Die Vorratskammer

[Norhild]

Die Vorratskammer


Dort drüben
schläft die Seele eines Mörders.
Zwischen den Gurkengläsern.
In Aspik.

Im Eck, da hinten,
gammelt eine Hand voll Seelen armer Jünglinge.
Das Salz brennt schon lange nicht mehr.
Nun sind sie haltbar.

Und hier,
hier ruht die Seele eines Nazis.
Der Gelierzucker hat ihr zugesetzt.
Sie fühlt sich wohl.

Vorne, auf der Anrichte,
schwimmt die Seele eines Liebenden.
In einer Flasche.
Völlig berauscht.

Ich habe sie euch allen aus dem Leib gevögelt.
Wo,
wo habt ihr meine?

[MosesBob]

Schönen guten Morgen, Norhild!

Das Bild der Vorratskammer mit ihren unterschiedlich improvisierten Seelenfriedhöfen gefällt mir unheimlich gut. Dafür schon mal einen satten Applaus. Ich weiß nur nicht, was ich vom Schluss halten soll. Auf der einen Seite ist er geil, weil er vor allem in seiner Wortwahl überraschend kommt - ich musste lachen. Auf der anderen Seite jedoch finde ich, dass die Frage, die du zum Schluss stellst, wie ein hässliches Anhängsel klingt. Ich will damit nicht sagen, dass sie überflüssig ist, finde aber, dass sie metrisch/rhythmisch/wasauchimmer nicht zum Rest passt. Anstatt es abzurunden, verkantet sie das Gedicht.

Alles andere finde ich stark.

Beste Grüße,

Martin

[Norhild]

Guten Morgen, MosesBob!
Herzlichen Dank für Deine Kritk.
Du knüpfst genau an dem Punkt an, der mir selbst ein Dorn im Auge ist.
Ich habe für dieses metrische Desaster noch keine Lösung gefunden, denn inhaltlich wäre es schon eine wichtige Frage...
Allerdings bin ich gestern Nacht nochmal aus dem Bettchen gekrochen, weil mir diese Worte in den Sinn schossen. Es ist folglich noch sehr jung und formbar...

Vielen Dank nochmal und einen guten Start in den Tag,
Isabel

[Lara]

Hallo, mir gefällt die Beschreibung deiner schaurig schönen Vorratskammer . Ob ich allerdings hineingehen würde, weiß ich nicht!! Worüber ich immer wieder stolpere, ist der letzte Abschnitt. Da hat man einige Schock-Erlebnisse hinter sich und dann dieser Schluss.....Für mich ist er zu dick aufgetragen. Bei den anderen Strophen kann man grübeln, was da passiert sein könnte. Doch bei der letzten ist Zeile 1 ganz eindeutig/zweideutig, und über die Frage müsste man diskutieren. Aber den Aufbau finde ich interessant und ungewöhnlich, genauso, wie die Text-Idee   
Liebe Grüße von lara

[Enfant Terrible]

Auch mich beeindruckt das Gedicht und lässt mich, passend zum Fest, gruselnd zurück. Das ist echte Underground-Lyrik!

[Norhild]

Danke auch euch beiden!  
Lustig ist, dass mir die Vorstellung an diese Kammer eher Genugtuung verschafft, als dass sie mich gruselte. Harrrr...
 

In diesem Sinne!
Isa