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Dieses Werk wurde für den kleinen Literaten nominiert Diese Werke sind ihren Autoren besonders wichtig Vergib mir, Rauch


 
 
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Olifant
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 417
Wohnort: München


Beitrag23.03.2009 16:29

von Olifant
Antworten mit Zitat

Hallo Krümelchen,

sorry, dass es bei mir mal wieder länger gedauert hat. Von wegen Wirtschaftskrise! So viele Überstunden hatte ich schon lange nicht mehr. cry
Abgesehen davon denke ich mir: besser spät, als nie. Wir Männer sind sonst eh meistens zu schnell, nicht wahr? wink


Eine Kleinigkeit vorneweg noch zur ersten Rezension von MosesBob:
Terrorkrümel hat Folgendes geschrieben:
MosesBob hat Folgendes geschrieben:
Eine Golgatha gelöschter CDs – finde ich klasse. Aber ist der Artikel hier richtig? Bei Colgate ja, aber Golgatha müsste als Hügel, als Ort des Schädels, doch einen Artikel mit Y-Chromosom bekommen. Es sei denn, du bestehst auf die etymologische Herkunft …

Der, die, das Golgatha? Als Neutrum könnte ich's mir vielleicht gerade noch vorstellen, aber im Maskulinum klingt's für mein Ohr komisch. Ich meine, es öfters in der weiblichen Form gelesen zu haben. Und wie steht's in der Bibel? Buch

Es heißt landläufig: das Golgatha, oder der Hügel Golgatha. Und beides wird mit „ein Golgatha…“ abgedeckt. Die weibliche Form mag möglich sein, wird aber genauso selten benutzt, wie der korrekte Plural von Status.


Hier erstmal die kleinen, sprachlichen Details, die mir im Text aufgefallen sind:
Terrorkrümel hat Folgendes geschrieben:
Wie ein hypnotischer Befehl pulsierte in seinem Verstand: Er musste das Tagebuch vernichten.

Dieses „Wie“ hat mich schon in der ersten Version zum Stolpern gebracht, weil es für mein Empfinden ein „…pulsierte es in seinem…“ bedingt. Das Weglassen des „Wie“ erfüllt dieselbe Funktion. Nach Doppelpunkten geht es übrigens meistens mit Kleinschreibung weiter.


Terrorkrümel hat Folgendes geschrieben:
Als Aperitif dienten seine Schleimhäute; doch in der Hitze verschafften die rinnenden Tränen kaum Kühlung.

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob man als Ottonormalleser die Schleimhäute mit den Augen in Verbindung bringen würde. Gerade, wenn es stinkt und raucht wie in der Chemivorlesung, denkt man bei Schleimhäuten sofort an eine Nasen- oder Mundhöhlenreizung, nicht aber an die Augen. Ein Aperitif ist ein Getränk. Für die Metapher wären also die Tränen der geeignetere Aperitif anstelle der Schleimhäute.


Terrorkrümel hat Folgendes geschrieben:
Inmitten erstickender Schwaden glimmte noch der Computerbildschirm, zu seinen Füßen eine Golgatha gelöschter CDs. Ein geblendetes Auge, hinter dem alles Gesehene ins Nichts entschwunden war.

Zu wessen Füßen liegt der Haufen CDs? Im Satz zuvor ist vom Monitor die Rede, danach auch wieder. Hat der Monitor also Füße? Das geblendete Auge ist ein schönes Bild für den Monitor, das sich vom Satzbau her allerdings mißverständlich nah an den CDs befindet.
Müsste es nicht „glomm“ heißen? „Glimmte“ klingt ein bisschen komisch, kann aber ggfs. neue RS sein.
„Golgatha“ im Sinne der biblischen Hinrichtungsstätte gefällt mir als Bild für zerstörte CDs. Nur will das Wörtchen „gelöscht“ dazu nicht passen. Wenn er sie ins Feuer geworfen hat, könnten sie auch zu Klumpen verschmort/verschmolzen sein.


Terrorkrümel hat Folgendes geschrieben:
Aber er hatte nicht genug getilgt. Selbst leer barg die Computerleiche zu viele Informationen. Sie kannten unzählige Kniffe …
Die drei Pünktchen sehen gerade an dieser Stelle irgendwie so aus, als sei Dir ein geeigneter Rest für den Satz nicht eingefallen. Außerdem würde nichts dagegen sprechen, den Satz beispielsweise so zu komplettieren: „…, um auch winzigsten Datenfragmenten ihre Geschichte zu entreissen“.


Terrorkrümel hat Folgendes geschrieben:
Nur eine Lösung war in Sicht. Er riss das Fenster auf und zuckte zurück vor dem Schock. (Es ist nicht ganz klar, woher der Schock rührt. Kälte? Frischluft? Licht?...) Als ein frostiger Windstoß den Qualm verdrängte, glaubte er fast, ein wütendes Zischen zu vernehmen. Dies (“Es“ gefiele mir besser.) war sein grauer Retter, der gegen die frische Luft protestierte.
Vergib mir, Rauch.
Den Absatz finde ich recht gelungen. Mitunter, weil hier der klare Bezug zum Titel hergestellt wird. Ich vergesse selbst ganz gerne, dass das wichtig sein kann.


Terrorkrümel hat Folgendes geschrieben:
Den Aufprall hörte er ebenso wenig wie vorhin (“nur Sekunden zuvor“ oder etwas Ähnliches. Vorhin empfindet man als eine Dauer von mehreren Minuten.) das Geräusch, mit dem Kabel aus den Steckdosen gerissen wurden.



Terrorkrümel hat Folgendes geschrieben:
Sie würden die Bücher sehen, sich ihren Teil denken



Terrorkrümel hat Folgendes geschrieben:
Ahnten sie, auf welchen der Seiten einst seine Tränen trockneten?
Meiner Meinung nach, gehört hier unbedingt das PQP hin. Hört sich das Wort im Imperfekt tatsächlich besser an? Finde ich nicht, zumal sich der Zeitfehler in meinen Ohren viel schlimmer anhört, als das harmlose PQP.


Terrorkrümel hat Folgendes geschrieben:
Aber was, wenn sie nicht schweigend notierten, sondern ihn zum Erklären zwangen? Sie hatten ihre Mittel und Wege. Nicht erklären … bloß nichts erklären müssen …
Wie groß ist wohl die Wahrscheinlichkeit, dass Leute, die seine Wohnung stürmen, sämtliche Überbleibsel einpacken und rekonstruieren, um ein „Täterprofil“ von ihm zu erstellen, Dinge schweigend notieren? Geht vermutlich gegen Null. Besser wäre es, einen Zusammenhang mit dem vorangegangenen Satz herzustellen: „Wenn er Glück hatte, würde er nicht mehr hier sein, wenn sie kamen. Aber was, wenn sie ihn in die Hände bekamen, ihn zum Erklären zwangen?“


Terrorkrümel hat Folgendes geschrieben:
Was noch nicht in der Toilette versenkt, versteckt oder verbrannt worden war….
Das stört zwar nicht, aber es ist leicht unplausibel. Die Verfolger sind schlaue Leute, die aus jedem Papierschnipsel etwas herauslesen können. Und gleichzeitig sind sie zu blöd, um Verstecke zu finden?


Terrorkrümel hat Folgendes geschrieben:
Selbst ein unberührtes Verbandspäckchen war für sie besser als ein Fingerabdruck. Aber …
Was „aber“? Für mein Empfinden ist das überflüssig. Die gewollte Unterbrechung seiner Tätigkeiten ist durch den Handlungsbruch im Folgesatz ausreichend betont.


Terrorkrümel hat Folgendes geschrieben:
Sie kamen, die Scherben aufzusammeln. Berichte auszufüllen. Rückblicke zu definieren.
Der fett markierte Ausdruck gefällt mir nicht. Klingt komisch und erinnert zu sehr an eine Filmstar-Retrospektive á la „Preisverleihung für sein Lebenswerk“. Ich schlage vor, mit Rücksicht auf das lyrische Gesamtkonzept auf eine weniger „technisch-organisatorische“ Formulierung zurückzugreifen: z.B. „Sein Leben zu durchwühlen“, „Seine Vergangenheit zu schänden“, „Die Bruchstücke seines Ichs zusammenzusetzen“…..



Stellenweise gibt der Text dem Leser Rätsel auf. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob deren Auflösung für das Gesamtkontext unbedingt notwendig ist. Und manche Fragen dürfen auch offen bleiben, wie Du selbst ganz richtig erklärt hast. Ich weise daher einfach mal darauf hin, was für mich unklar geblieben ist:
    1. Warum ist die Decke, auf der die Bücher liegen, blutbefleckt?
    2. Wenn die Verfolger so schlaue Jungs sind, was hilft es dann, den Rechner aus dem Fenster zu werfen? Die Festplatte ist danach vermutlich noch leicht rekonstruierbar.
    3. Wozu verbrennt ER den Monitor? Bringt das etwas? Da sind ja keine Daten drauf.
    4. Wieso gibt der Monitor noch ein Glimmen von sich? Es scheint ja, als läge er auf dem Boden zu seinen Füßen. Und obendrein im Feuer.
    5. Etwas unverständlich ist, weshalb Du den Rauch in den Vordergrund hebst. Kam Dir das Feuer zu trivial vor? Jedes Kind weiß ja, dass das Feuer die Ursache für den Qualm ist und nicht andersherum. Du scheinst großen Wert darauf zu legen, dass es diesmal anders sein, und dass der Leser das auch anders begreifen soll. Mit viel literarischer Mühe gelingt Dir das sogar irgendwie. Man versucht, sich den Rauch als das lebendige, verschlingende Wesen vorzustellen und die Flammen nur als Dekoration. Bloß, wozu das Ganze? Man argwöhnt – auch wenn man damit völlig falsch liegen mag - dass Du eine schöne Idee für einen Titel hattest, und drum herum die Geschichte geschrieben hast.


Weil sich MosesBob, genau wie ich, schon so schön gefragt hat, ob die zweite Version eine Verschlimmbesserung ist: nein, ist sie nicht. Die Überarbeitung ist meines Erachtens weder eine Verbesserung, noch eine Verschlechterung.

Der Text ist ganz allgemein so lyrik-haltig, dass ich mit gutem Gewissen sagen kann, dass ich ihn selbst nicht so zustande gebracht hätte. Ich spiele normalerweise nicht gar so viel mit inhaltlichen Lücken. Also mit Informationen, die irgendwo zwischen den Zeilen, oder vielleicht noch nicht einmal dort stehen. Ganz einfach deshalb, weil ich es nicht kann. Gleiches trifft auf eine Häufung von Metaphern, Vergleichen, Tautologien und anderen in der Lyrik gängigen Stilmitteln zu. Damit gehe ich der Gefahr aus dem Weg, den Text lyrisch zu überladen. Was bei mir andernfalls in Kitsch ausarten würde, kommt bei Dir völlig plausibel und „natürlich“ rüber. Für eine Kurzgeschichte durchaus erfreulich. In einem Roman empfände ich den Lyrikanteil als ein bisschen zu viel.

Weil ich den Text wegen zu vieler Kritik-Anläufe schon zu oft gelesen habe, tue ich mich inzwischen leider schwer, die Stimmung der zweiten Version zuverlässig zu beurteilen. Ich kann mich aber erinnern, dass die erste Version ziemlich deprimieren und verstörend gewirkt hat. Genau so also, wie Du es vermutlich beabsichtigt hattest. Ich gehe davon aus, dass auch die zweite Version diesem Anspruch genügt.

So. Meinem Versprechen habe ich nun hoffentlich Genüge getan: viel Blabla um ganz wenige, streitbare Kritikpunkte.
Weil ich das Gefühl habe, dass Dir an diesem Text viel liegt, war ich ziemlich korinthenkackerisch. Also bitte die Länge des Beitrags nicht überbewerten, liebe Reggy.

Weil ich dazu noch nicht gekommen bin, bin ich übrigens noch sehr gespannt, was die „Vorleseversion“ zu bieten hat. Abgesehen von einem netten Akzent, natürlich. wink

Liebe Grüße,
Martin
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MosesBob
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Beitrag23.03.2009 16:45

von MosesBob
Antworten mit Zitat

Für solche Dinger liebe ich dich, Olifant - und zwar nicht nur platonisch.

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Das Leben geht weiter – das tut es immer.
(James Herbert)

Die letzte Stimme, die man hört, bevor die Welt untergeht, wird die eines Experten sein, der versichert, das sei technisch unmöglich.
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Der Weise lebt still inmitten der Welt, sein Herz ist ein offener Raum.
(Laotse)
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Olifant
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Beitrag23.03.2009 23:47

von Olifant
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Tja und Hmmm.
Was mich ganz kirre macht ist, dass ich für eine prägnante Kernaussage 2 DIN A4 Seiten brauche, Du dagegen nur einen einzigen Satz, mein Schnuckel. wink


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Liebe Grüße,

Olifant
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Enfant Terrible
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Ein Fingerhut voller Tränen - Ein Gedichtband
Beitrag24.03.2009 10:20

von Enfant Terrible
Antworten mit Zitat

Olifant, in der deutschen Sprache gibt es gar kein ausreichend starkes Wort für "Danke" wie das, welches ich dir schulde. Also drücke ich es alternativ mit einer feuchten Knutschattacke aus Laughing

Zitat:
Abgesehen davon denke ich mir: besser spät, als nie. Wir Männer sind sonst eh meistens zu schnell, nicht wahr?

MosesBob hat eindeutig einen schlechten Einfluss auf dich. wink

Zitat:
Dieses „Wie“ hat mich schon in der ersten Version zum Stolpern gebracht, weil es für mein Empfinden ein „…pulsierte es in seinem…“ bedingt. Das Weglassen des „Wie“ erfüllt dieselbe Funktion. Nach Doppelpunkten geht es übrigens meistens mit Kleinschreibung weiter.

Ich habe mir sagen lassen, dass nach einem Doppelpunkt dann Großschreibung angemessen ist, wenn der Doppelpunkt keine Aufzählung, sondern einen ganzen Satz einleitet, einen Hautsatz so wie er hier bei "Er musste ..." vorliegt.

Zitat:
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob man als Ottonormalleser die Schleimhäute mit den Augen in Verbindung bringen würde. Gerade, wenn es stinkt und raucht wie in der Chemivorlesung, denkt man bei Schleimhäuten sofort an eine Nasen- oder Mundhöhlenreizung, nicht aber an die Augen. Ein Aperitif ist ein Getränk. Für die Metapher wären also die Tränen der geeignetere Aperitif anstelle der Schleimhäut

Und was lernt Krümelchen daraus? Metapher gescheitert. Ich hab's wirklich übertrieben.

Zitat:
Zu wessen Füßen liegt der Haufen CDs? Im Satz zuvor ist vom Monitor die Rede, danach auch wieder. Hat der Monitor also Füße? Das geblendete Auge ist ein schönes Bild für den Monitor, das sich vom Satzbau her allerdings mißverständlich nah an den CDs befindet.
Müsste es nicht „glomm“ heißen? „Glimmte“ klingt ein bisschen komisch, kann aber ggfs. neue RS sein.
„Golgatha“ im Sinne der biblischen Hinrichtungsstätte gefällt mir als Bild für zerstörte CDs. Nur will das Wörtchen „gelöscht“ dazu nicht passen. Wenn er sie ins Feuer geworfen hat, könnten sie auch zu Klumpen verschmort/verschmolzen sein.

Wie kommst du darauf, dass er sie verbrannt hat? Das "glimmen" bezieht sich auf das schwache Flimmern des Monitors. Ich fürchte, ich habe mich da missverständlich ausgedrückt ...  Embarassed
Ach ja, das "zu Füßen" bezog sich auf den Monitor. D.h, die CDs liegen zu Füßen des Monitors. Ein bisschen unklar, weil ich hier bewusst auf einen Namen verzichtet habe und das "er" bzw "sein" manchmal Missverständnisse aufwirft. Ich werde versuchen, das ganze deutlicher zu formulieren.

Zitat:
Die drei Pünktchen sehen gerade an dieser Stelle irgendwie so aus, als sei Dir ein geeigneter Rest für den Satz nicht eingefallen. Außerdem würde nichts dagegen sprechen, den Satz beispielsweise so zu komplettieren: „…, um auch winzigsten Datenfragmenten ihre Geschichte zu entreissen“

Komplettieren wollte ich ihn eigentlich eben nicht, mein Bauchgefühl warnt mich, es wäre dann zu "erklärt" - und das wollte ich, wie du später sehr richtig erkannt hast, als versponnene Lyrikerin eher vermeiden  Very Happy
Ich merke schon, ich mag die drei Punkte zu sehr. (oder sie mögen mich) Ich werde hier einfach einen Punkt setzen.

Zitat:
Den Absatz finde ich recht gelungen. Mitunter, weil hier der klare Bezug zum Titel hergestellt wird. Ich vergesse selbst ganz gerne, dass das wichtig sein kann.

Ich schwöre: Erst war der Titel da, dann der Text.  Embarassed

Zitat:
Meiner Meinung nach, gehört hier unbedingt das PQP hin. Hört sich das Wort im Imperfekt tatsächlich besser an? Finde ich nicht, zumal sich der Zeitfehler in meinen Ohren viel schlimmer anhört, als das harmlose PQP.

Dindingding, ein Punkt für grammatikalische Richtigkeit. Werde das überarbeiten.

Zitat:
Wie groß ist wohl die Wahrscheinlichkeit, dass Leute, die seine Wohnung stürmen, sämtliche Überbleibsel einpacken und rekonstruieren, um ein „Täterprofil“ von ihm zu erstellen, Dinge schweigend notieren? Geht vermutlich gegen Null. Besser wäre es, einen Zusammenhang mit dem vorangegangenen Satz herzustellen: „Wenn er Glück hatte, würde er nicht mehr hier sein, wenn sie kamen. Aber was, wenn sie ihn in die Hände bekamen, ihn zum Erklären zwangen?

Danke, dass du mir den Zusammenhang so klar zeigst, der bei mir auf dem Weg von Hirn zur Tastatur ein bisschen untergegangen zu sein scheint.

Zitat:
Das stört zwar nicht, aber es ist leicht unplausibel. Die Verfolger sind schlaue Leute, die aus jedem Papierschnipsel etwas herauslesen können. Und gleichzeitig sind sie zu blöd, um Verstecke zu finden?

Vorsicht, jetzt gebrauche ich die geläufigste Autorenausrede: Dieser Widerspruch war so durchaus gewollt. Wie man aus dem Text herauslesen kann/können sollte, ist der geistige Zustand des Protagonisten durch die Furcht ums Entdecktwerden ein bisschen ... zermürbt. Seine Gedankengänge sind von der Angst, von Instinkten (und Verstecken ist ein uralter Instinkt) gesteuert, nur mit dem Anschein vor Vernunft. Kann man auf Dauer überhaupt klar und strategisch denken, wenn man sich in einem Zimmer voller Rauch aufhält?

Zitat:
Der fett markierte Ausdruck gefällt mir nicht. Klingt komisch und erinnert zu sehr an eine Filmstar-Retrospektive á la „Preisverleihung für sein Lebenswerk“. Ich schlage vor, mit Rücksicht auf das lyrische Gesamtkonzept auf eine weniger „technisch-organisatorische“ Formulierung zurückzugreifen: z.B. „Sein Leben zu durchwühlen“, „Seine Vergangenheit zu schänden“, „Die Bruchstücke seines Ichs zusammenzusetzen“…

Stimmt, der Ausdruck liest sich lasch nach "Mir ist nichts besseres eingefallen."  Embarassed Werde ich ersetzen.

Zitat:
Stellenweise gibt der Text dem Leser Rätsel auf. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob deren Auflösung für das Gesamtkontext unbedingt notwendig ist. Und manche Fragen dürfen auch offen bleiben, wie Du selbst ganz richtig erklärt hast. Ich weise daher einfach mal darauf hin, was für mich unklar geblieben ist:

      1. Warum ist die Decke, auf der die Bücher liegen, blutbefleckt?
      2. Wenn die Verfolger so schlaue Jungs sind, was hilft es dann, den Rechner aus dem Fenster zu werfen? Die Festplatte ist danach vermutlich noch leicht rekonstruierbar.
      3. Wozu verbrennt ER den Monitor? Bringt das etwas? Da sind ja keine Daten drauf.
      4. Wieso gibt der Monitor noch ein Glimmen von sich? Es scheint ja, als läge er auf dem Boden zu seinen Füßen. Und obendrein im Feuer.
      5. Etwas unverständlich ist, weshalb Du den Rauch in den Vordergrund hebst. Kam Dir das Feuer zu trivial vor? Jedes Kind weiß ja, dass das Feuer die Ursache für den Qualm ist und nicht andersherum. Du scheinst großen Wert darauf zu legen, dass es diesmal anders sein, und dass der Leser das auch anders begreifen soll. Mit viel literarischer Mühe gelingt Dir das sogar irgendwie. Man versucht, sich den Rauch als das lebendige, verschlingende Wesen vorzustellen und die Flammen nur als Dekoration. Bloß, wozu das Ganze? Man argwöhnt – auch wenn man damit völlig falsch liegen mag - dass Du eine schöne Idee für einen Titel hattest, und drum herum die Geschichte geschrieben hast.

Die Fragen zwei und drei lassen sich wieder nur durch die Panik des Protagonisten erklären, der eben nicht ganz logisch handelt. Die folgenden beiden Fragen habe ich schon versucht, vorhin im Golgatha-Statement zu beantworten.
Fünftens ... Ich merke selbst zurzeit, dass meine Shortstories fast schon, hm, pyromanisch wirken, diese hier ist nur die Spitze des Eisbergs. (und ich bete, dass du nicht meinen neuesten Schreibübungstext in die Finger bekommst Embarassed) Überall qualmt was, explodiert was, ist was verkohlt usw. Ich weiß, darauf sollte ich nicht stolz sein, aber diese Symbolik finde ich sehr inspirierend.
Und dass gerade hier mal der Rauch statt dem Feuer im Vordergrund steht, hat durchaus einen Sinn, aber das zu interpretieren würde wieder meinerseits korinthenkackerisch erscheinen, so nach Primadonna. "Ihr erkennt die 20 Sinnebenen nicht ..." deshalb einigen wir uns darauf, dass ich einfach gerne mit dem Feuer spiele  Laughing

Zitat:
Weil ich den Text wegen zu vieler Kritik-Anläufe schon zu oft gelesen habe, tue ich mich inzwischen leider schwer, die Stimmung der zweiten Version zuverlässig zu beurteilen. Ich kann mich aber erinnern, dass die erste Version ziemlich deprimieren und verstörend gewirkt hat. Genau so also, wie Du es vermutlich beabsichtigt hattest. Ich gehe davon aus, dass auch die zweite Version diesem Anspruch genügt.

Ich bin erleichtert, wenn trotz der gravierenden Fehler im Ausdruck und Logik noch diese beklemmende Stimmung vermittelt werden konnte, die ich selbst beim Schreiben hatte.

Ich bin einfach begeistert von deiner Rezension. Dass der Text noch so viele Ungereimtheiten und stilistische Ecken hat, muss ich beim Schreiben glücklich verdrängt haben - du hast jeden Fehler ans Licht befördert. Da mir der Text tatsächlich am Herzen liegt, ist mir das sehr wichtig. Vielen Dank für deine Mühe und die Präzision, mit der du diesen Erguss bearbeitet hast. Ich habe sehr viel dazugelernt.

Auch an den Moses geht ein festes Knuddeln dafür, dass er nochmal drübergelesen hat. Über die Verschlimmbesserung muss ich noch nachdenken, vielleicht ist sie tatsächlich hier der Fall. Danke auch für die vielen Detailfehler, an denen ich jetzt feilen werde.

Ihr seid klasse!


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Beitrag24.03.2009 12:05

von MosesBob
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Terrorkrümel hat Folgendes geschrieben:
Ihr seid klasse!

Du aber auch. Zu dritt werden wir die Welt beherrschen ... aber vorher: Gruppenkuscheln!


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Ein Fingerhut voller Tränen - Ein Gedichtband
Beitrag24.03.2009 12:07

von Enfant Terrible
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