Kurzgeschichte: Ein Glücksbringer

[Mainzauber]

Ein Glücksbringer


Der Standesbeamte fixierte für einen Moment irritiert den außergewöhnlichen Halsschmuck der Braut. Zu einem durchaus klassisch cremefarbenen Kostüm trug Kirsten Sandmann einen rohen und eher unscheinbaren Stein am Hals. Eine dünne geflochtene Lederschnur war durch ein Loch im Stein gezogen, das keinen Gedanken an gefällige Symmetrie innerhalb des Anhängers aufkommen ließ.  
Seltsam, dachte er, normalerweise tragen die Damen zu einem solchen Termin eher Gold oder einen kleinen Diamanten.

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Der Wind roch würzig nach Salz und Tang. Fast schon ein wenig kühl wehte er über das Wasser und ließ Kirsten frösteln. Die Sonne, die ihren letzten Tag an der Ostsee bisher verschönt hatte, zog sich hinter eine Wolke zurück.
Das passt perfekt, dachte Kirsten. Es darf nicht zu schön sein heute.
Langsam, als wollten sie die verbleibende Zeit ins Unendliche dehnen, schlenderte sie mit Henning den Strand entlang. Meistens berührten sich ihre Hände, aber immer wieder blieb Henning stehen, hob einen kleinen Stein auf und warf ihn ins Meer, dessen Wellen mit der hereinkommenden Flut den Strand allmählich zurück eroberte. Es war Kirstens letzter Urlaubstag in Ahrenshoop. Morgen würde sie zusammen mit ihrer Freundin wieder nach Hause fahren. Zwei Wochen Ostseeurlaub waren vorbei und ausgerechnet vorgestern Abend hatte sie Henning bei einem Strandfest nach einer Ausstellung im Kunstkaten kennen gelernt. Henning war gerade von Südfrankreich zurückgekommen.
„Endlich mal Urlaub im Süden.“ Begeistert hatte er Kirsten von seinem Urlaub erzählt und konnte es kaum glauben, dass sie selbst die Ostsee viel reizvoller fand. Sie hatten die ganze Nacht geredet und gelacht, getanzt und sich am Ende in einander verliebt.

Eine Möwe flog kreischend über sie hinweg.
„Bleib mal stehen“, sagte Henning plötzlich und bückte sich nach einem Stein.
„Schau mal, was ich gefunden habe. Das ist ein Glücksbringer.“
Kirsten blickte ungläubig auf das unscheinbare Etwas mit dem glatten, wie polierten Loch am Rande.
„Das ist ein Glücksbringer? Ich dachte schon, du hättest einen Bernstein gefunden.“
„Nein, keinen Bernstein. Eher einen Feuerstein. Man nennt ihn Hühnergott und er soll Glück bringen.“
„Einen Hühnergott? Du willst mich auf den Arm nehmen.“
„Nein. Er heißt wirklich so. Jedenfalls habe ich das mal in der Schule gelernt.“ Henning lachte. „In Heimatkunde, vermutlich. Das Loch entsteht dadurch, dass das Mineral früher mal einen Einschluss hatte, irgendwas Organisches, was sich dann zersetzt hat.“
„Aber warum denn nur Hühnergott?“
„Man sagt, dass solche Steine früher in die Hühnerställe gehängt wurden, um die Tiere zum Eier legen zu motivieren. Es sollte Glück bringen. Vielleicht so eine Art Fruchtbarkeitssymbol. Ich glaube, man hat uns erzählt, dass Steine mit natürlichen Löchern schon immer als Talismane Verwendung fanden.“
Kirsten verzog das Gesicht. Für Fruchtbarkeitssymbole hatte sie gerade keine Verwendung.
Henning wog den Stein in der Hand und wollte ihn gerade ins Meer zurück werfen, als Kirsten seinen Arm festhielt.
„Warte. Du sagst, er sei ein Glücksbringer, ja?  Schenkst du ihn mir?“
„Ja sicher. Ich dachte, er gefällt dir nicht?“
„Na ja, ein Ausbund an Schönheit ist er nicht gerade. Aber wenn er uns Glück bringt …
Ich werde ein Band durch das Loch ziehen und ihn gut aufheben. Wenn ich nächstes Jahr wiederkomme, bring ich ihn dir zurück.“

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Der Standesbeamte räusperte sich: „Wollen Sie, Frau Kirsten Sandmann, den hier anwesenden Dr. Henning Lohse zu ihrem gesetzlich angetrauten Ehemann nehmen, so antworten Sie mit Ja.“
Hennings und Kirstens Blicke kreuzten sich und bevor Kirsten laut und deutlich Ja sagte, griff sie unwillkürlich zu dem Stein am Lederband.

[lupus]

servus Mainzauber!

Zunächst einmal mein Eindruck nach dem ertsen Lesen: nett geschrieben, ohne echte Höhepunkte, ohne, dass Stimmung aufkommen will, aber so geschrieben, dass ich's dennoch fertig gelesen hab, also - denk ich mir - muss da was sein. Vielleicht is es aber auch nur die Hoffnung, dass doch noch was passiert.
Und: für eine Kurzgeschichte kommt mir der Text fast ein bisserl zu kurz vor.
Aber: beim zweiten Lesen hab ich dann doch eine 'Botschaft' gefunden, die ich  - ich geb's zu - aber auch nur hineingelesen haben könnte:
1) der Glücksbringer hat dann ja doch noch Glück gebracht (is aber als Message ein biserle seicht mE)
2) von einer kirchlichen Hochzit in der Folge steht da nix. Der Glaube 'fehlt' also. Aber sie haben Ersatz gefunden, der 1) auch hilft. Naja, ein Versuch zu deuten.

Fazit: der erste Eindruck bleibt: nett geschrieben.

[SchreibeOhneStift]

Also. Schön geschriebene Geschichte.

Was wohl fehlt, damit die Story ein bisschen aus dem