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Nordlicht Waldschrätin
Beiträge: 3755
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01.12.2008 23:23 Überraschungsmomente von Nordlicht
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So, dann mal her mit der Kritik, ihr Lieben!! Hab nun aus meinem Zettelwust was abgetippt und wuerd mich freuen, Eure unverbluemte Meinung zu hoeren...
“Sweetie, da draussen ist ein Schneemobil, und es kommt direkt auf unsere Cabin zu!” Mit zitterndem Finger deutete ich auf den sich schnell nähernden Scheinwerfer, der genau auf mich gerichtet zu sein schien.
"Was? Wo?" Sam überlegte sofort, wer es wohl sein koennte - nicht, dass es da sonderlich viele Kandidaten gab, die sich über das zugefrorene Seensystem und durch die verschneiten Berge zu uns durchschlugen.
In der modernen Gesellschaft scheint das Verhaltensprotokoll für Besuche bei verwilderten Einsiedlern etwas in Vergessenheit geraten zu sein. Zweifelsohne liegt es mit an dem rapiden Dahinschwinden solcher Waldschrate in den letzten fünfzig Jahren, und natürlich sind Isolation und eine relative Unzugänglichkeit die Grundbestandteile des Lebens im Busch und erschweren Besuche.
Als ich vor ein paar Wintern eine Weile alleine zu Hause war und seit fünf Wochen keinen andern Menschen mehr gesehen hatte, wurde mir eine Art Besuch zuteil, die ich nicht zur Nachahmung empfehlen kann.
Beim Abwaschen hörte ich plötzlich einen aufheulenden Motor direkt vor der Hütte, und in dem Moment, in dem ich mich zum Fenster umdrehte, stieg schon eine behelmte Gestalt vom einem direkt vor der Hütte geparkten Schneemobil. Benommen versuchte ich mir etwas Zeit zu verschaffen, mit dieser unerwarteten Invasion fertig zu werden: ich liess die vier Hunde raus. Während die bellende Meute ihre Nasen in lauter unhöfliche Stellen bohrten und aufgeregt den Eindringling umtanzten, kämpfte dieser sich schon zur Haustür vor und barst, zeitgleich mit seinem Klopfen, in die Hütte.
Wie sich herausstellte, handelte es sich um den neuen Wildhüter, frisch von seinem Schreibtisch entfesselt, der seinen Wirkungskreis kennenlernen wollte. Es folgten mühselige 20 Minuten, in denen er dankend einen Sitzplatz und eine Tasse Kaffee oder Tee ablehnte (äusserst ungehobeltes Verhalten im Busch). Er blieb stattdessen die ganze Zeit eingekeilt in der Türecke stehen, die Hunde in aufmerksamem Halbkreis vor ihm sitzend, während er ständig an seinem Schal, der Schwimmweste und Jacke nestelte. Die Hunde erinnerten sich offenbar noch gut daran, dass früher bei unserem Nachbarn im Ort derartiges Beschäftigtsein mit Kleidung stets mit der Zutageförderung von Hundekeksen endete. Doch der Wildhüter produzierte nichts dergleichen. Schliesslich entschied er sich weiterzufahren und liess mich wie vor den Kopf geschlagen in meiner einsamen Hütte zurueck.
Unser Überraschungsbesuch an diesem Märznachmittag stellte sich jedoch als unser Trappernachbar Rick heraus, was wir nicht nur an seinem uns vertrauten Schneemobil erkannten, sondern auch an der Art, wie er unten am Seeufer parkte und dann einige gemächliche Minuten bei seiner Maschine verbrachte.
Diese guten Umgangsformen (eine umständliche Prozedur aus dem Parken zu machen, die Kleidung zurechtzurücken, sich die Nase zu putzen und die Glieder zu strecken), vollzogen im Abstand von mindestens 100m zur Cabin und vorzugsweise an einer gut sichtbaren Stelle, geben dem geschockten Hirn eines Einsiedlers Zeit, das unerwartete Auftauchen eines anderen Menschen zu verdauen. Besucher mit langsameren Verkehrsmitteln wie Hundeschlitten oder Skiern rufen nicht ein derartiges Gefühl des Eindringens hervor, da sich ihr Näherkommen meist über einige Zeit beobachten lässt und sich die Entdeckung, dass sich ein Mensch nähert, langsam setzen kann.
Aber so oder so ist es empfehlenswert, in reichlich Abstand zur Cabin zu rufen, den Schnee von den Stiefeln zu stampfen und zu warten, bis der wildäugige Einsiedler die Tuer öffnet und herein bittet. Das gibt uns Buschleuten auch die Gelegenheit, die Innerein der Kettensäge vom Küchentisch zu fegen, krampfhaft nach Gesprächsthemen ausser Elchen und Schneeverhältnissen zu suchen, und möglicherweise sogar ein Kleidungsstueck überzustreifen, das etwas weniger mit Hundehaaren und Saegespänen verfilzt ist.
Aber da Rick ein Waldschrat ist wie wir, konnten wir uns derartige Täuschmaneuver, um normal zu erscheinen, sparen. Im Nu hatten wir Rick mit einer Tasse Kaffee auf der Couch installiert, wo er seinen Anteil an Hundehaaren zu der Kollektion, die schon an den Sofakissen hing, beisteuerte. Bald waren wir in den äusserst befriedigenden Austausch von Wildnisneuigkeiten vertieft: die mysteriöse Abwesenheit von Elchskühen mit Kälbern diesen Winter, die Gewohnheiten der Habichtseule, Spuren eines Vielfrasses an vielen Orten und wilde Vermutungen, wann wohl die Grizzlies aus dem Winterschlaf kaemen.
Wie schön doch so ein unerwarteter Besuch im Busch war, wenn man nur genügend Zeit hatte, sich wieder zu fassen.
Weitere Werke von Nordlicht:
_________________ If I waited for perfection, I would never write a word - Margaret Atwood |
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Pütchen Weltenbummler
Moderatorin
Beiträge: 10312 NaNoWriMo: 40788 Wohnort: Im Ländle
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04.12.2008 21:55
von Pütchen
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Hi Nordlicht,
tolle Geschichte. Ich konnte mich so richtig reinfinden. Vor allem die Szene, wie ihr euch das Aufstylen erspart
Ja, das ist wohl bei allen, die etwas anders leben, ähnlich. Unter den Seglern auch. Habe da viele Parallelen entdeckt
Jetzt lese ich mich mal gespannt weiter ...
Liebe Grüße, Pütchen
_________________ ****************************************************************
"Die Menschen bauen zu viele Mauern und zu wenig Brücken."
(Isaac Newton, 1642-1726)
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Gast
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16.12.2008 20:20
von Gast
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Sehr schön. Das ist wirklich ausgewogen, so richtig aus dem Leben.
Ich würde mir solche Umgangsformen allerdings nicht nur im Busch wünschen (ich finde es lustig, daß Du Busch sagst, weil Busch hier bei uns in Afrika die karge Savanne ist und kein tiefer kanadischer Wald), sondern auch allgemein.
Manche Leute meinen anscheinend, man wäre immer auf Besuch eingerichtet und auch immer bereit, welchen zu empfangen. Oder ans Telefon zu gehen. In der Beziehung ziehe ich die Einsiedelei vor. Ich hasse Telefon und manchmal hasse ich Leute, die einfach so vorbeikommen, wenn man halbnackt (weil es so heiß ist) im Haus herumläuft (oder auch ganz nackt, wenn die Temperatur über 45 Grad geht) und sich dann schnell anziehen muß, alles stehen und liegen lassen muß, nur weil der Besuch Aufmerksamkeit verlangt.
Ich glaube, selbst wenn man sich ganz in die Wüste zurückziehen würde, kämen immer noch Leute vorbei, die einen unbedingt besuchen wollten. Schreckliche Brut, diese Menschen.
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Nordlicht Waldschrätin
Beiträge: 3755
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17.12.2008 21:15
von Nordlicht
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Danke ihr zwei (sonst noch wer mit einer Meinung? nehme auch gern negatives); das ist eine von meinen Zeitungskolumnen, so in der Art ist eigentlich der Grossteil von dem, was ich schreibe.
Hatte extra diese drei Texte reingestellt in der Hoffnung, dass mir die Kommentare weiterhelfen, was auch der Fall ist. (Habe angefangen, an einem Buch zu arbeiten, wo ich ploetzlich an allem sehr unsicher wurde)
Wie schoen, dass es euch beiden mit den Ueberraschungsbesuchern genauso geht Aber +45 Grad...oh wei, da koenntest du mich aber vom Fussboden abkratzen!!!
_________________ If I waited for perfection, I would never write a word - Margaret Atwood |
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Gast
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18.12.2008 09:06
von Gast
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Na ja, es ist nicht immer so heiß, meistens ist es recht angenehm hier. Viel angenehmer als die meisten Leute sich Afrika vorstellen. Da hier Wüstenklima herrscht, ist es eine trockene Hitze und die kann man gut aushalten. Das hat nichts zu tun mit der feuchten Hitze oder Schwüle im Sommer in Europa oder in den Tropen. 40 Grad in der Wüste läßt sich wirklich gut aushalten, bei 30 Grad in Europa bin ich zusammengebrochen.
Was Dein Buch betrifft: Ist das eine erfundene Geschichte oder eher so etwas Biographisches wie dieses hier? Wenn Du eher so aus dem Leben schreibst, dann kann ich verstehen, wenn Du unsicher wirst, sobald Du etwas erfindest. Oder gibt es einen anderen Grund für Deine Unsicherheit?
Ich meine, das ist natürlich normal, daß man unsicher ist, wenn man das erste Mal (?) ein Buch schreibt, aber das gibt sich mit der Zeit.
Liebe Grüße
Angela
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Nordlicht Waldschrätin
Beiträge: 3755
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18.12.2008 23:51
von Nordlicht
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Meine Unsicherheit bei der Erstgeburt von Buch kommt daher, dass ich gewoehnt bin, Beitraege (mehr oder weniger sachlich) im
Umfang von ca 800 Worten zu schreiben. Jegliche blumigen Bauchnabelbetrachtungen sind in der Zeitung und Magazinen unerwuenscht.
Das Buch werden "meine Memoiren" *grins*, aber weil ich so auf kurze thematische Beitraege trainiert bin, waren die ersten Versuche grauslich - gepfeffert mit Infos, wieviel Ladung ein Hubschrauber traegt, warum im Winter Nebel ist, wie man die Koeter bei Wild unter Kontrolle haelt...das alles komprimiert auf den 2 ersten Seiten Hoechstens noch als Nachschlagewerk fuer Waldschratneulinge zu verwenden....
Inzwischen flutscht es etwas besser, aber es ist trotzdem was ganz anderes, als Artikel zu schreiben. Immerhin bringt's inzwischen Spass, das ist ja die Hauptsache
_________________ If I waited for perfection, I would never write a word - Margaret Atwood |
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Gast
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19.12.2008 19:11
von Gast
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Ja, das ist wahr. Du weißt, wie man einen Hund bei Wild unter Kontrolle hält? Verrätst Du mir das Geheimnis? Das habe ich bei meinem Hund noch nicht geschafft. Wie machst Du das?
Liebe Grüße
Angela
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Nordlicht Waldschrätin
Beiträge: 3755
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20.12.2008 00:19
von Nordlicht
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Da mache ich mal einen Thread im Small Talk zu auf, damit das hier nicht zu sehr mutiert; vielleicht hilft's noch dem einen oder der andern Hundehalterin...Mensch, da eroeffnen sich noch ganz neue Absatzmaerkte fuer das Buch...Hundemenschen
_________________ If I waited for perfection, I would never write a word - Margaret Atwood |
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