großmütterliche, Weise trat aus ihr hervor. In seinem Inneren fühlte er etwas, das sich mit sanften Krallen immer weiter ausbreitete und ihn zu ersticken schien. So etwas hatte er noch nie empfunden, doch er genoss es in vollen Zügen.
Die Tage vergingen, der August ging in den September über, und irgendwann – er hatte die Zeit längst vergessen -, stolzierte ein junger Mann zu der Bank, etwa zwanzig Jahre alt, und strich der Frau über die Hände. In seinem Fernglas konnte er kennen, dass sie zitterte. Sofort war er von der Situation ergriffen, doch der Mann ließ ihn seine Liebe vergessen. Hass trat an ihre Stelle. Etwas in ihm riss an seinen Ketten, befreite sich schließlich, und er sprang auf, warf das Fernglas an die Wand und brach auf dem Boden zusammen.
Wie konnte es dieser Mensch wagen, seine Liebe zu berühren! Er krümmte sich zusammen und schrie. Seine Hände rissen die Bilder von den Wänden, zerfetzten, zerstampften sie, und er trat gegen einen Stuhl, der polternd umfiel.
In der Küche gab es einen Messerblock. Er riss zwei davon heraus – das größte und das schärfste – und schritt mit riesigen Schritten zur Tür. Er stürmte über den dunklen Flur, sprang beinahe die Treppe hinunter, und kam schließlich im Erdgeschoss an. Die sauberen Menschen, die im Park saßen, starrten ihn verwundert und entsetzt an; einige brachten sich in Sicherheit, die anderen verharrten starr auf ihren Plätzen.
Er stürmte auf den Mann zu, hob erregt das Messer.
„Wie kannst du es wagen, MEINER FRAU das anzutun!“, kreischte er und hieb nach dem Mann. „Wie kannst du es wagen, IHRE HÄNDE zu berühren, du widerlich sauberer Dreckskerl!“
Der Mann hob schützend die Hände vors Gesicht, doch er konnte sich nicht retten. Das Messer fügte ihm einen Schnitt in der Wange zu. Die Menschen um sie herum waren still.
Er setzte sich nun zu seiner Frau und streichelte ihr die Hände. Ihr Geruch drang zu ihm empor: graue Mäuse, die durch einen Stall liefen.
„Was soll das“, stöhnte die Frau. Ihre Stimme war verschleimt. „Lass mich in Ruhe, du …“
Er strich ihr weiter über die Hände und seufzte dabei zufrieden.
„Was soll das“, wiederholte sie. „Du sollst das nicht tun. Er soll mir doch nur helfen.“
Der saubere Mann, der ihre Hände gestreichelt hatte, richtete sich auf. Stöhnend hielt er seine Platzwunde, die sich auf der Wange befand.
Er drehte sich zu ihm um.
„Was soll das“, stöhnte die Frau, „was soll das …“
Er strich weiter über ihre Hände.
„Was soll das …“
So schöne Hände.
Er setzte lächelnd das Messer an und schnitt.



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(...) Das Gedicht will zu einem Andern, es braucht dieses Andere, es braucht ein Gegenüber. Paul Celan

Life is what happens while you are busy making other plans.
- JOHN LENNON, "Beautiful Boy"

Uns gefällt Ihr Sound nicht. Gitarrengruppen sind von gestern. (Aus der Begründung der Plattenfirma Decca, die 1962 die Beatles ablehnte.)
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DasProjekt
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Beitrag28.09.2009 08:07

von DasProjekt
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Hm, interessanter Ansatz, leider einige Schreibfehler und auch ein paar Folgerichtigkeitsfehler (am ehesten noch in Erinnerung ganz am Schluss, die PLATZwunde nach einem Messerschnitt, dann das strähnige Fell der Ratte fällt mir noch ein und auch die Mutter, die ihn schon aufs Stinken hinweist, bevor er laut Text aufgehört hat, sich zu waschen). Im Ganzen aber eine recht solide Arbeit.

_________________
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Gast







Beitrag28.09.2009 09:25

von Gast
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Diese Geschichte gefällt mir wirklich gut - der Stil überzeugt mich, ein paar kleine Holperer sind sicher einfach nur der Kürze der Entstehungszeit zuzuschreiben. Auch die Idee gefällt mir - der Beobachter wird sehr genau skizziert und ist zwar ziemlich krank, aber äußerst faszinierend. Wirklich gut gemacht!
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yt
Geschlecht:männlichKlammeraffe

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Wohnort: Sittensen
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Beitrag28.09.2009 10:36

von yt
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Ein neutraler Kommentar.

Mit morbiden Gruessen,
yt
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Daydreamer
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Beitrag28.09.2009 10:50

von Daydreamer
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Irgendwie hat man schon fast am Anfang der Geschichte ahnen können wie sie ungefähr ausgeht, weil die meisten Stalker auf Dauer berechenbar sind. Aber die Metaphern im Text haben mir gut gefallen.
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Alogius
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Die Goldene Bushaltestelle Goldene Feder Prosa (Anzahl: 2)


Vom Verschwinden der Muse
Beitrag28.09.2009 15:31

von Alogius
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Hi,

geschrieben ist der Text wunderbar. Sprachlich ist der Sog, dem Deine Figur ausgesetzt ist, gut eingefangen. Dazu einige interessante Bildfolgen, die stilistisch den Text zu einer Einheit machen. (Am Anfang: "genau genau" - Absicht??)

Hier haben wir es mit einem sehr kranken Protagonisten zu tun. Die Neugier und der Ekel werden nach und nach zu einer krankhaften Besessenheit für die Frau. Aber ist es die Frau oder ist es der Schmutz an ihr? Ich denke, es ist die Faszination für das "Hässliche" (wobei ich das nicht wertend meine), die hier beschrieben ist. Doch aus Faszination wird falsche Liebe, die nur als solche vom Protagonisten genannt wird, in Wahrheit eine Faszination und Besessenheit psychopathischer Ausmaße wird. Dann kommt die Eifersucht, weil man ihm seine scheinbar einzige Perspektive nehmen will - und dann folgt die Tat.

Wirklich, ein sehr düsterer blutiger Text, der mich jedoch ebenso fasziniert wie die Figur vom "Sein" der Frau fasziniert wurde.

Fazit: Klasse Text, ungewöhnliche Herangehensweise.

Danke
Gruß
Tom


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Busfahrer: Tröste dich. Mit etwas Glück sehen wir den Tentakel des Yankeespielers, wie er den Ereignishorizont des Schwarzen Loches verlässt.
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femme-fatale233
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Das Bronzene Pfand


Beitrag28.09.2009 19:39

von femme-fatale233
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Shocked
Düster, sehr düster.
Aber gut geschrieben. Der Text hat eine klare Story und der Schreibstil passt zur Stimmung der Geschichte. Aber ich will nicht wissen, was da im Hirn des Schreibers vorgegangen ist.
 Shocked
Fazit: gut gemacht, aber krank.
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SylviaB
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Beitrag28.09.2009 20:20

von SylviaB
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Guggs,

also ja hm... ist schon ein bissi psycho die Geschichte. Allerdings nicht unbedingt nachvollziehbar echt. Wie soll ich es sagen? Zum einen ist ein Schnitt keine Platzwunde, zum zweiten krümmt er sich auf dem Boden zusammen und reißt gleichzeitig die Bilder von den Wänden? hm...

Du ergehst dich auch in der Vorgeschichte, dabei wäre es gerade bei dieser "Phantasie" denke ich jedenfalls, besser gewesen, sich auf den psychischen Aspekt nach dem aufhängen der Bilder zu konzentrieren.

Vielleicht auch wieder nur Geschmackssache. *grübel* Ich weiß nicht.

Allerdings habe ich diese Geschichte auch gern gelesen. smile

Lieben Gruß
Sylvia


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mondblume
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Beitrag28.09.2009 21:47

von mondblume
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Autsch! Ziemlich brutales Ende. So etwas in der Art hätte ich kommen sehen müssen, bei der Obsession, die der Protagonist aufgebaut hat, aber das hatte ich nicht erwartet.

Der Text ist von Anfang bis Ende gut durchgedacht und tadellos umgesetzt.


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Die Frau des Spatzen
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pripri
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Beitrag28.09.2009 22:07

von pripri
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Ich bin hin und her gerissen, ich geb's zu...
Der Text lädt zweifellos zum Nachdenken über kranke menschliche Neigungen ein. Trotzdem hätte ich gerne noch ein Spürchen mehr über den Protagonisten erfahren...

Aber auch so... ich hab's gerne gelesen

lg pripri
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Jocelyn
Bernsteinzimmer

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Das Silberne Fahrrad Ei 1



Beitrag29.09.2009 22:02

von Jocelyn
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Böse, böse.
Hat sich dadurch von der Masse abgesetzt.
Eher gut.
Sprachlich passend.


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If you dig it, do it. If you really dig it, do it twice.
(Jim Croce)

Die beständigen Dinge vergeuden sich nicht, sie brauchen nichts als eine einzige, ewig gleiche Beziehung zur Welt.
(Aus: Atemschaukel von Herta Müller, Carl Hanser Verlag, München 2009, Seite 198)

"Si Dieu n'existait pas, il faudrait l'inventer."
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Mardii
Stiefmütterle

Alter: 64
Beiträge: 1774



Beitrag01.10.2009 20:19

von Mardii
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Eine morbide Idee, die, wenn sie gelingen soll etwas Ausarbeitung braucht. Das ist Material für eine längere Erzählung. Sie müßte psychologisch gut ausgeleuchtet sein, wenn sie tragen soll. So wirkt sie sehr zusammengestückelt, man kann sich auf das Szenario nicht so gut einlassen. Der Schluss verwirrt einen dann komplett.
Die Grundidee finde ich schon gut. Ich habe den Eindruck, der Schreiber verwirrt sich in seine Geschichte.
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MrPink
Geschlecht:männlichLyromane

Alter: 53
Beiträge: 2431
Wohnort: Oberbayern
Der Bronzene Wegweiser


Beitrag01.10.2009 22:06

von MrPink
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Schade, die Idee gefällt mir, aber die Umsetzung ist ziemlich mau. Zu viele Längen keine Spannung, zu wenig Leben.

andi


_________________
„Das Schreiben wird nicht von Schmerzen besorgt, sondern von einem Autor.“
(Buk)
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m-chen
Geschlecht:weiblichWortedrechsler


Beiträge: 93
Wohnort: Berlin


Beitrag01.10.2009 22:14

von m-chen
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Das ist ja mal was ganz anderes... Ehrlich gesagt gefällt es mir nicht sonderlich. Nicht wegen der Besessenheit, sondern weil sie nicht gut genug herausgearbeitet wurde. Starrer gehen nicht mit einem mal dazu über jemanden zu verstümmeln. Mörder haben eine Vorgeschichte, einen Stressauslöser, und Starren meistens nicht so. Dass ein anderer die Frau anfasst, wäre nicht genug. Von akurat auf schlampig geht leider auch nicht so einfach, vor allem hätte seine Mutter schon längst Anzeichen gesehen.
Außerdem gibt es so manchen Stilbruch - mal benutzt du hochgestochene Formulierungen wie "Brachydaktylie" oder "absonderliche in seinem Domizil" oder "urinieren", auf der anderen Seite sagst du aber Sachen wie "pinkeln", "kreischend" oder "Shampoo auf die Haut zu klatschen". Es sind zu viele Brüche!
Ich verstehe schon, was das Ganze ausdrücken will, aber die Logik ist einfach nicht da. Entweder er ist ein krankhafter Kontrollfreak, der gegen Unrat ist oder ein Schmutzfink, der von Seinesgleichen besessen ist. Zwischen beidem zu wechseln geht leider nicht.


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Maria
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Beitrag02.10.2009 13:38

von Maria
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5

In der Geschichte gab es einen Gedanken den ich interessant fand, also nicht weil... äh... völlig abwegig. Sorry. Ich musste an Mo Hayders Tokyo denken: Freakfckuing ^^ Das ausgearbeitet... wow. Aber nun gut. Erfordert Mut und definitiv mehr Zeit.

Im Vergleich zu manch anderer Geschichte nicht so solide, stellenweise umgangssprachlich. Man läuft beim Lesen so ein bisschen Zickzack.

VG, Maria


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Probber
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Beitrag02.10.2009 13:58

von Probber
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lol

Welchem kranken Geist ist das denn entschlüpft? Laughing

Der Anfang ist ein bißchen zäh. Ab der Verwandlung finde ich die Story witzig, auch wenn mir manches zu schnell geht und zu knapp abgehandelt wird.
Der Schluss ist mir etwas zu konfus, liegt aber, denke ich mal, am Faktor Zeit.
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shao
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Wohnort: Norddeutschland


Beitrag04.10.2009 01:03

von shao
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Es ist eine ziemlich erschreckende und ziemlich gute Idee.

Nur frage ich mich zwei Dinge:
Warum hatte die Mutter noch ihren Auftritt? Ich glaube, diese Geschichte hätte auch ohne das gewirkt.

Und: Die Stille am Ende (ohne Entsetzensschreie etc.) - ist sie gewollt, soll zur Stimmung beitragen oder wurde eine genauere Beschreibung von Panik und Hektik einfach unter den Tisch fallen gelassen?

Lg
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Tatze
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T
Beitrag04.10.2009 22:20

von Tatze
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ohh
Interessant... seeeehr interessant!
Aus psychologischer Sicht gefällt mir dein Text sehr gut. Auch sprachlich ist daran nichts zu bemängeln. Die Szene mit der Mutter fand ich etwas überflüssig. Auch der Titel hätte "passender!/ einfallsreicher sein können. Aber insgesamt finde ich den Text richtig gut, spannend, einfallsreich und toll zum Lesen! Super! ^^

Liebe Grüße
Tatze

ps: ich liebe psychologische Tiefe!


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Murmel
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Beitrag05.10.2009 16:02

von Murmel
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Ein interessanter Aspekt, die Existenz der Frau auf das Leben des Zuschauers reflektieren zu lassen. Das erste Viertel ist im Plusquamperfekt geschrieben, was den Text schwerfällig macht. Die Motivation des Erzählers ist mir nicht klar geworden.

Zitat:
Ihr Geruch drang zu ihm empor: graue Mäuse, die durch einen Stall liefen.

Die Metapher funktioniert nicht. Die Mäuse sprechen das Sehen und ihr laufen das Ohr an, beides nicht den Geruch.


smile

Liebe Grüsse

Murmel


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Nihil
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Beitrag05.10.2009 19:16

von Nihil
Antworten mit Zitat

Ich bin Psychopathen ja generell sehr aufgeschlossen, aber hier nimmt die Entwicklung des Jugendlichen (dessen Identität nicht einmal sicher ist, weil er nicht ordentlich beschrieben wird), eine Wendung ins Absurde. Vorher hingen Plakate von hübschen Frauen in seinem Zimmer und nur weil da plötzlich eine Obdachlose auf der Bank vor ihm sitzt, findet er das Abstoßende mit einem Mal attraktiv? Das kaufe ich dem Erzähler nicht ab. Vor allem, weil die Faszination nur oberflächlich, ja eigentlich gar nicht erzählt wird: "Sie faszinierte ihn jeden Tag mehr". Ja, warum denn genau? Was bietet die Obdachlose mit den verkrüppelten Händen ihm denn im Gegensatz zu anderen Frauen? Dann taucht irgendwann die Mutter auf. Der Dialog zwischen beiden ist schon dadurch seltsam, dass der Junge selbst gar nicht spricht. Und die Mutter nennt ihn zuerst Schnucki und dann Schlappschwanz, als er nicht öffnet. Aber warum Schlappschwanz? Das ist doch ein völlig falsches Wort dafür! Sie kann ihn Idiot nennen, oder Arschloch, aber er ist doch keine Memme, nur weil er die Tür nicht öffnet... Dennoch hat mir die Geschichte zwischenzeitlich Spaß gemacht. Wenn man versucht, die unlogischen Stellen auszublenden, bleibt eine doch gut gelungene Beschreibung eines Menschen mit krankhafter Persönlichkeit. Das Ende haut dann aber wieder so eine Ungeheuerlichkeit heraus, dass man die positiven Eindrücke schon fast wieder vergessen hat. Warum sticht er den Mann nieder und schneidet ihr die Hände ab? Warum ist er nach nur so wenigen Tagen so besessen von dieser Frau? Das ist vollkommen irrsinnig, vor allem, weil es sich bei dem Kerl um einen normalen jungen Mann / Jugendlichen zu handeln scheint (Poster im Zimmer, Fernglas von Papa geklaut, Mutter kommt zu Besuch). Hättest du am Anfang geschrieben:
"Harry war 46 und litt seit seinem 15. Lebensjahr an kreisrundem Haarausfall. Schon immer hatte er das Widerliche und Abstoßende geliebt, und erregend gefunden, was andere nur anwidern konnte. Doch trotzdem konnte er sich nicht mit den aufdringlichen Besuchen seiner Mutter abfinden."
Da wäre man mit einer ganz anderen Sicht in die Geschichte hineingegangen. So sind es leider nur wegen der guten Beschreibung des Psychopathen noch 5 Federn.

5 Federn
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Mana
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Alter: 39
Beiträge: 2227
Wohnort: Düsseldorf


Apollon
Beitrag06.10.2009 23:13

von Mana
Antworten mit Zitat

Lieber Guy,

ziemlich Psycho.


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Der Verstand schreibt mit Tinte, das Herz mit Leidenschaft...

Wissenschaft ist ein stahlharter Metalldildo zum umschnallen.- Vince Masuka

Mein Lieblingsepigramm:
"Ich selbst bin Ewigkeit, wenn ich die Zeit verlasse
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Valeska
Waldohreule

Alter: 33
Beiträge: 1580
Wohnort: Wolke 7


Beitrag07.10.2009 18:51

von Valeska
Antworten mit Zitat

Zitat:
Niedergelassen hatte sie sich im Innenhof der Plattenbausiedlung irgendwann um den zweiten Juli herum, er wusste es noch genau genau.

Kleiner Widerspruch: irgendwann - genau

Die folgende Hatte-Häufung stört, außerdem gibt es weitere Stolperstellen, hier nur zwei:

Zitat:
Mit jedem Tag wuchs seine Faszination an der Frau, die dort nichts zu tun schien.


Zitat:
Er riss die Bilder der schönen Models, die er früher sich so gerne angesehen hatte, von den Wänden.

sich früher

Gegen Ende ... erst hat der Mann einen Schnitt in der Wange, dann ist es plötzlich eine Platzwunde.

Inhaltlich von der Idee ganz interessant, könnte aber gestrafft werden. So richtig mitfühlen bzw. die Entwicklung des Protagonisten verstehen kann ich auch nicht.

Gruß
Vale


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