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Veggie


 
 
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EWJoe
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Beitrag31.07.2015 13:35
Veggie
von EWJoe
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Hallo, ihr kritischen Geister.

Ich ersuche um eure Meinung. Funktioniert die Geschichte? Ich habe die Du-Form gewählt, was meist problematisch ist. Auch ist der Text sehr knapp geschrieben, auch nicht für jede(n) ok. Liest sich das sperrig? Bitte um eure Meinung. Natürlich wird der Text auch einiges zum Geradebiegen erfordern, also wer Geistes-Muskeln zeigen will ist herzlich eingeladen. (Es gibt zwei Teile)

Teil 1

Erwachen. Der Alptraum ist vorbei, dein Herz rast noch. Die Folterqualen waren unerträglich. Schläge, Waterboarding, Elektroschocks, Drogen - irreal. Erleichtert willst du tief Luft holen. Es geht nicht. Ein gleichmäßiges Pfauchen dringt in dein Bewusstsein.

Erschrecken. Vielleicht war doch alles wirklich und dauert an? Verzweifelt versuchst du deine Augen zu öffnen, keine Bewegung, nicht einmal ein Zucken. Die Dunkelheit wird langsam von einzelnen Bildern des Horrors durchdrungen. Verhöre rufen sich ins Gedächtnis, ohne ihren Inhalt preiszugeben.

Laut willst du schreien, doch nicht einmal ein Röcheln, vernimmst du. Deine Gesichtsmuskeln sind paralysiert, wie auch der restliche Körper. Der Drang wild um sich zu schlagen verebbt in Starre.

Stunden der Verzweiflung. Du weinst, doch keine Träne rollt über deine Wangen, dein Schluchzen bleibt stumm. Brennende Schmerzen am Rücken, sind die einzigen Empfindungen, die dich glauben machen noch am Leben zu sein. Diese heftigen Schläge zu den Befragungen waren nicht einmal das Schlimmste. Doch warum?

Du denkst, dass die Folterknechte eine neue Methode erproben, um dich gefügig zu machen. Doch keine Erinnerung will sich einstellen. „Was wollt ihr von mir wissen?“, brüllst du in deine Einsamkeit. Zugern hättest du jede Frage beantwortet, doch es bleibt still. Nur dieses gleichmäßige Geräusch, das du neben deinem Herzschlag wahrnimmst.

Ermattung. Gnädig löscht der Schlaf deine Qualen.

Irgendwann erwachst du wieder, aber die Hoffnung in einer anderen Realität aufzutauchen erfüllt sich nicht. Dein Puls und das Pfauchen sind das Einzige, was dir geblieben ist. Tausend trockene Tränen, zahllose stille Schreie und paralysiertes Herumschlagen enden in Erschöpfung.

Erinnern. Angestrengt versuchst du deinem Gedächtnis etwas zu entlocken. Langsam taucht zerstückelt Vergangenheit auf. Du siehst das Gesicht einer Frau, einer hübschen Frau, mit weichen vielversprechenden Lippen, die dir ein bezauberndes Lächeln schenkt. Langsam wird dir klar, das ist deine Frau. Kinder, ein Haus mit Garten, einen schicken Sportwagen nennst du dein Eigen. Du hattest ein gutes Leben. Eine Party anlässlich deiner Beförderung zum Vorstandsdirektor, im Hochgefühl des Erfolges, blendet sich ein.

Vergeblich suchst du nach den Gründen deiner Folter. Alles Rückblicken endet bei diesem Fest. Nicht einmal ein vages Gefühl, das dir weiterhilft. Du bist ratlos.

Andere Geräusche erregen deine Aufmerksamkeit. Eine Türklinke wird gedrückt, eine Tür geöffnet. Schritte. Jemand bewegt sich auf dich zu. Du fühlst ein Aufgerichtet-werden.




Wohl an. Haut drauf!



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Jack Burns
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Beitrag31.07.2015 14:14

von Jack Burns
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Hallo EWJoe,

stell den nächsten Teil gleich dazu!
Bisher kann ich nicht viel mit dem Text anfangen.

gruß
Martin


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Lapidar
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Beitrag31.07.2015 14:28
Re: Veggie
von Lapidar
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EWJoe hat Folgendes geschrieben:



Teil 1

Erwachen. Der Alptraum ist vorbei, dein Herz rast noch. Die Folterqualen waren unerträglich. Schläge, Waterboarding, Elektroschocks, Drogen - irreal. Erleichtert willst du tief Luft holen. Es geht nicht. Ein gleichmäßiges Pfauchen dringt in dein Bewusstsein.

Erschrecken. Vielleicht war doch alles wirklich und dauert an? Verzweifelt versuchst du deine Augen zu öffnen, keine Bewegung, nicht einmal ein Zucken. Die Dunkelheit wird langsam von einzelnen Bildern des Horrors durchdrungen. Verhöre rufen sich ins Gedächtnis, ohne ihren Inhalt preiszugeben.
Also wenn er die Augen nicht aufkriegt, warum durchdringen dann Bilder des Horrors die Dunkelheit...

Laut willst du schreien, doch nicht einmal ein Röcheln, vernimmst du. Deine Gesichtsmuskeln sind paralysiert, wie auch der restliche Körper. Der Drang wild um sich zu schlagen verebbt in Starre.

Stunden der Verzweiflung. Du weinst, doch keine Träne rollt über deine Wangen, dein Schluchzen bleibt stumm. Brennende Schmerzen am Rücken, sind die einzigen Empfindungen, die dich glauben machen noch am Leben zu sein. Diese heftigen Schläge zu den Befragungen waren nicht einmal das Schlimmste. Doch warum?

Du denkst, dass die Folterknechte eine neue Methode erproben, um dich gefügig zu machen. Doch keine Erinnerung will sich einstellen. „Was wollt ihr von mir wissen?“, brüllst du in deine Einsamkeit. Vorhin konnt er keinen Muskel rühren undnicht einmal schluchzen...Zugern hättest du jede Frage beantwortet, doch es bleibt still. Nur dieses gleichmäßige Geräusch, das du neben deinem Herzschlag wahrnimmst.

Ermattung. Gnädig löscht der Schlaf deine Qualen.

Irgendwann erwachst du wieder, aber die Hoffnung in einer anderen Realität aufzutauchen erfüllt sich nicht. Dein Puls und das Pfauchen sind das Einzige, was dir geblieben ist. Tausend trockene Tränen, zahllose stille Schreie und paralysiertes Herumschlagen enden in Erschöpfung.

Erinnern. Angestrengt versuchst du deinem Gedächtnis etwas zu entlocken. Langsam taucht zerstückelt Vergangenheit auf. Du siehst das Gesicht einer Frau, einer hübschen Frau, mit weichen vielversprechenden Lippen, die dir ein bezauberndes Lächeln schenkt. Langsam wird dir klar, das ist deine Frau. Kinder, ein Haus mit Garten, einen schicken Sportwagen nennst du dein Eigen. Du hattest ein gutes Leben. Eine Party anlässlich deiner Beförderung zum Vorstandsdirektor, im Hochgefühl des Erfolges, blendet sich ein.

Vergeblich suchst du nach den Gründen deiner Folter. Alles Rückblicken endet bei diesem Fest. Nicht einmal ein vages Gefühl, das dir weiterhilft. Du bist ratlos.

Andere Geräusche erregen deine Aufmerksamkeit. Eine Türklinke wird gedrückt, eine Tür geöffnet. Schritte. Jemand bewegt sich auf dich zu. Du fühlst ein Aufgerichtet-werden.

!


Sehr viel Qual und Fühlen und manchmal inkonsequent..wie gehts weiter?

und nein.. du hast mich nicht am Haken... wenn einer mir erzählt, er kann vor Paralyse nichts schreien, und es dann doch tut,dann kriegich eher ein Rolling Eyes Grr Dozey  als ein Buch  Aber ich glaub, das liegt, wie du schon gesagt hast, an der komprimierten Form.


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EWJoe
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Beitrag31.07.2015 14:37

von EWJoe
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Auf Martins Wunsch stelle ich gleich den zweiten Teil dazu:


Teil 2

„Karla, hilf mir bitte. Der Veggie auf 34 hat sich wieder wundgelegen.“ Diese gellende Frauenstimme schnitt sich wie ein Messer ins Bewusstsein. Wieder Schritte.
„Ich verstehe nicht, dass man bei solchen armen Schweinen nicht schon längst den Stecker gezogen hat. Wie lange liegt der schon da?“

„Seit gut sechs Monaten liegt er nach einem Schlageranfall hier und rührt sich nicht mehr. Aber du weißt doch, der Professor will seine Pflegebetten optimal ausnutzen.“

Schock. Die ganzen Verrichtungen an dir nimmst du kaum war.  Horror. Ausweglos.

Wochen vergingen. Keine Besuche. Gelegentlich Schritte im Raum waren die einzige Abwechslung, vielleicht einmal eine Stimme. Sonst nur das monotone Einerlei deines Herzschlages und der Beatmungsmaschine. Gelegentlich dringen Geräusche von der Straße zu dir durch. Du zählst die Fahrzeuge, gierst nach Abwechslung. Eine Fliege, die summend im Raum fliegt, wird zur  Sensation.

Eines Tages wecken dich Stimmen.

„Herr Professor, hier habe ich die gerichtliche Verfügung.“ Die Stimme deiner Frau! Du willst sie sehen, mit ihr sprechen. Doch dein Körper versagt dir seinen Dienst.
„Ich glaube auch, dass es besser so ist. Er ist praktisch tot und wir brauchen das Bett für einen neuen Patienten, den wir vielleicht helfen können.“

Kaum spürst du wie dir eine Hand über den Kopf streicht. Dann entfernen sich die Schritte von Stöckelschuhen.  
„So, Schwester! Stellen Sie die Beatmungsmaschine ab.“

An dir wird herumgezerrt. Die Luft wir knapp, dein Herz beginnt zu rasen. Es wird dunkel. Endgültig.


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EWJoe
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Beitrag31.07.2015 14:49

von EWJoe
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Servus Lapidar,

vielen Dank für Deine Reaktion. Es mag sein, dass gerade im ersten Teil die Informationen widersprüchlich wirken.
Vielleicht wird die Intension klar, wenn Du den zweiten Teil gelesen hast. Auch wenn Du die Augen geschlossen hast kannst Du Bilder sehen. Damit meine ich nicht Hallunationen, sondern die Bilder Deiner Vorstellung. Genau das passiert dem vollständig Bewegungsunfähigen. (Im übrigen zeigen dies auch Gehirnscanns). Was sonst sollte er tun? Die äußere Wirklichkeit liefert ja praktisch keine Inputs.

Auch der Satz: „Was wollt ihr von mir wissen?“, brüllst du in deine Einsamkeit. folgt dieser Intension. Vielleicht wäre das Wort Einsamkeit zu überdenken, denn es mag den Leser auf die falsche Fährte führen, tatsächlich zu schreien, was nicht der Fall ist. Der Schrei bleibt gefangen im Raum seiner Gedanken.

LG
EWJoe


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Lapidar
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Beitrag31.07.2015 16:38

von Lapidar
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Der Gedanke ist gut...aber an der Ausführung denke ich, kann noch gefeilt werden.
Ja auch ich sehe oft und viel Bilder wenn ich die Augen geschlossen halte. Aber in deinem ersten Teil, der sehr -wie soll ich sagen?- schnell daherkommt, geht das unter (du willst ja schließlich nicht mit Fußnoten arbeiten, in denen du dem Leser dann erklärst, wie du es mir erklärst. wink

Ich glaube nicht, dass heute noch jemand auf einer Pflelgestation von Veggie oder Gemüse spricht.
Aber ok.. dichterische Freiheit, du musst ja die Infos irgendwo unterkriegen.

Am Schluss.. vllt erwähnen dass das pfauchende Geräusch der Beatmungsmaschine abgestellt wird

Letztendlich so, wie es jetzt steht, überzeugt mich die Story noch nicht.


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EWJoe
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Beitrag31.07.2015 22:56

von EWJoe
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Servus Lapidar,

scheint, als ob ich das Prinzip story dont tell umgekehrt hätte. Na ja, könnte auch sein, dass ich in der Story zu unklar formuliert habe. Ist wohl so. Dem Leser habe ich offenbar zuwenig Zeit gegeben in die Geschichte hineinzugleiten, sich mit der üblen Situation vertraut zu machen. Bei so einem knappen Text muss man (ich) deutlich genauer formulieren, da die Redundanzen klar reduziert sind. Eine kleine Ungenauigkeit und das ganze Gedankengebäude kann kollabieren.


Danke für den Hinweis.

LG EWJoe


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gold
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Beitrag02.08.2015 11:46

von gold
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Hallo EWJoe,

zuerst hatte ich tatsächlich Probleme mit der Du-Form. Nachdem ich den Schluss gelesen hatte, war mir klar, weshalb du diese wählen musstest. Laughing

Ein paar Erbsen, die mir auffielen:

1.Warum wird der Prota als Veggie bezeichnet?

2.  
Zitat:
Wochen vergingen. Keine Besuche. Gelegentlich Schritte im Raum waren die einzige Abwechslung, vielleicht einmal eine Stimme. Sonst nur das monotone Einerlei deines Herzschlages und der Beatmungsmaschine. Gelegentlich dringen Geräusche von der Straße zu dir durch. Du zählst die Fahrzeuge, gierst nach Abwechslung. Eine Fliege, die summend im Raum fliegt, wird zur Sensation.



Hier fehlt m.E. die Erwähnung der Pflege.

3.
Zitat:
„Seit gut sechs Monaten liegt er nach einem Schlageranfall hier und rührt sich nicht mehr. Aber du weißt doch, der Professor will seine Pflegebetten optimal ausnutzen.“


Manchmal könnte man ja auch auch beim Hören eines Schlagers einen Anfall kriegen... Laughing

Apropos: Show, don´t tell:
 Ich denke, deine Geschichte lebt generell vom Tell, vom Erzählen der subjektiven Befindlichkeit, ohne dem würde sie so nicht funktionieren.

 Was ich auch gut finde, ist, dass du dem Leser das Denken nicht abnimmst, indem du keinen Übergang zwischen Teil 1 und Teil 2 vornimmst, so ist der Leser gezwungen, die Lücke mit seinen Vorstellungen auszufüllen. Mit diesem kompletten Perspektivenwechsel hatte ich zwar zunächst Schwierigkeiten, finde ihn aber im nachhinein sehr gut.

Fazit: Ich finde den Text  interessant und die Thematik sehr brisant. Sprachlich ist M.E. auch nichts auszusetzen.

Liebe Grüße
gold

Edit: Kennst du vielleicht die Literatur zu diesem Thema u.a. von Niels Birbaumer, einem Neuropsychologen:"Dein Gehirn weiß mehr als du denkst". Verlag Ullstein ?


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Jack Burns
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Beitrag02.08.2015 13:49

von Jack Burns
Antworten mit Zitat

Hallo EWJoe,

Du greifst ein Motiv auf, dass die menschliche Fantasie wahrscheinlich schon beschäftigt, seit wir uns mit der Sterblichkeit auseinandersetzen: Lebendig begraben!
Mythen von Zombies und Vampieren, Schlüsselelemente von Religionen und nicht zuletzt Einige Horrorgeschichten der Moderne basieren auf dieser Vorstellung.
Die Verfilmung der Kurzgeschichte von E.A.Poe hatte mein Denken in jungen Jahren zutiefst geprägt.

Zu Deinen Fragen: Die Perspektive passt. Dadurch übertragen sich die Gefühle des Protagonisten auf den Leser. Eine verdichtete Schreibweise kann ich nur zum Teil erkennen. Und damit zu den Problemen, die ich mit dem Text habe;
Ich finde, vom Stil her ist es zu unentschieden. Einerseits hältst Du, gerade am Anfang die Informationen für den Leser sehr knapp, andererseits verwendest Du etwas blumige, adjektivreiche Formulierungen.
Erleichtert willst du tief Luft holen.
 doch keine Träne rollt über deine Wangen,
Angestrengt versuchst du deinem Gedächtnis etwas zu entlocken

Das beißt sich für mich.

Und dann sehe ich keinen guten Grund dafür, dass der Erzähler anfangs die Situation nicht etwas deutlicher darstellt. Das "Pfauchen" kann ich nicht einordnen, es wird über eine Foltererfahrung berichtet, was mich als Leser auf einen falschen Weg führt, ebenso wie die Erinnerung an ein früheres Leben. (Diese passt natürlich wieder, nachdem man das Ende gelesen hat).
Ich vermute, der zweite Teil ist als unerwartete Wendung gedacht. Da ich aber am Anfang noch keinen Plan habe, was mit "mir" geschieht, kann da aich nichts gewendet werden. Im Grunde lese ich den ersten Teil als Rätsel und den zweiten als Erklärung.

Ich versuche ein Fazit.
Nach meinem Gefühl wird hier versucht, zu vieles zusammenzufügen, das nicht kompatibel ist: Große Emotionalität und Nüchterne Kürzung, Ernsthaftigkeit und Horror und überraschende Wendung.

Der Titel hat mir auch keinen Weg gewiesen, wohin ich den Text lesen könnte. Er hat mich an den Veggie-day erinnert, der vor einigen Monaten die deutschen Gemüter erhitzte.
 Laughing  ist vielleicht in Austria nicht registriert worden.

Falls Du noch daran arbeiten willst, würde ich als Erstes genau überlegen, was die Kernaussage des Textes sein soll. Dann darauf konzentrieren und probieren, wie man es am besten umsetzt.

Eine Horrorgeschichte sollte so konstruiert sein, dass die Situation am Anfang verstehbar ist und sich dann zunehmend vergrößert.
Wenn Du eine sachliche Sprache verwenden willst, dann wirf 50% der Adjektive raus.

Der (Roh)text ist auf jeden Fall ausbaufähig.

Schöne Grüße
Martin


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EWJoe
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Beitrag02.08.2015 17:31

von EWJoe
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Servus gold,
freut mich, dass Du die Geschichte gelesen hast und einen Kommentar hinterlassen hast. Vielen Dank.



gold hat Folgendes geschrieben:


Ein paar Erbsen, die mir auffielen:

1.Warum wird der Prota als Veggie bezeichnet?



Veggie ist hier als eine Verniedlichungsform von vegetable gedacht. Mit diesem bösen Wort wurden (und werden) in den USA in manchen Pflegekliniken Patienten bezeichnet, die nur noch auf den vegetativen Zustand eingestuft werden. Mitunter kommt es vor, dass sich im Laufe der Zeit wieder Bewusstsein bei einem solchen Patienten einstellt. Oft blieb (und möglicherweise bleibt) das aber unentdeckt. So geschen in dieser Geschichte. Der Patient befindet sich in einem absoluten Locked-in-Zustand, unfähig auch nur einen Muskel seines Körpers zu bewegen. Er kann sich demnach in keiner Weise mit der Außenwelt verständigen. Sein Augenlicht ist längst verloren, selbst wenn man seine Augen von extern öffnen würde, die Hornhaut wäre total eingetrocknet. Aber auf diese Idee kommt sowieso niemand.


gold hat Folgendes geschrieben:

2.
EWJoe hat Folgendes geschrieben:
Wochen vergingen. Keine Besuche. Gelegentlich Schritte im Raum waren die einzige Abwechslung, vielleicht einmal eine Stimme. Sonst nur das monotone Einerlei deines Herzschlages und der Beatmungsmaschine. Gelegentlich dringen Geräusche von der Straße zu dir durch. Du zählst die Fahrzeuge, gierst nach Abwechslung. Eine Fliege, die summend im Raum fliegt, wird zur Sensation.


Hier fehlt m.E. die Erwähnung der Pflege.


Da hast du Recht. Da kommt es zu Berührungen, die der Prota zumindest dumpf wahrnehmen könnte. Auch Bewegungen sind in diesem Zustand wahrnehmbar, wenn er bewegt werden würde,  da das Gleichgewichtsorgan wahrscheinlich noch funktioniert.

gold hat Folgendes geschrieben:

3.
EWJoe hat Folgendes geschrieben:
„Seit gut sechs Monaten liegt er nach einem Schlageranfall hier und rührt sich nicht mehr. Aber du weißt doch, der Professor will seine Pflegebetten optimal ausnutzen.“


Manchmal könnte man ja auch auch beim Hören eines Schlagers einen Anfall kriegen... Laughing


 Embarassed In der Tat ein blöder Fehler.
 Aber da hast du natürlich recht: bei manchem Schlager könnte man schon ein Schlagerl kriegen. Vielen Dank für diese nette Interpretation. Laughing

gold hat Folgendes geschrieben:

Apropos: Show, don´t tell:
 Ich denke, deine Geschichte lebt generell vom Tell, vom Erzählen der subjektiven Befindlichkeit, ohne dem würde sie so nicht funktionieren.

 Was ich auch gut finde, ist, dass du dem Leser das Denken nicht abnimmst, indem du keinen Übergang zwischen Teil 1 und Teil 2 vornimmst, so ist der Leser gezwungen, die Lücke mit seinen Vorstellungen auszufüllen. Mit diesem kompletten Perspektivenwechsel hatte ich zwar zunächst Schwierigkeiten, finde ihn aber im nachhinein sehr gut.

Fazit: Ich finde den Text  interessant und die Thematik sehr brisant. Sprachlich ist M.E. auch nichts auszusetzen.

Liebe Grüße
gold



Vielen Dank. Gerade der Übergang von Teil 1 auf Teil 2 ist problematisch, da man den Text rückbezüglich interpretieren muss. Das ist mir bewusst gewesen, als ich die Geschichte verfasste. Ich fand allerdings keine vernünftige Alternative, da ich aus der Sicht des Protas schildere, der gerade (im Teil 1) wieder sein Bewusstsein erlangte.

Er hatte einen Alptraum, an den er sich noch intensiv erinnerte (möglicherweise von den Schmerzen am Rücken herrührend, ein Foltererlebnis). Da er fast keine Signale von außen bekommt, muss er mit den Informationen auskommen, die ihm gerade zur Verfügung stehen. Nach den ersten Stunden im Schock, versucht er daher das Warum zu ergründen. Aber das hast Du offenbar ohnedies durchschaut.


gold hat Folgendes geschrieben:

Edit: Kennst du vielleicht die Literatur zu diesem Thema u.a. von Niels Birbaumer, einem Neuropsychologen:"Dein Gehirn weiß mehr als du denkst". Verlag Ullstein ?


Klar kenne ich. Habe es auf Zypern gelesen. Ich bin zwar mit dem Ignorieren von Patientenverfügungen von Niels Birbaumer gar nicht einverstanden, aber das Buch weist auf die insgesamt schwierige Problematik hin. Zum anderen hat mich Denken - wie das Gehirn Bewusstsein schafft - von Stanislas Dehaene Verlag Knaus deutlich mehr beeindruckt. Vielleicht weil der führende Hirnforscher auch Mathematiker ist und funktionelle Erklärungen gibt.

Herzlichen Dank nochmals,

Liebe Grüße
EWJoe


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Beitrag02.08.2015 19:02

von EWJoe
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Servus Martin,

Jack Burns hat Folgendes geschrieben:


Du greifst ein Motiv auf, dass die menschliche Fantasie wahrscheinlich schon beschäftigt, seit wir uns mit der Sterblichkeit auseinandersetzen: Lebendig begraben!
Mythen von Zombies und Vampieren, Schlüsselelemente von Religionen und nicht zuletzt Einige Horrorgeschichten der Moderne basieren auf dieser Vorstellung.
Die Verfilmung der Kurzgeschichte von E.A.Poe hatte mein Denken in jungen Jahren zutiefst geprägt.

Zu Deinen Fragen: Die Perspektive passt. Dadurch übertragen sich die Gefühle des Protagonisten auf den Leser. Eine verdichtete Schreibweise kann ich nur zum Teil erkennen. Und damit zu den Problemen, die ich mit dem Text habe;
Ich finde, vom Stil her ist es zu unentschieden. Einerseits hältst Du, gerade am Anfang die Informationen für den Leser sehr knapp, andererseits verwendest Du etwas blumige, adjektivreiche Formulierungen.
Erleichtert willst du tief Luft holen.
 doch keine Träne rollt über deine Wangen,
Angestrengt versuchst du deinem Gedächtnis etwas zu entlocken

Das beißt sich für mich.


Ja, das ist ein Horrorthema, eine Angst, die wohl Jede(n) plagt. 13 Millionen Patientenverfügungen versuchen wohl diesem Thema zu begegnen. Im 19.Jahrhundert haben manche Leute angeordnet, dass ihrem Körper nach dem Ableben ein Herzstich verpasst wird, um ja auf Nummer sicher zu gehen, nicht einem solchen Horror ausgesetzt zu sein. Damals wusste man noch nichts von Locked-in, zumindest nicht in der breiten Öffentlichkeit, wenn gleich ein franz. Autor eine Patientin beschrieb, die nur noch mit den Augen sprechen konnte.

Zu Deinen Problemen mit dem Text:
Stimmt, am Anfang halte ich die Informationen sehr knapp. Das ist der Intension geschuldet, ganz aus der Perspektive des Protas zu erzählen. Der erwacht aus einem Alptraum, noch nicht realisierend in einem noch viel schlimmeren Alptraum zu erwachen. Er fängt buchstäblich bei fast Null an. Seine einzigen Informationen sind zunächst nur dieser Alptraum an den er sich zunächst, als einzige Spur festklammert.

Die blumige adjektivreiche Formulierung kann ich anhand der dargelegten drei Beispiele jedoch nicht ganz erkennen.

Erleichtert willst du tief Luft holen.
 Gut hier sind zwei Adjektive/Adverbe, doch jedes hat hier eine ganz wesentliche Bedeutung, deren Fehlen den Satz in seinem Sinn komplett zerstören würde. Lass es mich mal kurz erklären: Der Prota ist gerade aus dem Alptraum (und das erste Mal in der Situation) aufgewacht. Sein Herz schlägt noch schnell, aber die lebhaften Bilder des Traumes verblassen, er erkennt es war doch nur ein böser Traum. Nach einem schockartigen Erlebnis, das gut ausgegangen ist, atmet man mal tief durch, das befreit. Nun ist aber unser Prota gar nicht mehr in der Lage selbständig zu atmen, eine externe Maschine erledigt dies unabhängig von seinem Bedürfnis mal einen tiefen befreienden Atemzug zu tun. Das Wollen endet in Ernüchterung. Es geht nicht. Ein erstes wesentliches Indiz, dass hier die Kacke schwer am dampfen ist.

… doch keine Träne rollt über deine Wangen, ... hier stehe ich in dem Zusammenhang mit den
blumigen adjektivreichen Formulierungen vor einem Rätsel.

Angestrengt versuchst du deinem Gedächtnis etwas zu entlocken
Dieser Satz gefällt mir selber nicht. Das Verb entlocken kommt hier in der Tat recht blumig rüber. Das muss ich wohl überarbeiten.

Jack Burns hat Folgendes geschrieben:

Und dann sehe ich keinen guten Grund dafür, dass der Erzähler anfangs die Situation nicht etwas deutlicher darstellt. Das "Pfauchen" kann ich nicht einordnen, es wird über eine Foltererfahrung berichtet, was mich als Leser auf einen falschen Weg führt, ebenso wie die Erinnerung an ein früheres Leben. (Diese passt natürlich wieder, nachdem man das Ende gelesen hat).
Ich vermute, der zweite Teil ist als unerwartete Wendung gedacht. Da ich aber am Anfang noch keinen Plan habe, was mit "mir" geschieht, kann da aich nichts gewendet werden. Im Grunde lese ich den ersten Teil als Rätsel und den zweiten als Erklärung.


Wie gesagt, alles ist aus der Sicht des Protas geschildert. Das Pfauchen der Beatmungsmaschine ist ihm als solches noch nicht bewusst. (Vielleicht ist pfauchen nicht der richtige Ausdruck) Er ordnet es zunächst nicht so zu, kann damit genau so wie du, noch nichts damit anfangen. Der Prota ist auf einer falschen Spur, es gibt keinen omipräsenten Erzähler, nur den Prota. Das führt auch den Leser (zunächst) auf die falsche Fährte. Seine zunächst einzigen Bewusstseinsinhalte sind diese Traumerfahrungen und er beginnt an ihre Realität zu glauben. Bei Patienten mit einem massiven Schlaganfall ist das Gedächtnis zunächst auch stark beeinträchtigt. Vielleicht langsam erst finden sich die ersten Spuren der Vergangenheit wieder.
Die unerwartete Wendung ist die logische Konsequenz – die Auflösung dieses Rätsels und der ultimative Schock. Natürlich erzeugt dies die Notwendigkeit einer rückbezüglichen Beurteilung des ersten Teils, was problematisch ist, aber genau das macht auch der Prota durch.


Jack Burns hat Folgendes geschrieben:

Ich versuche ein Fazit.
Nach meinem Gefühl wird hier versucht, zu vieles zusammenzufügen, das nicht kompatibel ist: Große Emotionalität und Nüchterne Kürzung, Ernsthaftigkeit und Horror und überraschende Wendung.

Der Titel hat mir auch keinen Weg gewiesen, wohin ich den Text lesen könnte. Er hat mich an den Veggie-day erinnert, der vor einigen Monaten die deutschen Gemüter erhitzte.
 Laughing  ist vielleicht in Austria nicht registriert worden.


Ich gebe zu, dass der kurze Text* reichlich überladen ist mit Eindrücken unterschiedlichster Art. Er* beschäftigt sich mit nichts geringerem als einem menschlichen Bewusstsein, das in einer ganz extremen (ich meine sogar in der extremst möglichen) Situation zurecht kommen muss. Wäre der Text länger macht es eine rückbezügliche Beurteilung des ersten Teils deutlich schwieriger, sodass ich mich zur Kürze gezwungen sah.

In der Antwort an gold habe ich den Begriff Veggie erklärt:
Veggie ist hier als eine Verniedlichungsform von vegetable gedacht. Mit diesem bösen Wort wurden (und werden inoffiziell) in den USA in manchen Pflegekliniken Patienten bezeichnet, die nur noch auf den vegetativen Zustand eingestuft werden. Mitunter kommt es vor, dass sich im Laufe der Zeit wieder Bewusstsein bei einem solchen Patienten einstellt. Oft blieb (und möglicherweise bleibt) das aber  unentdeckt. So geschen in dieser Geschichte.

Jack Burns hat Folgendes geschrieben:

Falls Du noch daran arbeiten willst, würde ich als Erstes genau überlegen, was die Kernaussage des Textes sein soll. Dann darauf konzentrieren und probieren, wie man es am besten umsetzt.

Eine Horrorgeschichte sollte so konstruiert sein, dass die Situation am Anfang verstehbar ist und sich dann zunehmend vergrößert.
Wenn Du eine sachliche Sprache verwenden willst, dann wirf 50% der Adjektive raus.

Der (Roh)text ist auf jeden Fall ausbaufähig.

Schöne Grüße
Martin


Klar, ich werde an dem Text arbeiten. Die Adjektive werde ich auf ihre unbedingte Notwendigkeit abklopfen. Aber ich glaube, dass die meisten notwendig sind, um den Kontext der Geschichte zu verdeutlichen. Eine echte Horrorgeschichte mit Zombies und motorsägenschwingenden Geisteskranken will die Geschichte freilich nicht sein. Daher muss mMn die Anfangssituation nicht klar verstehbar sein – die Sicht des Protas bleibt die (fast) einzige Perspektive.
Ich sehe natürlich jetzt deutlicher, wo Knackpunkte liegen. Im Übrigen ist die problematische Rückbezüglichkeit in deinem Text Auf der Flucht auch gegeben. Ein wirklich schwieriges Thema.

Vielen Dank Martin, es waren wichtige Hinweise in Deinen Anmerkungen.

Liebe Grüße
EWJoe


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Alter: 54
Beiträge: 1444



Beitrag03.08.2015 00:46

von Jack Burns
Antworten mit Zitat

EWJoe hat Folgendes geschrieben:
Servus Martin,

Jack Burns hat Folgendes geschrieben:


Du greifst ein Motiv auf, dass die menschliche Fantasie wahrscheinlich schon beschäftigt, seit wir uns mit der Sterblichkeit auseinandersetzen: Lebendig begraben!
Mythen von Zombies und Vampieren, Schlüsselelemente von Religionen und nicht zuletzt Einige Horrorgeschichten der Moderne basieren auf dieser Vorstellung.
Die Verfilmung der Kurzgeschichte von E.A.Poe hatte mein Denken in jungen Jahren zutiefst geprägt.

Zu Deinen Fragen: Die Perspektive passt. Dadurch übertragen sich die Gefühle des Protagonisten auf den Leser. Eine verdichtete Schreibweise kann ich nur zum Teil erkennen. Und damit zu den Problemen, die ich mit dem Text habe;
Ich finde, vom Stil her ist es zu unentschieden. Einerseits hältst Du, gerade am Anfang die Informationen für den Leser sehr knapp, andererseits verwendest Du etwas blumige, adjektivreiche Formulierungen.
Erleichtert willst du tief Luft holen.
 doch keine Träne rollt über deine Wangen,
Angestrengt versuchst du deinem Gedächtnis etwas zu entlocken

Das beißt sich für mich.


Ja, das ist ein Horrorthema, eine Angst, die wohl Jede(n) plagt. 13 Millionen Patientenverfügungen versuchen wohl diesem Thema zu begegnen. Im 19.Jahrhundert haben manche Leute angeordnet, dass ihrem Körper nach dem Ableben ein Herzstich verpasst wird, um ja auf Nummer sicher zu gehen, nicht einem solchen Horror ausgesetzt zu sein. Damals wusste man noch nichts von Locked-in, zumindest nicht in der breiten Öffentlichkeit, wenn gleich ein franz. Autor eine Patientin beschrieb, die nur noch mit den Augen sprechen konnte.

Zu Deinen Problemen mit dem Text:
Stimmt, am Anfang halte ich die Informationen sehr knapp. Das ist der Intension geschuldet, ganz aus der Perspektive des Protas zu erzählen. Der erwacht aus einem Alptraum, noch nicht realisierend in einem noch viel schlimmeren Alptraum zu erwachen. Er fängt buchstäblich bei fast Null an. Seine einzigen Informationen sind zunächst nur dieser Alptraum an den er sich zunächst, als einzige Spur festklammert.
Ich glaube ich stehe auf der Leitung. Du erzählst doch gar nicht aus der Perspektive des Protas!? Ich habe nicht viel Erfahrung mit der 2. Person aber ich dachte, der Erzähler müsste wissen, was vorgeht. Aber, ich lehne mich lieber nicht zu weit aus dem Fenster.

Die blumige adjektivreiche Formulierung kann ich anhand der dargelegten drei Beispiele jedoch nicht ganz erkennen.

Erleichtert willst du tief Luft holen.
 Gut hier sind zwei Adjektive/Adverbe, doch jedes hat hier eine ganz wesentliche Bedeutung, deren Fehlen den Satz in seinem Sinn komplett zerstören würde. Lass es mich mal kurz erklären: Der Prota ist gerade aus dem Alptraum (und das erste Mal in der Situation) aufgewacht. Sein Herz schlägt noch schnell, aber die lebhaften Bilder des Traumes verblassen, er erkennt es war doch nur ein böser Traum. Nach einem schockartigen Erlebnis, das gut ausgegangen ist, atmet man mal tief durch, das befreit. Nun ist aber unser Prota gar nicht mehr in der Lage selbständig zu atmen, eine externe Maschine erledigt dies unabhängig von seinem Bedürfnis mal einen tiefen befreienden Atemzug zu tun. Das Wollen endet in Ernüchterung. Es geht nicht. Ein erstes wesentliches Indiz, dass hier die Kacke schwer am dampfen ist.

… doch keine Träne rollt über deine Wangen, ... hier stehe ich in dem Zusammenhang mit den
blumigen adjektivreichen Formulierungen vor einem Rätsel.

Angestrengt versuchst du deinem Gedächtnis etwas zu entlocken
Dieser Satz gefällt mir selber nicht. Das Verb entlocken kommt hier in der Tat recht blumig rüber. Das muss ich wohl überarbeiten.

Jack Burns hat Folgendes geschrieben:

Und dann sehe ich keinen guten Grund dafür, dass der Erzähler anfangs die Situation nicht etwas deutlicher darstellt. Das "Pfauchen" kann ich nicht einordnen, es wird über eine Foltererfahrung berichtet, was mich als Leser auf einen falschen Weg führt, ebenso wie die Erinnerung an ein früheres Leben. (Diese passt natürlich wieder, nachdem man das Ende gelesen hat).
Ich vermute, der zweite Teil ist als unerwartete Wendung gedacht. Da ich aber am Anfang noch keinen Plan habe, was mit "mir" geschieht, kann da aich nichts gewendet werden. Im Grunde lese ich den ersten Teil als Rätsel und den zweiten als Erklärung.


Das waren nur einige herausgepickte BeispieleBeispiele, der fehlenden Zeit geschuldet. "erleichtert" und "tief" einatmen drückt ja das gleiche Gefühl aus, deshalb zu viel für mich. Die rollende Träne - finde ich schon etwas romantisch-blumig. Aber das muss nicht jeder so empfinden. Mich stört es nicht unbedingt, bloß in Hinblick auf Verdichtung fand ich es verbesserungsfähig..

Wie gesagt, alles ist aus der Sicht des Protas geschildert. Das Pfauchen der Beatmungsmaschine ist ihm als solches noch nicht bewusst. (Vielleicht ist pfauchen nicht der richtige Ausdruck) Er ordnet es zunächst nicht so zu, kann damit genau so wie du, noch nichts damit anfangen. Der Prota ist auf einer falschen Spur, es gibt keinen omipräsenten Erzähler, nur den Prota. Das führt auch den Leser (zunächst) auf die falsche Fährte. Seine zunächst einzigen Bewusstseinsinhalte sind diese Traumerfahrungen und er beginnt an ihre Realität zu glauben. Bei Patienten mit einem massiven Schlaganfall ist das Gedächtnis zunächst auch stark beeinträchtigt. Vielleicht langsam erst finden sich die ersten Spuren der Vergangenheit wieder.
Die unerwartete Wendung ist die logische Konsequenz – die Auflösung dieses Rätsels und der ultimative Schock. Natürlich erzeugt dies die Notwendigkeit einer rückbezüglichen Beurteilung des ersten Teils, was problematisch ist, aber genau das macht auch der Prota durch.

Verstanden. Das mit der Perspektive hatte ich anders empfunden, eher so als ob ein Erzähler zu/über den Prota spricht. Mit der Traumsequenz habe ich keine Probleme, mach ich ja selber Smile. Aber ich hätte gern einen Zusammenhang mit dem Inhalt des Traumes verstanden. Ich suche immer nach logischen Erklärungen. In dem Fall müsste ich einfach hinnehmen, dass es nun mal irgendein Traum war.


Jack Burns hat Folgendes geschrieben:

Ich versuche ein Fazit.
Nach meinem Gefühl wird hier versucht, zu vieles zusammenzufügen, das nicht kompatibel ist: Große Emotionalität und Nüchterne Kürzung, Ernsthaftigkeit und Horror und überraschende Wendung.

Der Titel hat mir auch keinen Weg gewiesen, wohin ich den Text lesen könnte. Er hat mich an den Veggie-day erinnert, der vor einigen Monaten die deutschen Gemüter erhitzte.
 Laughing  ist vielleicht in Austria nicht registriert worden.


Ich gebe zu, dass der kurze Text* reichlich überladen ist mit Eindrücken unterschiedlichster Art. Er* beschäftigt sich mit nichts geringerem als einem menschlichen Bewusstsein, das in einer ganz extremen (ich meine sogar in der extremst möglichen) Situation zurecht kommen muss. Wäre der Text länger macht es eine rückbezügliche Beurteilung des ersten Teils deutlich schwieriger, sodass ich mich zur Kürze gezwungen sah.

In der Antwort an gold habe ich den Begriff Veggie erklärt:
Veggie ist hier als eine Verniedlichungsform von vegetable gedacht. Mit diesem bösen Wort wurden (und werden inoffiziell) in den USA in manchen Pflegekliniken Patienten bezeichnet, die nur noch auf den vegetativen Zustand eingestuft werden. Mitunter kommt es vor, dass sich im Laufe der Zeit wieder Bewusstsein bei einem solchen Patienten einstellt. Oft blieb (und möglicherweise bleibt) das aber  unentdeckt. So geschen in dieser Geschichte.

Jack Burns hat Folgendes geschrieben:

Falls Du noch daran arbeiten willst, würde ich als Erstes genau überlegen, was die Kernaussage des Textes sein soll. Dann darauf konzentrieren und probieren, wie man es am besten umsetzt.

Eine Horrorgeschichte sollte so konstruiert sein, dass die Situation am Anfang verstehbar ist und sich dann zunehmend vergrößert.
Wenn Du eine sachliche Sprache verwenden willst, dann wirf 50% der Adjektive raus.

Der (Roh)text ist auf jeden Fall ausbaufähig.

Schöne Grüße
Martin


Klar, ich werde an dem Text arbeiten. Die Adjektive werde ich auf ihre unbedingte Notwendigkeit abklopfen. Aber ich glaube, dass die meisten notwendig sind, um den Kontext der Geschichte zu verdeutlichen. Eine echte Horrorgeschichte mit Zombies und motorsägenschwingenden Geisteskranken will die Geschichte freilich nicht sein. Daher muss mMn die Anfangssituation nicht klar verstehbar sein – die Sicht des Protas bleibt die (fast) einzige Perspektive.
Ich sehe natürlich jetzt deutlicher, wo Knackpunkte liegen. Im Übrigen ist die problematische Rückbezüglichkeit in deinem Text Auf der Flucht auch gegeben. Ein wirklich schwieriges Thema.

Was heißt denn "echte Horrorgeschichte"? Kaum ein größeres Grauen ist vorstellbar, als diese Situation. Aber das stellt sich nun mal erst ein, wenn man weiß, wovor der Prota Angst haben muss. Du kannst das  natürlich auch ohne herkömmliche "Genreregeln" probieren.
Du bist der Herr Deiner Worte
.

Vielen Dank Martin, es waren wichtige Hinweise in Deinen Anmerkungen.

Liebe Grüße
EWJoe


Ich bleib dran.
Schöne Grüße
Martin


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Jack Burns
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Beitrag03.08.2015 00:49

von Jack Burns
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EWJoe
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Beitrag03.08.2015 01:57

von EWJoe
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Servus Martin,

Jack Burns hat Folgendes geschrieben:

Ich glaube ich stehe auf der Leitung. Du erzählst doch gar nicht aus der Perspektive des Protas!? Ich habe nicht viel Erfahrung mit der 2. Person aber ich dachte, der Erzähler müsste wissen, was vorgeht. Aber, ich lehne mich lieber nicht zu weit aus dem Fenster.


Dein Einwand ist durchaus berechtigt. Ich habe hier absichtlich die zweite Person gewählt, wobei ich den Erzähler als eine Instanz des Protas sehe, der zu dem Eingeschlossenen spricht. Schließlich kann er nur noch mit sich selbst sprechen, sodass ich diesen Umstand mit dieser zugegeben eigenartigen Konstruktion untermalen wollte. Ob's glaubhaft ist und daher als möglich erachtet wird weiß ich auch nicht.

Jack Burns hat Folgendes geschrieben:

Verstanden. Das mit der Perspektive hatte ich anders empfunden, eher so als ob ein Erzähler zu/über den Prota spricht. Mit der Traumsequenz habe ich keine Probleme, mach ich ja selber Smile. Aber ich hätte gern einen Zusammenhang mit dem Inhalt des Traumes verstanden. Ich suche immer nach logischen Erklärungen. In dem Fall müsste ich einfach hinnehmen, dass es nun mal irgendein Traum war.


Ich wollte den Foltertraum nicht im Detail ausführen, da egal wie diese Folter durchgeführt wurde (nur im Traum), es immer zum beschriebenen Ablauf führen würde. Schlagwortartig habe ich das mit Schläge, Waterboarding, Elektroschocks, Drogen - irreal. ganz am Anfang dargelegt. Der Prota glaubt, mangels ausreichenden Zugriffs auf das Gedächtnis, er würde fortgesetzt gefoltert. Schließlich glaubt er auch, dass dieser Locked-in auch von extern herbeigeführt wurde, um ihn gefügig zu machen.

Jack Burns hat Folgendes geschrieben:

Was heißt denn "echte Horrorgeschichte"? Kaum ein größeres Grauen ist vorstellbar, als diese Situation. Aber das stellt sich nun mal erst ein, wenn man weiß, wovor der Prota Angst haben muss. Du kannst das natürlich auch ohne herkömmliche "Genreregeln" probieren.
Du bist der Herr Deiner Worte.


Das meine ich auch, dass das der ultimative Horror ist. Aber ich sehe die Geschichte nicht dem eigentlichen Genre Horror zugeordnet. Aber das ist vielleicht auch nur meine Sichtweise. Ob's funktioniert war meine Kernfragen und die kann mir nur jeder Leser für sich beantworten.
Da gab es zumindest eine große Menge Fragezeichen.

Vielen Dank nochmals und
LG
EWJoe


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orientsonne
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Beitrag03.08.2015 08:37

von orientsonne
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Hi EWJoe,

ich habe deinen Text zuerst als Kritik am Pflegesystem in Deutschland verstanden. Vielleicht könnte man diese Dimension noch weiter ausbauen.

Statt Schläge, Elektroschocks, etc. könntest du die reale Pflegesituation, die er als Folter empfindet, noch besser einbauen.

Waterboarding - waschen
Beispiel: eine Welle schwappt über mich - schon wieder Waterboarding

Schläge / Fesseln in unbequemer Haltung - Physiotherapie gegen Druckstellen. Das würde dann ggf. auch die Schmerzen im Rücken erklären

Drogen - die Medikamente, die er bekommt, und die ihm zumindest kurzfristig Erleichterung verschaffen. Aber vielleicht auch Wahnvorstellungen auslösen. Blaue Elefanten. Was weiß ich Wink

Unter diesen Umständen würde ich dann die Elektroschocks weglassen. Es sei denn, du kannst das auch irgendwie mit Pflege erklären Smile

etc.

Ich fand die Du-Form übrigens tatsächlich störend. Was genau spricht gegen die Ich-Form?

Ich hoffe, meine Anregungen haben dir etwas weitergeholfen - ich würde mich freuen, wenn du Lust bekommen hast, etwas davon umzusetzen.
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EWJoe
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Beitrag03.08.2015 12:54

von EWJoe
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Servus orientsonne,

freut mich auch, dass Du vorbei geschaut hast und einige Gedanken hinterlassen hast.
(Deine Komentare sind schräggestellt)

Ich habe deinen Text zuerst als Kritik am Pflegesystem in Deutschland verstanden.  Vielleicht könnte man diese Dimension noch weiter ausbauen.

Statt Schläge, Elektroschocks, etc. könntest du die reale Pflegesituation, die er als Folter empfindet, noch besser einbauen.

Waterboarding - waschen
Beispiel: eine Welle schwappt über mich - schon wieder Waterboarding

Schläge / Fesseln in unbequemer Haltung - Physiotherapie gegen Druckstellen. Das würde dann ggf. auch die Schmerzen im Rücken erklären


Am Rande Kritik ja, aber auf keinen Fall will ich das Pflegepersonal hier kritisieren, die leisten nämlich gute Arbeit. Wenn mal ein unkorrekter Ausdruck fallen mag (ist sowieso eher die Ausnahme), dann ist es der enormen psychischen Belastung geschuldet. Auf keinen Fall will ich aber diese wertvolle Arbeit mit Waterboarding udg verbinden. Der Kern meiner Kritik richtet sich gegen die schamlose Apperatemedizin, die vorbei an den Bedürfnissen der Menschen agiert und ihnen oftmals schwere Folter angedeien lässt. Angeblich sind wir ja alle sehr gegen Folter, aber die Todgeweihten dieser offensichtlich auszusetzen können wir nicht sehen?

Ich fand die Du-Form übrigens tatsächlich störend. Was genau spricht gegen die Ich-Form?

Danke. Das war meine zentale Frage, neben der Frage ob der Plot insgesamt, so wie er jetzt ist, funktioniert.
Die Antwort dazu habe ich Jack Burns (Martin) gegeben.

Deine Vorstellung vom (Deinem) Plot deckt sich nicht mit meiner Intension.

Auch wenn ich inhaltlich nichts ändern werde, so war mir auch Deine Meinung wichtig.

Vielen Dank
LG EWJoe


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Beitrag03.08.2015 18:30

von gold
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hallo EWJoe,

ich versuche mal darzulegen, wie ich deinen Text verstanden habe:

1.Ein dem Prota nahe stehender Beobachter schildert, wie es dem Prota ergangen ist und ergeht.

Wobei, wenn ich mir das jetzt genau überlege, das ja gar nicht sein kann, weil er sich nicht so in ihn reinversetzen kann, dass er schildern kann, dass der Prota z.B. weinen wollte und dazu dann nicht imstande war.

Hm, so lässt du mich hier ratlos sein.

2. Der Prota hat tatsächlich Folter erfahren und als Folge davon oder währenddessen einen Schlaganfall erlitten...

Soweit mein Verständnis bzw. Unverständnis (siehe unter Punkt 1).

Liebe Grüße
gold


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EWJoe
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Beitrag03.08.2015 19:46

von EWJoe
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Servus gold,

gold hat Folgendes geschrieben:
ich versuche mal darzulegen, wie ich deinen Text verstanden habe:

1. Also ein dem Prota nahe stehender Beobachter schildert, wie es dem Prota ergangen ist und ergeht.

Wobei, wenn ich mir das jetzt genau überlege, das ja gar nicht sein kann, weil er sich nicht so in ihn reinversetzen kann, dass er schildern kann, dass der Prota z.B. weinen wollte und dazu dann nicht imstande war.

Hm, so lässt du mich hier ratlos sein.


Das habe ich Martin bereits, bezüglich seiner Bedenken zur zweiten Person versucht darzulegen:

EWJoe an Jack Burns (verändert) hat Folgendes geschrieben:
Dein Einwand ist durchaus berechtigt. Ich habe hier absichtlich die zweite Person gewählt, wobei ich den Erzähler als eine Instanz des Protas sehe, der zu dem Eingeschlossenem (also sich selbst) spricht. Schließlich kann er nur noch mit sich selbst sprechen, sodass ich diesen Umstand mit dieser zugegeben eigenartigen Konstruktion untermalen wollte. Ob's glaubhaft ist und daher als möglich erachtet wird, weiß ich auch nicht.



gold hat Folgendes geschrieben:
2. Der Prota hat tatsächlich Folter erfahren und als Folge davon oder währenddessen einen Schlaganfall erlitten...

Soweit mein Verständnis bzw. Unverständnis (siehe unter Punkt 1).


Deine Interpretation würde vielleicht auch funktionieren, war aber nicht meine Intension. Für mich geht es um die Fragwürdigkeit einer Apparatemedizin und da würde eine wirkliche Folter ablenken. Für den Prota erscheint es aber so, um diese Kritik zu verstärken. Ich empfinde solch einen Zustand als extreme, unmenschliche Folter und das wollte ich damit transportieren. (Na ja, Folter ist natürlich niemals menschlich, das Adjektiv diente lediglich zur Verstärkung.)

Den Text muss ich wohl doch kräftig überarbeiten. Die Idee war, dass der Prota nach einem Schlaganfall (unter „normalen Umständen“) einige Monate später in einem Locked-in-Zustand zu Bewusstsein kommt. Das Einzige, an das er sich erinnert, war ein Folter-Apltraum. Vielleicht ausgelöst durch die Schmerzen am Rücken, durch das Wundliegen. Der Folter-Alptraum war nur ein Traum, aber er beinhaltet die einzigen Erinnerungen auf die er zunächst zugreifen kann. Daher konstruiert er sich zunächst eine Erklärung, die auf diesem Traumerlebnis aufbaut. Die Realität kennt er noch nicht.
Erst als das Pflegepersonal auftritt und er hört was echt Sache ist, dann weiß er es.  

Ich hoffe das ist nun klarer, zugegeben die Sache ist etwas verworren. Aber ich fürchte, dass ich wohl ordentlich den Hobel ansetzen muss.

Vielen Dank nochmals und
liebe Grüße
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Beitrag03.08.2015 21:02

von gold
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Hallo EWJoe,


Danke für deine Erklärung. Jetzt hab´ ich verstanden, dass das, was wie Nachwirkungen einer Folter erscheint, die Begleiterscheinungen bzw. Folgen der Apparatemedizin darstellen.


Zitat:
An dir wird herumgezerrt. Die Luft wir knapp, dein Herz beginnt zu rasen. Es wird dunkel. Endgültig.


aber er überlebt...sonst gäbe es ja die Geschichte nicht. Das "endgültig" verwirrt und ist m.E. unlogisch, wäre es endgültig, d.h. wäre der Prota tot, kann er nicht mehr mit sich sprechen und auch nicht die Geschichte erzählen.

Liebe Grüße
gold


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Beitrag03.08.2015 21:30

von EWJoe
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Servus gold,

gold hat Folgendes geschrieben:



Zitat:
An dir wird herumgezerrt. Die Luft wir knapp, dein Herz beginnt zu rasen. Es wird dunkel. Endgültig.


aber er überlebt...sonst gäbe es ja die Geschichte nicht. Das "endgültig" verwirrt und ist m.E. unlogisch, wäre es endgültig, d.h. wäre der Prota tot, kann er nicht mehr mit sich sprechen und auch nicht die Geschichte erzählen.

gold


Genau über dieses Wort endgültig habe ich auch während des Schreibens nachgedacht. Daher habe ich es so gelöst: Es wird dunkel. Womit es noch nicht ganz dunkel ist. Erst das Werden ist beschrieben. Der letzte Gedanke mag dann das Endgültig sein, sozusagen dass der Tod unmittelbar bevorsteht und es danach endgültig dunkel sein wird. Erst dann löscht der Tod das Bewusstsein endgültig aus.

Ich hoffe, dass Du das so akzeptieren kannst.
Nochmals vielen Dank und
 liebe Grüße
EWJoe


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Beitrag03.08.2015 21:53

von gold
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.... er beschreibt dann praktisch seinen Zustand posthum?

ÄHm, ich glaube, ich habe mich noch nicht verständlich ausgedrückt.
Wenn er denn endgültig weg von der Bildoberfläche ist, kann er ja nicht mehr endgültig sagen...

Er kann sagen, es wird dunkel, da kann es sein, dass es zwar dunkel wird, er aber weiterlebt, wenn da endgültig steht, müsste er dann logischerweise gestorben sein und da wäre eine Reflektion, die deine Geschichte für mich darstellt, ja nicht mehr möglich...

Hab´ ich mich jetzt verständlich ausgedrückt?

Liebe Grüße
gold

Edit: Es bleibt spannend. Laughing


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Beitrag03.08.2015 22:47

von EWJoe
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Servus gold,


gold hat Folgendes geschrieben:
.... er beschreibt dann praktisch seinen Zustand posthum?


Er kann sagen, es wird dunkel, da kann es sein, dass es zwar dunkel wird, er aber weiterlebt, wenn da endgültig steht, müsste er dann logischerweise gestorben sein und da wäre eine Reflektion, die deine Geschichte für mich darstellt, ja nicht mehr möglich...

Hab´ ich mich jetzt verständlich ausgedrückt?


Liebe gold, nach Deiner Auslegung hast Du recht. Ich verstehe das jedoch ein wenig anders. Es wird dunkel ist da der Schlüssel, der auch bei dem Endgültig zum Tragen kommt. Demnach ist das Dunkel-werden (ein Vorgang) endgültig, unumkehrbar. Schließlich bezieht sich das Endgültig auf den vorherigen Satz, der den Vorgang des Dunkel-werdens beschreibt. Bedeutung : Es wird endgültig dunkel. In diesem Sinne ist es ein Vorwegnehmen des Ereignisses Tod, knapp vor der Schwelle zwischen Sein und Nichtsein, also der letzte Hauch bewussten Lebens. Ab nun steht Nichts - in diesem Sinne der Tod.

Ich hoffe, dass ich das verständlich machen konnte. Wir diskutieren hier Sekundenbruchteile.
Jetzt haben wir aber kräftig Mäuse gemolken Laughing, aber genau in diesen Details steckt oft viel.


Vielen Dank

LG EWJoe


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