Wir sind wie Regenbögen

[EdgarAllanPoe]

Leuchtende Farben
spannen sich
über den Himmel
mit den Wolkenfetzen.
Blau, grün, violett,
rosa.

Sie weben sich,
Fäden gleich
ineinander,
um sich zu vergessen
und dem Treiben
des Windes zu entkommen.

Glühendes Sonnenlicht
sickert durch den Bogen
und lässt ihn erstrahlen.
Wolkentürme ballen sich
zusammen, das Licht versinkt
im Nichts.

Verblassende Farben
sind wie Augen ohne Blick.
Auseinander driftende Fäden
sind wie Trennungen ohne
Wiederkehr. Ein letzter Gedanke,
in den Wolkenbänken schwebend:

Wir sind alle wie Regenbögen.

[Enfant Terrible]

Ich möchte mal ein Gedicht von dir erleben, in dem sich keine Wolkentürme zusammenballen  

[EdgarAllanPoe]

Was hältst denn von dem Text?

[Enfant Terrible]

Nun ja, ich sehe - und das erfreut mich - ganz deutlich das Bemühen, einen Gang zurückzuschalten und schlichtere Bilder zu verwenden. Den klischeehaften Wortpomp hast du fast komplett auszumerzen versucht - dafür ein riesengroßes Kompliment. Kleine Rückfälle finden sich noch in den letzten beiden Strophen. Wenn du noch da den Kitsch durch Substanz ersetzen könntest, wäre deine Metamorphose komplett ...
Dadurch, dass du den Kitsch in den Formulierungen fast überwinden konntest, hast du mit diesem Gedicht schon mal einen kleinen Sieg errungen, und solltest dranbleiben. Inhaltlich und vom Aufbau her ist es sicherlich noch nicht ganz gehaltvoll, es ist eine nette, wenn auch etwas zu ausgedehnte Wetterbeschreibung. Ich glaube, es würde dir helfen, dir den überladenen Schreibstil abzugewöhnen, wenn du dich an ganz anderen Themen versuchst: nicht Wetter und Natur in großartig ästhetischen Metaphern, sondern zur Abwechslung mal ganz andere Themengebiete. Gefühle, Aktuelles ... was du willst. Verlange aber anfangs nicht zuviel von dir ab, die ersten Versuche können ruhig in die Hose gehen. Wichtig ist einfach, dass du dranbleibst mit probieren. Alte Themen in neuem Stil ist keine gute Basis für Entwicklung.

[EdgarAllanPoe]

Danke für dein Kompliment, Krümel, freut mich sehr!  
Mit diesem Gedicht wollte ich ein paar neue Pfade beschreiten. Die Naturbeschreibung ist nur eine Metapher. Sozusagen aus alt mach neu  
Ich versuche mal, die letzten Spuren des alten Pomps zu beseitigen:

Leuchtende Farben
spannen sich
über den Himmel
mit den Wolkenfetzen.
Blau, grün, violett,
rosa.

Sie weben sich,
Fäden gleich,
ineinander,
um sich zu vergessen
und dem Treiben
des Windes zu entkommen.

Graue Wolken sammeln sich
am Himmel.
Regen fällt zu Boden,
der die Farben
auflöst.

Verblassende Farben
sind wie Augen ohne Blick.
Auseinander driftende Fäden
sind wie Trennungen ohne
Wiederkehr. Ein letzter Gedanke,
in den Wolkenbänken schwebend:

Wir sind alle wie Regenbögen.

Hmm, ich weiß nicht. Mit dem hier bin ich nicht so recht zufrieden. Hast du vielleicht Ideen, wie ich das ändern könnte?

Liebe Grüße,

Eddie  

[Enfant Terrible]

Schön. Aber nicht mehr.
Ich glaube, weiter kannst du das hier nicht verbessern, und musst es auch gar nicht. Es ist eine Etappe. Mit jedem Gedicht, das du schreibst, wirst du dich weiterentwickeln und neue Metaphern entdecken, neue Wege, dich auszudrücken - irgendwann ganz ohne Natur und Regenbogen.
Wollen wir mal ein Schreibspiel machen, so eine Schreibaufgabe zum Üben?

[EdgarAllanPoe]

Danke für deine Rückmeldung, Krümel!  
Ein Schreibspiel. Hm. In welche Richtung soll es denn gehen?

Eddie

PS: Möchtest du eigentlich noch meine Psychopathenstory weiterlesen? Ich habe in den letzten Wochen dran weitergearbeitet, aber momentan stecke ich fest   Vielleicht hilft da die Schneeflockenmethode.
Ach ja, und mein Angebot gilt immer noch: Falls du eine Story oder etwas in der Art hast, das ich kommentieren oder bei dem ich dir helfen kann, darfst du es mir ruhig schicken!

[Enfant Terrible]

Na klar, immer her mit deiner Psychopathenstory. Auch wenn sie nicht sonderlich originell ist, ist sie nett geschrieben und ich finde es ja immer spannend, deine Entwicklung mitzuverfolgen.
Was das andere angeht: Bitte sei doch nicht so verdammt altruistisch. Irgendwann nutz ich dich schon retours aus. Sei froh, dass ich dich nicht in meine AG hole

[EdgarAllanPoe]

Was ist das denn für eine AG? Schreibst du an einem Roman?
 

[Enfant Terrible]

Das ist ganz böse Science Fiction. Das wirst du bestimmt nicht mögen.  

[EdgarAllanPoe]

So, der dritte Teil der Psychopathenstory liegt (hoffentlich) jetzt in deinem Postkasten!
Viel Spaß beim Lesen!

[Longo]

Also mir gefällt das Gedicht nach anfänglichem Zweifeln (die ich schon verschriftlicht hatte) nun doch: Ich wollte eigentlich diesen für meinen Geschmack zu abrupten Wandel in der Strophe 3 kritisieren, entdeckte aber doch nach mehrmaligen Lesen den Reiz der Zeilen: Das Unerwartete, Unvorbereitete Eingreifen der Wolken - das hat auch etwas.
Von daher hat mir - ich gehe von der ersten Version aus - dein Text gut gefallen. Mit der Lichtsymbolik kann ich etwas anfangen.
Gute sieben Federn.

MFG Longo

[EdgarAllanPoe]

Dankeschön, Longo. Es freut mich, dass dir der Text gefallen hat. In einer Zeit, die durch eine seltsame Schreibblockade geprägt ist (scheint so, dass das nicht nur bei mir der Fall ist), gibt es nichts Besseres zu lesen, dass sich die Mühen doch lohnen.