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Enfant Terrible alte Motzbirne
Alter: 30 Beiträge: 7278 Wohnort: München
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27.10.2008 18:45 Willi hat die Schaffenskrise hinter sich von Enfant Terrible
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Der Mann, der Louise gegenüber in der S-Bahn saß, war einer von diesen Typen, die über Börsenkurse oder die Relativitätstheorie philosophieren konnten, ohne dass in ihren Worten der Unterton mitzuschwingen aufhörte: Bist du zu haben, Süße, hm, bist du zu haben?
„Was bringt Sie denn in diese traurige Gegend?“
Louise wandte ihren Blick von der vorübergleitenden Landschaft ab und bedachte ihren Gesprächspartner mit dem charmantesten, kältesten Lächeln. „Ich muss noch meinen Vetter in der Klapse besuchen, bevor meine Schicht im Bordell anfängt.“
Diese reizende Antwort passte nicht in die Matrix des zufälligen Weggefährten. Sichtlich rang er um eine ebenso schlagfertige Antwort, wägte in Gedanken ab, ob es angebracht war, ihre Ehrlichkeit durch ein herzliches Lachen beiseite zu schmettern.
Leider konnte Louise seine Verlegenheit nicht länger genießen. „Entschuldigen Sie bitte, ich muss gleich aussteigen.“
Wie gleichgültig perfekt die Wände wirkten! Wüsste Louise nicht um den Zweck dieses Korridors und den aller Zimmer hier, könnte sie den Wänden nicht ansehen, wie durchgescheuert sie waren von Schreien und starren Blicken derer, die zu ihrem Schutz verflucht waren.
In den beiden Jahren hatte sie sich immer noch nicht an die Wände gewöhnt, an die Korridore, in die Schreie, Gelächter und Geheule mit beängstigender Regelmäßigkeit aus den Zimmern geschleudert wurde. Der wirkliche Horror jedoch erwartete den unbedarften Besucher innerhalb der Zimmer selbst. Nein, nicht der Köpfe der Insassen, sondern der Zimmer. Bei manchen Patienten waren sie mit Bildern bedeckt – hässlichen und schönen, fröhlichen und bedrückenden, naiven und solchen, die mit ihrer absurden Komplexität Schmerzen durch die Augen direkt in das Gehirn des Betrachters schraubten.
Willis Zimmer war noch das normalste von allen. Und für Louise war Willi auch der normalste Patient von diesem Haufen. Zumindest bildete er sich nicht ein, sein Stuhlgang bestünde aus Hamstern, so wie der reizende Dicke von hinter der Tür links.
„Wie geht’s dir, Willi? Ich hoffe, du hast deine Schaffenskrise hinter dir?“
Die Frage beantwortete sich selbst durch seine Anwesenheit hier, im normalen Zimmer. Wenn Willi eine Schaffenskrise hatte, strampelte er mit sämtlichen Gliedmaßen, brüllte wirre Theorien zu Charakterentwicklung und Erzählperspektive heraus und schaffte es, sich auch mit einem samtüberzogenen Flummi noch ernsthaft zu verletzen. Wenn Willi eine Schaffenskrise hatte, fand er seine Muse in der Gummizelle.
Doch jetzt erhellten sich Willis Augen und ein Lächeln beschlich sein junges Gesicht – ein zurückhaltend hoffnungsvolles „Ich-will-es-ja-nicht-beschreien“-Lächeln. Ein normales Lächeln. Dasselbe Lächeln, das so viele junge Männer außerhalb der Klinikumswände mit ihm gemeinsam hatten.
„Ich… ich hab was Neues geschrieben, Louise.“
„Das ist ja super! Lässt du mich lesen?“, bat ihn seine Cousine und nahm sogleich einige unbeschriebene Blätter entgegen, auf die Willis malträtierte Phantasie Meisterwerke der Literatur projiziert hatte. Lag es an dem stechenden Weiß des Papiers, dass Louise plötzlich Tränen in die Augen stiegen?
Doch tapfer hielt sie sich an das Ritual, das sich eingespielt hatte, seitdem sie Willi nach der Absage nackt in seinem von Rauch und durcheinander geworfenen Papieren überfüllten Zimmer entdeckt hatte, einen brennenden Papierklumpen an die Brust gepresst. Welcher hirnverbrannte Junkie hatte die These aufgestellt, Manuskripte brennen nicht?!
Mit ungespielter Genauigkeit mimte sie Lesen, zählte in Gedanken penibel die Sekunden bis zum Umblättern und bewegte ihre Augen im Leserhythmus. Denn auch wenn Willi nicht mehr viel wusste, erinnerte er sich noch genau an ihr Leseverhalten. Sie wollte sich gar nicht ausmalen, in was für eine Schaffenskrise er verfiel, würde sie sich verraten, sich anmerken lassen, sie nähme sein… Schreiben nicht ernst.
Auch diesmal waren Willis Berechnung exakt auf ihr Schauspielen abgestimmt. Just als Louise andeuten wollte, fertig gelesen zu haben, fragte ihr Cousin sie: „Wie findest du es?“
Bei dieser Frage fühlte sich Louise jedes Mal so, als wäre ein Trupp hyperaktiver Ameisen in den Raum unterhalb ihrer Haut eingezogen.
„Brillant wie immer, das weißt du doch, Willi.“
„Hmm“, machte er, den Blick seiner fast durchsichtigen Augen starr auf den Papierstapel in Louises Händen gerichtet. „Ich bin damit noch nicht ganz zufrieden.“
„Aber warum denn?“ Angestrengt rief sich Louise ins Gedächtnis, was der Grund für Willis letzte… Schaffenskrise gewesen war. Stilbrüche, ach ja. „Die Charaktere fesseln vom ersten Satz an, außerdem finde ich, du hast das Problem mit den Stilbrüchen wunderbar beseitigt. Es liest sich wie aus einem Guss.“
„Meinst du?“, murmelte er misstrauisch. „Weißt du, ich habe einen Spagat versucht zwischen meinem authentischen Stil und dem Stil, den dem Markt entspricht. Jetzt fürchte ich, mein Text wirkt wie ein Patchwork aus Versatzstücken.“
„Nein, so wirkt er bestimmt nicht! Du schaffst es wie kein anderer, marktkonform und trotzdem individuell zu sein.“
Zur Bestätigung umarmte sie Willi, dessen Werke niemals mehr den Markt erreichen würden.
Weitere Werke von Enfant Terrible:
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Gine Eselsohr
Alter: 43 Beiträge: 494 Wohnort: Berlin
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27.10.2008 20:57
von Gine
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Das ist mal wieder so ein echter Terrorkrümel.
Mist, die ganze Zeit über habe ich mich gefragt, ob sie anschließend TATSÄCHLICH in einem Bordell arbeitet, und dann bricht die Story einfach ab. grr
Lass mich mal raten: Du hast deinen letzten Text irgendwem zu Lesen gegeben, bevor du das hier geschrieben hast, oder?
Jedenfalls schön gemacht, durch und durch.
Da erkennt man sich als Schreiberling doch glatt wieder.
Fehler? Keine Ahnung.
Übrigens: Mario hat die ersten Zeilen gelesen und sofort gefragt, ob du seine Zweitfrau werden willst. Ich sagte ihm, du bist erst 15. So richtig glauben will er das immer noch nicht, aber wenigstens meint er, ich solle dich in drei Jahren nochmal fragen.
DANKE, Krümel!
Sag mal, kannst du wenigstens Kochen?
Trotzdem liebe Grüße
Gine
P.S.: Ja, dein Foto kennt er auch. grr
_________________ 'Manchmal zweifle ich daran, dass ich überhaupt existiere.'
'Aus gutem Grund.'
'Wie meinst du das?'
'Ich habe dich erfunden.'
'Glaub ich nicht.'
'Ich weiß.'
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Enfant Terrible alte Motzbirne
Alter: 30 Beiträge: 7278 Wohnort: München
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28.10.2008 09:55
von Enfant Terrible
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Danke für deinen Kommentar, Süße!
Die Idee ist mir ganz spontan und frei von Zusammenhang gekommen. Ich hatte diese tragikkomische, auf eine eigenartige Weise beängstigende Szene vor Augen - Schreiber im Irrenhaus - und hatte den Drang, sie irgendwie zu Papier zu bringen...
Gine hat Folgendes geschrieben: | Übrigens: Mario hat die ersten Zeilen gelesen und sofort gefragt, ob du seine Zweitfrau werden willst. Ich sagte ihm, du bist erst 15. So richtig glauben will er das immer noch nicht, aber wenigstens meint er, ich solle dich in drei Jahren nochmal fragen. |
Warum eigentlich nicht, wenn der Mario gut aussieht und den richtigen Musikgeschmack hat...
Btw: Nein, Kochen kann ich nicht - die Ehre überlasse ich lieber der Erstfrau Dafür kann ich zu jeder Situation Witze erzählen...
_________________ "...und ich bringe dir das Feuer
um die Dunkelheit zu sehen"
ASP
Geschmacksverwirrte über meine Schreibe:
"Schreib nie mehr sowas. Ich bitte dich darum." © Eddie
"Deine Sprache ist so saftig, fast möchte man reinbeißen." © Hallogallo |
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Pencake Exposéadler
Alter: 55 Beiträge: 2364 Wohnort: Hamburg
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28.10.2008 10:17
von Pencake
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Moin Regi.
Da kann ich nur inständig hoffen, dass du auch künftig möglichst häufig
"ganz spontan und frei von Zusammenhang" unterwegs bist -- gefällt mir gut, dein Text.
Herzlich, Niko
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Enfant Terrible alte Motzbirne
Alter: 30 Beiträge: 7278 Wohnort: München
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29.10.2008 20:41
von Enfant Terrible
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Freut mich sehr. Vielen Dank, lieber Nico!
Schön, dass du jetzt wieder belletristisch unterwegs bist...
_________________ "...und ich bringe dir das Feuer
um die Dunkelheit zu sehen"
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i-Punkt Klammeraffe
Alter: 46 Beiträge: 512 Wohnort: Baden-Württemberg
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29.10.2008 22:15
von i-Punkt
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Hallo Terrorkrümel,
finde den Text und vor allem die Idee auch klasse! (Ich hoffe, du weißt, in welchem Leserhythmus, du meinem Posting folgen musst - oder sind doch die ganzen anderen die Verrückten )
Nur über zwei Kleinigkeiten bin ich gestolpert.
Zitat: | ..., ohne dass in ihren Worten der Unterton mitzuschwingen aufhörte |
Nicht dass doppelte Verneinung nicht manchmal schön ist, aber hier finde ich es ein bisschen umständlich. Mein Vorschlag: ..., während in ihren Worten immer unterschwellig mitschwingt ...
Zitat: | ...wägte in Gedanken ab, ob es angebracht war, ihre Ehrlichkeit durch ein herzliches Lachen beiseite zu schmettern. |
Ich würde das mit der "Ehrlichkeit" hier noch nicht verraten. Lass uns doch in dem Glauben, es wäre nur eine schlagfertige Antwort, bis sie in diesem Korridor steht. Vielleicht einfach: ihre Bemerkung durch ein herzliches Lachen beiseite zu schmettern.
Grüßle, I.
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Enfant Terrible alte Motzbirne
Alter: 30 Beiträge: 7278 Wohnort: München
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01.11.2008 21:02
von Enfant Terrible
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Auch dir herzlichen Dank für deinen Kommentar! Die Anmerkungen fand ich sehr hilfreich... gute Idee von dir, das mit der "Ehrlichkeit" nicht gleich zu verraten. Ich möchte es auf jeden Fall einarbeiten...
_________________ "...und ich bringe dir das Feuer
um die Dunkelheit zu sehen"
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Pütchen Weltenbummler
Moderatorin
Beiträge: 10314 NaNoWriMo: 40788 Wohnort: Im Ländle
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03.11.2008 22:37
von Pütchen
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Hi, Krümelchen,
eigentlich hatte ich doch den anderen Text von dir gesucht und bin hier gelandet.
Mist, wie gut ich mich da rein versetzen kann in diesen im Irrenhaus gelandeten Schreiber-Typen. Wird es mir auch mal so gehen?? hmm
Genau meine Fragen/Anmerkungen wurden schon erwähnt:
- Arbeitet die Gute wirklich im Bordell?
- dieser mitschwingende Unterton sollte einfacher formuliert werden, da bin ich auch gestolpert
Ansonsten einfach top
@Gine: Hey, da muss sich Mario aber hinten anstellen - ich hätte hier auch einen Anwärter, der wartet, dass Krümel endlich 18 wird
Liebe Grüße, Pütchen
_________________ ****************************************************************
"Die Menschen bauen zu viele Mauern und zu wenig Brücken."
(Isaac Newton, 1642-1726)
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Gine Eselsohr
Alter: 43 Beiträge: 494 Wohnort: Berlin
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04.11.2008 07:18
von Gine
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Puetchen hat Folgendes geschrieben: |
@Gine: Hey, da muss sich Mario aber hinten anstellen - ich hätte hier auch einen Anwärter, der wartet, dass Krümel endlich 18 wird
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Gut für mich.
_________________ 'Manchmal zweifle ich daran, dass ich überhaupt existiere.'
'Aus gutem Grund.'
'Wie meinst du das?'
'Ich habe dich erfunden.'
'Glaub ich nicht.'
'Ich weiß.'
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Merlinor Art & Brain
Alter: 72 Beiträge: 8658 Wohnort: Bayern
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04.11.2008 19:11
von Merlinor
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Hallo Krümel
Dein Text hat mir gut gefallen.
Leider fehlt auch mir noch das passende Ende. Wenn schon, denn schon ... schick sie ins Bordell ...
Jetzt ernsthaft: Das ist gut geschrieben. Ein paar kleine sprachliche Makel gibt es, aber ich bin zu faul, die jetzt rauszusuchen. Sie lösten ohnehin nur im Vorbeigehen ein kurzes Zucken im Bauch aus, also nichts Weltbewegendes.
Na ja, Schreiben kannst Du.
Zum Inhalt: Ich hoffe, Dir ist klar, dass Dein Text keine realistische Darstellung irgendeiner psychischen Erkrankung oder der tatsächlichen Gegebenheiten in einer auf derartige Krankheiten spezialisierten Klink bietet.
Das sind Überzeichnungen und sie bedienen landläufige Klischees.
Ich habe ein wenig mit dem Gedanken gespielt, hier das Wort „kafkaesk“ zu verwenden, doch dafür sind sie (noch) nicht gut genug.
Wie gesagt: Es hat Spaß gemacht, diesen Text zu lesen. Aber denke daran: Wenn Du überzeichnest, dann so, dass auch Otto Normalverbraucher dies klar erkennt.
Kurz: Schick sie ins Bordell ...
Herzlich
Merlinor
_________________ „Ich bin fromm geworden, weil ich zu Ende gedacht habe und nicht mehr weiter denken konnte.
Als Physiker sage ich Ihnen nach meinen Erforschungen des Atoms:
Es gibt keine Materie an sich, Geist ist der Urgrund der Materie.“
MAX PLANCK (1858-1947), Mailand, 1942 |
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Gabi Reißwolf
Alter: 53 Beiträge: 1216 Wohnort: Köln
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04.11.2008 20:50
von Gabi
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Hallo Krümel!
Die Idee ist klasse und der Text auch. Nur leider endet er zu schnell.
Es ist kein Text, den man zwischendurch runterscrollt und erleichtert feststellt "juhu, nicht mehr viel, das schaff ich auch noch"
Ich hätte noch gerne mehr über Willi und Luise erfahren.
Ich hab nur zwei Flüchtigkeitsfehler entdeckt, die eigentlich gar nicht der Rede wert sind
Zitat: | so wie der reizende Dicke von hinter der Tür links. |
Zitat: | „Weißt du, ich habe einen Spagat versucht zwischen meinem authentischen Stil und dem Stil, den dem Markt entspricht. |
L.G.
Gabi
_________________ "Das hier ist mein Dach und mein Tag!" (Oma Thea macht die Fliege) |
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Murmel Schlichter und Stänker
Alter: 68 Beiträge: 6380 Wohnort: USA
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05.11.2008 01:54
von Murmel
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Zitat: | Mit ungespielter Genauigkeit mimte sie Lesen |
meinst du mit gespielter Genauigkeit?
Ich würde auch dem Leser einen Tip geben, ob das mit dem Bordell ernst gemeint war, das dies ja kein zeitkritischer Rateroman sein soll. Du lenkst damit den Leser nur von der eigentlichen Pointe ab, die der arme Willie und sein Wahn ist.
Zum sachlichen Inhalt hat Melinor schon genug gesagt.
Lässt sich gut lesen und das ist ein Kompliment.
_________________
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Enfant Terrible alte Motzbirne
Alter: 30 Beiträge: 7278 Wohnort: München
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05.11.2008 12:08
von Enfant Terrible
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Ich hätte ahnen sollen, dass das Bordell-Detail Neugier erwecken wird
Auf jeden Fall: Danke euch allen fürs Lesen und natürlich für eure Kommentare! Das Feedback hat mich sehr gefreut. Ich hoffe, ihr konntet der Geschichte etwas abgewinnen, auch wenn sie nicht gaaaanz so realistisch war.
@ Pütschäään: Thanx!
@ Merlinor: Natürlich bin ich mir im Klaren, dass das Setting wenig realistisch und sehr klischeehaft ist. Ich muss ehrlich zugeben, zu faul zum Recherchieren gewesen zu sein, da mir mehr daran lag, einfach kurz und knackig diese überzogene Szene darzustellen, sie aus meinem Kopf zu entlassen, damit sie dort nicht mehr herumspukt. Da bin ich manchmal zu nachlässig mit Details. Aber beim Überarbeiten der Geschichte werde ich mir auf jeden Fall die hier genannten Kritikpunkte noch einmal genau anschauen und die Story dementsprechend überarbeiten.
@ Gabi: Der Text ist eine Momentaufnahme, und du wirst lachen - ich selbst hielt ihn für viel zu lang. Eigentlich wollte ich nur das letzte Drittel reinnehmen, aber dann sind mir andere Dinge als Hintergrund eingefallen und ich habe sie eingearbeitet. Sonst wäre es ein komplett unleserlicher Fetzen geworden...
Danke für den Hinweis auf die Flüchtigkeitsfehler, sowas übersehe ich immer.
@ Murmel: Auch dir herzlichen Dank! Wenn soviele Leser den gleichen Kritikpunkt ansperchen, muss ich die Stelle auf jeden Fall mir noch einmal vornehmen.
_________________ "...und ich bringe dir das Feuer
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Geschmacksverwirrte über meine Schreibe:
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*Gast* Klammeraffe
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Beiträge: 504 Wohnort: Rheinland-Pfalz
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Mr. Curiosity Exposéadler
Alter: 35 Beiträge: 2545 Wohnort: Köln
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04.05.2010 21:24
von Mr. Curiosity
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Gar nicht schlecht. Ein paar Anmerkungen dazu:
Zitat: | Wie gleichgültig perfekt die Wände wirkten
wie durchgescheuert sie waren von Schreien und starren Blicken
Bei manchen Patienten waren sie mit Bildern bedeckt – hässlichen und schönen, fröhlichen und bedrückenden, naiven und solchen, die mit ihrer absurden Komplexität Schmerzen durch die Augen direkt in das Gehirn des Betrachters schraubten |
Diese Stellen könntest du anschaulicher gestalten. Inwiefern wirken die Wände perfekt? Haben sie durchgängig dasselbe Muster? Sind sie vollkommen weiß?
Das sind so Fragen, die du dort beantworten könntest. Wären sie komplett weiß, würde das deinem Werk noch eine interessante zweite Ebene geben, im Hinblick auf das weiße Papier. Die Parallele würde dann den Individualitätsverlust in solchen Anstalten symbolisieren, im Stile von "Einer flog über das Kuckucksnest", wenn du das Buch, bzw. den Film kennst.
Bei der zweiten Textstelle gefällt mir die Formulierung "durchgescheuert". Sie erzeugt im Bezug auf die Schreie ein klares Bild. Es handelt sich wohl um sehr laute, sehr raue Schreie. Zu Blicken passt das Bild dann weniger, da würde ich einen anderen Vergleichsaspekt aufgreifen, z.B. den Fußboden.
"Der Fußboden wurde wieder frisch poliert. Auf seiner Glätte zerschwamm das Licht und erstarrte. Es glich den Augen der Menschen."
So ungefähr. Nur ein Vorschlag.
Zur dritten Stelle: Die Bandbreite der Bilder kann auch durch einen simplen Kontrast abgedeckt werden. So reduzierst du sie auf eine Anzahl, die du genauer ausführen kannst. Du kannst die Bilder dann genauer unter Betracht nehmen und evtl. metaphorische Brücken schlagen.
Auch das Verb "schrauben" gefällt mir hier in dem Zusammenhang.
Soviel dazu. Desweiteren würde ich darauf achten, die erlebte Rede dezenter zu gestalten. Fragen sollten äußerst penibel eingesetzt werden. Sie könnten schnell klischeehaft wirken.
Der Anfang der Kurzgeschichte weist leider keinen Bezug zum Rest auf. Sie scheint mir lediglich eingesetzt zu sein, um die Zerrissenheit der Protagonistin herzustellen. In einer Geschichte sollte aber keine Stelle nur rein zur Charakterisierung beitragen, sondern mit der Story eine Symbiose bilden.
Fällt hier aber ob der doch amüsanten Gestaltung des Abschnitts nicht so schwer ins Gewicht.
Insgesamt ok, mit ein paar Mängeln. Sehe gerade, dass es von 2008 ist. Ich hoffe, du hast noch weiter geschrieben.
Keep writing!
LG David
_________________
"Wenn du Schriftsteller sein willst, dann sag, dass du der Beste bist ...
Aber nicht, solange es mich gibt, kapiert?! Es sei denn, du willst das draußen austragen."
(Ernest Hemingway in "Midnight in Paris") |
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ono Eselsohr
O
Beiträge: 347
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O 04.05.2010 23:56
von ono
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hallo e.t.
lange nichts gehört und gelsen.
ono hat eine schwäche für alle, die auch bei den weggesperrten ganz genau hinsehen und die, wenn sie davon schreiben, nicht mit hackebeilen und blutstürzen herumhantieren, sondern einem, so wie du, mit ganz leisen tönen und anteilmnehmenden augen das herz zerreißen...*sigh*...
ich find die idee großartig und auch die art der darstellung für sehr gelungen, hab aber dennoch ein paar vorschläge parat:
Zitat: | Der Mann, der Louise gegenüber in der S-Bahn saß, war einer von diesen Typen, die über Börsenkurse oder die Relativitätstheorie philosophieren konnten, ohne dass in ihren Worten der Unterton mitzuschwingen aufhörte: Bist du zu haben, Süße, hm, bist du zu haben? unglaubwürdig - solche typen fahren nicht s-bahn, sondern im offenen, i. d. r. aber nur anbezahlten benz
„Was bringt Sie denn in diese traurige Gegend?“unlogisch - der zug fährt noch, und deshalb kann der typ gar nicht wissen, wo das mädel hinwill. zudem setzt er sich mit dierser bemerkung selbst herab, was sich mit der bisherigen bescheibung des typs beißt.
Louise wandte ihren Blick von der vorübergleitenden Landschaft also doch keine traurige gegend, hm? ab und bedachte ihren Gesprächspartner mit dem charmantesten, kältesten Lächeln beides geht nicht - entweder charming oder kalt. „Ich muss noch meinen Vetter in der Klapse besuchen, bevor meine Schicht im Bordell anfängt.“
Diese reizende passt nicht, da dritte ebene Antwort passte offenbar nicht in die Matrix des zufälligen Weggefährten. Sichtlich rang er um eine ebenso schlagfertige Antwort die antwort war keineswegs schlagfertig, sondern brutal-doof, wägte in Gedanken ab, ob es angebracht war, ihre Ehrlichkeit durch ein herzliches Lachen beiseite zu schmettern lachen und schmettern geht auch nicht gleichzeitig.
Leider wieder falsche ebene konnte Louise seine Verlegenheit nicht länger genießen. „Entschuldigen Sie bitte, wieso plötzlich so höflich? ich muss gleich aussteigen.“
Wie gleichgültig perfekt beides nebeneinander macht keinen sinn die Wände wirkten! Wüsste Louise nicht um den Zweck dieses Korridors und den aller Zimmer hier, könnte sie den Wänden nicht ansehen, wie durchgescheuert sie waren von den Schreien und starren Blicken derer, die zu ihrem Schutz verflucht waren du meinst wahrscheinlich: zu deren schutz sie bestimmt waren.
In den beiden besser: selbst nach zwei Jahren hatte sie sich immer noch nicht an diese Wände gewöhnt, an die Korridore, in besser: auf die in beängstigender Regelmäßigkeit Schreie, Gelächter und Geheule (mit beängstigender Regelmäßigkeit) aus den Zimmern geschleudert wurden. Der wirkliche Horror jedoch erwartete den unbedarften falsche ebene Besucher innerhalb der Zimmer besser: in den räumen selbst. Nein, nicht in den köpfen (der Köpfe der Insassen), sondern (der) in den Zimmern. (Bei) in manchen (Patienten) waren (sie) die wände mit Bildern bedeckt – hässlichen und schönen, fröhlichen und bedrückenden, naiven und solchen, die (mit ihrer absurden Komplexität) einem die Schmerzen des patienten durch die Augen direkt in das Gehirn (des Betrachters) schraubten coole ansage!.
Willis Zimmer war noch das normalste von allen woher weiß das mädel das? falsche ebene. (Und) für Louise war Willi (auch) noch der normalste Patient von diesem Haufen dieses haufens. Zumindest bildete er sich nicht ein, sein Stuhlgang bestünde aus Hamstern, so wie der reizende falsche ebene Dicke von hinter der Tür links besser: gleich neben ihm.
„Wie geht’s dir, Willi? Ich hoffe, du hast deine Schaffenskrise hinter dir?“
(Die Frage beantwortete sich selbst durch seine Anwesenheit hier, im normalen Zimmer.) Wenn Willi eine Schaffenskrise hatte, strampelte er mit sämtlichen Gliedmaßen, brüllte wirre Theorien (zu) über Charakterentwicklungen und Erzählperspektiven heraus und schaffte es, sich (auch) sogar mit einem samtüberzogenen Flummi noch ernsthaft zu verletzen. Wenn Willi eine Schaffenskrise hatte, fand er seine Muse in der Gummizelle meinst du: fand ihn seine muse in der gummizelle?.
Doch jetzt erhellten sich Willis Augen und ein Lächeln beschlich huschte über sein junges Gesicht – ein zurückhaltendes (hoffnungsvolles) „Ich-will-es-ja-nicht-beschreien“-Lächeln gut!. Ein fast normales Lächeln. Dasselbe Lächeln, das so viele junge Männer außerhalb der Klinikumswände besser: ansalt mit ihm gemeinsam hatten.
„Ich… ich hab was Neues geschrieben, Louise.“
„Das ist ja super! Lässt du's mich lesen?“, bat ihn seine Cousine besser: fragte sie ihn und nahm (sogleich einige unbeschriebenen) die leeren Blätter entgegen, auf (die) denen Willis malträtierte Phantasie Meisterwerke der Literatur (projiziert hatte)sah. Lag es an dem stechenden Weiß des Papiers, dass Louise plötzlich Tränen in die Augen stiegen?
(Doch tapfer falsche ebene hielt) aber sie hielt sich an das Ritual, (das sich eingespielt hatte,) seit(dem) sie Willi nach der Absage des Verlags? nackt in seinem von Rauch und durcheinander geworfenen Papieren überfüllten gefüllten Zimmer entdeckt hatte, einen brennenden Papierklumpen an die Brust gepresst pressend. Welcher hirnverbrannte Junkie hatte die These aufgestellt, Manuskripte (brennen) würden nicht brennen?(!)
Mit ungespielter Genauigkeit mimte geht nicht - sag doch: las sie (Lesen), zählte (in Gedanken penibel) die Sekunden bis zum Umblättern und bewegte ihre Augen im Leserhythmus. (Denn) auch wenn Willi nicht mehr viel wusste, erinnerte er sich noch genau an ihr Leseverhalten besser: ..., wie sie seine Texte immer gelesen hatte. Sie wollte sich gar nicht ausmalen, in was für eine Schaffenskrise er verfiele, würde sie sich verraten, sich anmerken lassen, sie nähme sein(…) Schreiben nicht mehr ernst.
(Auch diesmal waren Willis Berechnung exakt auf ihr Schauspielen abgestimmt. Just) als Louise (andeuten wollte) andeutete, fertig gelesen zu haben, fragte er (ihr Cousin sie) atemlos?: „Wie findest du es?“
Bei dieser Frage fühlte sich Louise jedes Mal so, als wäre ein Trupp hyperaktiver Ameisen in den Raum unterhalb ihrer Haut eingezogen sag doch einfacher: bei dieser frage bekam louise immer gänsehaut im nacken.
„Brillant wie immer, (das weißt du doch,) Willi.“
„Hmm“, machte er, den Blick seiner fast durchsichtigen besser: blassen Augen starr auf (den Papierstapel) die blätter in Louises Händen gerichtet. „Ich bin damit noch nicht ganz zufrieden.“
„Aber warum denn nicht?“ Angestrengt rief sich Louise ins Gedächtnis besser: louise versuchte sich zu erinnern, was der Grund für Willis letzte(…) "Schaffenskrise" gewesen war. ach ja, Stilbrüche, (ach ja). „Die Charaktere fesseln vom ersten Satz an, außerdem finde ich, du hast das Problem mit den Stilbrüchen wunderbar beseitigt. Es liest sich wie aus einem Guss.“
„Meinst du?“, murmelte er misstrauisch besser: nachdenklich. „Weißt du, ich hab(e) einen Spagat versucht zwischen meinem authentischen Stil und dem Stil, den (dem) der Markt (entspricht) verlangt. Jetzt fürchte ich, mein Text wirkt wie (ein) Patchwork, (aus) lauter Versatzstücke(n).“
„Nein, so wirkt er bestimmt nicht! Du schaffst es wie kein anderer, marktkonform und trotzdem individuell zu sein.“
Zur Bestätigung umarmte sie Willi, dessen Werke niemals mehr den Markt erreichen würden. besser fände ich: bevor sie sich auf ihren weg machte, umarmte sie ihn. |
vielleicht kannst du den einen oder anderen tipp für dich gebrauchen und bist cool genug, onos verbläungen als kameradschaftliche zuwendung aufzufassen und nicht als beckmesserei misszuverstehen.
ganz liebe grüße aus dem schwarzen loch
ono
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anuphti Trostkeks
Alter: 58 Beiträge: 4320 Wohnort: Isarstrand
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05.05.2010 00:28
von anuphti
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Zitat: | hallo e.t.
lange nichts gehört und gelsen.
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Nur ein kleiner Hinweis...
Leider im Forum nichts Neues...........
das hier ist ein uralter Beitrag von ET. (27.10.2008)
LG
Nuphti
_________________ Pronomen: sie/ihr
Learn from the mistakes of others. You don´t live long enough to make all of them yourself. (Eleanor Roosevelt)
You don´t have to fight to live as you wish; live as you wish and pay whatever price is required. (Richard Bach) |
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