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Dieses Werk wurde für den kleinen Literaten nominiert Zauberworte


 
 
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Boxuruh
Geschlecht:weiblichWortedrechsler
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Beiträge: 66



B
Beitrag05.01.2009 23:03
Zauberworte
von Boxuruh
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Zauberworte

Mein Vater war es, der mir erzählte, dass ich etwas Besonderes bin. Und er wusste nicht nur, dass ich etwas Besonderes bin, nein, er wusste auch, wie man spielt und wie man lacht und wie man auf Bäume klettert und wie man Unsinn macht und wie man Geschichten erzählt. Und er konnte die Uhr lesen, das konnte er phantastisch.
Er kam nur sehr selten vorbei, denn er arbeitete in einem fernen Land, weit fort von hier, aber wenn er kam, spielte er mit mir und erzählte mir Geschichten und ging mit mir spazieren. So war das jedenfalls, als ich klein war, bevor ich in die Schule kam und Schreiben und Rechnen und einige andere nützliche Dinge lernte. Und dann, dann kam er irgendwann gar nicht mehr.

Wenn ich an meinen Vater denke, dann denke ich nicht nur daran, dass ich ihn liebte, dann denke ich auch an die Geschichten, die er mir erzählte. Er erzählte mir von Seeräubern, von Außenseitern, Erfindungen und Ameisen, von Flaschengeistern und Flugzeugen, er erzählte mir nicht nur, er verzauberte mich.
Ich begriff, dass mein Vater ein Zauberer sein musste, dass er mit Geschichten zaubern konnte. Mit großen Geschichten und kleinen, mit dünnen und breiten, mit wilden, gefährlichen und dunklen Geschichten, mit Geschichten zum Einschlafen, mit traurigen und mit solchen, bei denen ich lachen musste.

Manchmal sagte ich: „Erzähl mir etwas von Propellerflugzeugen“, und er setzte sich zu mir und erzählte mir von Propellerflugzeugen. Oder ich fragte ihn: „Wo fängt eigentlich der Himmel an?“, und dann erzählte er mir vom Himmel.
Eines Tages fragte ich: „Wann habe ich sprechen gelernt?“
Mein Vater schwieg einen Moment. „Fünf Minuten vor allen anderen“, sagte er dann, „ja, denn du bist etwas ganz Besonderes.“
„Wie viel sind fünf Minuten?“, wollte ich wissen.
Und er nahm die große Uhr, die im Esszimmer an der Wand hing, und zeigte mir, wie viel fünf Minuten waren.
„Aber wie lange dauern fünf Minuten?“, fragte ich.
„Sehr, sehr lange“, sagte er, und seine Stimme klang ernst. Dann seufzte er tief und ich fragte nicht weiter. Ehrfürchtig sah ich ihn und sagte: „Und so lange Zeit habe ich vor allen anderen sprechen gelernt?“
Mein Vater nickte.
„Ist das wahr? Ist das wirklich wahr?“, rief ich.
„Ja, natürlich ist das wahr, Ida“, sagte er, hob mich hoch und wirbelte mich herum.
Ich war damals sechs Jahre alt. Mein Vater reiste ein paar Tage später wieder ab, und ich habe ihn seitdem nicht mehr gesehen.

Fortan erzählte ich jedem, den ich traf, dass ich vor ihm sprechen gelernt hatte, aber alle sahen mich nur mit großen Augen an und schüttelten verständnislos den Kopf.
„Fünf Minuten? Nur fünf Minuten? Aber das ist doch nichts Besonderes“, sagten sie und lachten schallend, als hätte ich einen Witz gemacht.
„Natürlich ist das etwas Besonderes“, sagte ich, aber sie lachten so laut, dass sie mich nicht hören konnten.
Sogar meine Mutter erkannte nicht, dass ich etwas Besonderes war.
„Fünf Minuten“, sagte sie und lachte.
„Du kannst dich nicht mehr daran erinnern, dass ich etwas Besonderes war?“, fragte ich bestürzt. Da fing meine Mutter wieder an zu lachen. Sie lachte so sehr, dass sie keine Luft mehr bekam, und als sie wieder Luft bekam, sagte sie: „Fünf Minuten sind nicht viel.“

Von diesem Zeitpunkt an stiegen mir immer wieder Tränen in die Augen, wenn ich die Menschen lachen hörte, sobald ich ihnen davon erzählte. Ich tat es immer seltener. Irgendwann hörte ich sogar völlig damit auf.
Doch dann, eines Tages, traf ich auf einer Brücke einen kleinen Jungen. Auf der Brücke gingen sehr viele Menschen spazieren, sie redeten und lachten, riefen, schrien, aber der kleine Junge saß einfach so da, den Rücken ans Geländer gelehnt. Er beobachtete die Menschen, die auf der Brücke spazieren gingen.
Vielleicht weckte er deshalb mein Interesse. Vielleicht erzählte ich ihm deshalb meine Geschichte, vielleicht. Ich denke manchmal darüber nach, was wohl geschehen wäre, wenn der kleine Junge nie auf dieser Brücke gesessen hätte. Vielleicht hätte ich dann vergessen, was mein Vater gesagt hatte.
„Warum sitzt du hier?“, fragte ich ihn.
„Ich denke nach“, antwortete der kleine Junge.
„Oh“, sagte ich. Einen Moment lang schwieg ich, denn ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Menschen, die nachdenken, habe ich nämlich sehr gern. Doch dann sagte ich: „Ich habe fünf Minuten vor allen anderen sprechen gelernt.“
„Fünf Minuten vor allen anderen? Du hast fünf Minuten vor allen anderen sprechen gelernt?“, rief der Junge. „Dann musst du etwas Besonderes sein.“
„Ja“, sagte ich und da kam mir die Idee, dass auch er etwas Besonderes sein musste.
„Du bist auch sehr besonders“, stieß ich hervor.
Und da lachte er. Seine Augen blitzten.
„Weißt du, ich habe mir schon gedacht, dass da irgendwas sein muss, aber ich hätte es nie für möglich gehalten, etwas Besonderes zu sein“, sagte er zu mir.
Und dann fing ich an zu erzählen. Ich erzählte von meinem Vater und davon, dass er mit Geschichten zaubern konnte. Er hörte aufmerksam zu, und als ich geendet hatte, sagte er: „Irgendwann wird dein Vater zurückkommen, und dann wird er dir beibringen, wie man mit Geschichten zaubert.“
Ich saß ganz ruhig da, während das Glück in meinem Kopf eine kleine, feine Melodie spielte.
Wir saßen lange schweigend nebeneinander. Irgendwann wurde es dunkel.
„Ich muss jetzt gehen“, sagte ich leise.
Er nickte und lächelte. „Gute Nacht.“
Es waren nur noch wenige Menschen unterwegs, und es war still geworden. Ich drehte mich ein paar Mal nach ihm um, aber die Dunkelheit verschluckte ihn schon nach wenigen Metern. Doch auch als ich schon das Ende der Brücke erreicht hatte, war ich mir sicher, dass dort immer noch ein kleiner Junge saß und nachdachte.

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Maria
Geschlecht:weiblichEvolutionsbremse

Alter: 52
Beiträge: 6000

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Beitrag05.01.2009 23:11

von Maria
Antworten mit Zitat

Hallo Boxuruh,

ich schieß mal wieder aus der Hüfte.

Schlicht und schön. Deine Worte klingen nach, sie sind berührend ohne schwülstig zu sein.
Zart fällt mir gerade dazu ein, wie Du beide Seiten - die Besondere und die der Anderen - beschreibst. Ohne die "Frechen" zu überziehen, ohne die "Betroffene" zu einer Betroffenen zu machen.
Und das fehlerfrei (jedenfalls auf den ersten Blick).

Mein Kompliment, für mich eine schöne, ausgereifte und sehr gefühlvolle Erzählung...

Willkommen hier.

LG


_________________
Give me sweet lies, and keep your bitter truths.
Tyrion Lannister
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femme-fatale233
Geschlecht:weiblichFüßchen

Alter: 31
Beiträge: 1913
Wohnort: München
Das Bronzene Pfand


Beitrag06.01.2009 00:00

von femme-fatale233
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Wunderschön! Das habe ich wirklich gerne gelesen und ich hoffe in Zukunft mehr von dir zu hören. Ein riesengroßes Lob und liebe Grüße,
femme-fatale233
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Ayemea
Geschlecht:weiblichLeseratte
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Alter: 33
Beiträge: 129



A
Beitrag06.01.2009 00:13

von Ayemea
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Wow! Ich bin beeindruckt. Ich kann mich meinen beiden Vorrednerinnen nur anschließen. Der Text ist wirklich schön geschrieben und es hat wirklich Spaß gemacht, ihn zu lesen.

_________________
Das Leben ist der Spielplatz des Todes.
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Mana
Mensch

Alter: 39
Beiträge: 2227
Wohnort: Düsseldorf


Apollon
Beitrag06.01.2009 00:34

von Mana
Antworten mit Zitat

Lieber Boxuruh,

ich bin jetzt nur grob über deine Geschichte geflogen, aber mir sind ein paar sprachliche sachen aufgefallen.

Zitat:
Mein Vater war es, der mir erzählte, dass ich etwas Besonderes bin. Und er wusste nicht nur, dass ich etwas Besonderes bin, nein, er wusste auch, wie man spielt und wie man lacht und wie man auf Bäume klettert und wie man Unsinn macht und wie man Geschichten erzählt. Und er konnte die Uhr lesen, das konnte er phantastisch.
Er kam nur sehr selten vorbei, denn er arbeitete in einem fernen Land, weit fort von hier, aber wenn er kam, spielte er mit mir und erzählte mir Geschichten und ging mit mir spazieren. So war das jedenfalls, als ich klein war, bevor ich in die Schule kam und Schreiben und Rechnen und einige andere nützliche Dinge lernte. Und dann, dann kam er irgendwann gar nicht mehr.


Zitat:
„Ja“, sagte ich und da kam mir die Idee, dass auch er etwas Besonderes sein musste.
„Du bist auch sehr besonders“, stieß ich hervor.
Und da lachte er. Seine Augen blitzten.
„Weißt du, ich habe mir schon gedacht, dass da irgendwas sein muss, aber ich hätte es nie für möglich gehalten, etwas Besonderes zu sein“, sagte er zu mir.
Und dann fing ich an zu erzählen. Ich erzählte von meinem Vater und davon, dass er mit Geschichten zaubern konnte. Er hörte aufmerksam zu,und als ich geendet hatte, sagte er: „Irgendwann wird dein Vater zurückkommen,und dann wird er dir beibringen, wie man mit Geschichten zaubert.“
Ich saß ganz ruhig da, während das Glück in meinem Kopf eine kleine, feine Melodie spielte.
Wir saßen lange schweigend nebeneinander. Irgendwann wurde es dunkel.
„Ich muss jetzt gehen“, sagte ich leise.
Er nickte und lächelte. „Gute Nacht.“
Es waren nur noch wenige Menschen unterwegs,und  es war still geworden. Ich drehte mich ein paar Mal nach ihm um, aber die Dunkelheit verschluckte ihn schon nach wenigen Metern. Doch auch als ich schon das Ende der Brücke erreicht hatte, war ich mir sicher, dass dort immer noch ein kleiner Junge saß und nachdachte.


Es ist zwar gut und richtig das du gezielt eine naive Ausdrucksweise für den Erzähler anwendest, trotzdem würde ich diese Masse an "unds" versuchen zu vermeiden, einfach weil es stört.

Gruss Ralf


_________________
Der Verstand schreibt mit Tinte, das Herz mit Leidenschaft...

Wissenschaft ist ein stahlharter Metalldildo zum umschnallen.- Vince Masuka

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Und mich in gott und gott in mich zusammenfasse." von Johannes Scheffler
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Noelia
Geschlecht:weiblichPippi

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Beiträge: 1298
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Beitrag06.01.2009 01:46

von Noelia
Antworten mit Zitat

Meinen Vorpostern schliesse ich mich an. Ich denke es wurde alles gesagt. Das Wörtchen "und" hast du tatsächlich oft benutzt aber das wäre für mich auch die einzig negative Kritik.

Die Geschichte ist mehr als schön. Idee toll, Umsetzung wundervoll.

Großes Kompliment. Bitte, bitte mehr davon. Very Happy

Noelia
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Boxuruh
Geschlecht:weiblichWortedrechsler
B


Beiträge: 66



B
Beitrag06.01.2009 10:42

von Boxuruh
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo ihr allle!

Danke für eure Kommentare, das ist wirklich toll.  Very Happy

Ihr habt auch Recht, wenn ihr sagt, dass sich bei mir die "unds" häufen.

Zitat:
Mein Vater war es, der mir erzählte, dass ich etwas Besonderes bin. Und er wusste nicht nur, dass ich etwas Besonderes bin, nein, er wusste auch, wie man spielt und wie man lacht und wie man auf Bäume klettert und wie man Unsinn macht und wie man Geschichten erzählt. Und er konnte die Uhr lesen, das konnte er phantastisch.
Er kam nur sehr selten vorbei, denn er arbeitete in einem fernen Land, weit fort von hier, aber wenn er kam, spielte er mit mir und erzählte mir Geschichten und ging mit mir spazieren. So war das jedenfalls, als ich klein war, bevor ich in die Schule kam und Schreiben und Rechnen und einige andere nützliche Dinge lernte. Und dann, dann kam er irgendwann gar nicht mehr.


Aber gerade im ersten Abschnitt möchte ich darauf nicht verzichten. Denn da erzählt ein Kind, dass noch nicht einmal weiß, wie lange fünf Minuten dauern, von ihrem Vater.
Ich glaube nicht, dass ein Kind völlig durchdacht antworten würde, wenn man es fragen würde, was sein Vater alles kann. Es würde vielleicht eine Sache sagen, und wenn es dann diese Sache gesagt hätte, würde ihm noch ein eine weitere Sache einfallen, die es dann mit "und" an den letzten Satz anfügen würde. Dann würde ihm einfallen, er kann ja auch noch....
Außerdem ist das, was der Vater kann, eine Menge, jedenfalls für das kleine Kind. Die "unds" drücken diese Menge aus. An den "unds" kann man schon sehen, dass der Vater wirklich eine Menge weiß.

Was den letzten Abschnitt und die "unds" angeht, weiß ich noch nicht, was ich mache.

Boxuruh
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rolf0404
Geschlecht:männlichLeseratte
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Alter: 69
Beiträge: 132
Wohnort: Mannheim


R
Beitrag06.01.2009 10:51

von rolf0404
Antworten mit Zitat

@Boxuruh

stilistisch fielen mir nicht nur die "und" auf, sondern gleich die beiden "dass" in den ersten beiden Sätzen.
Zitat:
Mein Vater war es, der mir erzählte, dass ich etwas Besonderes bin. Und er wusste nicht nur, dass ich etwas Besonderes bin, nein, er wusste auch, wie man spielt und wie man lacht

Vorschlag:
Mein Vater war es, der mir erzählte, ich sei etwas besonderes. Er wusste aber nicht nur das, nein, er wusste auch, wie man spielt. Er wusste, wie man lacht....

Gruß
Rolf


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Was man nicht umsetzt, findet nicht statt.
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Ronneburger
Geschlecht:weiblichEselsohr
R

Alter: 44
Beiträge: 316



R
Beitrag06.01.2009 11:17

von Ronneburger
Antworten mit Zitat

Hallo,

auch ich finde die Geschichte sehr schön, auch wenn mich die  Unds im ersten Absatz, auch wenn ein Kind die Geschichte erzählt doch stören.

Vielleicht weckte er deshalb mein Interesse. Vielleicht erzählte ich ihm deshalb meine Geschichte, vielleicht. Ich denke manchmal darüber nach, was wohl geschehen wäre, wenn der kleine Junge nie auf dieser Brücke gesessen hätte. Vielleicht hätte ich dann vergessen, was mein Vater gesagt hatte.


Hier finde ich auch, die Vielleichts etwas zu viel.

Ansonsten wirklich schöne Idee und ich hab es gerne gelesen.

LG
Michi


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If you have big ideas, you have to use big words to express them. (Anne of Green Gables)

Das ist einer dieser Tage, an dem ich erst weiß was ich rede, wenn ich höre, was ich sage. (Anett Louisan)
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DasProjekt
Geschlecht:weiblichExposéadler


Beiträge: 2904
Wohnort: Ørbæk, Nyborg, Dänemark


Beitrag06.01.2009 12:51

von DasProjekt
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Hallo,

mich haben weder die "und"'s noch die "dass"'s bei dieser Geschichte gestoert!

Viel ueberraschender: Mich hat die Ich-Perspektive nicht gestoert (die ich normalerweise immer ankreide), mich hat die Gegenwart nicht gestoert und mich haben die Zeitenwechsel nicht rausgebracht.

Die "und" und die "dass" KOENNTEN mich vielleicht stoeren, wenn ich mir vorstellen muesste, dass ein Erwachsener diese Geschichte aus der Erinnerung heraus erzaehlt. Aber ich habe hier immer noch das Gefuehl, das Kind ist ein Kind, wenn auch nun etwas aelter als 6.

Und kein Kind, das ich kenne, benutzt die "dass"-Umschiffung mit dem "sei", und meines Erachtens wiederholen Kinder viel haeufiger beim Erzaehlen Dinge, die sie gerade erst gesagt habe - und damit glaube ich, dass die Verbesserungen, die rolf0404 vorgeschlagen hat, diesen Text eher einem Erwachsenen in den Mund legen wuerden und damit den Zauber herausziehen.

So ein schoener Text! Keine aufgebauschte Wortwahl, keine Jagd nach der goldenen Metapher, ein leises, liebes Klingeln.

Boxuruh, ich hab einen Buchtipp fuer dich: Versuch mal, im Antiquariat oder so von Anna Vera Fischer "Gesang der Geister" zu bekommen. In diesem Buch (in Ich-Perspektive) findet eine junge Frau einen lange verschollen geglaubten Freund aus Kindertagen wieder und erinnert sich an ihn. Weich, leise, klingend, wunderschoen. Daran hat dein Text hier mich gleich erinnert. Ich hab das Buch leider gerade nicht zur Hand, aber Passagen, die mir ganz fest in Erinnerung kleben, sind z.B. das die Erzaehlerin ihren Freund immer so fragt:
"Wie ist Wachsen, Lukas?" - "Wie ist Weglaufen, Lukas?" (Sie ist ca. 10 und von ihm wird nie das Alter erwaehnt, ich schaetze so 17 oder 18.)
Oder sie legt ihre Hand auf seinen Kehlkopf, als sie das Gefuehl hat, dass er traurig ist, und fragt: "Drueck es dich da, Lukas?" - "Ja. Weisst du, wie das ist, wenn es da drueckt?" - "Ja, Lukas." - "Und was machst du dann?" - "Dann mache ich die Augen zu und denke an etwas Schoenes." - "Was ist etwas Schoenes, an das du denkst?" ...

Es ist eine wunderschoene kleine Geschichte, die dir, glaube ich, gefallen koennte. Metaphern auf das noetigste beschraenkt, aber dafuer wunderschoene zarte Toene, leise Worte, tolle vergleichende Beschreibungen. Ein Jammer, dass diese Autorin scheinbar nur das eine Buch geschrieben hat!

Ansonsten kann ich nur sagen: Weiter so!


_________________
25. Mai 2017 - Kim Henry "Be Mine Forever"
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Phoebe
Erklärbär
P


Beiträge: 3



P
Beitrag08.01.2009 18:41

von Phoebe
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Lass die Unds auf alle Fälle drin! Sie machen Deinen schönen, schlichten Stil aus. Wer behauptet, so etwas dürfe in der Literatur nicht sein, der ist über Schulaufsatzunterricht nicht hinausgekommen.
Sehr schön geschrieben, auch wenn ich die Geschichte von der Deutung her nicht ganz durchsichtig finde. Aber das kann auch mein Problem sein, bzw. muss das vielleicht gar nicht sein.
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Boxuruh
Geschlecht:weiblichWortedrechsler
B


Beiträge: 66



B
Beitrag08.01.2009 23:33

von Boxuruh
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Hallo,
danke, dass ihr alle meinen Text so aufmerksam gelesen habt, danke für euer Lob und auch  für die Kritik.
Ich habe mich dazu entschieden, den Text so zu lassen, wie er ist. Das heißt nicht, dass ich mich nicht mit den ganzen unds und dass und vielleichts auseinandergesetzt habe. Im Gegenteil, ich habe lange darüber nachgegrübelt   Confused
Letztlich ist es ja ein Kind, das da erzählt.

zu DasProjekt: Danke für dein Lob. Und den Buchtipp. Ich werde mir das Buch zu besorgen  Smile Es hört sich sehr interessant an.

zu Phoebe: Danke auch für deinen Beitrag  Smile
Zitat:
wenn ich die Geschichte von der Deutung her nicht ganz durchsichtig finde

Schade, dass du nicht dazu geschrieben hast, was du nicht ganz verstanden hast.

Viele Grüße, Boxuruh
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Coco84
Geschlecht:weiblichSchneckenpost
C

Alter: 39
Beiträge: 5



C
Beitrag09.01.2009 12:11

von Coco84
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Ich finde es gut, dass du dein stilistisches MIttel nicht änderst. Egal wie viele "und", "vielleicht", " dass" darin sind- der Erzählfluss stimmt und es klingt nicht überzogen. Eine der wenigen Geschichten hier, die ich bis zum Ende gelesen und nicht nur überflogen habe- gratuliere zum Talent!
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Boxuruh
Geschlecht:weiblichWortedrechsler
B


Beiträge: 66



B
Beitrag09.03.2009 22:33

von Boxuruh
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Hallo Coco84!

Danke für dein Lob! Es freut mich, dass dir meine Geschichte gefallen hat  Laughing

Viele liebe Grüße, Boxuruh
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uffjedn
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 42
Beiträge: 140
Wohnort: Berlin


Beitrag09.03.2009 22:37

von uffjedn
Antworten mit Zitat

Zitat:
Ich saß ganz ruhig da, während das Glück in meinem Kopf eine kleine, feine Melodie spielte.


Perfekt.

Wie der Rest der Geschichte auch.


_________________
sagt Paul.
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Boxuruh
Geschlecht:weiblichWortedrechsler
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Beiträge: 66



B
Beitrag09.03.2009 22:45

von Boxuruh
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Hallo uffjedn!

Danke auch für dein Lob!  Smile
Die kleine Textstelle, die du zitiert hast, ist übrigens auch eine meiner Lieblingstellen  Wink
Freut mich wirklich, dass die Geschichte dir gefällt.

Viele Grüße und einen schönen Abend noch,
Boxuruh
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