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Ber: Fortbewegung - in Variationen

 
 
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Rheinsberg
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Bronzenes Messer


Beitrag29.05.2007 12:21
Ber: Fortbewegung - in Variationen
von Rheinsberg
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Und wie bewegt man sich in diesem Land, in dem ich jetzt bin, fort? Die Möglichkeiten sind vielfältig.

Es gibt natürlich ganz normale Autos, sei es in Privatbesitz oder als Mietwagen, viele haben außer dem Benzintank auch einen Tank und ein Verbrennungssystem für Gas, weil das hier viel billiger ist. Ein eigenes Auto generell spricht aber schon von gewissem Wohlstand und außerhalb der Hauptstadt prägen daher nicht PKW das Bild.

Weit verbreitet sind hier Zweiräder jeder Art, die oft von mehreren Personen besetzt sind. Vier Erwachsene und ein bis zwei Kleinkinder auf einem Motorrad… oder so. Eine Schau sind die Lastwagen, über und über bunt lackiert und verziert. Dann natürlich Karren gezogen von Eseln oder – Kamelen. Und Motorradrikschahs – einer der Motorradfahrer brummelte, da sehe man ja, was in diesem Land einem Motorrad angetan werde. Wir standen neben der Suzuki seines Onkels, die eben kein schnittiger Renner mehr ist sondern ein Zugpferd für diesen dreirädrigen Anhänger, auch da sind Seiten und Dach bunt lackiert, es gibt eine vordere und eine Rückbank, mindestens sechs Personen haben da Platz – aber bestimmt auch mehr. Da in diesem Fall die Rickschah sozusagen in der Familie war, hatte ich das Vergnügen, dass wir privat damit zweimal Ausflüge machten, einmal in ein Nachbardorf, einmal in die nächste Kleinstadt. Beide Male nach Sonnenuntergang – ein Vorzug dieser Ausflüge, dass das Tempo den Stechmücken zu hoch ist, auf der Fahrt ist stichfreie Zone. Der Fahrer kannte offensichtlich die Schlaglöcher der Strecke und lenkte geschickt im Slalom um etliche herum, bremste vor Querrinnen und ähnlichem ab – und das im Dunkeln! – musste aber gleichzeitig auf nicht beleuchtete Eselskarren achten. Die waren eine echte Gefahr. Fast noch schlimmer aber fand ich die Traktoren, die in der Dunkelheit die Zuckerrohrernte auf völlig überfüllten Anhängern zur Raffinerie beförderten – sie sperrten mit der den Anhänger auf beiden Seiten überragenden Last oft die Fahrbahn.
Trotzdem waren die Fahrten ein echtes Erlebnis.

An einem Sonntag nun wollte ich mit einer Freundin in der ca. 10 km entfernten Provinzhauptstadt etwas einkaufen. Auf meine Fragen hin erklärte sie den Bus zum Verkehrsmittel unserer Wahl. Mir war das recht, ich hatte nämlich keine Lust gehabt, mit ihr zusammen hinter ihrem Bruder auf dessen Motorrad zu reisen. Dann standen wir am Straßenrand irgendwo und ich stellte fest, dass dies wohl die Haltestelle sein musste. Ein Gefährt näherte sich – eine Art Pickup, also eher ein Personenwagen, der als Hinterteil eine Ladefläche hat, die überdacht und rechts und links mit einer Sitzbank versehen wurde. Auch hübsch angemalt und lackiert, versteht sich. Das ganze nach dem Prinzip Sammeltaxi: Soviel rein, wie Platz hat. Bei den ersten beiden hatten wir das Nachsehen, dann kam ein etwas leereres Auto, und wir kletterten hinein. Kurze Umverteilung, Damen auf die eine, Herren auf die andere Seite, wenns nicht aufgeht, irgendwo an die Grenze noch ein Kind gesetzt. Gepäck auf dem Schoß, zu den Füßen…und los geht’s. Der Fahrtwind machte das ganze eher angenehm, aber wenns regnet, stelle ich mir das nicht ganz so nett vor. Gezahlt wird beim Aussteigen – den Aussteigewunsch klopft man an die Scheibe der Fahrerkabine oder auf deren Dach. Wir stiegen an der Endstation aus, dem Busbahnhof – der erinnerte mich entfernt an die alten Busbahnhöfe in der Türkei, von denen ich immer meine, sie seien aus Karawansereien hervorgegangen: ein von Gebäuden eingefasster Hof, wobei hier die Gebäude eher verfallen waren, während in der Türkei dort die Busgesellschaften und Reisebedarfsläden, vor allem Imbisse, sie füllen.

(Wie ihr lest, dies ist nun nicht aus der Türkei – vielleicht erkennt ja jemand die Gegend anhand der Beschreibungen )

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Rheinsberg
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Bronzenes Messer


Beitrag06.03.2008 10:41

von Rheinsberg
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Ich habe mal diesen unkommentierten Beitrag von mir aus der Versenkung geholt, um noch ein Stück hinzuzufügen. Vielleicht finden sich inzwischen ja doch ein paar Leser  Wink


Am Donnerstag hatte das Wetter umgeschlagen. Nachdem ja schon einige Zeit vorher die große Hitze nachgelassen hatte, bezog sich nach fünf Uhr der Himmel kohlrabenschwarz, es stürmte und begann zuerst langsam, dann heftiger zu regnen, bis es wie aus Kübeln goss. Das ganze wurde begleitet von dauerndem Donnergrollen, aber erstaunlich wenig hier sichtbaren Blitzen. Nach einer Weile ließ der Regen nach, hielt aber noch die ganze Nacht in abgeschwächter Form an, so dass morgens alles sehr gut nass war. Erst gegen Mittag hörte der Regen auf, es war regelrecht kühl geworden (na ja, meinem Gefühl nach, das Thermometer stand sicher noch über 25 Grad), und die Luft war sehr feucht.

Seither ist auch die Luftfeuchtigkeit generell hoch geblieben, was man auch daran merkt, dass der Steinboden im Hof nicht mehr ganz trocken wird, auch wenn es länger nicht regnet. Die Pakistani finden das Wetter klasse, mir war die trockene Hitze fast lieber. Aber es ist auch ganz nett, wenn die Umgebung nicht mehr eine höhere Temperatur aufweist als die Körpertemperatur, und nachts die Abkühlung alle schlafen lässt – es hebt die Laune mancher Leute, ich persönlich habe ja die ganze Zeit geschlafen, Strom oder nicht. Wieso Strom? Nun ja, hier schläft eigentlich niemand mehr, ohne dass der Ventilator läuft. Und wenn der Strom ausfällt, wacht man auf – ich nicht immer, nur wenn dann einige Moskitos mich mit einem späten Dinner verwechseln. Die Wärme war teilweise aber so, dass diese lieben Tierchen wegblieben, so dass ich auch durch die Stromausfälle schlief – etwas zum Neid meiner Gastgeberin, die leicht schlaflose Nächte hatte.

Die Stromausfälle haben zugenommen, was daran liegen mag, dass – wenn ich das in den Nachrichten richtig mitbekommen habe, in Belutschistan auch mindestens ein Damm gebrochen ist. Nachdem schon während der Hitzewelle einige Kraftwerke Havarieprobleme hatten, macht das hier die nationale Stromversorgung nicht besser, in Karachi gab es – vor dem Sturm dort – schon Demonstrationen, allgemein trägt die schlechte Versorgungslage auf diesem Gebiet eher zur Unterstützung der Opposition bei, habe ich den Eindruck. Heute war es extrem – obwohl es nicht mehr heiß ist, aber das mag an dem weiteren Regen heute morgen gelegen haben, der vielleicht nicht überall so zahm war, wie hier.


Aber eigentlich wollte ich ja von vorletzter Woche erzählen. Am Freitag Nachmittag, nach dem Nachmittagsgebet, so gegen fünf, sah ich die Tochter des Hauses einen guten Shalwar Khameez anziehen, auch die Mutter zog sich um und meinte, ich solle mein Telefon mitnehmen, mein Täschchen, wir fahren zu ihrer Schwester aufs Dorf. Nein, nicht weit, grad so außerhalb. Soll ich mich auch umziehen? Nein, was ich anhatte, war gut genug – hatte auch nach der Mittagsruhe frisch geduscht und mich umgezogen – selbst wenn nicht mein bestes Stück, aber, wie Ayesha meinte, es sei dünn und im Dorf könne es heiß werden. Gut, Dorf, da musste ich wirklich nichts anderes anziehen. Wir sammelten noch eine kleine Nichte ein, mit der ich, genau wie Ayesha und ihre Tochter, ein besonders liebes Verhältnis habe, und machten uns auf den Weg.

Zu Fuß zur Bushaltestelle, dort auf die andere Straßenseite, also nicht Richtung Chakwal, sondern Sargodha/ Kale Kahar. Für uns drei Frauen waren schnell Plätze in einem der so genannten Busse gefunden. Bus? Ein Pickup, dessen Ladefläche mit einer tonnenförmigen Überdachung versehen ist – diese aber wunderschön bemalt und verziert – und wo auf beiden Seiten je eine Bank befestigt ist. Auf jede Bank passen ca. 6 Personen, man sortiert sich nach Männern und Frauen, an Schnittpunkte wird ein Kind gesetzt. Dazu kommen mindestens drei Männer, die sich auf dem hinteren Trittbrett hinstellen, öfter auch mal ein paar jüngere auf dem Dach, je nach Nachfrage. Meist ist es recht lustig, ich habe diese Busse zwischen Bhon, wo ich wohne, und der Stadt Chakwal, nun schon öfter benutzt und für die zehn Kilometer ist das auch ok.


_________________
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