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kapitel 15 - Vom Winde verweht 2/2


 
 
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kydu
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen

Alter: 45
Beiträge: 29
Wohnort: zu weit weg


Der Fluch Von Arabien
Beitrag17.12.2008 19:58
kapitel 15 - Vom Winde verweht 2/2
von kydu
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Als Golsir bemerkte, dass ich die Treppe herunterkam, winkte er mir mit der Hand zu, damit ich wusste, wo er sitzt. Ich ging zu seinem Tisch, er stand auf und gab mir zur Begrüßung einen Kuss auf die Wange.
„Guten morgen, Golsir.“
„Danke, dir auch einen guten Morgen. Hast du gut geschlafen?“ fragte er, als ich mich zu ihm an den Tisch gesetzt hatte.
„Wie ein Baby!“ erwiderte ich.
„Weißt du schon, was du zum Frühstück nimmst?“
„Nein.“ Ich schaute mich um, konnte aber nirgends eine Speisekarte entdecken.
„Was suchst du?“
„ Ähm …“, mir fiel ein, dass es Speisekarten im Jahre 300 nach Christus wahrscheinlich noch gar nicht gab und ich lenkte ihn deshalb schnell ab, „ach nichts, … was kann man hier denn alles essen?“
„Naja, es gibt alles Mögliche. Worauf hättest du denn Appetit?“
Ich überlegte kurz. „Ach, bestell mir einfach das, was du auch isst.“
Golsir musste lachen. „Frauen … aber gut.“ Er rief einen jungen Mann, der offensichtlich so etwas wie ein Ober war und bestellte bei ihm.
„Wie geht es deiner Schulter heute?“ fragte ich ihn.
„Danke. Viel besser als gestern.“
„Ich werde dir nachher den Verband nochmals wechseln.“
Golsir nickte mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck.
„Ach ja, danke für die Kleider!“
„Habe ich doch gerne für dich gemacht. Nur leider Auswahl hier nicht so toll, wie in einem großen Geschäft in der Stadt, denn sonst hätte ich dir natürlich etwas Besseres besorgt.“
„Aber die Kleider sind doch auch ganz schön. Mir gefallen sie jedenfalls. Nochmals vielen Dank, Golsir!“
Dann waren wir für eine Weile still, aßen und sahen uns nur ab uns zu gegenseitig an.
„Weißt du eigentlich, wo wir hier sind?“ fragte ich, nahm mein Glas und trank ein Schluck von einem weißlichen Getränk, das ich mit etwas gutem Willen als Ziegenmilch identifizieren konnte.
„Ja natürlich, das Dorf in dem wir sind, liegt ja nur gut zwei Tage von meinem Palast entfernt.“
„Ich hoffe nur, dass wir nicht wieder vom Kurs abgekommen sind.“
„Nein Kyra, was denkst du? Ich bin schließlich in dieser Gegend groß geworden. Die Nordküste ist nicht mehr weit von hier und das bedeutet, wir sind auch nicht mehr so weit von unserem Ziel entfernt.“
Ich nickte und aß weiter.
„Ich wollte mich auch nochmals bei dir bedanken. Du hast mich wirklich super behandelt und meinem Arm geht es heute wieder richtig gut.“, sagte Golsir mit leiser Stimme.
„Aber, das war doch selbstverständlich.“
„Nein, das war es überhaupt nicht. Nicht jede Frau würde tun, was du für mich getan hast … ähm, kann ich dich mal was fragen?“
„Ja, sicher.“
„Woher weißt du eigentlich, wie man Menschen gesund macht… bist du etwa eine Heilerin?“
Ich schüttelte den Kopf „Nein, so kann man das nicht sagen, aber wie ich bereits erwähnt, habe ich viel zugesehen, wenn andere Kranke geheilt haben.“ Ich wollte Golsir nicht erzählen, dass ich in Wirklichkeit Ärzten war, denn zu dieser Zeit gab es keine Frauen, die heilen konnten und wenn doch, dann wurde sie Hexen angesehen und liefen Gefahr auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden. Ich war mir da zwar nicht hundertprozentig sicher, aber wenn ich mich recht erinnerte, stand es zumindest so in meinem Geschichtsbuch und deshalb wollte ich kein unnötiges Risiko eingehen.
Golsirs Stimme wurde plötzlich wieder etwas leiser. „Avered hat dich nicht angerührt, oder?“
Ich konnte Golsir in diesem Moment nicht ins Gesicht sehen und stocherte in meinem Teller herum. „Woher weißt du das?“
„Avered kam mitten in die Nacht zu mir. Er war sehr wütend. Dann sagte er zu mir, ich sollte dich oder Prinzessin Felestra, wie er dich nannte, noch bis zur Hochzeit unserer Freunde zur Nordseeküste begleiten und dafür sorgen, dass dir auf der Reise dorthin nichts zustößt. Nach dem nächsten Vollmond sollte ich mich aber sofort von dir entfernen, denn ab diesem Zeitpunkt würdest nur noch ihm allein gehören. Und um seinen Worten die nötige Ausdruckskraft zu verleihen, ließ er mir von seinen Leuten den Arm auskugeln, indem sie mir ein Seil an den Arm banden, es an einem Felsen befestigten und mich dann in die Schlucht stießen.“
Als ich das gehört hatte, war ich entsetzt. „Aber …“, stotterte ich, „ich dachte, er darf dir Nichts antun, weil du doch auch ein König bist.“
„Er darf mich nur nicht töten und das hat er ja auch nicht getan.“ sagte er und lächelte dabei ziemlich verklärt. „Aber wieso hast du mir eigentlich nicht gesagt, dass du Felestra bist?“
„Ganz einfach. Weil ich nicht Felestra bin.“
„Lüg mich bitte nicht an. Ich kenne jede Prinzessin in ganz Arabien. Nur Felestra nicht, da ihr Vater sie geheim hält und niemand sie je zu Gesicht bekommen hat. Du trägst die königliche Narbe an der Schulter. Ergo musst du Felestra sein.“
Ich sah ihn verblüfft an. „Woher weißt du von meiner Narbe?“
„Die habe ich gesehen, als du in der Höhle vor Kälte fast gestorben wärst und ohnmächtig wurdest.“
Ich wusste nun nicht mehr, was ich sagen sollte, denn es war aus seiner Sicht wirklich nur logisch erklärbar, dass ich Felestra sein musste. Ich sah Golsir an und lächelte.
„Also gut Felestra“, fuhr er fort, „ich finde, du solltest mir jetzt langsam die Wahrheit sagen! Wieso reist du durch halb Arabien? Was bezweckst du damit?“
„Wenn ich dir das erkläre, würdest du das nicht verstehen.“
„Bitte versuche es trotzdem.“
„Aber das habe ich schon und ich dachte, du hättest mich verstanden. Wie ich aber gerade feststellen musste, habe ich mich da wohl getäuscht.“
„Wann hast du versucht, mir die Sache zu erklären?“
Ich holte tief Luft, sammelte mich und versuchte Golsir die ganze Geschichte noch einmal darzulegen. „Ich bin die Auserwählte. Ich komme aus der Zukunft und habe die Aufgabe, Felestras Hochzeit zu verhindern und damit Andavalerios´ Fluch zu brechen. Dazu habe ich aber nur bis zum nächsten Vollmond Zeit. Das heißt, wir dürfen nicht mehr lange warten und müssen spätestens heute Abend von hier weg!“
„Ach … die Geschichte schon wieder. Das ist doch nicht dein Ernst, oder Kyra?“
Er wollte mir einfach nicht glauben! Ich seufzte und stand auf. „Gut Golsir, wenn du mir nicht vertraust, trennen sich unsere Wege hier. Ich werde heute Abend jedenfalls aufbrechen. Mit oder ohne dir!“
„Mmh … es tut mir leid, aber du wirst hier heute nicht weg können.“
„Und wieso bitte nicht?“
„Ein schwerer Sturm kommt auf uns zu. Wir müssen hier bleiben.“
Ich wurde richtig wütend! „Und wie lange soll dieser dumme Storm jetzt wieder dauern?  Bis morgen früh muss er sich doch spätestens gelegt haben, oder?“
„Nein, sicher nicht. Zu dieser Jahreszeit sind solche Stürme keine Seltenheit und in der Regel halten sie so drei bis fünf Tage an.“
„Drei bis fünf Tage?“ Mir stockte der Atem, denn so lange durften wir keinesfalls warten. Ich stand auf und schaute zum Fenster hinaus. „Aber das Wetter ist doch wunderbar, keine einzige Wolke ist am Himmel zu sehen.“
Golsir erhob sich vom Frühstückstisch und blickte ebenfalls nach oben. „Ich denke, heute Abend dürfte es losgehen.“
„Nein ... das kann nicht sein!“ schrie ich, denn nun war ich außer mir vor Zorn und musste einfach Dampf ablassen. Einige Leute, die an den Tischen ringsherum um uns saßen, drehten sich erschrocken zu uns, um zu sehen, was los war.

Ohne mich weiter um Golsir zu kümmern, lief ich nach oben in mein Zimmer und packte so schnell ich konnte meine Sachen. Als ich fertig war, rannte ich in den Hinterhof des Gasthauses, um im Stall mein Pferd zu satteln. Ich war so wütend und verzweifelt, dass ich gar nicht mitbekommen hatte, dass Golsir mir gefolgt war. Er nahm mir die Zügel weg und stauchte mich richtiggehend zusammen. „Kyra, sei jetzt bitte vernünftig! Wir müssen hier bleiben, bei einem Sturm durch die Wüste zu reiten ist lebensgefährlich.“
„Dann reite ich eben alleine, wenn du zu feige bist!“ schrie ich zurück, riss ihm die Zügel wieder aus der Hand und wollte aufsteigen, doch Golsir packte mich mit seinem gesunden Arm und hielt mich fest.
„Ich werde das nicht zulassen, Kyra!“
Ich versuchte mich loszureißen, doch Golsir hielt mich selbst mit einer Hand eisern fest. Ich bekam Panik, denn wenn ich jetzt nicht losreiten konnte, war alles verloren! „Lass mich los, Golsir!“
„Niemals!“
Da zog ich blind vor Zorn meinem Dolch aus dem Gürtel und stach damit Golsir in die Hand. „So … das hast du nun davon!“
Er schrie laut auf, ließ mich los und betrachtete sich seine Wunde, die stark blutete. Dann schaute er mich verwundert und zugleich auch erschrocken an, denn nie hätte er es für möglich gehalten, dass ich zu so einer Tat imstande gewesen wäre.
Ich hielt den Dolch immer noch drohend in die Luft und schaute Golsir böse an. „Du hast mir keine andere Wahl gelassen. …Versteh doch endlich, dass mein Leben davon abhängt ob ich Felestra rechtzeitig finde.“
Golsir stand immer noch da, sah mich an und sagte kein Wort. Er war traurig und verletzt über mich und das, was ich eben getan hatte.
Als ich langsam realisierte, dass ich soeben einen Menschen, den ich sehr gerne hatte, etwas derartig furchtbar Schlimmes angetan hatte, begann ich zu zittern und dicke Tränen kullerten mir über das Gesicht. Ich nahm den Dolch langsam herunter und ließ ihn laut scheppernd zu Boden fallen. Dabei sah ich Golsir tief in die Augen und mit zitternder Stimme versuchte ich mich zu entschuldigen. „Es ... es tut mir so leid … ich wollte dich nicht verletzen.“
Ich sah in Golsirs Gesicht, dass er mir bereits verzeiht hatte. Er kam auf mich zu und umarmte mich ganz fest. In diesem Moment konnte ich mich zum ersten Mal in meinem Leben richtig fallen lassen. Ich weinte in Golsirs Armen, wie ich es noch nie zuvor getan hatte und ließ meinen Gefühlen freien Lauf. In letzter Zeit war mir einfach alles über den Kopf gewachsen. Der Fluch, die Reisestrapazen und vor allem diese ständige Angst und Unsicherheit hatten mich an den Rande eines Nervenzusammenbruchs gebracht. Golsir spürte das und zeigte mir nun, dass ich ihm vertrauen konnte und dass er mich niemals im Stich lassen würde.
So standen wir eine Zeit, Arm in Arm, bis es mir wieder besser ging. Golsir nahm den Verband von seiner Schulter ab, ließ ihn auf den Stallboden fallen, dann hob er mich zärtlich hoch und trug mich sanft auf seinen Händen in meinem Zimmer zurück.
Dort legte er mich auf mein Bett und setzte sich neben mich. Mein Kopf ruhte auf seiner starken Brust und mit meiner Hand hielt ich mich immer noch ganz fest an seinem Umhang fest. Eigentlich war ich nicht so anhänglich und ich hatte das auch noch nie bei einem anderen Mann so gemacht, aber etwas tief in mir konnte nicht loslassen und brauchte den Halt, den ich in dieser schweren Stunde bei Golsir fand.  
Ich weiß nicht mehr, wie viel Zeit wir so aneinander gekuschelt verbracht haben mochten, aber irgendwann hob ich langsam den Kopf und sah ihn an. Er schenkte mir sein schönstes Lächeln und gab mir damit zu verstehen, dass zwischen uns wieder alles in Ordnung war. Dann wischte er die Tränen zärtlich mit seiner Hand von meinem Gesicht. Ich genoss jede seiner Berührungen und gab keinen Laut von mir.
Da erinnerte ich mich wieder an die Verletzung, die ich Golsir zugefügt hatte. Ich betrachtete mir seine Hand, die zwar rot vor Blut war, aber durch ein Tuch, das er darum gewickelt hatte, gelang es ihm anscheinend die Blutung zu stoppen.
„Es tut mir leid“, sagte ich leise und streichelte vorsichtig über seinen verletzten Arm.
„Ach schon gut, ist ja nur halb so schlimm.“
„Den Verband hast du gut gemacht.“
„Ich weiß, ... das habe ich ja auch von dir gelernt.“ Golsir legte meinem Kopf behutsam auf das Kissen und ich machte langsam meine Augen zu. Ich spürte noch wie er mir eine warme Decke überlegte und hörte das Feuer im Kamin, das Golsir gemacht hatte, weil ein Sandsturm auch immer die Kälte mit sich brachte, bevor ich erleichtert und glücklich einschlief.  
Spät am Abend erwachte ich und hörte den Wind, der draußen bereits ziemlich stark wehte. Das Fenster hatte Golsir mit einer Holzplatte vernagelt, um zu verhindern, dass er in das Haus herein blies. Ich stand auf, wickelte mir die Decke um die Hüften und setzte mich vor den offenen Kamin. Das Feuer darin knisterte so schön und ich genoss die wohlige Wärme und die urige Atmosphäre, die es im Raum verbreitete. All das war so romantisch! Ich dachte, wenn ich jetzt noch eine romantische CD in den Rekorder einlegen könnte, wäre mein Leben wirklich perfekt. Ich musste lachen, weil ich mir vorstellte, wie Golsir wohl gucken würde, wenn ich ihn jetzt fragen würde, wo denn die nächste Steckdose ist.
Da klopfte jemand an die Tür.
„Kann ich reinkommen?“ Es war Golsir.
„Ja, natürlich!“ Er machte schnell die Tür hinter sich zu, denn er wollte nicht, dass das warme Zimmer kalte Zugluft abbekommen würde. Als Golsir im Zimmer war, rannte er zum Kamin und rieb sich die Hände über dem Feuer.
„Mann, ist das kalt draußen!“
Ich nickte. „Gut, dass wir den Kamin haben.“  
„Das ist wohl war. Leider haben nicht alle Zimmer in diesem Haus eine eigene Feuerstelle und deshalb sitzen die meisten Gäste unten im Saal vor dem großen Ofen.“
„Und“, fragte ich Golsir, „hat dein Zimmer einen Kamin?“
Dieser fing an zu lachen. „Nein, wäre ich sonst hier bei dir?“
„ Aha!  Und ich dachte schon, du wärst wegen mir hier her gekommen.“
Golsir versuchte eine möglichst ernste Miene aufzusetzen. „Wegen dir? Aber nun wirklich nicht …“
„Hey!“ Ich nahm mir ein Holzscheid vom Boden und schmiss es in seine Richtung, traf ihn aber nicht.
„Ach Mädel“, lachte Golsir, „du darfst nach mir werfen, was immer du willst … du triffst ja sowieso nicht.“
Wir neckten uns noch ein wenig, bevor wir uns wieder vor den Ofen setzten und schweigend ins Feuer schauten.
Dann wurde Golsir auf einmal nachdenklich. „Ich werde mir das nie verzeihen können.“
Ich verstand nicht, was er meinte, sah ihn an und fragte, was er mir damit sagen hatte wollen.
Golsir ließ den Kopf hängen und seufzte tief. „Ich konnte es bereits dreimal nicht verhindern, dass dich fremde Männer angerührt haben.“
„Ja, aber es ist doch nie etwas passiert.“ versuchte ich ihn zu trösten.
„Dennoch …“
Ich warf ein weiteres Stück Holz ins Feuer.
„Wieso“, fuhr Golsir traurig vor, „hast du mir nicht von Anfang an erzählt, wer du bist?“
„Du hättest es mir nicht geglaubt. Oder? Du glaubst mir doch noch nicht mal jetzt …“
„ Doch, jetzt weiß ich alles über dich.“
„Nein Golsir, du kennst mich leider gar nicht.“ sagte ich und begann dabei fast zu weinen, weil ich wusste, dass ich damit leider recht hatte.
Glosir blieb für ein Moment still und dachte nach. Dann sagte er voller Liebe und Herzenswärme: “Oh doch, ich weiß wer du bist … Du bist ein Mensch, der sich ohne mit der Wimper zu zucken für einen fremden Mann opfern würde und nichts dafür verlangt. Deshalb weiß ich, dass du Herz und Stärke besitzt. Ich habe noch nie in meinem Leben eine Frau gesehen, die so viele Sorgen hat wie du, und trotzdem bist du gut gelaunt und verschleierst deine Probleme hinter einem Lächeln. Egal was kommt, du wirst nie kleinbeigeben. Ich weiß auch, dass du viel durchgemacht haben musst und obwohl ich deine Aufgabe immer noch nicht klar erkennen kann, bin ich mir sicher, dass sie etwas sehr Wichtiges sein muss! So wichtig, dass du dafür sogar jederzeit dein Leben riskieren würdest.“ Golsir schluckte und es schien fast so, als ob er mit den Tränen kämpfen müsste. „Ich vertraue dir Kyra … auch wenn du mir nicht vertraust und sagst, wer du wirklich bist. Vielleicht hast du mir während der Reise ja auch tatsächlich einmal die Wahrheit erzählt, aber ich war wohl zu töricht und habe dich nicht verstanden. … Und es tut mir auch ernsthaft leid, falls ich dich damit gekrängt haben sollte.“
Als Golsir mit seiner Entschuldigung fertig war, bemerkte er, dass auch mir ein paar Tränen über die Wange liefen. „Hey Kyra! Es tut mir leid, ich wollte dich mit meinen Worten nicht zum Weinen bringen.“
„Hör bitte endlich damit auf, dich bei mir zu entschuldigen! Wenn sich jemand Grund dazu hätte, dann ja wohl ich. Wäre ich in der Höhle nicht ausgerutscht, hätten wir nie Avered und die Gilde Innos getroffen und …“
„Pscht … nicht weiter reden.“ Golsir streichelte mich zärtlich über das Gesicht. „Kyra, hör mir jetzt bitte gut zu! Es war nicht deine Schuld, sondern das Schicksal wollte es so.“ Er neigte seinen Kopf leicht zur Seite. „Und jetzt zeig mir bitte dein wunderschönes Lächeln … denn das habe ich so sehr vermisst.“
Auch wenn mir eigentlich nicht danach zumute war, allein der Anblick, wie Golsir mir anstarrte und darauf wartete, reichte schon, um mich wieder zum Lachen zu bringen.

Etwas später verließ mich Golsir und ging in sein eigenes Zimmer zurück. Ich saß noch lange auf der Decke vor dem Kamin und dachte über das, was er gesagt hatte, nach. Und auch über Felestra, denn ich wusste, dass meine Mission gescheitert und Alles aus und vorbei war. Ich konnte es nicht mehr schaffen, sie rechtzeitig zu finden.
Das Einzige, das mir jetzt übrigblieb, war tatenlos auf das Eintreffen von Andavalerios zu warten. Mehr konnte ich nicht mehr tun. Oder etwa doch? Plötzlich fiel mir ein, dass ich doch noch etwas Wichtiges zu erledigen hatte. Wenn ich schon den Fluch nicht aufhalten konnte, war ich wenigstens in der Lage Golsirs Leben zu retten! Dazu musste ich Avered töten, bevor der seinerseits Golsir ermorden konnte, so wie es mir Raihan aus den alten Überlieferungen erzählt hatte.

Die ganze Nacht ließen mich meine Sorgen kein Auge zu machen. Draußen heulte der Sturm und drinnen wälzte ich mich ruhelos hin und her, bis ich frühmorgens doch noch etwas Schlaf finden konnte. Als ich aufwachte, sah ich zum meinem großen Erstaunen, dass ich doch tatsächlich auf der Decke vor dem Kamin geschlafen hatte. Ich wollte aufstehen und, „auua!“, bekam dabei plötzlich fürchterliche Kopfschmerzen. „Verdammt.“ Nach ein paar Minuten hatte ich es zumindest geschafft, mich anzuziehen. Der Wind hatte sich nicht beruhigt und tobte noch immer. Unten konnte ich die anderen Gäste hören, die anscheinend schon alle beim Frühstück waren. Aber zu denen wollte ich jetzt keinesfalls hinunter gehen und Hunger hatte ich auch keinen.  Also legte ich mich auf mein Bett, starrte an die Decke und gab mich wieder meinen trüben Gedanken hin.  
Nach einer Weile klopfte es an der Tür. Es war Golsir, der ein Tablett in Händen hielt.
„Du warst nicht im Speiseraum, da habe ich mir gedacht, ich bring dir was zu essen herauf.“
„Danke, aber ich habe keinen Hunger.“
Golsir stellte mein Frühstück auf den Tisch und setzte sich zu mir aufs Bett. „Geht es dir nicht gut, Mädel?“
„Ich habe ziemlich fiese Kopfschmerzen. Kannst du bitte unten mal nachfragen, ob die eine Paracetamol für mich haben?“
Golsir sah mich verwirrt an. „Eine Para … para ... Was ist das bitte?“
„Paracetamol“, ich musste trotz der argen Schmerzen etwas lachen. „Die helfen gegen Kopfschmerzen.“
„Gegen Kopfschmerzen hilft nur Selemeke!“
„Aha … und woher kriege ich das bitte her?“
„Warte Kyra, ich hole dir schnell ein Glas.“
Golsir verschwand, kam nach ein paar Minuten wieder, ich lag noch immer mit starker Migräne im Bett, und brachte mir ein mittelgroßes Gefäß ins Zimmer.
„Hier bitte, nimm das und es wird dir bald besser gehen.“
Ich nickte, nahm das Gefäß und trank daraus. Dieses Selemeke schmeckte fast ein wenig nach Kamile, aber nach dem Geruch zu urteilen war das eher etwas ganz Anderes. Ich tippte auf eine Mischung aus Pfefferminze und Zitrone, hielt es aber für besser, wenn ich Golsir erst gar nicht nach den Inhaltsstoffen fragte. Schließlich hatte ich das Zeug ja gerade getrunken und wollte mir noch eine zusätzliche Übelkeit ersparen.
„Der Sturm hat sich bereits etwas beruhigt.“, versuchte Golsir mich zu beruhigen, „Ich denke, er dauert nicht mehr lange und wenn er vorbei ist, können wir weiter.“
Ich lächelte Golsir nur an. „Weiter? … Es gibt kein weiter mehr, … es ist vorbei, Golsir. … Alles ist vorbei! Und wenn der Wind sich gelegt hat, kannst du nachhause gehen.“
„Vorbei? Nichts ist vorbei. … Ich meine in zwei bis spätestens drei Tagen sind wir bestimmt an der Nordküste und dann …“
Ich holte tief Luft und puste meinen Unmut und meine Frustration heraus. „Also, entweder willst du nicht kapieren, was ich dir sage oder du verstehst mich sehr wohl und tust nur so dumm. Anders kann ich mir deine Reaktion einfach nicht erklären, Golsir.“
Dieser schüttelte verwundernd den Kopf. „Kyra, ich weiß, du willst unbedingt nach Aschrafie, um dort Felestra zu treffen und dir bleibt dazu nicht viel Zeit. Mmh, vielleicht weiß ich aber auch wirklich nicht, wer du bist, denn deine Worte und dein Verhalten passen so gar nicht zu einer Prinzessin. Aber ich verspreche dir, ich werde nicht nachhause gehen bis ich dich an dein Ziel gebracht habe. Das bin ich dir einfach schuldig!“
Ich öffnete meine Augen, richtete mich auf und sah Golsir an. „Meine Reise ist hier vorbei, mein Ziel ist nicht mehr zu erreichen. Du schuldest mir gar nichts und kannst mich beruhigt alleine lassen.“
Golsir setzte sich neben mich, so nah, dass sich unsere Hüften streiften. Er nahm meine Hand und streichelte sie. „Vielleicht …“, sagte er, „vielleicht will ich dich aber gar nicht allein lassen.“
„Wie bitte?“ Erschrocken über das, was er da eben gesagt hatte, zog ich schnell meine Hand aus seiner weg, sprang aus dem Bett und ging zum Kamin. Ich nahm mir ein Holzscheit, das an seiner Seite lag und warf es ins Feuer. „Hast du eigentlich keine Verpflichtungen, Golsir? … Ich meine, du bist ein König, dich muss doch langsam jemand vermissen? Dein Volk, dein Hofstaat, deine Familie …“
„Naja, kann sein, dass mich meine Mutter vermisst.“
„Na also … dann musst du schnell zu ihr nachhause zurück.“
Golsir grinste. „Ich bin zuhause. Dieses Dorf gehört zu meinem Land. Und wie du mitbekommen hast, bin ich gerade erst ein paar Tage weg. Die schaffen das auch mal ohne mich.“
„Ja klar. Wieso erkennen die Menschen hier in diesem Dorf eigentlich ihren eigenen König nicht? Und noch was: Bestimmt vermissen dich auch deine Diener, deine Wachen … und deine … ähh … Hunde.“ Hast du übrigens Hunde?“ Ich musste mir größte Mühe geben, um nicht zu lachen.
„Nun, ja ich habe Hunde, aber die kriegen ihr Futter auch, wenn ich mal nicht da bin. Wie dir vielleicht aufgefallen ist, trage ich auf Reisen immer gewöhnliche Kleider, um nicht aufzufallen. Außerdem halten sich in diesem Dorf zu meinem Schutz viele Wachen auf, auch wenn du auf so etwas nicht achtest und sie anscheinend bis jetzt noch gar nicht bemerkt hast.“
„Das mag ja alles stimmen, Golsir, aber … ich denke, wenn der Sturm sich gelegt hat, sollten wir trotzallem getrennte Wege gehen.“
„Wieso willst du mich loswerden?“
„Das stimmt dich gar nicht. Aber ich reise nun mal in den nächsten Tagen zurück in meine Heimat.“
„Ach so … also das war es dann auch schon mit uns?“ fragte Golsir leise und mit einer gewissen Trauer in der Stimme.
„Ja, falls es zwischen uns einmal mehr als Freundschaft gegeben haben sollte, jetzt ist es vorbei.“
Golsir schluckte. „In Ordnung! Wenn du es so willst, akzeptiere ich das, ... nur habe ich eine kleine Bitte an dich.“
Ich drehte mich vom Kamin wieder zu ihm und sah ihn an. Am liebsten hätte ich ihm etwas wie, „Alles, was du willst.“, gesagt, aber hielt dann doch „Ich höre“ für eine bessere Antwort.
„Wenn der Sturm vorbei ist, wird es hier eine kleine Feier geben. Damit zeigen die Dorfbewohner den Göttern ihre Dankbarkeit, denn wir glauben, dass ein Sturm nicht nur den Sand sondern auch Krankheiten und Unglück wegweht. Ich möchte dich bitten, mich auf zu dieser Feier zu begleiten.“ Golsir sah mir tief in die Augen und zuckte dabei mit keiner Wimper. Ich überlegte für ein Moment, dann nickte ich mit einem Lächeln. „In Ordnung.“



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A
Beitrag17.12.2008 22:22

von Ayemea
Antworten mit Zitat

Hey,

wollte dir nur kurz sagen, dass ich immer noch dabei bin.

 smile


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kydu
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Der Fluch Von Arabien
Beitrag29.12.2008 19:55

von kydu
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Ayemea hat Folgendes geschrieben:
Hey,

wollte dir nur kurz sagen, dass ich immer noch dabei bin.

 smile


freu  Very Happy


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