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Das Märchen von Leila und dem großen Strom


 
 
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jim-knopf
Geschlecht:männlichDichter und Trinker

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Beiträge: 3974
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Goldene Feder Lyrik


Beitrag03.07.2008 18:57
Das Märchen von Leila und dem großen Strom
von jim-knopf
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Noch ein Ausflug in die Belletristik. Und wieder ein kleines Märchen. Viel Spaß


Das Märchen von Leila und dem großen Strom

Es war einmal ein armes Bauernmädchen. Das  lebte hinter den großen Sümpfen, wo das Land wieder hügelig wird und wo in der in Ferne die Gebirge aussehen, wie gefrorene Milch.

Ihr Name war Leila. Ihre Eltern besaßen ein Häuschen am großen Fluss und dort spielte sie oft mit den Wellen und ihrer kleinen Puppe aus Stroh.

Sie spielte wild und ungestüm und so geschah es einmal, dass ihr die Puppe aus den Fingern rutschte. Sie verschwand im Wasser, tauchte jedoch gleich wieder auf und trieb wild schaukelnd mit der Strömung davon.

Leila starrte ihr nach. Ihr Gefährte aus Stroh, er hatte dort hinten schon das Waldstück erreicht. Wenn sie jetzt nicht handelte, würde sie ihn vielleicht niemals mehr wieder sehen. Von rasender Angst gepackt, sprang sie in die Fluten und der Puppe hinterher.

Sehr schnell ging nun die Fahrt mit der Strömung des großen Flusses. Leila hatte schon vor langer Zeit schwimmen gelernt. Doch so sehr sie sich auch bemühte, die Puppe erreichte sie nicht. Stets schwamm ihr Spielgefährte einige Meter vor ihr. Sie verlor ihn nicht aus den Augen. Doch zu fassen bekam sie ihn auch nicht.

Bald bemerkte sie in ihrer Nähe einen großen, grauen Fisch.

„Wer bist du?“ fragt Leila.

„Ich bin der große Flusskarpfen“ antwortete der Fisch. Wenn er sprach, bildeten sich Luftblasen an seinem Maul, die rasch zur Oberfläche des Wassers huschten. Dort lösten sie sich auf.

„Siehst du dort vorne die Puppe aus Stroh?“, rief Leila. „Sie gehört mir, doch schwimmt sie davon und ich kann und kann sie nicht erreichen.“

Leila begann zu weinen.

„Aber, aber, mein Fräulein“, sagte der Karpfen. Seine Stimme war tief und freundlich. „Wer wird den gleich weinen? Bedenke doch, dass wir Karpfen die schnellsten Fische der Welt sind. Ich werde dir die Puppe schon wieder holen.“

Dann schwamm er rasch los und er hätte Leilas Puppe auch gleich erreicht, doch der Karpfen sah in seiner Eile nicht nach Oen. Und etwas Schreckliches geschah. Ein Netz schlug über dem Fisch zusammen, der Karpfen verfing sich darin und war gefangen. Leila sah noch seine großen Augen, bevor er aus dem Wasser gezogen wurde.

Ein Fischerboot trieb dort auf dem großen Fluss und drei Männer saßen darin.

„Endlich unser Abendessen“, sagte gerade der eine und die anderen beiden lachten.

„Lasst ihn frei“ rief Leila aus dem Wasser. „Er wollte eben meine Puppe retten.“

„Aber er ist unser Abendessen“, entgegnete einer der Männer. „Wir werden ihn braten und pfeffern, bevor wir ihn essen.“

„Aber meine Puppe!“

„Aber mein Kind“. Die Männer lachten schallend. „Bedenke, wir haben das schnellste Fischerboot der Welt. Wenn dir deine Puppe so wichtig ist, dann werden wir sie dir heraus ziehen.“

So ruderten die Männer schnell und machten ihr Netz wieder bereit zum Auswurf. Diesmal hatten sie es nicht auf Fische abgesehen. Nein! Leilas Puppe galt es einzufangen. Gerade wollte einer der drei Männer das Netz auswerfen. Doch da geschah erneut etwas Unvorhergesehenes.

Unsichtbar und rasend schnell kam von den Bergen her der Wind herbei geeilt. Er kam mit einer solchen Kraft, dass die Männer auf dem Boot strauchelten, schrieen und von Bord fielen. Sie stürzten ins Wasser, gingen unter und ertranken.

„Vater Wind, was hast du getan?“, schrie Leila, während die Männer in den wilden Fluten verschwanden. „Meine Puppe! Sie wollten eben meine Puppe retten.“

„Ich bin unschuldig, Leila“ heulte der Wind. „Ich kam gerade aus dem Westen. Ich sah das Boot nicht, bevor ich nieder stieß. Und als ich es bemerkte, da war es schon zu spät.“

„Du bläst meine Puppe davon! Siehst du sie nicht, wie sie dort vorn mit den Wellen tanzt?“

„Ich sehe sie. Warte einen Moment, ich werde mich hinter dich begeben und kräftig blasen. Dann kannst du schneller schwimmen und hast die Puppe im Nu erreicht.“

Leila spürte gleich eine kräftige Brise hinter sich und tatsächlich legte sie an Geschwindigkeit zu. Doch auch die Puppe wurde schneller und Leila kam keinen Meter näher heran an ihren Gefährten aus Stroh.

„Es funktioniert nicht“, rief sie laut, doch der Wind war zu sehr mit pusten beschäftigt. Er hörte sie nicht.

Sie schrie noch lange, doch der Wind blies immer weiter. Bald gelangte sie in die Sümpfe. Dort stank es fürchterlich nach Moder. Das Wasser war braun und zähflüssig.
Danach durchquerte Leila die Wüste. Dort führte der Fluss nur noch wenig Wasser. Die Puppe allerdings erreichte sie auch hier nicht.

Irgendwann gelangte sie an die Mündung des großen Stroms. Im großen Meer verlor Leila ihre Puppe aus den Augen. Sie trieb noch einige Tage ziellos umher, denn der Wind hatte sich wieder davon gemacht.
Als sie kein Land mehr sah am Horizont, ging sie unter und ertrank. Keiner hat sie je wieder gesehen.

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Gast







Beitrag03.07.2008 19:04

von Gast
Antworten mit Zitat

Zusammenfassend: Eine schöne Geschichte! smile
Ich habe keine besondern Kritikpunkte.
Außer, dass ich noch hervorheben möchte, dass dein Märchen auch zum Nachdenken anregt!

LG Martin
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Ronneburger
Geschlecht:weiblichEselsohr
R

Alter: 44
Beiträge: 316



R
Beitrag04.07.2008 11:02

von Ronneburger
Antworten mit Zitat

Hallo,

ich finde deine Geschichte auch sehr schön, hätte mir aber ein Happy End gewünscht.

Ansonsten gibt es aber nichts auzusetzen.

LG
Michi


_________________
If you have big ideas, you have to use big words to express them. (Anne of Green Gables)

Das ist einer dieser Tage, an dem ich erst weiß was ich rede, wenn ich höre, was ich sage. (Anett Louisan)
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lupus
Geschlecht:männlichBücherwurm

Alter: 56
Beiträge: 3914
Wohnort: wien



Beitrag04.07.2008 11:22

von lupus
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Gefällt mir auch sehr gut. Echt ausgezeichnet gemacht. Was mir besonders gefällt ist die Tatsache, dass du, als das große Ende naht, nicht mehr ins Detail gehst. Die Welt wird immer größer, man nimmt nicht mehr die Kleinigkeiten wahr, sondern nur mehr das Große Ganze. Eigentlich perfekt.

Zitat:
Leila starrte ihr nach. Ihr Gefährte aus Stroh, er hatte dort hinten schon das Waldstück erreicht. Wenn sie jetzt nicht handelte, würde sie ihn vielleicht niemals mehr wieder sehen. Von rasender Angst gepackt, sprang sie in die Fluten und der Puppe hinterher.

kann nicht sagen warum, aber der Konjuktiv hat mich irritiert, is aber nur Geschmachssache. Irgendwie hab ich den Eindruck, als würde der Konjunktiv zu viel Distanz erzeugen.


_________________
lg Wolfgang

gott ist nicht tot noch nicht aber auf seinem rückzug vom schlachtfeld des krieges den er begonnen hat spielt er verbrannte erde mit meinem leben

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jim-knopf
Geschlecht:männlichDichter und Trinker

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Goldene Feder Lyrik


Beitrag04.07.2008 13:40

von jim-knopf
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Hey Leute

Erst mal vielen Dank für die Rückmeldungen. Ich hatte ein wenig Sorge, dass die Geschichte zu flach ist. Mit zu wenig Inhalt.

Aber wenn man sich manche Geschichten von Janosch beispielsweise anschaut...

Gibt den hier gar nichts zu zerlegen, zu zerpflücken? Ich fühle mich nämlich in meiner Ausdrucksweise zum Teil noch sehr unsicher.
Vll werden es daher zur Zeit mehr Kindergeschichten bzw. Märchen, da mir hier das ausdrücken leichter fällt. Da wird dann nicht jede Formulierung hinterfragt. Vll liegt es daran.

Grüsse
Jim

 Very Happy
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Gast







Beitrag04.07.2008 13:44

von Gast
Antworten mit Zitat

jim-knopf1988 hat Folgendes geschrieben:


Gibt den hier gar nichts zu zerlegen, zu zerpflücken? Ich fühle mich nämlich in meiner Ausdrucksweise zum Teil noch sehr unsicher.


Wenn du's drauf anlegst.  Wink
Über den Satz hier bin ich gestolpert:
Zitat:
Doch da geschah erneut etwas Unvorhergesehenes.

Ich weiß, dass es nicht einfach ist, da ja dreimal etwas Märchenhaftes passiert und in normalen Märchen sich die Sätze ja auch immer wiederholen ("Beim vierten Mal...." ; "Als er an der dritten Tür angelangt war..." ; "Am letzten Abend..."), aber der Satz ist mir persönlich zu geschwollen.
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Probber
Geschlecht:männlichBlütenprinzessin


Beiträge: 6717
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Beitrag18.07.2008 15:32

von Probber
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Moin Jim!

Trauriges Ende, aber auch traurige Mitte, als die Seeleute ertrinken, nicht zu vergessen der gefangene Fisch. Frag' mich nicht warum, aber wenn du einem Kind die Geschichte vorliest, könnte es sein, daß ein Kind nach dem Fisch fragt, die Menschen aber egal sind. Laughing
Eigentlich ist der Anfang auch traurig ... ein bißchen mehr Blut und 'Mystery', dann könntest du in Richtung "Jim Grimm's Märchen" gehen. lol

Ein paar Anmerkungen zum Stil:
Mir ist gerade im ersten Absatz augefallen, daß du immer wieder 'ihr' und 'sie' verwendest. Ich würde häufiger den Namen benutzen, da die Geschichte ja auch für Kinder sein soll, oder?
Auch der Puppe würde ich einen Namen geben - Das klingt viel persönlicher als 'ihr Gefährte aus Stroh' und bringt vielleicht noch eine weitere Spur Emotionalität ins Märchen.

Zitat:
Ihre Eltern besaßen ein Häuschen am großen Fluss und dort spielte sie oft mit den Wellen und ihrer kleinen Puppe aus Stroh.

Vorschlag hat Folgendes geschrieben:
Ihre Eltern besaßen ein Häuschen am großen Fluss und dort spielte sie oft in den Wellen mit ihrer kleinen Puppe aus Stroh.


Und dann noch der Satz, über den Krevin auch schon gestolpert ist:
Zitat:
Gerade wollte einer der drei Männer das Netz auswerfen. Doch da geschah erneut etwas Unvorhergesehenes.

Vorschlag hat Folgendes geschrieben:
Gerade wollte einer der drei Männer das Netz auswerfen, als erneut etwas Unvorhergesehenes geschah.



Insgesamt nicht übel, aber dein anderes Märchen (mit einer Moral) fand ich besser. Aber ich bin auch in letzter Zeit wieder verdammt optimistisch und tendiere daher auch eher zu positiven Texten - besonders für Kinder. smile
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Gabi
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Beitrag01.08.2008 20:27

von Gabi
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Hallo Jim Knopf!

Bis das der Wind aufgegeben hatte, hat mir das Märchen richtig gut gefallen. Doch es scheint, dass dir danach nichts besonderes mehr eingefallen ist. Das Ende gefällt mir gar nicht und ich würde es keinem Kind vorlesen. Stattdessen würde ich ihm sagen, dass es egal was passiert nicht in den Rhein springen darf, denn die Strömung ist selbst für geübte Schwimmer viel zu gefährlich. Ich glaube kaum, dass einem Kind das Märchen in dieser Form gefallen wird. Vielleicht überlegst du es dir mit dem Happy End nochmal. Der Wind unterliegt bestimmt auch noch einer Macht. Wink

L.G.
Gabi


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