Der Kaktus

[Renate]

Eigentlich ist dieser kurze Episode ohne Worte. Nur soviel, dass ich Kaktusliebhaber bin und einen "Neuen" hatte, der vor mir auf der Fensterbank stand.

Ich bin ein Kaktus

Meinen neuen Kaktus stelle ich hier vor meinem Arbeitsplatz auf die Fensterbank. Seit ein paar Jahren stelle ich kontinuierlich von sonstigem Blühgewächs auf Kaktus um. Ich staune, welche Blütenpracht, einmalig und wunderbar duftend; berauschend duftend, die stacheligen Gewächse vorbringen können. Die meisten Kakteen kommen aber nur in der Oberwohnung auf der Schlafzimmerfensterbank zum Blühen. Nachhaltig, gewaltig, berauschend. Aus einem grünen stacheligen Etwas entfaltet sich so mir nichts dir nichts eine Blüte von ungeahnter Schönheit. Sie haben einen einzigen Trauerfaktor, diese Blüten: Sobald sie zu höchster Reife gelangt sind, verwelken sie auch kontinuierlich wieder. Nun gut, sagt Ihr, das tun andere Blüten auch. Aber Herr und Frau Kaktus blühen, speziell bei einer Sorte, prinzipiell nur einen Tag komplett auf.

Staunend stehe ich davor und frage mich, wie so etwas Wunderschönes aus einem Stachelgewächs sich enthüllen kann. Versuche, mir diese Blüte sich im Innersten meines nichtssagenden Kaktus vorzustellen. Wer hat ihn bestäubt? Wie bringt er diese Pracht zutage. Assoziationen zu mir und den Menschen kommen auf. Gehöre ich nicht auch in die Kategorie Kaktus? Warum sollte ich mich sonst mit ihnen umgeben? Das Berühren der Figüren mit den Pfoten ist verboten! Ein wenig Hund könnte enthalten sein. In mir. Wegen dem Wegbeißen, meine ich. Ich steche nicht nur, nein, ich beiße auch zuweilen ganz fürchterlich. Versteckt verborgen unter meiner stacheligen Hülle sind ungeahnte Schönheiten. Düfte, welche ihren Liebreiz verströmen und glücklich machen. Die Seele, das Herz erfreuen. Welche warten und hoffen lassen auf die nächste Blüte. Schnecken fallen mir in Assoziation dazu noch ein. Schnecken liebe ich auch. Schnell ziehe ich mich zurück in mein Schneckenhaus.
Aber zurück zum Kaktus. Meine Kakteen blühen nur unter bestimmten Bedingungen. Nur in den genannten beiden Fenstern. Auf den Fensterbänken stehend. Licht, Wärme, Luftfeuchtigkeit müssen stimmen, um sie zum Blühen zu bewegen.

Wenn ich falsch aufbewahrt und gehalten werde, blühe ich auch nicht. Meine Blüte liegt in Schlummer. Meine Blüten. Mein Lieblingskaktus hat im letzten Jahr zwei Mal Zwillinge bekommen. Wann habe ich das letzte Mal geblüht? Das wüsste ich jetzt schon gerne. Wie fühlt man sich, wenn man zur Blüte kommt?

Was ist Eure Meinung dazu?
Hoppla! Meinen Kaktus, welchen ich vorhin hier vor mir auf die Fensterbank gestellt habe, höre ich gerade einen Dialog mit seinen Kaktussischen Nachbarn führen:

„Ich hätte mal Durst …“
„Hör auf zu nörgeln, Neuling.“
„Na hör mal! Man wird ja wohl mal bemerken dürfen, dass das Wasser ausgeht!“
„Klapp doch einfach zusammen oder schrei ganz laut.“
„Wie schreit man als Kaktus?“
„Was weiß ich. Wedel mit den Stacheln, fange an zu husten oder kipp mit dem Topf um.“
„Ah. Ich werde den Vögeln vor dem Fenster zurufen, sie sollen genau an meiner Stelle wie wild ans Fenster hacken. Vielleicht wird die Frau da mit den Zöpfen auf mich aufmerksam.“
„Zum Beispiel. Könnte klappen. Neue Idee. Muss ich mir merken.“
„Wie machst du das, wenn du unter Wassermangel leidest?“
„Tja mein Lieber. Schon mal was von Wassertank gehört. Schau dir meinen dicken Bauch an. Alles voller Wasser.“
„Könnte ich dich nicht mal kurz anstechen?“
„Bei dir piepts wohl, oder?“
„War ja nur ne Frage – hüstel – ich versuch mal die Vögel-Nummer.“
(Zeit vergeht)
(Ich) „Warum die Vögel wohl wie verrückt ans Fenster klopfen? Soweit ich sehe, ist noch genügend Futter im Futterhaus und keine Katze in Sicht. Hm, aber der neue Kaktus sieht ein bisschen trocken aus. Was ist, eine kleine Dusche gefällig, Herr oder Frau Kaktus?“
„Blöde Frage … Niagarafall wäre mir lieb, hi,hi.“
„Sie hat´s geschnallt, Bruder, was sagst du dazu?“
(Der andere beleidigt schweigend guck).
„Was schaust du so stachelig? Bist du sauer, dass ich Aufmerksamkeit erregt habe und das Gewünschte erhalte?“
„Na ja, neu ankommen und Extrawurst erhalten. Huuu, wie schön, sie sprüht auch mich an. Aahh wie herrlich, was Kumpel.“
(Ich) „Autsch, du Trottel. Ich bin so nett und gebe dir Wasser und du piekst mich?!“
„Tschuldigung. Vor Freude konnte ich nicht an mich halten – ähm – Pieks, Pieks. Räkel, Räkel.“
(Ich) „Spinn ich jetzt oder höre ich einen Kaktus reden?“
„Ist ja was, Frau mit Zöpfen. Du kannst mich hören? Sehr erfreut. Darf mich vorstellen: Kaktusdame Huberta mein Name.“
(Ich) „Sehr erfreut, Huberta, aber warum stichst du mich?“
Huberta: „Na, die Freude ließ mich ausschlagen. Kennst du nicht das Sprichwort: Der Mai ist gekommen, die Kakteen schlagen aus?“
(Ich) „Ich kenne das nur mit Bäumen. Aber na ja, es sei dir verziehen. Ein Kaktus ist eben auch nur ein Lebewesen.“

[Mercedes de Bonaventura]

Mein kleiner grüner Kaktus steht draussen am Balkon,
hollari, hollari, hollaro!
Was brauch ich rote Rosen, was brauch ich roten Mohn,
hollari, hollari, hollaro!
Und wenn ein Bösewicht was Ungezognes spricht,
dann hol ich meinen Kaktus und der sticht, stich, sticht.

[Mercedes de Bonaventura]

two thumbs up!
Dein Text hat mir gefallen!

Und Käti hat jetzt einen Ohrwurm....
*sing*: "Mein kleiner grüner Kaktus steht draussen am Balkon..."

 

[Renate]

[Mardii]

Hallo Renate,

dein Text liest sich wunderbar verspielt. Man kann sich gut vorstellen, wie du gebannt vor deinem Kaktusfenster sitzt.

An zwei Stellen ist mir was aufgefallen:

[Renate]

Hallo Mardii!

Bei deinem ersten Zitat gebe ich dir Recht. Das sich kann gestrichen werden. Leider kann ich den Beitrag oben nicht mehr editieren. In meinem Text werde ich es dann tun. Danke für den Hinweis.

Die zweite Stelle mit dem Hoppla finde ich trotz deines Hinweises noch immer gut.

Vielleicht hättest du ja einen konkreten Vorschlag für einen anderen Übergang?  

Gruß Renate