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talegal Wortedrechsler
Beiträge: 90
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12.06.2008 02:12 Einschub Gegenwart in Vergangenheit von talegal
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Hallo! Ich möchte gerne eure Meinung zu folgender Frage einholen:
Mein Text ist an sich in der Vergangenheit, aber manchmal möchte ich einen Abschnitt in der Gegenwart einfügen, um z.B. eine reale Location zu beschreiben oder einen Brauch, also etwas, das "immerwährende" Gültigkeit hat. Hat wer von euch Erfahrung damit? Zulässig?
Beispiel:
Die asphaltierte Straße, die verputzten Häuser, die Bäckerei und der Gemischtwarenladen, kurzum die Zivilisation, das alles lag »dort oben«, am Hügelrücken. Entstanden war die Favela, sowie alle anderen, durch allmähliche Invasion. Einer entschließt sich, ein Stückchen Grün am Straßenrand zu roden, und bastelt sich eine behelfsmäßige Unterkunft, ein zweiter lehnt seinen Rohbau daneben an, ein Dritter baut darunter am Hang. Keine Stadtverwaltung fragt, kein Bauamt will einen Plan sehen.
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pna Grauzonenjunkie
Alter: 59 Beiträge: 1603 Wohnort: Wien, Ottakring
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12.06.2008 08:41
von pna
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Servus,
Natürlich geht das. Es muss nur innerhalb des Satzgefüges als logische Konsequenz hervorgehen.
Man nennt das auch das dramatische oder szenische Präsens.
Das dramatische oder szenische Präsenz wird bei Ich-Erzählern genauso eingesetzt wie bei Erzählern in der dritten Person, oder auch bei Wir-Erzählern. Am häufigsten wird es eingesetzt, wenn es einen figürlichen Erzähler gibt.
Diese Wechsel in der Zeit innerhalb eines Absatzes sind zwar ein taugliches Stilmittel, um einen Eindruck von Unmittelbarkeit zu vermitteln, allerdings auch nicht ganz unproblematisch, vor allem für Leser, die nicht sinnerfassend lesen können und durch einen Zeitenwechsel innerhalb eines Absatzes in hoffnungslose Verwirrung stürzen. Mein Rat wäre also, diesbezüglich sehr sparsam und vorsichtig mit dem Stilmittel umzugehen.
Übrigens finde ich den Absatz den Du eingestellt hast, allein schon so geschmeidig, dass mich der Rest des Textes interessieren würde.
lg/Peter
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Mensch sein heißt, an dem Ort zu stehen, wo ein neugieriger Affe einem stürzenden Engel begegnet.
(Terry Pratchett) |
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Gast
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12.06.2008 09:26
von Gast
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Ich würde das trotzdem im Präteritum schreiben: "Einer baute ..." Das geht genauso und reißt einen nicht aus dem Zeitenfluß. Denn wenn Du im Prätertitum schreibst, beschreibst Du ja die Gegenwart, weil die Erzählvergangenheit die normale Erzählzeit für einen Roman ist, der in der Gegenwart spielt. Für die Vergangenheit müßtest Du Plusquamperfekt verwenden. Also würde ich beim Präteritum bleiben. Es ist schon klar, daß damit etwas Bleibendes gemeint ist, das ergibt sich aus dem Kontext.
Liebe Grüße
Angela
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DasProjekt Exposéadler
Beiträge: 2898 Wohnort: Ørbæk, Nyborg, Dänemark
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12.06.2008 10:11
von DasProjekt
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Gehen tut alles, aber man sollte sich dabei bewusst sein, dass solche Textstellen selbst bei den Meistern ihres Faches den Leser ins Stolpern bringen (hab gerade gestern mal wieder Aitmatov's "Dschamilja" gelesen, da kommt das auch an mindestens einer Stelle vor, dass ein Gegenwarts-Absatz eingeschoben wird. Klingt zwar sehr poetisch, aber ins Straucheln kam ich dennoch.
Von daher wuerde ich sagen, wenn irgend moeglich, anders machen. Gehen tut alles, aber ob man es auch tun sollte, sei dahingestellt...
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sleepless_lives Schall und Wahn
Administrator Alter: 58 Beiträge: 6476 Wohnort: München
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12.06.2008 15:00
von sleepless_lives
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Hallo talegal,
wie von meinen Vorrednern schon gesagt, grundsätzlich geht es. Im Einzelfall, denk' ich, hängt es sehr stark davon ab, wie gut es in den Kontext passt und wie die Übergänge gestaltet sind. In deinem Beispieltext wär mir ohne den Hinweis nicht einmal aufgefallen, dass da ein Zeitenwechsel ist.
_________________ Es sollte endlich Klarheit darüber bestehen, dass es uns nicht zukommt, Wirklichkeit zu liefern, sondern Anspielungen auf ein Denkbares zu erfinden, das nicht dargestellt werden kann. (Jean-François Lyotard)
If you had a million Shakespeares, could they write like a monkey? (Steven Wright) |
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Merlinor Art & Brain
Alter: 72 Beiträge: 8664 Wohnort: Bayern
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12.06.2008 19:37
von Merlinor
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Ich kann mich meinen Vorrednern da nur anschließen: Es geht natürlich, sollte aber eher sparsam eingesetzt werden.
In Deinem Beispiel ist es allerdings ohne Probleme einsetzbar. Stört zumindest bei mir auch nicht den Erzählfluss.
Herzlich
Merlinor
_________________ „Ich bin fromm geworden, weil ich zu Ende gedacht habe und nicht mehr weiter denken konnte.
Als Physiker sage ich Ihnen nach meinen Erforschungen des Atoms:
Es gibt keine Materie an sich, Geist ist der Urgrund der Materie.“
MAX PLANCK (1858-1947), Mailand, 1942 |
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Ralphie Forenonkel
Alter: 71 Beiträge: 6403 Wohnort: 50189 Elsdorf
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12.06.2008 21:09
von Ralphie
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Es kommt darauf an, aus welcher Sicht die Geschichte erzählt wird. Wenn ihr aus der Gegenwart heraus erzählt, sollen natürlich auch Vergleiche u. Ä. in dieser Zeitebene geschrieben werden. Überlegt ganz einfach mal, wenn ihr euren Freunden mündlich etwas erzählt, was in der Vergangenheit geschehen ist ... die Kommentare bleiben in der Gegenwart, beim Erzähler. So einfach ist das.
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talegal Wortedrechsler
Beiträge: 90
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12.06.2008 22:14
von talegal
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Danke für eure Antworten, kenn mich aus: Präsens nicht unter Todesstrafe, aber wenn geht, dem Leser im richtigen Moment unterjubeln, wenn keiner hinsieht.
pna: Danke für die Blumen, bin auf Seite 284 meines Erstversuchs und hab noch ein Stückchen Weg vor mir.
Tolles Forum!
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pna Grauzonenjunkie
Alter: 59 Beiträge: 1603 Wohnort: Wien, Ottakring
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14.08.2008 14:34
von pna
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Und wie weit bist du jetzt? Neugierig wie ich bin
lg/Peter
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Mensch sein heißt, an dem Ort zu stehen, wo ein neugieriger Affe einem stürzenden Engel begegnet.
(Terry Pratchett) |
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