Komme nie zu spät

[Taugenichts]

Komme nie zu spät









Du siehst zum Himmel und siehst Sterne. Wie spät es ist weisst du nicht, denn was Zeit ist, hast du vergessen. Zeit ist nur noch der Raum zwischen gehen und nicht gehen.
Du wartest auf den Schlaf, aber auch was das ist, hast du vergessen. Nur was Träumen ist, das weisst du noch sehr gut.
Über dir ist das Feuer der Dunkelheit. Schwarz steht am Himmel, aber dazwischen blitzt es rot und grün, wirbelt es Licht zu Spiralen und hinter allem versucht das tote Leuchten der Sterne hindurch zu dringen. Du versuchst die Augen zu schliessen, aber sobald sich deine Lider senken, kannst du es in deinem Hals spüren. Es fühlt sich wie Plastik an, oft hast du es angefasst, wie eine Verlängerung deiner Luftröhre, wenn nicht dieses fleischige, kalte Gefühl an den Rändern zu ertasten wäre. Wie gefrorene, körnige Luft.
Dann scheint es dir, als würdest du einschlafen. Du hörst das zischende Geräusch aus deinem Rachen, das zu dir gehört, aber nicht Teil deines Körpers ist.
Das kalte Gefühl, wenn das Gas oder die Tropfen, das hast du nie herausgefunden, in deinen Mund strömt, betäubt, müde macht, aber auch wach.
Schnell streifst du deine Kleidung ab und versinkst dann in Starre.
Bilder gehen dir über die Augen. Schwarze Kisten, mit Knöpfen und Köpfen darin. Stimmen und Geräusche, immer und überall um dich herum, so dass du sie gar nicht mehr wahrnimmst. Haut streift deine Haut, du kannst Licht auf dir spüren, das tatsächlich warm ist.
Als das Licht am nächsten Morgen erscheint, gehen deine Augen auf.
Du wischt dir den Kot und den Urin mit Sand von den Beinen, den Speichel von der Wange. Die Dinge, die menschlich sind und nur in der Nacht hervorkommen, du reinigst dich von ihnen und stehst auf.

Nach Stunden oder Minuten, nie wirst du das wieder sagen können, kreuzt ein Alter deinen Weg. Er muss schon Jahrzehnte wandern, zittern, auf der Suche nach Bestimmung, denn von ihm geht ein Geruch aus, der selbst deine vertrocknete Nase zusammenzucken lässt. Er trägt kaum noch Kleidung, nur Fetzen um die Hüfte. Seine eine Wange ist zerissen und hängt in frischem Rot herab. Seine Zähne sind nur mehr schwarze Stümpfe und er zieht ein Bein nach, das einmal schrecklich verletzt worden sein muss, weil man links bis zum Knochen sehen kann. Aus der rechten Seite seines Kopfes ragen Schläuche und Adern, die sich in dicken Strängen bündeln und bis zu seiner Schulter hängen. Haare hat er nur um das linke Ohr.
"Ich weiss nicht mehr, was ich machen wollte." Er klingt müde und verwirrt.
Trotzdem fragst du ihn, ob er weiss, in welche Richtung die Fabrik liegt.
"Ach ja, das, dahin will ich auch, kennst du den Weg?"
Dir wird bewusst, wie sinnlos euer Gespräch ist, aber du kannst dich nicht abwenden.
"Ich muss immer an den Lichtern arbeiten, meine Hände sind schon ganz schwarz, aber großatig ist das Projekt doch, nicht?" Und du weisst nichteinmal selbst wovon du da redest.
"Ein Bekannter von mir arbeitet an den Lichtern oder hat gearbeitet, früher, ich. weisst du wo die Fabrik ist?"
Dann geht der Alte weiter, als hätte er nie von dir Notiz genommen.
Dann spürst du eine angenehme Kälte in deinen Wangen, wie frische Luft, die sich plötzlich über Kilometer zu dir bewegt hat, damit du sie nun atmen kannst. Dann gehst du weiter, mit schnellen Schritten, um pünktlich zu sein.

[Enfant Terrible]

Also ich weiß nicht, Fred. Vllt bin ich nicht objektiv, vielleicht habe ich einfach einen merkwürdigen Geschmack ... aber ich stehe total auf so abstrakte Texte. Ich halte mich gar nicht erst mit theoretisierenden Interpretationen auf, denn was der Text mir sagen konnte, das hat er gesagt.

[Taugenichts]

Hey, danke.
Vielleicht sollte ich doch mal wieder die Katgeorien benutzen. Wenn dazu stünde, dass es sich um Science Fiction handelt wärs vielleicht klarer.
Und auch auf die Gefahr hin, dir was kaputt zu machen:
Es soll ein Endzeit-Szenario sein. Nach dem Kollaps einer technisierten Zivilisation, die auf Produktion und Funktionalität ausgerichtet war. Nachdem die Zivilisation futsch ist, laufen die "Arbeiter" aber noch munter rum, auf dem weg zur Arbeit. Nur das die Arbeit eben nicht mehr existiert.

[Enfant Terrible]

Ach, halt doch den Mund.  

[Taugenichts]

Nö ^^

Was hat er dir denn "gesagt"?
Du kennst das ja, dass ist immer ziemlich interessant zu hören!

[Enfant Terrible]

Nö.
Nur wenn du mich ganz nett bittest  

Ernsthaft, meine Interpretation ging sogar fast in eine ähnliche Richtung, wenngleich ich auf sowas Schnödes wie SciFi und Technik usw kaum gekommen wäre. Für mich war es eher allgemein eine apokalyptische Vision.

[Taugenichts]

*nett* bitte  

[Taugenichts]

Vielleicht noch negative Meinungen.
Jemand?

[Leia]

Herrlich krasse Endzeitstimmung, das Bedrückende, Monotone, Sinnlose kommt prima rüber. Gefällt mir!

Mir ist nur ein bisschen "Kleinkram" aufgefallen:

[LasVegas]

Ich bin ja ein völliger Neuling. Aber ich finde den Stil echt gut, kompliment!