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Den Erklärbären in Zaum halten?

 
 
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Taschmetu
Gänsefüßchen
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Beiträge: 26



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Beitrag28.10.2012 03:54
Den Erklärbären in Zaum halten?
von Taschmetu
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo liebe Schreibende!

Ich bin ganz neu hier, mein erster Beitrag, und würde mich freuen, wenn jemand mir vielleicht bei meinem Problemchen weiterhelfen könnte.

Mir fällt es schwer, eine Szene auf Papier zu bringen, ohne dabei in eine "Erklärungsschleife" abzudriften. Also: ich habe eine Szene im Kopf, z.B. "Eine Botschaft wird überbracht, die sich als besonders wichtig herausstellt", Figur A, B, C sind dafür wichtig, also sind sie dabei. Ort und Zeit sind ebenfalls klar.

Anstatt diese Szene dann einfach zu beschreiben tappe ich immer in kleinere oder größere Erklärungsfallen.
Ich fange bei "Adam und Eva" an, versuche (warum auch immer?) solche Fragen zu beantworten wie: warum ist Figur a eigentlich da? Welches wichtige Ereignis führt alle an diesen Ort/Warum sind alle da? Wohin geht Figur B nach dem Ereignis? Was hatte Figur C heute zum Frühstück?
(Mal etwas übertrieben ausgedrückt.)
Im besten Fall kann ich diese Erklärungen zur Figurenarbeit nutzen und einfach wieder aus der Szene löschen, im schlechtesten - und leider häufigeren Fall - entwickelt sich plötzlich eine ganz andere Geschichte bzw. ich verkompliziere durch die Erklärungen die Handlung bis zum Gehtnichtmehr.

Zur Erklärung: Wink
Ich bin Schreibanfänger. Hab ein paar kleinere Geschichten geschrieben und versuche mich nun an einem historischen Roman. Die Handlung steht, Figuren ebenfalls, aber alles noch im Grundgerüst...

Jetzt versuche ich, wie gesagt, einiges daraus erstmalig zu Papier zu bringen, aber der "Erklärbär" hält mich irgendwie davon ab.

Irgendwie habe ich aber auch nicht das Gefühl, dass ich "noch mehr" Figurenarbeit usw. leisten muss, um dann etwas zu Papier zu bringen... oder vielleicht doch?!

Habt ihr zufälligerweise irgendeinen Tip, wie man - salopp ausgedrückt - das schreiben kann, was man sich vorstellt?!

Viele Grüße!

Mari
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Fahrender Gaukler
Geschlecht:männlichGrundgütiger

Alter: 40
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Beitrag28.10.2012 05:25

von Fahrender Gaukler
Antworten mit Zitat

Hallo und willkommen!

Den Erklärbären gilt es im Zaum zu halten, ja. Der gemeine Leser ist nämlich nicht dumm, er kann und will Zusammenhänge selber erschließen. Wenn du eine Geschichte so schreibst, dass selbst Klein Doof von der hinterletzten Bank sie versteht, tust du damit niemandem einen Gefallen, weder dir, noch dem Leser, noch der Geschichte.

Ohne einen entsprechenden Textauszug kann ich dir nicht genau sagen, wo du es übertreibst (das könnte ich wahrscheinlich noch nicht mal mit Textauszug), aber generell lässt sich wohl sagen, dass man das wirklich Wichtige, das man unbedingt zum Verständnis für eine Szene benötigt, erst einmal herauskristallisieren muss und anschließend nicht mit zu viel Nebensächlichem verwässern sollte (ein bisschen was darf's ja schon sein, so ist es nicht wink). Dazu musst du aber natürlich erst einmal in der Lage sein, zu differenzieren. Was braucht es wirklich? Muss man wissen, wie Person A zu diesem Ort gekommen ist? Ist das eine Information, ohne welche die Szene keinen Sinn ergibt? Ist es wichtig für den weiteren Verlauf der Geschichte? Vielleicht schon, aber - und das ist wohl wahrscheinlicher - vielleicht auch eher nicht. Und dann wird die Schere angesetzt.

Idealerweise - meiner Meinung nach - fließt die notwendige und die nicht ganz so notwendige Information auch einigermaßen beiläufig in den Text ein, nicht nach der Holzhammermethode oder letzteres zumindest nur dann, wenn es wirklich sinnvoll ist. Überwiegend sollte man dem Leser wie gesagt die Möglichkeit geben, selbst dahinter zu kommen. Dazu musst du ihm eigentlich nur Schützenhilfe leisten und bestimmte Zusammenhänge andeuten. Auflösungen seitens des Autoren folgen fast immer erst hinterher, nachdem der Leser schon eine Weile gegrübelt hat. Das lässt sich aber alles auch später noch einbauen, bei der Überarbeitung. Aber so weit bist du ja noch nicht. Die Geschichte will erst mal geschrieben werden.

Du hast also eine im Grunde fertige Geschichte mit Figuren und allem pipapo, der Rahmen steht. Jetzt strukturiere die einzelnen Kapitel. Abweichen und neue Wege gehen willst du offensichtlich nicht mehr, also leg dir ein Konzept zu und verfolge es ohne Umschweife und Hakenschlagen. Fasse die einzelnen Kapitel jeweils in ein paar Sätzen zusammen, so drei bis fünf, dann kristallisiert sich die eigentlich wichtige Handlung praktisch von alleine heraus. Daran halte dann unbedingt fest und gib dem Erklärbär wenig Luft zum Atmen. Schreibe einfach, ohne Rücksicht auf dumme Leser. Du könntest dich zum Beispiel auch am roten Faden entlanghangeln, indem du den ersten und letzten Satz des jeweiligen Kapitels schon mal aufschreibst. So weißt du, woher du kommst und wohin du willst. Zwischendurch überprüfen, ob du dich nicht schon wieder vergaloppierst und in Nebensächlichkeiten verlierst.

Wenn du dann Kapitel für Kapitel (oder Szene für Szene) nach der Art "abgehandelt" hast, salopp gesagt, und du im Prinzip schon Ende drunterschreiben kannst, ist deine Arbeit aber noch nicht getan. Dann geht's ans Eingemachte, an die Überarbeitung(en). Am besten wäre es, wenn du zu diesem Zeitpunkt ein paar unabhängige Betaleser zur Verfügung hast, die können dir dann schon ganz gut Auskunft darüber geben, was sie nicht verstehen. Anhand dessen kannst du die Zusammenhänge schließlich etwas aufdröseln, aber nicht übertreiben, langsam herantasten. Das richtige Maß an Information zu erreichen, ist nicht einfach, aber man fährt eigentlich immer ganz gut damit, wenn man den Leser für schlauer hält als sich selbst. Dann vermeidet man auch ein wenig die Gefahr der Vorhersehbarkeit einer Geschichte, und die ist schlimmer und schwieriger wieder auszubügeln, als wenn jemand den ein oder anderen Zusammenhang nicht versteht.

Hilft das was? smile


Gruß,

~~Der Gaukler


_________________
Trenne dich nicht von deinen Illusionen. Wenn sie verschwunden sind, wirst du weiter existieren, aber aufgehört haben zu leben.

(Mark Twain)
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Merlinor
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Alter: 72
Beiträge: 8676
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Beitrag28.10.2012 14:37

von Merlinor
Antworten mit Zitat

Hallo Taschmetu

Dem, was der Gaukler da geschrieben hat, brauche ich eigentlich nichts hinzufügen.

Die zusätzliche Ausarbeitung eines von ihm angeschnittenen Gedankens vielleicht noch: Es lohnt sich, den Erklärbären deshalb im Zaum zu halten, weil man bestimmte Informationen oftmals als Hilfsmittel zur Ausgestaltung der kleinen Spannungsbögen benötigt, die eine Geschichte mit Leben erfüllen sollen.

Wenn Du vorschnell erklärst, dass Dein Protagonist ein hervorragender Reiter ist und sein Pferd auch die breitesten Gräben überspringt, dann wirst Du bei der angesetzten Verfolgungsjagd am Ende des Kapitels ein gewisses Problem haben, im Leser noch Spannung zu erzeugen.

Und wenn Du umgekehrt im Vorfeld lange und breit erklärt hast, ein wie schlechter Reiter er doch ist, dann wirst Du den Leser nicht unbedingt mit der Tatsache überraschen können, dass er anstatt zu entkommen in den Graben kracht und so gefangen genommen werden kann.

Jede Information muss, wie der Gaukler gesagt hat, ihren Sinn und Platz im Handlungsgerüst der Geschichte haben und mithelfen, ihre Dramatik in Schwung zu halten.
Wenn Du Dich daran orientierst, solltest Du den Erklärbären gut zähmen können.

LG Merlinor


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„Ich bin fromm geworden, weil ich zu Ende gedacht habe und nicht mehr weiter denken konnte.
Als Physiker sage ich Ihnen nach meinen Erforschungen des Atoms:
Es gibt keine Materie an sich, Geist ist der Urgrund der Materie.“

MAX PLANCK (1858-1947), Mailand, 1942
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ConfusedSönke
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Alter: 43
Beiträge: 298
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Beitrag28.10.2012 16:04

von ConfusedSönke
Antworten mit Zitat

Eigentlich wurde schon alles gesagt, ich würde jedoch gerne ergänzen um ein persönliches Hilfsmittel meinerseits.
Da ich beim Schreiben darauf bedacht bin, mich möglichst knapp und präzise auszudrücken (zur Erklärung: meine Schreibe soll ein ordentliches Tempo haben), habe ich mir mal folgendes ausgedacht:

Stell' Dir vor, Du siehst die Szene auf einer Kino-Leinwand. Was von dem Geschriebenen kann man nicht sehen?

Und das lösch' ich dann. Ausgenommen Gefühlsregungen und wenige, elementare Gedankengänge.

Anschließend lese ich die Szene noch einmal, und wenn sie ohne den ganzen unnötigen Kram drumherum immer noch funktioniert, dann weiß ich, dass ich es richtig gemacht habe.

Diese Vorgehensweise ist bestimmt nicht für jedes Genre gedacht, insbesondere historische Geschichten brauchen Details. Aber vielleicht hilft es Dir ja als Anregung.


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Die Realität ist die Illusion der Phantasielosen.
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Taschmetu
Gänsefüßchen
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Beiträge: 26



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Beitrag28.10.2012 19:17

von Taschmetu
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Hallo!

Danke für eure Tips! Sehr hilfreich, denke ich, auch wenn ich bisher noch nicht dazu gekommen bin, sie auszuprobieren.

Ich werde das auf jeden Fall mal versuchen. Besonders der Hinweis, den Leser für schlauer zu halten als sich selbst fand ich sehr hilfreich!

Und die Geschichte in Kapitel zu zerlegen.

- Wobei ich mich da auch gleich wieder frage: wie mache ich das?! Woher weiß ich, welche Kapitel ich "brauche"? --- Aber ich ahne, dass die Frage viel zu weit führt und ich das nur rausfinde, wenn ich es probiere.

Schon irgendwie schade, dass so viel beim Schreiben mit "Trial and Error" zu tun hat. Denn ich bin eigentlich ein Typ, der äußerst effizient arbeiten will.  Wink   (Aber das kann ich dann ja nach den Erfahrungen beim nächsten Buch... hoffentlich.)  Very Happy


Danke euch! - Gerne auch noch mehr Tips, davon kann man ja nie genug haben.
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zwima
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Beiträge: 640
Wohnort: Reihenhausidyll


Beitrag28.10.2012 20:57

von zwima
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Zitat:
Woher weiß ich, welche Kapitel ich "brauche"?


Das ist eine interessante Frage und die Antwort lautet plotten. Mein erster Schreibversuch war so geartet, dass ich mich einfach vor ein leeres Worddoc gesetzt und losgeschrieben habe. Ohne Plan, ohne Planung, ohne irgendwas. Herausgekommen ist dabei eine Idee, die mir immer noch gefällt, strukturell und plottechnisch ist das Ergebnis erwartungsgemäß allerdings eine Katastrophe Cool

Um so etwas zu vermeiden, habe ich mich mühsam angefangen mich mict Schreibtheorie auseinanderzusetzen und festegestellt, dass jede Geschichte bestimmten Mechanismen entspringt. Mehr dazu findest du auch im DSFOPedia unter "Plot".

Es gibt zahlreiche Plotmethoden und mit der Zeit wirst du herausfinden, welche dir am meisten liegt. Ich habe mir angewöhnt, eine Geschichte gedanklich in viert Teile zu zerlegen:

- Set Up
- Response
- Attack
- Resolve

Jeder Teil nimmt ca. 1/4 der Handlung ein. Getrennt werden sie durch Wendepunkte, die die Handlung in eine andere Richtung treiben. Wenn du dich fragst, welche Kapitel/Szenen notwendig sind, dann denk dich in deine Figur rein und überlege, was passieren muss, dass sie von A nach B kommen.

Teil 1 (Set up) zeigt z.B. die Welt deiner Figuren, wie sie ist. Um diesen Teil mit Leben zu füllen musst du zunächst einmal wissen, wer deine Hauotfiguren sind und sie dir dann in typischen Lebenssituationen denken. Was ist die Ausgangssituation deiner FIguren? Wie leben sie? Was sind ihre Ängste? Was ihre Ziele? Wenn du all das nicht erzählen, sondern zeigen wilst, kommst du gewöhnlich schon auf eine ganze Menge Stoff. Und dann kommt der erste Wendepunkt -> alles ändert sich. Und das Spiel beginnt von neuem. Was muss passieren/gezeigt werden, um deine Figuren vom ersten Wendepunkt zum Midpoint zu bringen.

Das ganze ist ein dynamischer Prozess. Du wirst beim Schreiben immer wieder merken, dass du die ein oder andere Szene nicht mehr brauchst, oder dass du an einer Stelle zu schnell warst, dann überarbeitest du deinen Plot und kommst wieder auf die SPur.

Mir macht gerade das, die Plotspielereien immer am meisten Spaß. Das Runterschreiben ist dann "nur" noch Handwerk.

LG
Zwima


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Nordlicht
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Beiträge: 3761



Beitrag28.10.2012 21:34

von Nordlicht
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Taschmetu hat Folgendes geschrieben:
Wobei ich mich da auch gleich wieder frage: wie mache ich das?! Woher weiß ich, welche Kapitel ich "brauche"?


Deine Geschichte besteht ja aus lauter verschiedenen Szenen: Prota an Ort X, mit Y beschäftigt, Antagonist bei Z usw. Du kannst zB aus den Szenen einzelne Kapitel machen, wobei die dann evtl etwas kurz ausfallen, aber es gibt keine in Stein geschriebenen Regeln, wie lang ein Kapitel sein muss.
Generell kann man sagen, dass kurze Kapitel das Tempo des Buchs erhöhen (ratzfatz zur nächsten Szene) und längere Kapitel es verlangsamen und den Leser tiefer in die Charaktere, die Umgebung, das Geschehen eintauchen lassen.
Gut ist, wenn man beides benutzt - versuch bloß nicht, alle Kapitel auf 20 Seiten zu bringen oder so Laughing Das Tempo sollte je nach aktuellem Geschehen in deiner Story mal schneller, mal langsamer sein.

Welche Kapitel du brauchst, ist ganz einfach: nur die, die deine Geschichte vorantreiben.
So interessant man selbst auch die Kindergartenzeit des Prota, das seltsame Hobby der Nebenfigur oder die Hintergeschichte des Straßenköters findet - solange es nicht ein unverzichtbarer Baustein deiner Geschichte ist (Prota im Kindergarten traumatisiert, seltsames Hobby des Nachbarn führt Prota zu seinem Ziel usw), beschränke die Erwähnung davon auf ein, zwei Sätze, wenn überhaupt.
Vereinfacht gesagt beginnt und endet alles bei deinem Protagonisten und die Nebenfiguren, die Hintergrundstories und die Umgebung solltest du nur in dem Maße einfließen lassen, wie es für die Geschichte deines Protas nötig ist.
Selbst Nebenplots müssen schließlich wieder in den Hauptfaden der Geschichte einfließen und zum Prota Bezug haben, sonst wären sie ja ganz eigenständige Geschichten.

Schreib einfach, lass es dann mal ein paar Tage liegen und guck dir unter den Aspekten, die hier im Thread genannt wurden, deinen Text noch mal an. Mit der Zeit steuerst du dich während des Schreibens dann automatisch.


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firstoffertio
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Beitrag29.10.2012 23:48

von firstoffertio
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ConfusedSönke hat Folgendes geschrieben:
Eigentlich wurde schon alles gesagt, ich würde jedoch gerne ergänzen um ein persönliches Hilfsmittel meinerseits.
Da ich beim Schreiben darauf bedacht bin, mich möglichst knapp und präzise auszudrücken (zur Erklärung: meine Schreibe soll ein ordentliches Tempo haben), habe ich mir mal folgendes ausgedacht:

Stell' Dir vor, Du siehst die Szene auf einer Kino-Leinwand. Was von dem Geschriebenen kann man nicht sehen?

Und das lösch' ich dann. Ausgenommen Gefühlsregungen und wenige, elementare Gedankengänge.

Anschließend lese ich die Szene noch einmal, und wenn sie ohne den ganzen unnötigen Kram drumherum immer noch funktioniert, dann weiß ich, dass ich es richtig gemacht habe.

Diese Vorgehensweise ist bestimmt nicht für jedes Genre gedacht, insbesondere historische Geschichten brauchen Details. Aber vielleicht hilft es Dir ja als Anregung.


Solche Ratschläge verwirren mich immer. Es gibt doch sehr gute Romane, Novellen, wo sehr viel beschrieben wird, was man nicht sehen kann.

Ich denke an drei, die ich kürzlich las: Saramango: Das Todesjahr des Ricardo Reis. Henry James: The Turn of the Screw, und The Aspern Papers.

Könntest du vielleicht auf die Genre- Unterschiede etwas ausführlicher eingehen?
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ConfusedSönke
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Beitrag30.10.2012 00:17

von ConfusedSönke
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Ich bewege mich im actionreichen Horror-Genre. Gerne mit Zombies und dergleichen. Weniger psychologisches - ist halt wie auf der Leinwand: Der eine findet es plump, der andere steht drauf. Aber genau diese Leserschaft würde man mit Charakterstudien und ausufernden Landschaftsbeschreibungen langweilen.

Mein zweites Steckenpferd ist Fantasy; hier gehe ich dann natürlich ebenfalls mehr ins Detail, aber eher bzgl. der Welt, den Wesen, den Schlachten, und nicht bei Gedankengängen und Gefühlswallungen.


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Nihil
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Moderator
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Beiträge: 6039



Beitrag30.10.2012 06:41

von Nihil
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Dein Eingangsbeitrag klingt für mich auch so, als würdest du ein ganzes Paket an Beschreibungen auf einmal abliefern, so dass du von einer Beschreibung zur nächsten kommst und die Handlung ganz ins Stocken gerät.  Ich würde dir raten, dir Gedanken zu machen, welche Infos der Leser wirklich dringend braucht – und welche nicht. Und wichtig sind nur diejenigen Informationen, die entweder zur Handlungs- oder Figurenentwicklung beitragen. (Es sei denn, du schreibst Fantasy, was Historisch usw., wo es schon eher nötig ist, auch die Umgebung detailreich zu beschreiben.)

Du solltest dir Gedanken darüber machen, was der Leser wirklich wissen muss und dann versuchen, „Verknüpfungen“ in der Handlung zu diesem Wissen herzustellen. Das soll nichts anderes heißen, als das du über das Erklären nicht das Hier und Jetzt vergessen darfst. Ich für meinen Teil musste in meinem Projekt eine lange Zeitspanne auslassen und dann zwangsläufig hinterher erklären, was grundsätzlich geschehen ist. Etwa ist eine Figur beträchtlich gewachsen (innerhalb von vier Jahren), doch um keinen langen Beschreibungsblock in die Handlung zu setzen, was sich an ihrem Körper alles verändert hat, lasse ich sie sich beim Eintreten in ein Haus am Kopf stoßen – weil sie doch schon beträchtlich größer ist als die meisten Leute. Das mag dem Einen oder Anderen zu offensichtlich sein, gibt mir aber eine gute Überleitung und hat mit der Handlung zu tun. Man driftet also nicht in die Vergangenheit bzw. in den zeitlichen Stillstand ab.
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Poolshark
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Beiträge: 827
NaNoWriMo: 8384
Wohnort: Berlin


Beitrag11.11.2012 23:37

von Poolshark
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Hallöchen.
Ich schreibe jetzt seit über zwei Jahren und kann mich daran erinnern, dass ich am Anfang auch furchtbar viel beschrieben habe. Ich wollte immer eine ganz bestimmte Stimmung erzeugen, dadurch wurden die Texte aber sehr überladen und steif.
Ich glaube, dass man mit der Zeit und der Praxis im Schreiben (und Lesen!) selbstbewusster wird und seiner potenziellen Leserschaft zutraut, die Geschichte zu verstehen auch ohne sie vorgekaut serviert zu bekommen.
Eine Athmosphäre zu erzeugen, braucht nicht viel. Wenn der Himmel finster ist und die Luft dick, dann hat der Leser schon das richtige Bild vor Augen und man muss ihm nicht noch erklären, dass ein Unwetter bevorsteht.

Da wäre dir zu raten, dass du bei Büchern, die dir gefallen haben, dein Augenmerk drauf richtest und einfach mal nachforschst, wie andere Autoren das machen. Allerdings glaube ich, dass dein Hauptproblem gerade der Druck ist, den du dir machst. Ich würde dir vorschlagen, dass du einfach erstmal runterschreibst, was du eben schreiben möchtest. Lass den Text eine Weile liegen und schau dann mit einem neutralen Auge drauf. Du wirst dann schon selbst rauskriegen, auf welche Dinge du verzichten kannst.

Für mich war das einer der hilfreichsten Ratschläge, die das Schreiben betrifft: erst schreiben, dann korrigieren. Die erste Szene meines ersten Buchs habe ich bestimmt zwei Dutzend mal neu geschrieben und das hat mich nirgendwohin gebracht, außer an den Rand des Wahnsinns.
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Noweti
Geschlecht:weiblichLeseratte


Beiträge: 119



Beitrag14.11.2012 14:58

von Noweti
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zwima hat Folgendes geschrieben:

Mir macht gerade das, die Plotspielereien immer am meisten Spaß. Das Runterschreiben ist dann "nur" noch Handwerk.


Witzig, bei mir ist es eher anders herum. Ich war froh, als der Plot endlich stand und ich mit dem Schreiben beginnen konnte.  Wink
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Gwendalf
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Alter: 29
Beiträge: 11
Wohnort: Bayern


Beitrag20.01.2013 20:39

von Gwendalf
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Zitat:
Ich fange bei "Adam und Eva" an, versuche (warum auch immer?) solche Fragen zu beantworten wie: warum ist Figur a eigentlich da? Welches wichtige Ereignis führt alle an diesen Ort/Warum sind alle da? Wohin geht Figur B nach dem Ereignis? Was hatte Figur C heute zum Frühstück?


Ich hab so ein ähnliches Problem. Ich beschreibe die Umgebung immer sehr ausführlich, vorallem die Behausung meiner Hauptcharaktere. Jetzt frag ich mich, wo die grenze ist. Soll ich nur dann die Umgebung beschreiben, wenn die Figuren sich dort befinden, oder nur kleine Details, oder so spartanisch wie möglich, damit dem Leser die Freiheit des Sich-selbst-vorstellens  bleibt?


_________________
Die Grenzen deiner Sprache, sind die Grenzen deiner Welt. - ludwig wittgenstein
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Taschmetu
Gänsefüßchen
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Beiträge: 26



T
Beitrag23.01.2013 01:22

von Taschmetu
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Man sollte den Leser auf jeden Fall nicht unterschätzen. Cool

Die Vorstellung entsteht ja beim Lesen und nicht dadurch, dass man sich ein detalliertes Bilderpuzzle aus einzelnen Wörtern "erarbeitet".

Ich denke, kleinere Beschreibungen hier und da, sogar nur ein Wort, könnten schon viel Bildmaterial erzeugen.  

Kommt aber auch immer drauf an, was man schreibt und wie man schreibt. Das ist ja die Kunst!
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Kaja_Fantasy
Geschlecht:weiblichLeseratte

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Beiträge: 182
Wohnort: Mein literarisches Wohnflugzeug


Beitrag26.12.2014 14:50

von Kaja_Fantasy
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Sollte hier noch irgendwer sein, der ab und zu hier reinschaut (die Beiträge sind ja schon etwas älter): Bei mir ist es zunächst genau andersherum: Ich schreibe, was passiert, was die Leute denken und fühlen, auch bisschen an Grundinfo (meist in Fußnoten) und irgendwann fällt mir ein: Hey, ich habe zwar die Bilder im Kopf, aber der Leser kann ja ohne Beschreibung nicht wissen, wie das alles aussieht, dann komme ich dahin: Wäre es nicht cool, wenn...? So füge ich dann die Beschreibungen ein und muss dann nachher wieder kürzen...
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Kris
Eselsohr


Beiträge: 453



Beitrag26.12.2014 15:08

von Kris
Antworten mit Zitat

Den Leser nicht zu unterschätzen, halte ich für einen ganz wichtigen Gedanken.

Bezüglich der Beschreibungen: Man braucht oft nur wenige Pinselstriche,
um eine Szene zu entwerfen.

Nur mal als grobes Beispiel:
"Der Wald war kalt, dunkel und voller fremder Geräusche."

Damit hat man als Leser direkt ein Bild vor Augen.
Kalt = Die Szene spielt eher nicht in den Tropen.
Dunkel = Es ist Nacht bzw. der Wald wohl sehr dicht.
Fremde Geräusche = Eine für den Leser und/oder Prota unbekannte
(bedrohliche) Welt/Situation.

So entsteht schon mit wenigen Worten ein Setting, bzw. ein Gefühl
für die Welt, ohne dass man zu viel beschreiben muss.

Was mir außerdem hilft, ist der Gedanke, dass ich ein ganzes Buch
Zeit habe, eine Welt zu erschaffen. Ich muss das nicht auf den ersten
10 Seiten vollständig darstellen.

Klar will man dem Leser ein Gefühl geben, in welcher Welt er sich
bewegt. Aber das darf auch peu a peu passieren. Wink

Die Welt drumherum nur in Fußnoten zu beschreiben, kann ich mir allerdings
auch nicht vorstellen.
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nothingisreal
Geschlecht:weiblichPapiertiger


Beiträge: 4002
Wohnort: unter einer Brücke


Beitrag27.12.2014 20:56

von nothingisreal
Antworten mit Zitat

ConfusedSönke hat Folgendes geschrieben:
Eigentlich wurde schon alles gesagt, ich würde jedoch gerne ergänzen um ein persönliches Hilfsmittel meinerseits.
Da ich beim Schreiben darauf bedacht bin, mich möglichst knapp und präzise auszudrücken (zur Erklärung: meine Schreibe soll ein ordentliches Tempo haben), habe ich mir mal folgendes ausgedacht:

Stell' Dir vor, Du siehst die Szene auf einer Kino-Leinwand. Was von dem Geschriebenen kann man nicht sehen?

Und das lösch' ich dann. Ausgenommen Gefühlsregungen und wenige, elementare Gedankengänge.

Anschließend lese ich die Szene noch einmal, und wenn sie ohne den ganzen unnötigen Kram drumherum immer noch funktioniert, dann weiß ich, dass ich es richtig gemacht habe.

Diese Vorgehensweise ist bestimmt nicht für jedes Genre gedacht, insbesondere historische Geschichten brauchen Details. Aber vielleicht hilft es Dir ja als Anregung.


Da kann ich zustimmen. Ich habe mal in einem Schreibratgeber für Drehbuchautoren gelesen, dass man eine Szene schreiben sollte und dann einfach willkürlich die erste Dialogzeile streichen sollte. Funktioniert die Szene immer noch? Die nächste Dialogzeile streichen. Uns so weiter. Bis wirklich nur das bleibt, was wirklich wichtig ist.

Allerdings verstehe ich nicht ganz, was dich daran stört, wenn der Leser weiß, wie es etwa zu einem Treffen von Person A und B kam. Wennn das vollkommen unerklärt bleibt, bin ich als Leserin irgendwie verarscht worden.

Gegenargument: Nehme Herr der Ringe zur Hand und lese dir das erste Kapitel durch. Und mit diesem Buch haben tausende Menschen Millionen gemacht.


_________________
"Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten." - William Somerset Maugham
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Kaja_Fantasy
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 23
Beiträge: 182
Wohnort: Mein literarisches Wohnflugzeug


Beitrag28.12.2014 00:38

von Kaja_Fantasy
Antworten mit Zitat

Kris hat Folgendes geschrieben:

Die Welt drumherum nur in Fußnoten zu beschreiben, kann ich mir allerdings
auch nicht vorstellen.

So war das auch nicht gemeint, das ist nur, da es ein Fantasybuch ist und z.B. irgendwelche Gegenstände drin vorkommen, die ich mir ausgedacht habe, damit der Leser nicht immer bis zum Glossar blättern muss, um zu verstehen, was das ist. Da hatte ich mich wohl etwas unklar ausgedrückt.
 smile
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Kris
Eselsohr


Beiträge: 453



Beitrag29.12.2014 11:55

von Kris
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Ach so. Laughing

Obwohl: Fußnoten werden unterschätzt!
Auch hier verweise ich nur zu gerne auf Jasper Fforde.
Dem gelingt es auf gar zu unterhaltsame Weise, seine Hauptfigur
mit Fußnoten aus dem Konzept zu bringen.
Sehr lesenswert.
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Kaja_Fantasy
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 23
Beiträge: 182
Wohnort: Mein literarisches Wohnflugzeug


Beitrag29.12.2014 22:35

von Kaja_Fantasy
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@Kris: Habe den Typen mal gegoogelt, "Der Fall Jane Eyre" + Folgebände klingen gut, werde ich mal lesen. Danke für den Buchtipp! smile
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