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BLIND Teil 4: Zu Hause

 
 
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princess of night
Geschlecht:weiblichCaitiff

Alter: 60
Beiträge: 855
Wohnort: Planet Erde


Beitrag13.03.2008 23:18
BLIND Teil 4: Zu Hause
von princess of night
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Nach durchleuchten meiner Augen stellt die Ärztin die Diagnose: Erosionen in der Hornhaut.
Schemenhaft kann ich sie erkennen. Diese Tropfen sind super. Ich habe Hoffnung das ich es fast überstanden habe. Sie teilt mir mit, dass ich nun ca. eine Woche Salbe und Antibiotikum in meine Augen schmieren muss. Und das stündlich.
Ich? In  meine Augen? Wie soll ich das denn machen?
Außerdem meint sie: „Ihr Sehvermögen wird ca in einer Woche wieder da sein, sobald die Risse in der Hornhaut geschlossen sind.“
Ich muss nochmal ins Wartezimmer und auf den endgültigen Bescheid des Oberarztes warten.
Anja ist immer bei mir. Nun finde ich fast den Weg alleine ins Wartezimmer. Aber diese grellen Lampen brennen in meinen Augen die nur einen Schlitz offen sind.
Und das Schlimmste: Die Tropfen hören auf zu wirken. Die Schmerzen kommen wieder.
NEIN! Ich will das nicht!
Meine Augen schwellen auch schon zu und die Dunkelheit ist erneut um mich herum.
Nach weiteren geschätzten 15 Minuten möchte mich der Oberarzt sehen.
Natürlich muss ich wieder auf den Untersuchungsstuhl, und natürlich will er wieder in meine Augen sehen.
Ich fange an zu heulen und er sagt:“Was ist das Problem?“
„Wenn sie mir nun wieder an die Augen kommen tut es höllisch weh.“
„Haben sie keine Tropfen bekommen?“
„Doch aber die Wirkung hat schon wieder nachgelassen.“
Er veranlasst eine Assistentin mir erneut Tropfen in die Augen zu träufeln und schon geht es wieder besser.
Nach wiederholtem durchleuchten meiner Augen sagt er wie die Ärztin vor ihm:“Also: Erosionen in der Hornhaut, eine Woche stündlich Salben und dann können sie wieder sehen. Ihr Augenlicht bleibt erhalten. Das ist das wichtigste.“
„Und meine Schmerzen? Kann ich nicht eine Flasche von diesen Tropfen bekommen oder was soll ich dagegen machen?“ frage ich weinerlich.
„Diese Tropfen darf ich ihnen nicht mitgeben. Wenn sie die mehrfach nehmen würden, fressen die ein Loch bis in ihre Netzhaut und dann ist ihr Augenlicht futsch. Schmerzmittel wirken bei dieser Art Schmerzen nicht. Sie könnten Literweise Aspirin oder Ibuprofen schlucken- es würde nicht helfen. Salben sie fleißig. Dann gehen die so in ein , zwei Tagen weg.“
Zwei Tage noch solche Schmerzen? Dann kann man mich einweisen. In eine Klapsmühle. Ich kann das nicht mehr. NEIN, NEIN!
Der Oberarzt entlässt mich mit einem Rezept dieser zwei Salben und Anja führt mich den langen Weg raus aus der Klinik. Wieder an der Wand vorbei tastend, an den Fensterbänken, durch die Türe nach draußen.
„Nun gehen wir den kürzeren Weg Dunja. Meinst du das geht?“ fragt Anja mich. Klar geht das. Meine Beine hab ich ja noch dran. Mir ist sowieso alles egal. Meine Gedanken schwirren um die Schmerzen, denn die haben mich voll im Griff.
Dieser kurze Weg ist uneben. Leichte Löcher im Asphalt, aber Anja gibt mir mittlerweile immer mehr Sicherheit und ich laufe fast sicher neben ihr, wieder eingehakt, an ihrem Arm.
Endlich wieder im Auto. Zurück nach Hause. Die nächstbeste Apotheke wird zwischendurch angesteuert und Anja löst das Rezept für mich ein. Salbe- zweimal, Augenpads, Verbandpflaster.
Meine Orientierung wo wir sind, wie weit wir fahren, nichts ist vorhanden. Mich beschleicht das Gefühl von Hilflosigkeit und Angst.
Was wenn wir nun in einen Unfall verwickelt werden? Ich bekomme davon dann erst etwas mit wenn der Aufprall kommt.
Nun verkrampfe ich mich total. Aber wir kommen heil zu Hause an und ich will nur noch auf mein Sofa.
Treppen wieder hinauf. Am Geländer festhalten, Türe aufschließen lassen und hinein.
Erschöpft lass ich mich auf mein Sofa nieder und Anja fängt an mich zu verarzten. Nun muss ich mich überwinden meine schmerzenden zu gequollenen Augen aufzumachen.
Ich beuge meinen Kopf nach unten als würde ich auf den Boden sehen ( den ich natürlich nicht sehen kann), nehme jeweils die Zeigefinger meiner Hände und öffne so meine Augen. Meine Krankenschwester Anja befördert nun die Salben hinein und Augen wieder zu.
Verdammte Seuche tut das weh....
Die Messerstiche kommen wieder.
Mittlerweile ist mein Sohn nach Hause gekommen und löst Anja ab. Meine Versorgung ist voll durchorganisiert und mir graut schon vor der nächsten Behandlung.
Die beiden Freunde verabschieden sich in sorgenvollem Ton und wünschen mir gute Besserung.
Nun möchte ich nur noch Ruhe haben. Ich komme zum Nachdenken und langsam wird mir bewusst: Ich bin blind. Kurzzeitig zum Glück nur, laut Arzt. Aber ich kann wirklich nichts sehen. Jetzt erst wird es mir so richtig bewusst. Denn die ganze Zeit waren die Schmerzen dermaßen präsent , dass ich nicht wirklich drüber nachgedacht habe.
Nach ungefähr viermaliger Anwendung der Salben ließen die Schmerzen nach. Ich konnte relativ gut nachdenken. Über meine Situation. Was wäre sollte es ein Dauerzustand sein? Wie es weitergeht im Job, in der Familie; in der Wohnung, im Haushalt, im täglichen Leben?
Stunden dauerten endlos lange. Und wenn wieder eine Stunde um war und ich meine Augen gewaltsam öffnen musste verkrampfte ich wieder aus Angst vor dem Schmerz.
Am Abend geht es mir wesentlich besser. Die Salbe half tatsächlich und wirklich übermüdet und schlapp falle ich ins Bett. Diese Nacht konnte ich wieder schlafen. Unruhig zwar aber ich schlief. Am nächsten Tag geht es mir bedeutend besser und mein Körper beginnt sich zu erholen.
Mein Mann ist immer um mich herum. Es nervt ihn dass er nicht wirklich etwas tun kann. Aber er ist da und das hilft mir ungemein. Mein Sohn ist ebenso aufopfernd und wir fangen an uns an diese komische Situation zu gewöhnen.
Irgendwann kann ich auch Musik hören, kann entspannen, genieße diese neue Erfahrung alle Sinne nutzen zu müssen. Ich rieche anders, höre anders. Diese Wandlung geht sehr schnell. Ich werde sicherer in der Bewegung durch die Wohnung. Will vieles alleine schaffen. Essen, duschen, anziehen geht alles. Nicht perfekt. Mein Shirt habe ich falsch herum angezogen. Aber es amüsiert auch irgendwie. Unter der Dusche versuche ich mich zu erinnern welche Form die verschiedenen Flaschen haben. Was war Shampoo, was war Duschgel? Blind Zähneputzen geht auch. Nur musste ich fühlen ob nun auch Zahnpasta auf der Bürste war. Man wird sehr erfinderisch in solchen Situationen. Das Haare kämmen an sich geht auch. Perfekt gestylt war ich aber natürlich nicht. Aber solche Dinge werden sowas von uninteressant in so einem Moment. Man ist stolz auf das was man schafft in so einem Zustand. Und witzigerweise spielten die Radiosender auch passende Lieder. „Blindet by the light“ von Elo, Herbert Grönemeier mit deutschem Text über das "nicht sehen können". Oder ich achte besonders darauf, wie auf alles was um mich herum passiert. Eines fällt auf: Je normaler man mit seinem Handycap umgeht, oder auch die Umwelt, umso leichter ist es. Witze werden gemacht. Mein Mann neckt mich mit plötzlichen Berührungen an meiner Nase, und wenn ich zusammen zucke lachen wir beide. Wenn er mit mir redet und ich schaue definitiv an ihm vorbei, kichert mein Sohn und ich lache mit.
Alles in allem ist alles glimpflich abgelaufen und mittlerweile kann ich wieder sehen. Und ich kann schreiben. Denn das ging ja auch in diesem blinden Zustand nicht. Das hat wirklich gefehlt. Nicht schreiben und nichts lesen können. Das wäre mein grösstes Manko gewesen denke ich, wäre das nicht sehen können auf Dauer geblieben. Aber dem ist nicht so und alles ist gut.
Der Kreis hat sich geschlossen und princess of night hat die wirkliche Nacht kennen gelernt. I'll find my way home... das war immer mein Lieblingslied von Supertramp. Und irgendwie hat es mich die ganze Zeit begleitet. Ich hab wieder nach Hause gefunden. Nicht nur in die Nacht, auch wieder ins Tageslicht das genauso schön ist wie die Nacht.

Danke für's zuhören
Princess of night



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Das eine oder andere Gute steckt schon im Menschen.
Ansonsten wären Organspenden ja völlig überflüssig.

Der Zynismus ist meine Rüstung, der Sarkasmus mein Schwert und die
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SylviaB
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Beitrag14.03.2008 01:38

von SylviaB
Antworten mit Zitat

Shocked  Shocked  Shocked
Es ist unheimlich das zu lesen und zu wissen, es ist wahr. Also keine erfundene Geschichte sondern echt...

Als erstes muß ich dir von meinem Mann was ausrichten, sonst bekomm ich Haue: Er drückt dich ganz doll und freut sich sehr, dass du all das so gut überstanden hast.

Und von mir: Die Geschichte ist packend und die Schmerzen sehr nahe.
Die Angst und auch die Unsicherheit fühle ich, als wäre es mir passiert. Es sind einige Fehler darin, du wechselst in einem Teil öfter mal von Gegenwart in Vergangenheit oder hast halbe Sätze (ich nehme mal an, weil du da was gelöscht hast)
Also ganz klar, solltest du noch einmal drüber gehen. (nur um dem Forum genüge zu tun wink )

Aber Inhaltlich und vom Stil her... packt es mich und läßt mich nicht los.
Super geschrieben...

Ganz lieben lieben Gruß
Sylvia


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Scheint dat Sönnsche dir aufs Hirn,
hassu wohl ne offne Stirn. wink
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princess of night
Geschlecht:weiblichCaitiff

Alter: 60
Beiträge: 855
Wohnort: Planet Erde


Beitrag14.03.2008 18:10

von princess of night
pdf-Datei Antworten mit Zitat

huhu sylvia..vielen dank für die lieben grüsse von deinem mann:-)
deine beanstandungen betreff der zeiten..ohje..ich hab es wirklich überarbeitet vorher und dreimal durchgelesen..aber das ist echt mein makel..die zeiten..von den kommas mag ich garnicht reden..aber mein mann wird demnächst mein lektor sein hat er gesagt..ich hoffe dann wird es besser:-))
LG und knuddel an hansi und dich
princess


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