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Kino Vollbart Eselsohr
Beiträge: 236
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13.07.2009 15:53 Samarra von Kino Vollbart
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Samarra
Einst, viele, viele Jahre ist es her, lebte in Bagdad ein Händler. Der trug seinem Diener auf, nach dem Markt zu gehen, damit er Waren einkaufe.
Als nun der Händler zurückkehrte, war er bleich und verstört und seine Hände zitterten. Er sagte:
"Herr! Als ich für Euch auf dem Markt war, damit ich Waren kaufe, da spürte ich plötzlich den Blick eines Fremden. Und als ich mich umwandte, sah ich in der Menge den Tod. Mit schwarzen Augen sah sie mich an und mit einer furchtbaren Geste zeigte sie auf mich. Oh, Herr! Leihe mir dein Pferd! So schnell ich kann will ich nach Samarra eilen. Dort wird der Tod mich nicht findet. Und so kann ich meinem Schicksal entfliehen.“
Der Händler gab dem Diener das Pferd und dieser schwang sich in den Sattel, riss an den Zügeln und schlug dem Pferd die Fersen in die Flanken und, den spritzenden Sand unter den Hufen, galoppierte er die Straße hinab, die nach Samarra führt.
Nun ging der Händler selbst auf den Marktplatz. Und als er dort ankam, sah er den Tod zwischen den Menschen stehen und er sprach sie an. Er sagte:
„Warum machtest du jene furchtbare Geste gegen meinen Diener heute Morgen?“
Der Tod antwortete:
„Ich habe nichts dergleichen getan. Ich war überrascht, ihn hier zu sehen, auf dem Markt in Bagdad, wo ich doch eine Verabredung habe mit ihm heute Nacht in Samarra.“
Nach W. Somerset Maugham (1933)
Weitere Werke von Kino Vollbart:
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Scritoressa Graue Hexe
Alter: 29 Beiträge: 686
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13.07.2009 23:10
von Scritoressa
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also dieser Text gefaellt mir sehr.
ist das eine Uebersetzung aus dem Arabischen? Ist der Tod dort eine Sie? das hat mich etwas verwirrt
_________________ Better to have loved and lost but to have never loved at all. |
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Valentina A Wortedrechsler
V
Beiträge: 56
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V 14.07.2009 08:59 Re: Samarra von Valentina A
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.. und die Moral von der Geschicht': deinem Schicksal entkommst du nicht!
Gefällt mir auch gut, habe nur zwei Anmerkungen:
Kino Vollbart hat Folgendes geschrieben: | Der trug seinem Diener auf, nach dem Markt zu gehen, damit er Waren einkaufe.
Als nun der Händler zurückkehrte, war er bleich und verstört und seine Hände zitterten. Er sagte:
"Herr! Als ich für Euch auf dem Markt war, damit ich Waren kaufe, da |
Wiederholung, würde ich umformulieren.
Zitat: | Der Händler gab dem Diener das Pferd und dieser schwang sich in den Sattel, riss an den Zügeln und schlug dem Pferd die Fersen in die Flanken und, den spritzenden Sand unter den Hufen, galoppierte er die Straße hinab, die nach Samarra führt. |
Diesen Satz finde ich zu lang, würde zwei Sätze daraus machen.
Der Wechsel zwischen "Der" Tod und "Sie" - und das in einem arabischen Land - irritiert mich auch etwas. Vielleicht gibt es ja noch eine Aufklärung.
Gruß
Valentina
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Bananenfischin Show-don't-Tellefant
Moderatorin
Beiträge: 5339 Wohnort: NRW
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14.07.2009 10:44
von Bananenfischin
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Hallo Kino Vollbart,
dein Text ist ja nichts anderes als eine Nacherzählung bzw. teilweise Übersetzung einer alten Geschichte, die Maugham neu erzählt hat.
Meine Frage wäre jetzt, was für dich die Motivation hierfür war, denn spannend wäre es doch auch gewesen, der Geschichte mehr den eigenen Stempel aufzudrücken, sie in die heutige Zeit, an einen anderen Ort usw. zu verlegen.
@Scritoressa und Valentina A:
In Maughams Version ist der Tod auch weiblich.
Mutmaßungen, warum das so sein könnte, kann man z.B. hier nachlesen (unten): http://www.planetpapers.com/Assets/5850.php
Liebe Grüße
Bananenfischin
_________________ Schriftstellerin, Lektorin, Hundebespaßerin – gern auch in umgekehrter Reihenfolge
Aktuelles Buch: Geliebte Orlando. Virginia Woolf und Vita Sackville-West: Eine Leidenschaft
I assure you, all my novels were first rate before they were written. (Virginia Woolf) |
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Kino Vollbart Eselsohr
Beiträge: 236
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14.07.2009 16:13
von Kino Vollbart
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Hi.
Es ist schlicht und ergreifend eine tolle Geschichte, die mehr zu bieten hat als: Seinem Schicksal entkommt man nicht. - Auch wenn das natürlich ein Aspekt ist.
Ich sah keinen Grund, etwas an ihr zu verändern, sie modern zu machen oder sowas. Sie ist gut, wie sie ist.
Und weil sie toll ist und viel zu sagen hat, wollte ich sie einfach mal für andere zugänglich machen. Das wars schon.
ps Was das weibliche Geschlecht des Todes angeht - das, finde ich, verleiht der Geschichte noch einmal eine zusätzliche Dimension.
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Valentina A Wortedrechsler
V
Beiträge: 56
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Bananenfischin Show-don't-Tellefant
Moderatorin
Beiträge: 5339 Wohnort: NRW
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14.07.2009 18:37
von Bananenfischin
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Hi Kino Vollbart,
klar ist das eine Geschichte, die viel zu bieten hat und nicht verändert werden muss.
Im Grunde wollte ich dir nur durch die Blume sagen, dass ich es etwas seltsam fand, dass du das hier, wo doch eher eigene Werke hingehören, gepostet hast.
Das kann Leser verwirren, die nicht wissen, wie groß dein eigener Anteil an der Geschichte ist und kann außerdem leicht so wirken, als wolle man sich mit fremden Federn schmücken.
Um die Geschichte eines anderen den Usern zugänglich zu machen, wäre es daher sicher geeigneter gewesen, einfach die Originalversion in der Rubrik "Schönes bleibt" zu posten.
Gruß,
Bananenfischin
_________________ Schriftstellerin, Lektorin, Hundebespaßerin – gern auch in umgekehrter Reihenfolge
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Kino Vollbart Eselsohr
Beiträge: 236
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14.07.2009 21:20
von Kino Vollbart
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Hi.
Durch die Blume weigere ich mich zu verstehen.
Man sage, was es zu sagen gibt.
Da ich ein Quelle angegeben habe, war ich der Meinung, mich nicht mir fremden Federn zu schmücken. Dass es eine Übersetzung bereits gibt, wusste ich nicht, deshalb ist mein Anteil eben diese.
Aber ich habe kein Probleme damit, wenn sich ein Administrator oder Moderator anerbietet, den Post in eine passendere Rubrik zu verschieben.
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sleepless_lives Schall und Wahn
Administrator Alter: 58 Beiträge: 6477 Wohnort: München
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16.07.2009 15:55 Re: Samarra von sleepless_lives
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Valentina A hat Folgendes geschrieben: | Der Wechsel zwischen "Der" Tod und "Sie" - und das in einem arabischen Land - irritiert mich auch etwas. |
Das ist eher ein Übersetzungs- und Kulturproblem. Im Englischen gibt es kein grammatisches Geschlecht des Substantivs und in den romanischen Sprachen ist der Tod weiblich. José Saramago hat irgendwo in seinem Roman "As Intermitências da Morte" sinngemäß einen Satz, was das denn für seltsame Sprachen wären, in denen der Tod männlich sei ...
_________________ Es sollte endlich Klarheit darüber bestehen, dass es uns nicht zukommt, Wirklichkeit zu liefern, sondern Anspielungen auf ein Denkbares zu erfinden, das nicht dargestellt werden kann. (Jean-François Lyotard)
If you had a million Shakespeares, could they write like a monkey? (Steven Wright) |
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