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Der Pfadfinder


 
 
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Tom Boy
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 36
Beiträge: 361



Beitrag24.07.2008 13:44
Der Pfadfinder
von Tom Boy
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Der Pfadfinder


Ich zittere.
Ich bin nass bis auf's Herz
und meine Ohrmuscheln rauschen
von deinen Worten:
"Sprich nicht vom Meer."

Stotternd gestehe ich,
dass dieser leuchtende Tellerrand,
diese glänzende Sichel am Himmel
mir nachts die Brust aufschneidet.

Dass Träume sich einschleichen
und meinen Schlaf ermorden
wenn nicht dein Schlüsselbein
uns einschließt.

Dass ich im Dunkeln lebe
und mich verlaufe
weil Kerzenlicht
mich blendet und verbrennt.

Du lauschst
und malst Karten
von meiner Welt.

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jim-knopf
Geschlecht:männlichDichter und Trinker

Alter: 35
Beiträge: 3974
Wohnort: München
Das Goldene Pfand DSFo-Sponsor
Goldene Feder Lyrik


Beitrag24.07.2008 19:30
Re: Der Pfadfinder
von jim-knopf
Antworten mit Zitat

Hey Tomboy

Ein tolles Gedicht über die Sehnsucht nach dem Meer und vor allem (was wohl auch mit dem Meer in Verbindung steht) über die Sehnsucht nach einem gewissen Menschen.

Tom Boy hat Folgendes geschrieben:
Ich zittere.
Ich bin nass bis auf's Herz
und meine Ohrmuscheln rauschen
von deinen Worten:
"Sprich nicht vom Meer."


Tolle Metaphern, für mich ließt es sich noch ein wenig holprig. Hier stört mich, dass die ersten beiden Zeilen beide mit "Ich" beginnen. Das zweite Ich klingt für mich nicht richtig.

Warum nicht einfach so:

Ich zittere
und bin nass bis auf's Herz
Meine Ohrmuscheln rauschen
von deinen Worten:
"Sprich nicht vom Meer."

Vll bin ich kleinlich, aber können Ohrmuscheln rauschen? Ich denke, du beziehst dich mit diesen Ohrmuscheln auch ein wenig auf das Meer und den Strand... also wirkliche Muscheln. Die Idee ist wirklich sehr schön, aber ist es nicht eher Etwas weiter innen im Ohr, das rauscht

Tom Boy hat Folgendes geschrieben:
Stotternd gestehe ich,
dass dieser leuchtende Tellerrand,
diese glänzende Sichel am Himmel
mir nachts die Brust aufschneidet.


Das ist wirklich großartig. Ich interpretiere es so:
Der leuchtende Tellerrand ist das Meer, vielmehr der Horizont, wo der Ozean sich mit dem Himmel vereinigt. Die Sehnsucht vor allem in der Nacht (wenn man viel Zeit zum nachdenken hat) schneidet dem LI die Brust auf. Die Sehnsucht nach dem Meer (und auch nach der (geliebten) Person, die wohl am Meer lebt)).

Die glänzende Sichel am Himmel... Man denkt natürlich erst einmal an den Mond. Hier mehr an den Mond über dem Meer. Vll könntest du den Mond hier noch mehr mit dem Wasser der See verbinden. Er steht hier ein wenig allein, finde ich. Ich würde womöglich vom Spiegelbild des Mondes im Wasser schreiben. So ist diese Verbindung zum Ozean wieder hergestellt.

Tom Boy hat Folgendes geschrieben:
Dass Träume sich einschleichen
und meinen Schlaf ermorden
wenn nicht dein Schlüsselbein
uns einschließt.


Wieder das tolle Bild, dass die Sehnsucht das LI in der Nacht so sehr plagt (hier mit dem ermorden gehst du noch weiter, als in der vorangegangenen Strophe)... Wäre der Geliebte jetzt hier (ich habe den Eindruck der Geliebte und das Meer verschmelzen ein wenig zu einer Einheit), dann wäre alles in Ordnung.
Das Bild vom Schlüsselbein kann ich nicht wirklich kritisieren, weil ich es nicht verstehe. Der Ausdruck allein klingt mir ein wenig trivial, aber - wie gesagt - da ich die Bedeutung nicht kenne, kann ich nichts vernünftiges darüber sagen.

Tom Boy hat Folgendes geschrieben:
Du lauschst
und malst Karten
von meiner Welt.


Auch das gefällt mir sehr gut. Der Geliebte am Meer scheint sich nach der Welt des LIs genauso zu sehnen, wie sich das LI nach seiner Welt sehnt. Wieder ein Indiz, das nicht wirklich ein Unterschied besteht zwischen Meer und Geliebtem.

Ich kann dir sagen, dass dein Gedicht unheim tief ist. Es kann so viel herausinterpretiert und darüber geschrieben werden, ich könnte noch ewig weiter machen. Es hat mir wirklich sehr gefallen und ich hoffe, du fühlst dich nicht zu zerpflückt.

Grüsse
Jim


Jim
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Eredor
Geschlecht:männlichDichter und dichter

Moderator
Alter: 32
Beiträge: 3415
Wohnort: Heidelberg
Das silberne Stundenglas DSFx
Goldene Harfe Pokapro III & Lezepo I


Traumtagebuch
Beitrag24.07.2008 22:41

von Eredor
Antworten mit Zitat

Hi Tom Boy,

mir gefällt dein Gedicht sehr gut.
Ich werde mich mal an einer Rezension versuchen, obgleich mir das bei Lyrik sehr schwer fällt.

Zitat:
Ich zittere.
Ich bin nass bis auf's Herz


Da gefällt mir das doppelte "Ich" nicht so ganz. Wie wäre es mit:

Zitat:
Ich zittere.
Bin nass bis auf's Herz


Die Metapher mit der Ohrmuschel war auf den ersten Blick sehr abstrakt, doch umso mehr ich sie mir ansehe, desto besser gefällt sie mir. Das LI will sich vor den Worten des LD verschließen. Noch dazu kommt eben die Metapher. Sehr gut!

Zitat:
dass dieser leuchtende Tellerrand,
diese glänzende Sichel am Himmel
mir nachts die Brust aufschneidet.


Diese Stelle gefällt mir auch sehr. Vielleicht könnte man in Erwägung ziehen, den Satz ohne "dass" zu stellen.

Zitat:
Stotternd gestehe ich:
dieser leuchtende Tellerand
diese glänzende Sichel am Himmel
schneidet mir nachts die Brust auf.


Ist aber nicht obligatorisch. So würde es nur mir persönlich besser gefallen.


Ansonsten ist da nichts, woran es zu nörgeln gäbe.

Es liest sich flüssig, hat tolle Metaphern und eine Aussage, die immer wieder ins Leben passt.

lg Dennis
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Tom Boy
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 36
Beiträge: 361



Beitrag25.07.2008 13:37

von Tom Boy
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Jim und Dennis,

vielen Dank für die ausführlichen und hilfreichen Kommentare!



Jim:

Hui, bei dir gibt's gleich mal viel zu schreiben (aber das ist nur fair, schließlich hast du auch unglaublich viel geschrieben!). Vielen, vielen Dank für die tolle und wahnsinnig ausfühliche Kritik, deine Interpretationen sind immer wirklich gut und helfen mir weiter.

Wie gesagt, tolle Interpretation obwohl (oder gerade weil?) sie stellenweise von meinen eigenen Gedanken abweicht. Dieses zweimal "Ich" am Anfang, das jedes Mal kritisiert wurde, war eigentlich Absicht, aber ich glaube ich werde deine Änderung übernehmen.

Die Ohrmuscheln sind eher ein Wortspiel, natürlich können nur Muscheln rauschen aber da das LI das lyrische Du, wie du sehr gut erkannt hast, ein bisschen mit dem Meer gleichsetzt, fand ich das rauschen hier passend.
"rauschen von deinen Worten" - da dachte ich an das Meer, von dem die Ohren rauschen können, oder eben auch be-rauscht sein, weil die Worte ("Sprich nicht vom Meer") dem LI Angst machen - wenn das LI das LD nicht mehr mit dem Meer gleichsetzen kann, muss es anfangen, über tatsächliche Gefühle zu sprechen.

Den nächsten Teil hast du fast genauso interpretiert, wie ich es mir auch gedacht hatte. Ich werde überlegen, ob ich den Horizont und den Mond besser verbinden kann, aber ich wollte eigentlich nur Elemente der Abendstimmung beschreiben. Dieser leuchtende Streifen, die "Sichel", die dem LI eben die Brust aufschneidet. Mal sehen...

Das nächste Bild ist glaube ich genauso trivial, wie du denkst. Das LI schläft auf der Brust des LD, jedenfalls muss das LD da sein und mit dem Schlüsselbein die Türen abschließen, damit das LI gut schlafen kann.

Es freut mich, dass dir der Schluss gefällt, ich mag ihn fast am liebsten im gesamten Gedicht, vielleicht weil er der erste Grundgedanke zum Gedicht war.

Nochmals vielen Dank für diese tolle Kritik, ich hab mich unheimlich gefreut  Embarassed



Dennis:

Es freut mich wirklich sehr dass dir mein Gedicht gefallen hat, auch dir vielen Dank für die ausführliche Kritik.

Das Ich - Ich am Anfang werde ich ändern, habe ich ja bei Jim schon gesagt.

Sehr schön finde ich auch, wie du mein Ohrmuschel-Bild gedeutet hast! Verschließen, daran hatte ich gar nicht gedacht aber es ist eine sehr schöne Interpretationsmöglichkeit die genau passt!

Das "dass" werde ich lassen, da es ja eine Aufzählung von Geständnissen ist (die nächsten Strophen beginnen auch alle mit "dass"). Sonst wäre auf jeden Fall deine Variante eleganter.

Nochmals vielen Dank, dass du dir Zeit genommen hast.


Liebe Grüße an euch beide,

Tom Boy
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