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jim-knopf
Dichter und Trinker
 Alter: 34 Beiträge: 4488 Wohnort: München
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 13.05.2009 15:21 Ich schreibe ein Gedicht von jim-knopf
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Ich schreibe ein Gedicht
Ich schreibe ein Gedicht
über Onkel Toms Hütte.
(Ob wohl noch jemand darin lebt?)
Über ein paar dieser weißen Bastarde
aus den Tälern der Bahnhofsviertel,
wo die Plattenbauten pochend
ihre Granithülsen aneinander reiben,
wie gefallene Bergriesen.
Über Hooligans mit Baseballschlägern,
die jedes Jahr am Ostermontag
eine Gruppe Schwarzer
durch die Häuserschluchten treiben,
zu den Stadträndern und den Schrebergärten,
die nachmittags im Regen
aufgedunsen und blind erscheinen.
Irgendwo hier muss auch
Onkel Toms Hütte stehen.
Vielleicht verkauft er darin gerade
Brathähnchen und Döner Kebap.
Jedenfalls ist das ganze
nur eine Geschichte
und ich kümmere mich nicht weiter darum.
Ich schreibe ein Gedicht
über Jesus von Nazareth.
Über Wasser, das nur zu Wein wird,
weil so der Schmerz erträglicher ist
und über einen Mann,
der von den Toten auferstand
und dem man dadurch
das denkbar schlimmste angetan hat.
Und müsste ich eine Rolle spielen
in diesem ziemlich verwirrenden Theaterstück,
so wäre ich wohl
der Stern von Bethlehem.
Nur ganz kurz und
nur am Anfang dabei.
Ich müsste nur hier und da aufblinken
und mit Glück, denke ich,
würden sie mich sogar ganz rausstreichen.
Aber das ganze ist ja
nur eine Geschichte
und ich kümmere mich nicht weiter darum.
Ich schreibe ein Gedicht
über mein eigenes Leben.
Über diese Bedienung von heute Vormittag,
der ich viel zu viel Trinkgeld gegeben habe
und die mir danach noch
zwei Schnaps extra auf den Tisch gestellt hat.
Ich hätte sie gerne
mit nach Hause genommen
und sie wäre auch gerne mitgekommen,
aber bei mir zu Hause,
(wenn ich denn eines habe)
liegt noch zu viel Erinnerung
unter diesen beiden Bettdecken.
Ich bot ihr an,
sie hier und jetzt zu nehmen,
aber das wollte sie nicht
und ich bin gegangen.
Auf der Straße traf ich dann
einen weiteren meiner Schatten
und wir gingen noch einen trinken.
Ich war ziemlich betrunken
am Ende des Tages,
aber schließlich ist das ganze
nur eine Geschichte
und ich kümmere mich nicht weiter darum.
Weitere Werke von jim-knopf:
_________________ Ich habe heute leider keine Signatur für dich. |
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Uenff
Reißwolf
 Alter: 30 Beiträge: 1063 Wohnort: Berlin
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 13.05.2009 19:17
von Uenff
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Abend Jim,
Irgendwas in mir mag längere Gedichte.
Vor allem wenn sie sich so flüssig lesen.
Ein paar Dinge:
Zitat: |
Ich schreibe ein Gedicht
über Onkel Toms Hütte.
(Ob wohl noch jemand darin lebt?)
Über ein paar dieser weißen Bastarde
aus den Tälern der Bahnhofsviertel,
wo die Plattenbauten pochend
ihre Granithülsen aneinander reiben,
wie gefallene Bergriesen.
Über Hooligans mit Baseballschlägern,
die jedes Jahr am Ostermontag
eine Gruppe Schwarzer
durch die Häuserschluchten treiben,
zu den Stadträndern und den Schrebergärten,
die nachmittags im Regen
aufgedunsen und blind erscheinen.
Irgendwo hier muss auch
Onkel Toms Hütte stehen.
Vielleicht verkauft er darin gerade
Brathähnchen und Döner Kebap.
Jedenfalls ist das ganze
nur eine Geschichte
und ich kümmere mich nicht weiter darum.
Ich schreibe ein Gedicht
über Jesus von Nazareth.
Über Wasser, das nur zu Wein wird,
weil so der Schmerz erträglicher ist
und über einen Mann,
der von den Toten auferstand
und dem man dadurch
das denkbar schlimmste angetan hat.
Und müsste ich eine Rolle spielen
in diesem ziemlich verwirrenden Theaterstück,
so wäre ich wohl
der Stern von Bethlehem.
Nur ganz kurz und
nur am Anfang dabei.
Ich müsste nur hier und da aufblinken
und mit Glück, denke ich,
würden sie mich sogar ganz rausstreichen.
Aber das ganze ist ja
nur eine Geschichte
und ich kümmere mich nicht weiter darum.
Ich schreibe ein Gedicht
über mein eigenes Leben.
Über diese Bedienung von heute Vormittag,
der ich viel zu viel Trinkgeld gegeben habe
und die mir danach noch
zwei Schnaps extra auf den Tisch gestellt hat.
Ich hätte sie gerne
mit nach Hause genommen
und sie wäre auch gerne mitgekommen,
aber bei mir zu Hause,
(wenn ich denn eines habe)
liegt noch zu viel Erinnerung
unter diesen beiden Bettdecken.
Ich bot ihr an,
sie hier und jetzt zu nehmen,
aber das wollte sie nicht
und ich bin gegangen.
Auf der Straße traf ich dann
einen weiteren meiner Schatten
und wir gingen noch einen trinken.
Ich war ziemlich betrunken
am Ende des Tages,
aber schließlich ist das ganze
nur eine Geschichte
und ich kümmere mich nicht weiter darum.
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Textstellen die man, meiner Meinung nach, umstellen oder wegstreichen könnte.
Textstücke die mir sehr gut gefallen haben.
Mir gefällt auch der Aufbau des Gedichts, auch wenn der Erste Abschnitt
vielleicht nicht ganz mit dem Stil der nächsten Beiden einhergeht.
Nur meine Gedanken,
G,
Uenff
_________________ --No offense--
Molon labe
Become the madness you want to see in the world.
After enlightenment, the laundry.
Freiheit liegt in der Zerstörung des Ichs. Hat halt Karl gesagt. |
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jim-knopf
Dichter und Trinker
 Alter: 34 Beiträge: 4488 Wohnort: München
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 14.05.2009 15:04
von jim-knopf
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hey uenff
vielen dank für den kommentar
deine Einwände sin gut nachvollziehbar. Vor allem die Sache mit den Füllwörtern werd ich noch mal überarbeiten. Schönen Dank.
Zitat: | auch wenn der Erste Abschnitt
vielleicht nicht ganz mit dem Stil der nächsten Beiden einhergeht. |
Das ist eindutig so.
Siehst du das als Problem?
Gruß
Roman
_________________ Ich habe heute leider keine Signatur für dich. |
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Uenff
Reißwolf
 Alter: 30 Beiträge: 1063 Wohnort: Berlin
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 14.05.2009 19:16
von Uenff
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jim-knopf hat Folgendes geschrieben: |
Zitat: | auch wenn der Erste Abschnitt
vielleicht nicht ganz mit dem Stil der nächsten Beiden einhergeht. |
Das ist eindeutig so.
Siehst du das als Problem?
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Nein, ich finde es interessant.
Es ist mir nur aufgefallen, und da hab ich mich gewundert ob das auf Absicht, Zufall oder darauf beruht, das du die Teile zu verschiedenen Zeiten geschrieben hast. ^^
G,
Uennf
_________________ --No offense--
Molon labe
Become the madness you want to see in the world.
After enlightenment, the laundry.
Freiheit liegt in der Zerstörung des Ichs. Hat halt Karl gesagt. |
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jim-knopf
Dichter und Trinker
 Alter: 34 Beiträge: 4488 Wohnort: München
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 15.05.2009 17:32
von jim-knopf
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Zitat: | Nein, ich finde es interessant.
Es ist mir nur aufgefallen, und da hab ich mich gewundert ob das auf Absicht, Zufall oder darauf beruht, das du die Teile zu verschiedenen Zeiten geschrieben hast. ^^ |
Nein.. alles an einem Stück geschrieben
Und Zufall gibts bei mir nicht
Gruß
Roman
_________________ Ich habe heute leider keine Signatur für dich. |
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ichundso
Leseratte
 Alter: 33 Beiträge: 190
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 17.05.2009 12:36
von ichundso
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in deinen schwächeren gedichten gibt es sehr oft die gleiche grundstimmung (so eine leichte melancholie) die sich nicht richtig definiert und das stört mich dann.
aber wenn man hier das ende liest, ist das gedicht in sich stimmig und man merkt, dass schon der anfang auf das ende abgezielt hat. dadurch funktioniert es für mich.
die kritik von uenff kann ich unterstreichen (die roten und die grünen zeilen). "weil so der Schmerz erträglicher ist" <-- das würde ich auch nochmal überdenken. klingt nach klischeeformulierung.
Zitat: | Und müsste ich eine Rolle spielen
in diesem ziemlich verwirrenden Theaterstück,
so wäre ich wohl
der Stern von Bethlehem.
Nur ganz kurz und
nur am Anfang dabei.
Ich müsste nur hier und da aufblinken
und mit Glück, denke ich,
würden sie mich sogar ganz rausstreichen. |
die stelle gefällt mir am besten. das "ziemlich" lässt sich auch noch streichen.
die letzte strophe ist im grunde auch recht verbraucht, wirkt aber dank dem ende sehr gut ("aber schließlich ist das Ganze nur eine Geschichte")
_________________ the mongrel cat came home
holding half a head
proceeded to show it off
to all of his newfound friends
he said "I been where I liked
I slept with who I liked
she ate me up for breakfast
she screwed me in a vice
but now I don't know why I feel so tongue-tied" |
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jim-knopf
Dichter und Trinker
 Alter: 34 Beiträge: 4488 Wohnort: München
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 18.05.2009 18:58
von jim-knopf
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hey ichundso
vielen dank
ich werd deine anmerkungen überdenken.
klingt auf jeden fall alles schon mal sehr plausibel
gruß
roman
_________________ Ich habe heute leider keine Signatur für dich. |
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jim-knopf
Dichter und Trinker
 Alter: 34 Beiträge: 4488 Wohnort: München
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 19.05.2009 16:18
von jim-knopf
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ich würde mich über vll noch einen Kommentar freuen.
Der Text hat immerhin ein Ausrufezeichen
_________________ Ich habe heute leider keine Signatur für dich. |
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versgerber
Eselsohr
V Alter: 31 Beiträge: 438 Wohnort: Berlin
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V 19.05.2009 21:50
von versgerber
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jim-knopf hat Folgendes geschrieben: |
Der Text hat immerhin ein Ausrufezeichen
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Das zählt nicht, der einzige Text, den ich mal mit Ausrufezeichen hochgeladen ab, ist auch der einzige, der komplett ohne Feedback geblieben ist
Mich spricht auch die von ichundso gervor gehobene Stelle am meisten an.
Allerdings finde ich die letzte Strophe ein wenig... naja, plump würde ich sagen. Wenn ich dich recht verstehe hast du den roten Faden gelegt, um am Ende zu verdeutlichen, dass das LI auch in seinem eigenen Leben nur eine unbedeutende Geschichte sieht.
Dann wäre aber ein wenig mehr Emotion im Beispielereignis angebracht, mehr Empfindungen des Li, um sie am Ende wieder zu degradieren.
Vielleicht habe ich aber auch deine Intention falsch verstanden.
lg
_________________ Lachen kann so leicht sein, wenn man genügend oder gar keine Gründe hat |
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jim-knopf
Dichter und Trinker
 Alter: 34 Beiträge: 4488 Wohnort: München
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 20.05.2009 12:52
von jim-knopf
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guten abend herr versgeber
schönen dank für den kommentar
Zitat: | Das zählt nicht, der einzige Text, den ich mal mit Ausrufezeichen hochgeladen ab, ist auch der einzige, der komplett ohne Feedback geblieben ist Very Happy |
Zu meiner verteidigung muss ich sagen, dass ich das nur sehr selten mache. nur in ausnahmefällen gewissermaßen.
Zitat: | Dann wäre aber ein wenig mehr Emotion im Beispielereignis angebracht, mehr Empfindungen des Li, um sie am Ende wieder zu degradieren. |
In einem anderen Forum hat jemand geschrieben, dass das Gedicht vordergründig sehr kühl daherkommt, dass sich dieses Kühle jedoch verliert, wenn man beginnt, hinter den Zeilen zu lesen.
Das soll natürlich nicht heißen, das du nicht recht hast mit deiner Argumentation. Es beschreibt nur ziemlich genau, wie es gedacht war. Wenn es bei dir so nicht ankommt, dann ist das wohl mein Fehler und der Text ist nicht gut genug.
Aber dann nächstes mal
Gruß
Roman
_________________ Ich habe heute leider keine Signatur für dich. |
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Pencake
Exposéadler
 Alter: 54 Beiträge: 2487 Wohnort: Hamburg
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 20.05.2009 13:04
von Pencake
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Hi Roman,
sehr guter Text ist das, - den Wahnsinn dieser Welt
zu verstehen geht über die Kräfte. Da können nur
Geschichten helfen, die zur Not keiner Ernst zu nehmen
braucht. Pech, wenn dann sogar das eigene Leben als
Geschiche empfunden wird. Gefühlvoll, traurig.
Niko
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MrPink
Lyromane
 Alter: 52 Beiträge: 2797 Wohnort: Oberbayern
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 21.05.2009 09:38
von MrPink
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Jetzt bin ich faul und schließe mich einfach bedingungslos Niko an. So seh ich das auch.
Starker Text.
andi
_________________ „Das Schreiben wird nicht von Schmerzen besorgt, sondern von einem Autor.“
(Buk) |
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jim-knopf
Dichter und Trinker
 Alter: 34 Beiträge: 4488 Wohnort: München
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 21.05.2009 22:54
von jim-knopf
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guten abend pencake
guten abend mrpink
schönen dank für eure Meinung
freu mich, dass es ankommt
gruß
roman
_________________ Ich habe heute leider keine Signatur für dich. |
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Nachtregen
Gänsefüßchen
N
Beiträge: 39 Wohnort: nuttengheddo
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N 02.10.2009 09:05
von Nachtregen
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Genial einfach.
_________________ Ich |
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Tiefgang
Reißwolf
 Alter: 42 Beiträge: 1217 Wohnort: Hamburg

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 02.10.2009 12:11
von Tiefgang
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Die ersten beiden Absätze finde ich uneingeschränkt spitze (okay, mit Ausnahme einige Kommafehler), der letzte ist nicht schlecht, hinkt aber ein wenig den ersten beiden in Qualität nach.
Aber in Summe: Superstarker Text.
_________________ DOPLPACK Verlag
- schreiben & bleiben - |
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jim-knopf
Dichter und Trinker
 Alter: 34 Beiträge: 4488 Wohnort: München
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 02.10.2009 14:34
von jim-knopf
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hey ihr beiden
freut mich, dass einer meiner Lieblingstexte nochmal rausgekramt wurde
vielen dank
Gruß
Roman
_________________ Ich habe heute leider keine Signatur für dich. |
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knoron
Erklärbär
K Alter: 33 Beiträge: 2
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K 29.10.2009 15:21
von knoron
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hallo roman.
ein sehr interessantes gedicht hast du da geschrieben. ich muss sagen, es hat mich angesprochen. allerdings fand ich es ein wenig mühsam das gedicht zu lesen. ich bin da immer wieder "gestolpert". wobei, vielleicht ist das so auch ganz gut gewesen...
Zitat: | Über Wasser, das nur zu Wein wird,
weil so der Schmerz erträglicher ist |
diesen ansatz find ich genial. das sind zwei kurze zeilen, die es wirklich in sich haben. sie drücken so viel leid und schmerz aus, ohne es zu benennen. das ist schwer zu beschreiben... mir gefällts
grüße knoron
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jim-knopf
Dichter und Trinker
 Alter: 34 Beiträge: 4488 Wohnort: München
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 29.10.2009 18:32
von jim-knopf
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hey knoron
vielen dank für den kommentar
ich bin grad selber nochmal drüber gegangen
und mir is auch gefallen
an einigen stellen is das alles wirklich ein wenig holprig
aber das ist nichts was man nicht behebn könnte
man braucht immer ein wenig abstand zu seinen eigenen gedichten
um sie unvoreingenommen betrachten zu können
ich werd mir das also nochmal vornehmen
vielen dank also fürs nochmal hochholen
Gruß
Roman
_________________ Ich habe heute leider keine Signatur für dich. |
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