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Garrison Leseratte
Alter: 36 Beiträge: 121 Wohnort: Leipzig
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08.05.2009 15:58 Übung: Markierungsarbeiten von Garrison
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Folgendes ist eine Mischung aus den Übungen Markierungsarbeiten, Life-Changing Moment und Schneeballeffekt:
Mein Name ist Josef Herber, einunddreißig Jahre alt. Ich habe viel in meinem Leben gemacht, habe aber nie meine Heimat verlassen. Dieser Ort hat mich geprägt und ich ihn. Ein kleines Kaff inmitten von Flachland, dessen Namen niemanden interessiert. Fragt man jemandem im Nachbarort nach dem Weg, weiß der nicht einmal, dass es einen Ort diesen Namens in der Nähe geben soll. „Alle Wege führen nach Rom, aber keiner hierher“, sage ich immer den Verwandten meiner Frau, die von außerhalb kommen und sich seit zehn Jahren verfahren.
Dieser Ort ist mein Leben und vermutlich wird er auch mein Tod sein.
Als ich noch zur Schule ging, stellte ich oft dumme Sachen an. Ich legte meinem Lehrer einen nassen Schwamm auf den Stuhl, spielte im Wald mit Feuer und verprügelte oft meine kleineren Mitschüler. „Wir alle haben doch so was in unserer Kindheit gemacht“, pflegte mein Vater immer zu sagen, nachdem man mich mal wieder bei einer Schandtat erwischt hatte. „Das geht vorüber.“ Er hatte Recht. Aber nicht, weil ich ruhiger wurde, sondern weil ich eines Tages erkannte, dass ich mein Leben aufs Spiel setzte.
Ein Allee prächtiger Ahornbäume führt zu unserem Dorf. Als ich einmal einen besonders bösen Streich spielen wollte, holte ich eine Leiter und einen strohgefüllten Kartoffelsack, den ich in ein altes Hemd und eine Hose von mir kleidete. Ich kletterte auf einen Baum, dessen Äste besonders weit über die Straße ragten und wollte den Sack vor ein Auto werfen. Ich wartete eine halbe Stunde, bis endlich jemand kam. Nun wollte ich den Sack runterwerfen, aber er verhakte sich zwischen ein paar Ästen. Ich rüttelte daran, doch statt ihm fiel ich hinunter. Zum Glück konnte der Fahrer rechtzeitig ausweichen. Ich brach mir nur den Arm. Aber das gab vielleicht ein Donnerwetter zuhause.
Nach der Schule machte ich eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker im Betrieb meines Vaters. Später wurde ich Fahrzeuginspekteur für einen Paketdienst. Ich hielt die Fahrzeuge in Stand und fühlte mich wohl bei dem, was ich tat. Ich lernte meine Frau kennen. Wir heirateten und bauten ein kleines Haus in der Nähe meiner Eltern.
Als mein Vater vor zwei Monaten starb, erfuhren wir, dass er seit drei Jahren eine Affäre mit meiner Frau geführt hatte. Ich warf sie raus und ging tagelang nicht zur Arbeit. Als ich dann von meinem Chef angerufen wurde, beleidigte und bedrohte ich ihn. Am nächsten Tag wollte ich zu ihm fahren und mich entschuldigen, aber er legte mir nur meine Kündigung vor. Seit Jahren war ich seinem Unternehmen treu gewesen und dann wurde ich wegen eines Fehltrittes entlassen. Ich wollte Rache. Ich begab mich zu den Fahrzeugen und manipulierte an mehreren die Bremsen. Sobald einer der Fahrer zu stark bremste, wurde ihm der Wagen ausbrechen.
Inzwischen arbeite ich seit einer Woche für den Straßendienst. Heute soll ich Markierungsarbeiten in der Ahornallee vornehmen. Aber ich mache lieber Pause. Meine Frau hat mich gestern angerufen und sich bei mir entschuldigt. Ich weiß nicht, ob ich ihr vergeben kann oder will. An mein Markierungsfahrzeug gelehnt stehe ich am Straßenrand und werfe nachdenklich mit Kieseln nach Spatzen, die in den Bäumen sitzen.
Als ich endlich einen erwische, springe ich fröhlich auf die Straße. Ich habe nicht bemerkt, dass sich ein Kleintransporter genähert hat. Mein Blick folgt dem aufgescheuchten Spatz, der sich ein paar Bäume weiter auf etwas Unformigem in den Ästen niederlässt. Doch nicht lang, denn das dunkelbraune Etwas fällt plötzlich nach unten vor den Wagen. Der Fahrer tritt mit aller Macht auf die Bremse. Doch statt langsamer, verliert er nur die Kontrolle über seinen Lieferwagen. Zuerst schert das Heck aus, bevor der Wagen sich auf die Seite legt. Das Letzte, das ich lese, ist der Name meines alten Arbeitgebers.
Weitere Werke von Garrison:
_________________ Ein Zyniker ist ein enttäuschter Romantiker. |
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Telani Leseratte
Alter: 37 Beiträge: 174
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08.05.2009 19:14
von Telani
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Hi Garrison!
Darf ich dir ein paar Anregungen zu deinem Text geben?
Also ich hoffe sie nützen dir etwas.
Erstmal: bitte mach doch ein paar Absätze in den Text, er wirkt sehr lang, sehr klobig und erschlägt einem wenn man das file öffnet. Die Optik spielt immer auch ein bisschen mit.
Der Grundgedanke der Geschichte gefällt mir sehr gut, die Pointe am Schluss fast noch besser.
Aber ich muss dir sagen, dass sich die ganze Lesezeit über keine Spannung aufgebaut hat. Du erzählst zeilenlang vom Leben des Protas, so als wäre es eine Chronik. Da fehlt ganz stark das Gefühl in den Sätzen.
Man tut sich sehr schwer den Prota zu verstehen, du erzählst zwar vom Tod seines Vaters und von der Affäre seiner Frau. Aber die Wut lässt du den Leser nicht spüren. Also empfindet man dann auch keinerlei Überraschungseffekt am Ende.
Mein Tipp: bau die Persönlichkeit des Protas im Text mehr aus, lass uns seine Wut und Enttäuschung spüren. Lass uns verstehen wieso es ihn so kitzelt innerlich wenn er einen Spatzen trifft!
Zu guter letzt aber noch:
Zitat: | Das Letzte, das ich lese, ist der Name meines alten Arbeitgebers. |
der Satz hat Wirkung! Der ist gut gemacht!
LG Telani
_________________ Die Wirklichkeit ist ein zerbrochener Spiegel! |
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