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Von der Schwierigkeit, ein Pantum zu schütteln


 
 
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Fridolin
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 85
Beiträge: 304
Wohnort: Fellbach


Beitrag28.05.2015 16:37
Von der Schwierigkeit, ein Pantum zu schütteln
von Fridolin
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

O strenge Form, du sollst den Dichter lenken.
Er darf zum Vortrag nicht gleich Forte wählen.
Beim Schütteln muss ein Dichter lichter denken.
Wie peinlich, wenn die rechten Worte fehlen.

Er darf zum Vortrag nicht gleich Forte wählen,
denn gar zu oft verlor die Stimme Größe.
Wie peinlich, wenn die rechten Worte fehlen.
Vermeiden muss er allzu grimme Stöße.

Denn gar zu oft verlor die Stimme Größe,
obwohl die Backen ihm beim Singen schwollen.
Vermeiden muss er allzu grimme Stöße,
weil fest und rein die Töne schwingen sollen.

Obwohl die Backen ihm beim Singen schwollen,
begann sein Pantum noch nicht voll zu tönen.
Weil fest und rein die Töne schwingen sollen,
heißt es nun gar, die Verse toll zu föhnen?

Begann sein Pantum noch nicht voll zu tönen?
Er hat doch mit der Form so lang gerungen!
Heißt es nun gar, die Verse toll zu föhnen,
bis ihm ein Werk von hohem Rang gelungen?

Er hat doch mit der Form so lang gerungen!
Beim Schütteln muss ein Dichter lichter denken,
bis ihm ein Werk von hohem Rang gelungen.
O strenge Form, du sollst den Dichter lenken.

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firstoffertio
Geschlecht:weiblichShow-don't-Tellefant


Beiträge: 5854
Wohnort: Irland
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Beitrag29.05.2015 00:28

von firstoffertio
Antworten mit Zitat

Das ist nett. Ich mag Pantoums.
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Fridolin
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 85
Beiträge: 304
Wohnort: Fellbach


Beitrag29.05.2015 11:59

von Fridolin
pdf-Datei Antworten mit Zitat

firstoffertio hat Folgendes geschrieben:
Das ist nett. Ich mag Pantoums.


Hi firstoffertio,

ich finde es nett, dass du mein Pantum nett findest. Ich mag Pantums eigentlich gar nicht so sehr und finde überhaupt Pantums der häufig penetranten Wiederholungen wegen eher langweilig. In diesem Fall wollte ich ein Pantum in Schüttelreimen dichten, bei dem sich das Gedicht inhaltlich selbst beschreibt, während die Form entsteht.

Diese Gedichtform, ein Tanz mit der Form, kommt dem Schüttelreimer durch den geforderten Kreuzreim entgegen, bei dem die Schüttelreime nicht unmittelbar aufeinander folgen, was eine dezente lyrische Führung ermöglicht. Auf der anderen Seite besteht die Schwierigkeit darin, dass der Dichter jeder Zeile zweimal Sinn geben muss und nichts Neues sagen kann, ohne auf das Vorherige Bezug zu nehmen.

Liebe Grüße
Fridolin
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meerenblau
Reißwolf
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Beiträge: 1320



M
Beitrag29.05.2015 12:19

von meerenblau
Antworten mit Zitat

Ich finde das echt beeindruckend. Sowas würde ich nie hinkriegen.

Nur die Zeile

"heißt es nun gar, die Verse toll zu föhnen? "

scheint mir etwas zu haken - oder bilde ich mir das ein?
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Fridolin
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 85
Beiträge: 304
Wohnort: Fellbach


Beitrag29.05.2015 14:57

von Fridolin
pdf-Datei Antworten mit Zitat

meerenblau hat Folgendes geschrieben:
Ich finde das echt beeindruckend. Sowas würde ich nie hinkriegen.

Nur die Zeile

"heißt es nun gar, die Verse toll zu föhnen? "

scheint mir etwas zu haken - oder bilde ich mir das ein?


Hi meerenblau,

da hakt nichts, voll zu tönen - toll zu föhnen sind völlig korrekte Schüttelreime. Das Wesen eines jeden (End-) Reimes besteht doch darin, dass ein Gleichklang das Ohr erfreut, wobei es ganz und gar nebensächlich ist, was das Auge beim Lesen dazu sagt. Die reimenden Silben brauchen nicht mit gleichen Buchstaben geschrieben zu sein, weil es lediglich auf den Klang ankommt. Reim ist - jedenfalls in der deutschen Sprache - allein ein phonetisches, nicht aber ein orthografisches Phänomen. So sind die Reimpaare Bahre - Haare, Zofe - Strophe, Schreiner - Designer genauso richtig wie das Reimpaar Sonne - Wonne.

Beim Schütteln nun entsteht der erstrebte Gleichklang dadurch, dass ein Austausch der ungleichen Anfangskonsonanten der betonten Silbe bei zwei Wörtern vorgenommen wird, wobei zwei neue Wörter mit gleichem Klang am Ende mit Reim entstehen. In unserem Fall entsteht aus der Wortkombination voll zu tönen durch Austausch der anlautenden Konsonanten in v, (gesprochen wie ein f) und t der Schüttelreim toll zu föhnen.  "zu" dient der Infinitivbildung und bleibt erhalten.

LG Fridolin
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meerenblau
Reißwolf
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Beiträge: 1320



M
Beitrag29.05.2015 17:04

von meerenblau
Antworten mit Zitat

Fridolin hat Folgendes geschrieben:
meerenblau hat Folgendes geschrieben:
Ich finde das echt beeindruckend. Sowas würde ich nie hinkriegen.

Nur die Zeile

"heißt es nun gar, die Verse toll zu föhnen? "

scheint mir etwas zu haken - oder bilde ich mir das ein?


Hi meerenblau,

da hakt nichts,


Ich meinte nicht die Reime, sondern die Metrik.
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Fridolin
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 85
Beiträge: 304
Wohnort: Fellbach


Beitrag29.05.2015 19:45

von Fridolin
pdf-Datei Antworten mit Zitat

meerenblau hat Folgendes geschrieben:


Ich meinte nicht die Reime, sondern die Metrik.


Hi meerenblau,

metrisch betrachtet handelt es sich bei dem Gedicht um fünfhebige Jamben mit durchgehend weiblichem Ausgang. Nach meinem Empfinden fügt sich die Zeile
Heißt es nun gar, die Verse toll zu föhnen, im Kontext des Gedichtes metrisch durchaus stützend ein. Ich würde beim Vortrag das Wort Heißt, nicht zu sehr betonen, sondern die folgenden Satzteile. Ich kenne unzählige Sonette, bei denen dies so gehandhabt wurde; selbst von Platen, der für seine Formenstrenge bekannt ist.

LG Fridolin
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Gast







Beitrag29.05.2015 21:31

von Gast
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Hallo Fridolin,

zunächst: ehrlicher und großer Respekt für diese handwerklich virtuose Leistung!

Und ich hab auch wieder etwas neues gelernt: Pantum. Ich kannte die Form von Baudelaires Gedicht "Abendliche Harmonie", wusste aber nicht, dass sie diese spezielle Bezeichnung trägt. Übrigens habe ich mich vor gut einem Jahr auch selbst einmal im kleinen Rahmen und ganz aus Versehen in dieser Form probiert. Nur - ohne Schüttelreime. Das haut ja technisch echt dem Fass den Boden raus. Stark!

Ein klitzekleines bisschen Kritik sei mir dennoch erlaubt - vor lauter handwerklicher Raffinesse leiden doch etwas der Ausdruck und der Inhalt. Ich sehe es insofern eher als anspruchsvolle Etüde, denn als aufführungsreife Sinfonie, bin aber sehr gespannt, was du noch so einstellst.

Liebe Grüße
Gerhard
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Fridolin
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 85
Beiträge: 304
Wohnort: Fellbach


Beitrag30.05.2015 07:04

von Fridolin
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Gerhard,

wie Lyrik von Lesern empfunden wird, ist weitgehend Geschmacksache. Was dem einen überaus gefällt, haut ein andrer in die Tonne. Beim Schreiben meines Gedichtes war es keineswegs die Absicht, eine Sinfonie aufzuführen, nicht mal die Schüttelreime waren von vornherein beabsichtigt. Ich wollte einfach nur die Schwierigkeit beschreiben, ein Pantum zu verfassen und wie schwer es mir schien, die stringente Form durchzuhalten. Dabei hat es mich ziemlich geschüttelt und so ist daraus ein Schüttelpantum entstanden. Ich bin lyrisch mit bald 77 Jahren kein heuriger Hase, war viele Jahre beim Süddeutschen Rundfunk als Funkautor tätig und weiß meine Werke auch kritisch zu bewerten. Mängel im Ausdruck oder Inhalt kann ich nicht erkennen, sie sind mir auch bisher für das Pantum nicht attestiert worden.

Zu Baudelaire. Ich kenne das von dir erwähnte Gedicht, in dem du ein Pantum zu erkennen glaubst. Baudelaire hat die strenge Form des Pantums darin aber nicht verwirklicht, was schon an den fehlenden Wiederholungen erkennbar ist.

Weitere Gedichte von mir gibt es dann nach Rückkehr aus meinem Wanderurlaub Mitte Juni. Obwohl Ostern ja schon vorbei ist, präsentiere ich dann den Osterspaziergang, frei nach Goethe, in Schüttelreimen.

Noch eine Bemerkung zum Schüttelreimen. Es ist Wortakrobatik und vor allem in längeren Gedichten auch für den Könner mitunter irrsinnig schwer, mein Bestreben ist aber, bei Schüttelreimgedichten bloßes Wortgeklingel zu vermeiden und statt dessen etwas entstehen zu lassen, was man Schüttelpoesie nennen könnte.

Ich danke für deinen Kommentar, der ja in weiten Teilen so negativ nicht ist.

Liebe Grüße
Fridolin
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meerenblau
Reißwolf
M


Beiträge: 1320



M
Beitrag30.05.2015 11:18

von meerenblau
Antworten mit Zitat

Fridolin hat Folgendes geschrieben:
meerenblau hat Folgendes geschrieben:


Ich meinte nicht die Reime, sondern die Metrik.


Hi meerenblau,

metrisch betrachtet handelt es sich bei dem Gedicht um fünfhebige Jamben mit durchgehend weiblichem Ausgang. Nach meinem Empfinden fügt sich die Zeile
Heißt es nun gar, die Verse toll zu föhnen, im Kontext des Gedichtes metrisch durchaus stützend ein. Ich würde beim Vortrag das Wort Heißt, nicht zu sehr betonen, sondern die folgenden Satzteile. Ich kenne unzählige Sonette, bei denen dies so gehandhabt wurde; selbst von Platen, der für seine Formenstrenge bekannt ist.

LG Fridolin


Hm, ja, beim nochmaligem Lesen erkenne ich, dass ich mir das tatsächlich eingebildet habe. So richtig rund will sich das zwar für mich noch immer nicht ahören, aber ich sehe ein, dass das an mir liegt und nicht an dem Gedicht. Weiß auch nicht.
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Gast







Beitrag10.09.2015 21:02

von Gast
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Fridolin -  das ist ein geiles Teil.
Aber wer ist denn dieser Dichter, dem du hier immerzu Vorwürfe machst?

Wem sollte es peinlich sein, daß er nicht die rechten Worte gefunden hat, wessen Stimme verlor die Größe, weil er dieser strengen Form nicht gewachsen war?

Es finde es echt scheiße, daß du diesen Kerl so fickst: denn er hat ein perfektes Pantum geschrieben!
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