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sleepless_lives Schall und Wahn
Administrator Alter: 58 Beiträge: 6458 Wohnort: München
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08.03.2015 19:00 Fünf Minuten Ewigkeit im Jahr 1929 von sleepless_lives
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Fünf Minuten Ewigkeit im Jahr 1929
Das Rumpeln der Elektrischen draußen verliert sich so unmerklich und unaufdringlich, wie es gekommen ist. Das Leben sei derart, sagt Judith, auf der Treppe sitzend, neben Hans, die Stille im Mietshaus von einer dunklen Farbe wie die Pfosten des abgegriffenen Holzgeländers, Judith ihren Kopf dagegen gelehnt, nach unten sehend, und Hans kann nicht verorten, was sie meint: das Warten auf den entfernten Verwandten mit dem Schlüssel oder die Tür mit der unbekannten Wohnung dahinter oder das milchige Licht, das sich durch die rußigen Dachfenster müht und auf dem Weg nach unten gefressen wird von unsichtbaren Schichten aus Bohnerwachs, gekochtem Kohl und stumpfer Abgestandenheit.
Wie die Treppe sei das Leben, sagt Judith und Hans beugt sich über ihre nackten Knie und blickt in die Windungen der Treppe, wie die sich zur einer Ahnung von Steinfußboden nach unten schrauben, gleichmäßig sich wiederholend, wie die Segmente eines Tausendfüßlers, wie im Inneren des Tieres. Man geht Schritt für Schritt weiter, sagt Judith, nicht wahr, rackert sich ab, Stufe um Stufe, bewegt sich vorwärts, wird alt dabei. Und am Ende sieht man, dass man nie wirklich vom Fleck gekommen ist. Immer nur im Kreis herum.
Die Sonne flammt auf, irgendwo oben, nicht sichtbar, und die Dachfenster verdoppeln sich als Lichtmuster an der Wand. Verlöschen wieder. Hans setzt sich gerade hin, sagt, wir sind nicht alt. Eher an die gegenüberliegende Wand gerichtet, die Worte, an das Halbdunkel, die Wasserflecken. Ganz und gar nicht, denkt er. Keine heimliche Zugfahrt im Morgengrauen von Wismar nach Berlin. Unsere Familien könnten uns nichts verbieten.
Noch nicht, bestätigt Judith, aber wir werden es werden, zusammen, und sie legt ihren Kopf an seinen, dreht das Gesicht zu ihm, ihr Atem, ihre Lippen an seinem Hals, warm, aufreizend, und da ist eine Unstimmigkeit zwischen Judiths inniger Anwesenheit und etwas, das in der Dämmerung des Treppengefälles zu lauern scheint, wie ein bösartiger Dämon, wie eine auswärts gerichtete Fliehkraft, machtvoll genug, Gebäude auseinanderzureißen, genug, Welten auseinanderzureißen, Leben.
Und Hans sagt: Ich hoffe, dass es so sein wird. Das Leben. Wie die Treppe.
Judith schaut ihn mit großen Augen an.
Weitere Werke von sleepless_lives:
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Babella Klammeraffe
Alter: 61 Beiträge: 884
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08.03.2015 20:53
von Babella
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Dicht, atmosphärisch, düster und sehr anrührend. Man wünscht den beiden, dass sie zusammen alt geworden sind, obwohl man Übles ahnt. Ich sehe sie vor mir sitzen und möchte mitsprechen vom mühsamen Ersteigen einer Wendeltreppe, die sich doch immerhin nach oben schraubt ... sicher einer meiner Favoriten.
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Belfort Klammeraffe
Beiträge: 641 Wohnort: tief im Herzen
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08.03.2015 21:06
von Belfort
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.. schön!
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gold Papiertiger
Beiträge: 4926 Wohnort: unter Wasser
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09.03.2015 16:56
von gold
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gut.
_________________ es sind die Krähen
die zetern
in wogenden Zedern
Make Tofu Not War (Goshka Macuga)
Es dauert lange, bis man jung wird. (Pablo Picasso) |
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gold Papiertiger
Beiträge: 4926 Wohnort: unter Wasser
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09.03.2015 16:56
von gold
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Doppelpost
_________________ es sind die Krähen
die zetern
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Make Tofu Not War (Goshka Macuga)
Es dauert lange, bis man jung wird. (Pablo Picasso) |
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Einar Inperson Reißwolf
Beiträge: 1675 Wohnort: Auf dem Narrenschiff
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09.03.2015 20:58
von Einar Inperson
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Hallo SpiralSchreibfeder,
Gehört zu den sprachlich besten Texten. Ich fühle mich in die Zeit versetzt, die dein Titel mir verspricht. Sehr gut gelungen.
Ein Lesegenuss:
Zitat: | oder das milchige Licht, das sich durch die rußigen Dachfenster müht und auf dem Weg nach unten gefressen wird von unsichtbaren Schichten aus Bohnerwachs, gekochtem Kohl und stumpfer Abgestandenheit. |
Oder das hier, trotz des, wie ich meine, kleinen Fehlers.
Zitat: | Wie die Treppe sei das Leben, sagt Judith und Hans beugt sich über ihre nackten Knie und blickt in die Windungen der Treppe, wie die sich zur einer Ahnung von Steinfußboden nach unten schrauben, gleichmäßig sich wiederholend, wie die Segmente eines Tausendfüßlers, wie im Inneren des Tieres. Man geht Schritt für Schritt weiter, sagt Judith, nicht wahr, rackert sich ab, Stufe um Stufe, bewegt sich vorwärts, wird alt dabei. Und am Ende sieht man, dass man nie wirklich vom Fleck gekommen ist. |
Nur das klingt eher nach japanischem Manga
Zitat: | Judith schaut ihn mit großen Augen an. |
6 Punkte
_________________ Traurige Grüße und ein Schmunzeln im Knopfloch
Zitat: "Ich habe nichts zu sagen, deshalb schreibe ich, weil ich nicht malen kann"
Einar Inperson in Anlehnung an Aris Kalaizis
si tu n'es pas là, je ne suis plus le même
"Ehrfurcht vor dem Leben" Albert Schweitzer |
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Jenni Bücherwurm
Beiträge: 3310
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09.03.2015 21:53
von Jenni
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Judith ist jung und voller Lust auf das Leben und sorgt sich in jugendlicher Weisheit darum, ob das Leben ihre Sehnsüchte überhaupt erfüllen kann. Die Treppenspirale symbolisiert in ihrer Gleichförmigkeit für sie Begrenzung. Für Hans symbolisiert sie wünschenswerte Sicherheit und Vorhersehbarkeit, die er bedroht sieht - und das zurecht, denn sie sind "Hans" und "Judith", und es ist 1929, das kann ja nicht gut ausgehen. Fünf Minuten Ewigkeit in trügerischer Vorhersehbarkeit - oder in trügerischer Unvorhersehbarkeit, je nach Betrachtungsweise. Das ist schön.
Das Bild ist auch wunderschön, wie die beiden da sitzen, stimmungsvoll, ein bisschen staubig und so 1929 - authentisch will ich sagen. Alles passt da, selbst der Vergleich mit dem Inneren eines Tausendfüßlers - weiß man, wie es in einem Tausendfüßler aussieht? - erstaunlicherweise ja, verschafft es Bilder. Was soll ich sagen, du kannst es halt.
Und jetzt gebe ich dir einfach so 12 Punkte, wa, für die Lichtjahre, die sprachlich zwischen diesem und anderen Texten liegen?* Auch, wenn ich damit zu meinem Verderben beitrage, so meine Vermutung stimmt? Aber dafür darf ich deine schönen Sätze noch ein paarmal lesen, damit sich das lohnt.
* Ja. nun. So ist es.
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gold Papiertiger
Beiträge: 4926 Wohnort: unter Wasser
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10.03.2015 08:44
von gold
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Hallo, Inko,
dann werde ich mal in medias res gehen.
Zitat: | Das Rumpeln der Elektrischen draußen verliert sich so unmerklich und unaufdringlich, wie es gekommen ist. |
der Ausdruck "die Elektrische" gefällt mir nicht. Ebenso nicht:
Zitat: | Das Leben sei derart, sagt Judith, |
und:
Zitat: | die Stille im Mietshaus von einer dunklen Farbe wie die Pfosten des abgegriffenen Holzgeländers, Judith ihren Kopf dagegen gelehnt, nach unten sehend, und Hans kann nicht verorten, was sie meint: das Warten auf den entfernten Verwandten mit dem Schlüssel oder die Tür mit der unbekannten Wohnung dahinter oder das milchige Licht, das sich durch die rußigen Dachfenster müht und auf dem Weg nach unten gefressen wird von unsichtbaren Schichten aus Bohnerwachs, gekochtem Kohl und stumpfer Abgestandenheit.
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Das ist für meine Begriffe ein Satzungetüm und das finde ich schade, da du die Stimmung sehr eindrucksvoll beschreibst. Diese Zeichnung der verschiedenen Szenarien wirkt durch das Oder abgehackt. Bei mir kommt es so an, als ob du dir keine Zeit genommen oder keine Idee gehabt hast, wie du diese Stimmungsbilder aneinander reihen kannst.
Zitat: |
Wie die Treppe sei das Leben, sagt Judith und Hans beugt sich über ihre nackten Knie und blickt in die Windungen der Treppe, wie die sich zur einer Ahnung von Steinfußboden nach unten schrauben, gleichmäßig sich wiederholend, wie die Segmente eines Tausendfüßlers, wie im Inneren des Tieres. |
das Wiederholen des "Wie" finde ich ebenso unschön.
Deine Bilder und Metaphern finde ich wunderbar und es ist jammerschade, dass der Anfang verpatzt ist.
Trotzdem vier Punkte.
LG gold
_________________ es sind die Krähen
die zetern
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Make Tofu Not War (Goshka Macuga)
Es dauert lange, bis man jung wird. (Pablo Picasso) |
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Rainer Zufall Klammeraffe
Alter: 70 Beiträge: 801
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10.03.2015 09:27
von Rainer Zufall
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Also dein Text hat sich definitiv wegen seiner schönen Sprache in mein Herz geschlichen.
Schon mit dem ersten Satz hast du mich eingefangen und dann bist du mich auch nicht mehr losgeworden.
Sehr schöner ruhiger Text, der eindringlich und in schönen Bildern beschreibt, welch unterschiedliche Vorstellungen vom Leben Menschen haben können.
Am Ende deutest du an, wie der Unterschied zwischen beiden sich zu einem sehr harschen und tiefen Konflikt verschärfen könnte. Mit dem letzten Satz hast du das noch einmal pointiert. Gleichzeitig aber auch versöhnlich gemacht.
Man kann sich ein bisschen verlieren in den Lichtbeschreibungen
Also echt wunderwunderschön. Ich glaube, ich bin ein bisschen verliebt in deinen Text.
LG Zufall
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Lapidar Exposéadler
Alter: 61 Beiträge: 2700 Wohnort: in der Diaspora
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10.03.2015 10:08
von Lapidar
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Hm. Ich nehme an: Judith ist Jüdin. In spätestens fünf bis sechs Jahren wird es also recht ungemütlich für die zwei.
Wobei auch 1929 keine gute Zeit war. Schwarzer Freitag und Weltwirtschaftskrise. Ich konnte den Kohl fast riechen.
_________________ "Dem Bruder des Schwagers seine Schwester und von der der Onkel dessen Nichte Bogenschützin Lapidar" Kiara
If you can't say something nice... don't say anything at all. Anonym. |
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Michel Bücherwurm
Alter: 52 Beiträge: 3376 Wohnort: bei Freiburg
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10.03.2015 13:07
von Michel
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Zwei sind geflohen oder wollen fliehen. Oder? Ich werde nicht ganz schlau aus dieser Treppenszene, die bildhaft und präzise eingefangen ist. Jedes Wort scheint sorgfältig abgewogen. Nur der Kohl riecht abgestanden, und auch das Bild des Kohlgeruchs ist andernorts schon etwas zu oft verwendet worden. Gibt es da etwas Originelleres?
Ein stilles Bild mit einer undramatischen Wendung am Schluss, die alles offen und mich zufrieden zurücklässt. Danke, gern gelesen!
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Constantine Bücherwurm
Beiträge: 3308
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10.03.2015 13:47
von Constantine
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Bonjour!
die Themenvorgabe sehe ich in der Treppe und der Spirale des Lebens als zentralen Kern erfüllt. Sprachlich gefällt mir dein Beitrag, auch wenn du konsequent auf das Markieren der direkten Rede verzichtet hast und eine hohe Wiederholungsquote durch "wie" eingeleitete Vergleiche hast.
Ein Vertipper hat sich eingeschlichen:
Zitat: | Wie die Treppe sei das Leben, sagt Judith und Hans beugt sich über ihre nackten Knie und blickt in die Windungen der Treppe, wie die sich zur einer Ahnung von Steinfußboden nach unten schrauben... |
Welche Bedeutung der Titel und die Jahreszahl im Kontext der Geschichte hat, erschließt sich mir (noch) nicht.
Im Vergleich zu den anderen Beiträgen, hast du es in meine Top 10 geschafft: trois points.
Merci beaucoup!
LG,
Constantine
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Magnus Soter Eselsohr
Alter: 64 Beiträge: 284
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10.03.2015 14:52
von Magnus Soter
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Der Text ist beinahe unlesbar. Ich bin nicht bereit, mich bis zum Ende durchzukämpfen.
_________________ Ich bin der Klaus. |
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Literättin Reißwolf
Alter: 58 Beiträge: 1836 Wohnort: im Diesseits
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10.03.2015 15:28
von Literättin
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Hm. Ich weiß nicht. Irgend etwas überzeugt mich hier nicht. Warum ausgerechnet 1929? Warum Wismar-Berlin? Okay, der Altbau, die sonnendurchleuchteten Dachfenster, das wendelnde Holzgeländer, selbst die Ortsangaben ergeben zusammen ein recht atmosphärisches Setting.
...
1929 - das sind nicht wirklich ruhige Zeiten und man kann in dieser Geschichte natürlich ahnen, was das Auseinanderreißen der Welten sein wird. Aber die genaue Jahreszahl irritiert mich und dass Judith nun ausgerechnet als junge Frau mit Hans auf dieser Treppe sitzend sich einen gleichförmigen Alltagstrott (das Abrackern und auf der Stelle stehen) wünschen soll, das überzeugt mich nicht.
Die Spiralform, ja. In medias res, ja. Gut zu lesen ist es auch. Das Setting atmosphärisch. Und gehört trotzdem nicht zu meinen Favoriten.
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tronde Klammeraffe
T
Beiträge: 524
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T 10.03.2015 21:15
von tronde
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Es gibt eine Liste, aus deren Bewertungspunkten ich die wichtigen Sachen herausgreife, völlig subjektiv eingefärbt natürlich. Letztlich waren es Einzelheiten, die die bepunkteten Texte aus den guten herausragen ließen.
Einen Punkt.
Schöne Geschichte, mir allerdings zu lange Sätze.
Grüße
tronde
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Lionne Eselsohr
Alter: 49 Beiträge: 452
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11.03.2015 14:32
von Lionne
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Nachdenkenswerte Behauptung, die Judith in die Welt setzt. Ich versteh die Schlussfolgerung nicht ganz. Leben = Treppe = Anstrenung um Stufen zu erklimmen = doch immer am selben Fleck bleiben? Weshalb? Weil es eine Wendeltreppe ist, man also nur höher, aber nicht weiter kommt?
Hans' Antwort wäre dann eine Liebeserklärung. Falls ich das alles richtig versteh
Gibt bestimmt Punkte für die Stimmung, die du da zu erzeugen vermagst.
_________________ Wenn wir in uns selbst ein Bedürfnis entdecken, das durch nichts in dieser Welt gestillt werden kann, dann können wir daraus schließen, dass wir für eine andere Welt erschaffen sind.
C.S. Lewis |
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anuphti Trostkeks
Alter: 58 Beiträge: 4320 Wohnort: Isarstrand
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11.03.2015 20:49
von anuphti
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Mein vierter Platz.
Unglaublich schöne dichte Bilder und Formulierungen, historisch eingebettet und eine Liebesgeschichte in Berlin.
Die Treppenspirale als Motiv und der Vergleich zum Leben ist das, was mir zu bekannt, nicht überraschend genug dafür ist, dass Du gewonnen hättest.
Aber trotzdem, eine besondere Kraft mit Worten zu malen, man kann den Duft in diesem Mietshaus förmlich mit den Händen greifen. Sehr gerne gelesen!
7 Punkte sept points
LG
Nuff
_________________ Pronomen: sie/ihr
Learn from the mistakes of others. You don´t live long enough to make all of them yourself. (Eleanor Roosevelt)
You don´t have to fight to live as you wish; live as you wish and pay whatever price is required. (Richard Bach) |
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holg Exposéadler
Moderator
Beiträge: 2394 Wohnort: knapp rechts von links
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11.03.2015 23:04
von holg
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Sprachlich zum Tel etwas sperrig, überkonstruiert wirkend, dabei jedoch, hier und da beim wiederholten Lesen erst, klar auf den Punkt gebracht, nicht schlecht, gefallend.
_________________ Why so testerical? |
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Dienstwerk Reißwolf
Alter: 55 Beiträge: 1254 Wohnort: Gera/Markkleeberg
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12.03.2015 16:20
von Dienstwerk
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Liebe Autorin/lieber Autor,
Dein Text hat es nicht in meine persönlichen Top10 geschafft, das hat aber nix zu bedeutetn, denn möglicherweise bist Du nur knapp dran vorbeigeschrammt und andere Leser sehen das ganz anders.
Das Thema "Spiralen" ist für mich mit den verschwurbelten Bandwurmsätzen erfüllt. Der Inhalt des Textes erschließt sich mir leider nicht. Die Stimmung ist trostlos.
LG, Claudia
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Kateli Eselsohr
Alter: 47 Beiträge: 256 Wohnort: D-Süd
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13.03.2015 11:09
von Kateli
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Ich lese das Jahr im Titel, dann die Namen Judith und Hans und hab sofort einen Verdacht, wo es hingeht ...
Genau wie Hans in deiner Geschichte, den eine dunkle, dunkle Vorahnung streift, gespiegelt im Dunkel der sich weiter unten im Treppenhaus verlierenden Stufen.
Respekt, hast du feinfühlig umgesetzt, kaum was ausgesprochen, vieles nur angedeutet, und trotzdem ist sonnenklar, worum es geht.
Ich mag den Text auch gar nicht zerreden. Nur eines: Es passt zwar zu der Zeit, in der er angesiedelt ist, aber manche Sätze fand ich fast zu lang und vom Satzbau her zu verschachtelt. Nichts daran ist verkehrt, und das trägt einen Teil zur Authentizität des Settings bei, es geht nur um mein ganz persönliches Lesegefühl. An manchen Stellen war es too much. Ich gebe dir ein Beispiel aus dem Text, wo ich dreimal nachlesen musste, wie der Satz anfing, ohne wirklich schlauer zu werden.
"Das Leben sei derart, sagt Judith, auf der Treppe sitzend, neben Hans, die Stille im Mietshaus von einer dunklen Farbe wie die Pfosten des abgegriffenen Holzgeländers, Judith ihren Kopf dagegen gelehnt, nach unten sehend, und Hans kann nicht verorten, was sie meint: das Warten auf den entfernten Verwandten mit dem Schlüssel oder die Tür mit der unbekannten Wohnung dahinter oder das milchige Licht, das sich durch die rußigen Dachfenster müht und auf dem Weg nach unten gefressen wird von unsichtbaren Schichten aus Bohnerwachs, gekochtem Kohl und stumpfer Abgestandenheit. "
Nach dem "derart" am Anfang erwartete ich irgendwie ein "dass" oder was anderes Weiterführendes, aber erst im nächsten Satz erklärt es sich. Und der kommt erst verdammt viel später.
Aber vielleicht hat auch nur mein Hirn hier einen Knoten.
Fazit: Gelungene, feine Geschichte mit namenlosem, noch unterschwelligem Grauen. Die Spirale in der Treppe, im Leben, in den Ereignissen aus dem Jahr 1929, die mit zu einer großen, weltweiten Wendung führten. Ich werte erst, wenn ich alle Texte kommentiert habe.
_________________ Zombies just want hugs |
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Amaryllis Forenschmetterling
Alter: 38 Beiträge: 1380
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13.03.2015 13:04
von Amaryllis
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Liebe/r Inko,
leider hat es dein Text für mich nicht in die Punkteränge geschafft. Für mich ist in diesem Text zu wenig Handlung und er ist mir, was die Sprachbilder anbelangt, auch einfach zu dicht.
Es ist jetzt nicht so, dass ich den Text per se schlecht finden würde, weil mir einzelne Bilder ganz gut gefallen (die Segmente des Tausendfüßlers zum Beispiel). Aber in der Masse geht für mich der Bezug zu den Protagonisten verloren.
Kann es übrigens sein, dass du im ersten Satz ein Wort vergessen hast? Was die "Elektrische/n" ist, weiß ich nämlich nicht.
Tut mir leid, dass ich kein besseres Feedback für dich habe, ich hoffe, du kannst trotzdem etwas damit anfangen.
Liebe Grüße,
Ama
_________________ Mein Leben ist ein Scherbenhaufen...
Aber ich bin der Fakir. |
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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13.03.2015 22:21
von firstoffertio
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Ich fange mal an zu kommentieren in der Prosa. Werde sicher nicht alle Texte hinbekommen, geschweige denn zum Bewerten. Wenn ich dazukaeme, wäre das einer meiner Favoriten.
Sehr gut finde ich das Bild mit der sich nach unten bewegenden Spirale (Treppe). Auf der anderen Seite oszilliert sie mit einer Spirale in der Ebene, aus der man sich nicht hinaus bewegt.
Der Text grenzt mit seinem Fehlen von Handlung fast an eine Momentaufnahme. Aber ich mag ihn sehr.
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