|
|
Autor |
Nachricht |
Renate Wortedrechsler
Alter: 63 Beiträge: 57
|
14.06.2009 13:59 Der Unfall von Renate
|
|
|
Der Unfall
Ihr Mann war schon aufgestanden, kam aber fünf Minuten später mit der leeren Kaffeekanne wieder hoch. "Der Kaffee würde besser schmecken, wenn er mit Wasser gekocht wäre", blubberte ihre angetraute Hälfte. Aus schläfriger Trance heraus stand sie nun senkrecht im Bett und schleifte sich anschließend sockfuß ins Bad. Dann wieder zurück zum Bett, um die Hausschuhe zu holen.
Apropos holen, denn dabei holte sie mit dem linken Fuß so richtig aus und donnerte mit Karacho ebendiesen gegen das Bettschott. Es knirschte und krachte und sie gab ein lautes, langgezogenes "Aua" von sich.
Ihr Mann meinte, da sie eh schon eine Rente bekäme, bräuchte sie nicht mehr zum Arzt, um irgendetwas dokumentieren zu lassen. "Sollte der Zeh gebrochen sein, dann klebe ihn einfach mit Pflaster mit dem nebenliegenden zusammen", so sein Kommentar. An Spätfolgen wie Dauerschmerz oder falsches Zusammenwachsen hatte er offenbar nicht gedacht?
Kaum war er aus dem Haus, machte sie sich auf den Weg zur Hausärztin. Ein Schild hing in der Tür: Heute keine Sprechstunde, weshalb sie wild entschlossen ins Krankenhaus in die Notaufnahme fuhr.
Dort wurde sie nach kurzer Wartezeit und Abknüpfen von zehn Euro zu Dr. Öskan reingerufen, welcher sie untersuchte und zum Röntgen schickte. Dort saß sie ohne Strumpfhose fünf Minuten auf dem Flur, bevor sie dran kam. Wieder zurück zu Dr. Öskan.
Kleine Zwischenfrage: Warum müssen alle Türken Öskan heißen? (Versteht das jetzt nicht als rassistische Äußerung, denn Dr. Öskan war furchtbar nett und sprach lupenreines Deutsch mit ihr).
"Es ist nichts gebrochen", meinte er. Der Zeh sei nur lädiert in Richtung Prellung. Zu sehen war da nichts, außer, dass er in unnormaler Stellung vom Körper abstand. Nicht Dr. Öskan. Der Zeh war gemeint.
Gestern Abend dann, als sie des Doktors Salbenverband abnahm, war der Zeh blau und unterhalb der Zehenwurzel sah es nicht anders aus.
Heute gegen Mittag fuhr ein recht schneidiger Schmerz in die lädierten Körperteile ein, welche ein Auftreten und Laufen unmöglich machten. Also ab in die Heia. Schließlich und endlich sollte sie den Fuß schonen, hatte Dr. Öskan angeordnet.
Im Bett: Decke auf Fuß. Aua! Umdrehen im Bett. Aua! Anstoßen. Aua!
Um kurz nach achtzehn Uhr erwachte sie wie aus einem Vollrausch und ging nach unten in die Küche. Humpelte, um genau zu sein.
Ihr bester aller Ehemänner (momentan hat sie aus Kostengründen auf einen reduziert) fragte scherzend, ob er am Zeh wackeln dürfe? Er hätte auch mal einen Zeh gebrochen gehabt, aber nicht so gejammert wie sie. Beleidigt verzog sie sich in ihre Kommandozentrale.
Weitere Werke von Renate:
|
|
Nach oben |
|
|
wallenstein Eselsohr
W Alter: 61 Beiträge: 331 Wohnort: Duisburg
|
W 16.06.2009 22:39
von wallenstein
|
|
|
Hallo Renate,
will das niemand kommentieren oder soll es etwa niemand kommentieren?
Ich finde es unterhaltsam geschrieben und bin (Verwöhnte, wirklich!) bis zum Ende dran geblieben. Wahrscheinlich, weil ich nach "sockfuß" erwartete, dass hier nicht nur sprachlich Ungewöhliches passiert. So hast du auch viele kleine Überraschungen hineingepackt.
Allerdings steckst du für mein Empfinden mit dem einen Fuß (dem gesunden?) in der "normalen" Erzählung und der andere (sockfuß?) wagt sich an eine Satire, traut sich mehr zu, tastet vor. Da möchte ich dir zuraunen, mach das! Ich könnte mir denken, dass es sich schaurig skurril überziehen lässt, du dich vllt. aber nicht traust. Das wäre schade, denn du hast es drauf!
Wie du schreibst, erinnerst du mich an Philip Ardaghs "Schlimmes Ende" -- ein bisschen, versteht sich, denn er ist grotesk-makaber. Sehr schwarz. Aber sehr gut.
Also, ich würde es ebenso ein wenig "überdehnen", denn das liegt dir.
Danke für die brillante Unterhaltung
Grüße von wallenstein
|
|
Nach oben |
|
|
Renate Wortedrechsler
Alter: 63 Beiträge: 57
|
17.06.2009 21:30
von Renate
|
|
|
Hallo Wallenstein!
Vielen Dank für deine aussagekräftige Rückmeldung. Ja, du hast Recht. Ich muss noch mehr rausholen, was in mir steckt. Die Angst, ein Wagnis einzugehen, etwas Außergewöhnliches in meinem urpersönlichen Schreibstiel zu schreiben, liegt manchmal quer in mir.
Liegt wohl an meiner teilweisen Introvertiertheit.
Werde mir das "Stück" noch einmal zur Brust nehmen.
Liebe Grüße Renate
|
|
Nach oben |
|
|
|
|
Seite 1 von 1 |
|
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben. Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten. Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten. Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen. Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen. In diesem Forum darfst Du keine Ereignisse posten Du kannst Dateien in diesem Forum nicht posten Du kannst Dateien in diesem Forum nicht herunterladen
|
Empfehlung | Buch | Empfehlung | Buch | Buch | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|