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BigMäc Company


 
 
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Ronneburger
Geschlecht:weiblichEselsohr
R

Alter: 44
Beiträge: 316



R
Beitrag07.07.2009 09:35
BigMäc Company
von Ronneburger
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

BigMäc Company

Ich kann gar nicht anders. Ich muss  hingucken.
Der Satz mit einem Happs ist alles weg, geht mir durch den Kopf. Sie scheint immer noch nicht satt zu sein und bestellt bei ihrem Mann einen Nachschlag.
„Holste noch mal ein BigMäc mit Käse und noch mal eine Ladung Pommes?“
Der Spargeltarzan steht  pflichtbewusst auf. Seine Augen sind traurig als er an den Schalter tritt.
Die junge Familie, die vor knapp einer Viertelstunde den Raum betreten hat, fiel sofort allen ins Auge. Er, groß und dünn. Sie, mächtig wie ein Elefant. Die beiden Kinder ähneln mehr den Michelinfiguren und haben so gar nichts süßes mehr an sich.
In dieser Viertelstunde standen sie an der Kasse an und verputzten, zwei Kidsmenüs, 8 diverse Burgermenus, 20er Nuggets, 4 Eisbecher, 3 Apfeltaschen und 3 Donuts. Das ganze spülten sie mit Cola hinunter.
Ich starre auf meine 6er Nuggets mit Pommes, die mir einem Mal unglaublich mickrig vorkommen.
Das Familienoberhaupt des Trupps kommt gerade mit Nachschub wieder zurück und die noch immer hungrige Meute stürzt sich darauf. Binnen fünf Minuten ist alles vorbei.
In den Gesichtern der anderen Beobachter des Schauspiels lese ich Belustigung, Entsetzen, Ekel und sogar einen Blick des Hasses schnappe ich auf.
Ich frage mich, wie es soweit kommen konnte: Die ominöse Schilddrüse vielleicht? Fresssucht? Langeweile?
Meine Mutter sagt immer, wenn sie ein Stück Torte schon ansieht, hat sie es schon mehr auf den Rippen. Ich muss bei dem Gedanken grinsen. Als ob meine Mutter Rippen hätte.
Auf diese Familie trifft dies allerdings nicht zu. Sie sehen sich das Essen schließlich nicht nur an, sondern schaufeln es auch fröhlich in sich hinein.
Was ich dabei empfinde?
Abscheu. Öffentlich würde ich das natürlich nicht zugeben, aber mal im Ernst: Dicke Menschen stoßen mich seit jeher ab. Ihre ganze äußerliche Erscheinung wird von den Fettmassen überlagert. Das Gesicht ist aufgedunsen, die Augen praktisch nicht mehr vorhanden. Das Schlimmste ist es, einem dicken Menschen die verschwitzte Hand geben zu müssen. Meistens haben die noch so einen Wischiwaschi-Händedruck. Furchtbar. Und dann noch dieses Keuchen und Schwitzen. Von der Kleidung sollte man besser nicht sprechen. Zirkuszelte kommen nie in Mode. Wobei es schwierig ist zu sagen, was schlimmer ist, riesige Überwürfe oder 48er in Größe 38 gequetscht.

„Hallo, Micha? Du bist doch Micha S. Ich bin’s Sandra – Sandra W. Wir waren zusammen in der Schule.“
Mit vollgekleckertem T-Shirt steht das Ungetüm vor mir. Ich starre sie an und erkenne sie.
„Sanny? Ja, doch ich erinnere mich“, sage ich gepresst.
Sandra quetscht ihre Massen hinter den Tisch und strahlt mich aus ihren Schweinsäuglein an:
„Die Welt ist klein, was? Da trifft man sich jahrelang nicht und dann hier im MacDoof. Das ist ja nicht zu fassen. Gut siehst du aus.“
„Ähm, ja. Danke. Du…“
Sie winkt ab: „Ja, ich weiß. Mir schmeckt’s zu gut. War schon immer mein Problem. Weißt du noch, wie wir mal zusammen eine ganze Torte zusammen gegessen haben? Dir wurde schon nach zwei Stücken schlecht. Ich hab den Rest gegessen“, so etwas wie Stolz schwingt in ihrer Stimme mit.
„Das da drüben ist übrigens mein Mann und meine Kinder, Lenny und - Michaela.“
Ich starre rüber: „Du hast dein Kind nach mir benannt?“
Sandra lacht. Ein Salatblatt hängt noch an ihren Zähnen: „Klar, schließlich waren wir beste Freundinnen. Hab dich sogar mal gesucht. Du bist wohl nicht bei WKW?“
Ich schüttele den Kopf, Schamesröte steigt mir in den Kopf: „Nein, bin ich nicht.“
„Dann lass uns jetzt auf jeden Fall Nummern austauschen, ja? Nicht dass wir uns wieder aus den Augen verlieren!“
Sandra sieht mich fast flehend an. Sie hat bereits einen Stift in der Hand und kritzelt ihre Handy-Nr. auf eine Serviette. Dabei murmelt sie: „Ich wünschte, ich wäre wie du.“
„Wie bitte?“, frage ich nach.
„Du hast es besser verkraftet als ich, oder?“
Ich schweige. Zu lange hatte ich nicht mehr an die eine Nacht nach der Disko gedacht. Manchmal träumte ich noch davon, wie die Jungs kaum ein Jahr älter als wir über uns her fielen – nur manchmal.
„Ich esse einfach zu viel… Naja, vorher hab ich mich geritzt. Ein Selbstmordversuch – da ist Essen doch besser?“, sie lacht ein nervöses Lachen.



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If you have big ideas, you have to use big words to express them. (Anne of Green Gables)

Das ist einer dieser Tage, an dem ich erst weiß was ich rede, wenn ich höre, was ich sage. (Anett Louisan)
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Münsch
Geschlecht:weiblichEselsohr


Beiträge: 415
Wohnort: Berlin


Beitrag07.07.2009 11:33

von Münsch
Antworten mit Zitat

Hallo Ronneburger,

hat mir gut gefallen, weil es einen zuerst in die ganz falsche Richtung treibt.

Der Schluss ist wie ein übler Schlag in den Magen.

Gröbster Schnitzer (in meinen Augen)
Zitat:
Das Schlimmste ist es, einem dicken Menschen die verschwitzte Hand geben zu müssen

Das heisst ja, dass man einem dicken Menschen die eigene verschwitzte Hand reicht.
Richtig wäre eher "Das Schlimmste ist, die verschwitzte Hand eines dicken Menschen schütteln zu müssen" oder so.

Die Frage stellt sich, warum die Prota so anti gegen Dicke ist. Hat das auch noch mit ihrem schrecklichen Erlebnis zu tun oder ist das die ganz normale Vorurteilsbeladenheit, die jeder mit sich rumträgt?

Gruß von Münsch


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Alogius
Geschlecht:männlichKinnbeber

Alter: 47
Beiträge: 3206

Die Goldene Bushaltestelle Goldene Feder Prosa (Anzahl: 2)


Vom Verschwinden der Muse
Beitrag07.07.2009 13:02

von Alogius
Antworten mit Zitat

Mein Gesamteindruck ist gut, jedoch beschäftigt mich auch die Frage nach den Motiven der Figur, was ihre Ansichten den Dicken gegenüber betrifft. Klar, kann allgemein weitläufiges Gedankengut sein. Wenn das so ist, ok. Vielleicht wäre eine knappe Erklärung in der Geschichte gut.

Die Pointe ist wirklich gut, die kam auch unerwartet. wink

dankesehr,
T.


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Entsetzter Gartenzwerg: Es gibt immer noch ein nullteres Fußballfeld. Wir werden viele Evolutionen verpassen.
Busfahrer: Tröste dich. Mit etwas Glück sehen wir den Tentakel des Yankeespielers, wie er den Ereignishorizont des Schwarzen Loches verlässt.
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