Grau

[stubelos]

Hin und wieder höre ich Ihn singen. Er hat
keine Stimme. Er kann keinen Ton halten.
Und der Text ist immer falsch. Und dann
denke ich so nach. Über all das, was ich
über Ihn höre: „Er sei ein Verlierer! Er sei
ein Nichtsnutz! Er sei ein Gescheiterter!“
Und ich sehe diese Welt: „Grau ohne
Wissen! Grau ohne Liebe! Grau ohne
Güte!“ Und ich hoffe: „Er hört nie auf zu
singen!“

Dann sehe ich Ihn mit Blumen. Und ich
weiß: „Er hat keine Freunde! Er ist ohne
Arbeit! Er ist immer Pleite!“ Und ich denke
so nach. Über all das, was über ihn höre:
„Er sei nicht Schlau! Er sei ohne Zukunft!
Er sei ohne Wert! Er sei ein Niemand!“
Und ich sehe dieses Leben: „Grau ohne
Frieden! Grau ohne Gefühl! Grau ohne
Wahrheit!“ Und ich hoffe: „Er hat immer
Blumen!“

Dann sehe ich Ihn mit einem Geschenk.
Und ich weiß: „Er hat keine Familie! Er
hat keine Einladung! Er gehört Nirgendwo
hin!“ Und ich denke so nach. Über all das,
was ich über Ihn höre: Er sei ein Langweiler!
Er sei ohne Ideen! Er sei nicht Interessant!“
Und ich sehe die Menschen: „Grau ohne
Lächeln! Grau ohne Ziel! Grau ohne Kraft!“
Und ich hoffe: „Er hat immer Geschenke!“

Dann sitze ich in der Ecke. Und beobachte
diese Welt. Dieses ganze Leben: „Alles
was ich fühlen kann! Alles was ich sehen
kann! Alles was ich denken kann!“ Und
alles hat Farben. Und alles hat Sprache.
Und alles hat Sinn. Und ich bin der Mann
der singt. Und ich bin der Mann mit Blumen.
Und ich bin der Mann mit einem Geschenk.
Das Leben ohne grau. Gleichgültig, was
die Menschen sagen.

(C)Klaus Lutz

[SPG]

Dein Gedicht hat mich tief berührt.
Mehr kann ich dazu leider nicht sagen.

[Wegbegleiter]

Lieber Stubelos,

dieses Gedicht  ist fantastisch "komponiert". Es ist "persönlich" und ich bin davon sofort ergriffen gewesen. So, genau so, ist unsere Welt, bin ich geneigt zu sagen. Jeder Mensch ist ein Geschenk.

Zunächst wird der Protagonist aus einer Fremdsicht beschrieben, jedoch auch aus der eigenen, aus sich "herausgetretenen" Perspektive. Zum Schluss jedoch verinnerlicht und sich selbst aufwertend. Ich bin begeistert und muss an den Spruch denken: Niemand wird verletzt als durch sich selbst.

Herzlichst Wegbegleiter

[Pelik4n]

Hallo Stubelos,
Grau gegen die bunte Welt. Die Komposition ist schön! 'Alles hat Sinn' für den Mann, der singt: am Ende. Eine sich selbst Mut machende Ballade.
Gut zu lesen.
Danke dafür. Da ich neu bin, lese ich mich ein und finde dies und jenes. Dies fand ich bemerkenswert.

[Peter_M]

Auch wenn ich etwas spät bin: beeindruckend, vom Inhalt und von der Form. Du hast was zu sagen, Danke Dir!

[MarieLuise2701]

Ich mag das Gedicht auch - zum Teil Ich finde es an manchen Stellen etwas sehr "plakativ" gegenübergestellt. Das wäre das Einzige, was mich jetzt persönlich etwas stört. Vielleicht war gerade das auch Absicht? Da kommt vielleicht einfach die "Geschmackssache" ins Spiel.