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Akiragirl Dünnhäuterin
Alter: 33 Beiträge: 3632 Wohnort: Leipzig
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02.11.2014 20:00 Risse von Akiragirl
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Risse
An dem Tag, an dem ich entlassen wurde, sah ich den Riss zum ersten Mal. Ich hastete gerade über die Kreuzung am Ende der Straße, in der ich wohnte. Unter meinem Arm klemmte ein Karton mit den persönlichen Sachen, die ich aus meinem Büro geräumt hatte; mit der linken Hand fischte ich nach meinem Schlüsselbund. Ich war schon fast an der Tür, da fiel mein Blick auf das Haus gegenüber.
Seit ich vor etwa einem halben Jahr hierher gezogen war, stand das Haus leer, und wahrscheinlich würde es irgendwann abgerissen werden. Von den weiß gestrichenen Wänden blätterte der Putz ab und heruntergefallene Ziegelsteine lagen neben dem Gehweg, der vor dem Haus entlang führte. Nur zwei Fenster im oberen Stockwerk waren noch nicht zerschossen worden; das milchige Glas reflektierte schwach das Sonnenlicht. Im Erdgeschoss gab es nur dunkle Öffnungen, in die Splitter wie riesenhafte Zähne ragten.
Doch der Riss war neu. Unmöglich hätte ich ihn jeden Morgen beim Gang zur Arbeit übersehen können – er zog sich vom Boden bis fast unter das Dach. Eine schwarze Linie, welche die Außenmauer senkrecht zerteilte.
Ich stellte den Karton auf dem Boden ab, um aufzuschließen. Dabei blieb mein Blick weiterhin auf den Riss geheftet. Ob das Haus demnächst einstürzen würde? Ich hatte einmal Kinder dort drin spielen gesehen. Verdammt seltsam, dass niemand von der Stadt auf die Idee kam, es abzusperren.
In meiner Wohnung angekommen, stellte ich den Karton auf dem Küchentisch ab und öffnete eine Flasche Wein. Damit setzte ich mich vor den Fernseher und begann, ziellos durch die Programme zu schalten. Ohne, dass ich es wollte, stiegen die Bilder vom Vormittag in mir auf: Mein Chef, zehn Jahre jünger als ich, hatte mir zum Abschied die Hand geschüttelt und mir zugelächelt, auf eine Art, die mir das Gefühl gab, ich müsste mich dringend waschen. Ein Kollege hatte mir beiläufig alles Gute gewünscht. Mein Schreibtisch: leer. Bereit für das nächste Rädchen im Getriebe der Firma.
Überqualifiziert. Als wäre das eine Strafe für sie und nicht für mich, der nach acht Jahren Studium und Promotion in der Mathematik PowerPoint-Folien für fette Versicherungsvorstände ausarbeiten musste. Überqualifiziert. Das hieß doch nichts anderes als: Nicht passgerecht. Zuviel Verschleiß im Getriebe.
Ich zappte weiter. Promi-News. Styling-Tipps für den Winter.
Eine Empfindung stieg von meinem Magen aufwärts, die Speiseröhre hoch, durch die Kehle ins Gehirn. Eine Empfindung, die sich schon oft eingeschlichen hatte, doch nie so stark wie an diesem Nachmittag, als mir klar wurde, dass ich überflüssig geworden war – ein Ekel vor mir selbst und der ganzen Welt.
Nachdem die Flasche Wein leer war, schlief ich auf dem Sofa ein und erwachte erst wieder, als es draußen bereits dämmerte.
Ich setzte mich schwerfällig auf; mein Schädel pochte. Etwas frische Luft würde vielleicht guttun, also zog ich meine Jacke über und verließ das Haus. Sobald ich vor die Tür getreten war, wurde mein Blick wieder von dem Riss angezogen, der sich durch das Haus gegenüber zog. Er schien breiter geworden zu sein.
Mit langsamen Schritten näherte ich mich der Straße, überquerte sie, und blieb dicht vor der Stelle stehen, an der sich die Mauer teilte. Ich fuhr mit dem Zeigefinger darüber; blickte mich um – die Straße lag vollkommen leer vor mir.
Mir war nicht völlig klar, warum mich dieses alte Haus so beschäftigte, aber ich ahnte, dass es etwas mit Verbundenheit zu tun haben musste. Wir waren beide verbogene Zahnräder. Ich fuhr noch einmal mit dem Finger den Riss entlang, der mich an eine offene Wunde erinnerte.
Kurzentschlossen ging ich einige Schritte weiter, drückte die Zweige eines dornigen Strauchs bei Seite und erreichte die Eingangstür. Sie war nur angelehnt, und in ihrer Mitte klaffte ein Loch, als hätte jemand mit Gewalt den Fuß durch das morsche Holz getreten. Ich drückte sie vorsichtig auf und betrat das Haus. Mit dem ersten Schritt wirbelte mein Fuß eine Staubwolke auf. Ich nieste.
Die letzten Reste von Sonnenlicht versiegten wenige Meter vor meinen Füßen. Ich zog meinen Schlüssel aus der Tasche, an dem sich eine winzige Lampe befand, und schaltete diese ein.
Das Haus wirkte im Inneren noch schäbiger als von außen. Vor der Türschwelle hatte sich eine Wasserlache gebildet, in der eine Bierdose schwamm. Spinnweben zogen sich über die Geländer und Briefkästen; Graffitis von untalentierten Sprayern bedeckten die Wände. Und auch hier sah ich Risse – kürzer, schmaler, aber in ihrer Vielzahl nicht weniger auffällig als der erste. Sie durchzogen die Decke, brachen die Wände auf – besonders im Bereich der Türen und Fenster.
Ich machte einen großen Schritt über die Lache hinweg und stieg die ersten Treppenstufen hinauf. Eine der Wohnungstüren im Erdgeschoss war aufgebrochen, sodass ich hineingehen konnte. Überall dasselbe Bild des Vergessens: Staub, Insekten, Bierflaschen. Die Dämmerung schritt weiter voran und tauchte alles in ein gespenstisches Halbdunkel, durchbrochen vom kühlen Licht meiner Taschenlampe. Dennoch, ich kann nicht erklären weshalb, fühlte ich mich seltsam wohl, ja fast geborgen in diesem verfallenen Haus. Meine Kopfschmerzen waren verschwunden.
Ich lief ziellos durch einige der Räume, das Bad, die Küche, dann betrat ich ein größeres Zimmer und sofort fiel mein Blick auf einen breiten Riss in der Wand. Es konnte nicht derselbe Riss sein, den ich von außen gesehen hatte. Dieser hier befand sich an einer anderen Stelle und war so breit, dass man eine Hand hätte hineinstecken können.
Ich ging zur Wand und sah mir den Riss an. Rings um die Öffnung war die Tapete ausgefranst und stand ab wie aufgeplatzte Haut. Mit den Fingerspitzen zog ich daran, und zu meiner Verblüffung löste der Streifen sich wie von selbst; dahinter: keine Wand, die ihn gehalten hätte. Ich entfernte immer mehr von der Tapete und stellte fest, dass der Riss viel breiter war, als es zunächst den Anschein gemacht hatte – breit genug, dass ein dünner Mann wie ich sich hindurchzwängen konnte. Dahinter lag, soweit ich sehen konnte, ein leerer Gang, der in etwa fünf Metern Entfernung nach rechts abzweigte.
Ich drehte mich noch einmal nach hinten, sah zu der Tür, durch die ich gekommen war. Ein kleiner, unbewusster Teil meines Gehirns warnte mich; rief mir zu, dass hier etwas nicht stimmte, dass da kein Gang sein sollte. Doch die Stelle, an welcher dieser leere Flur abzweigte, zog erneut meinen Blick auf sich. Das Haus wollte mir etwas zeigen – klang das nicht völlig verrückt?
Ich verteidige mich nicht. Ich hatte keine klare Vorstellung davon, was ich wirklich wollte. Vielleicht war es ein Impuls unbewusster Loyalität oder die Konsequenz eines dieser ironischen Zwänge, die in den Gegebenheiten der menschlichen Existenz lauern. Ich weiß es nicht. Ich kann es nicht sagen. Aber ich ging hin. Ich zwängte mich durch den Riss, durchlief mit zügigen Schritten den Gang und wandte mich dann nach rechts. Vor mir lag ein weiterer leerer Gang. Nirgendwo zweigten Türen ab oder durchbrachen Fenster die Mauern. Ich hielt die kleine Lampe vor mich ausgestreckt und folgte dem Gang weiter. Er führte ungewöhnlich lange nur geradeaus, bestimmt zwanzig Meter weit. Dann stand ich vor einer Kreuzung: Sowohl nach rechts als auch nach links zweigten weitere Gänge ab.
Ich hielt inne. Sollte ich noch weiter gehen? Erst jetzt wurde mir bewusst, wie kalt es geworden war, und wie still. Selbst meine Schritte verursachten keinerlei Geräusche mehr, als würden die steinernen Wände um mich den Schall verschlucken. Obwohl ich deutlich spürte, dass etwas an der Situation, in der ich mich befand, grundlegend falsch war, ging ich weiter.
Als ich später versuchte, den Rückweg zu finden, gelang es mir nicht mehr. Ich kehrte zurück zu der Stelle, an der sich die beiden Gänge gekreuzt hatten, doch an dieser Stelle war keine Kreuzung mehr. Ein tief verschütteter Teil meines Selbst meldete, dass ich Angst haben sollte – mehr noch: Panik. Ich suchte einige Stunden lang nach dem Ausgang, dann gab ich es schließlich auf. Ich setzte mich auf den Boden und schaltete die Lampe aus, um die Batterien zu sparen. Vielleicht würde ich durch Nachdenken zu einer Lösung gelangen. Doch etwas an der absoluten Stille und Dunkelheit, die meinem Gehirn keine Sinnesreize mehr ermöglichten, verwischte und verwirrte jeden Gedanken.
Als ich eine halbe Stunde später die Lampe wieder anschaltete, war die Decke des Ganges deutlich nach unten gesackt. Ich hatte anfangs bequem in dem Gang stehen können; über meinem Kopf war noch mindestens ein halber Meter Platz gewesen. Als ich nun versuchte, mich aufzurichten, stieß ich mit der Stirn an, obwohl meine Knie noch nicht durchgestreckt waren.
Erneut empfand ich diese eigenartige Mischung aus dem abstrakten Wissen, dass ich mich in einer bedrohlichen Situation befand und dem Gefühl der Ruhe und Gleichgültigkeit, das von mir Besitz ergriffen hatte.
Vor einer halben Stunde ist die Batterie meiner Lampe ausgegangen. Ich habe noch eine Weile die Gänge im Vierfüßlergang durchquert, aber ohne Licht ist es zwecklos. Selbst wenn ich wollte, könnte ich den Weg zurück nicht mehr finden. Aber ich kann mich in dieses Schicksal fügen. Das Haus war viele Jahre ebenso einsam wie ich.
Mittlerweile ist die Decke so weit nach unten gesackt, dass ich nicht einmal auf dem Boden knien oder eine Hockposition einnehmen kann. Ich lege mich ausgestreckt hin und warte darauf, den kalten Beton wieder an meiner Stirn zu spüren.
Die Welt da draußen wird mich nicht vermissen.
Weitere Werke von Akiragirl:
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Merope Klammeraffe
Beiträge: 716 Wohnort: Am Ende des Tals
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03.11.2014 17:56
von Merope
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Beim ersten Lesen kann ich mich noch nicht recht entscheiden, ob ich den Text mag oder nicht.
Eine interessanter Versuch, dieses Thema. Kühl, distanziert.
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Einar Inperson Reißwolf
Beiträge: 1675 Wohnort: Auf dem Narrenschiff
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03.11.2014 23:03
von Einar Inperson
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Hallo Mr Conrad, hallo Ms Conrad,
noch eine Mystery Geschichte. Ähnlich und doch anders. Vom Loch zum Riss und zwei Protagonisten, die die Welt nicht vermisst.. Sehr seltsame Parallele. Der Zufall des Zufalls.
Und auch spannend zu lesen, ohne mit um für den Prota zu fiebern.
Ich kann nur 10 Texte mit Punkten bedenken. Ob du dabei bist, werde ich mir erlesen.
_________________ Traurige Grüße und ein Schmunzeln im Knopfloch
Zitat: "Ich habe nichts zu sagen, deshalb schreibe ich, weil ich nicht malen kann"
Einar Inperson in Anlehnung an Aris Kalaizis
si tu n'es pas là, je ne suis plus le même
"Ehrfurcht vor dem Leben" Albert Schweitzer |
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fancy Schmuddelkind
Alter: 64 Beiträge: 2758 Wohnort: Im sonnigen Süden
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04.11.2014 17:06
von fancy
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Hallo, deine Story gefällt mir sehr gut.
_________________ Don't start doing things, just do them. Fang nicht an, Dinge zu tun, tu sie einfach! (Me)
Wer wenig denkt, irrt viel (Leonardo da Vinci)
Meinungsverschiedenheiten über ein Kunstwerk beweisen, dass das Werk neu, komplex und lebenswichtig ist. (Oscar Wilde)
Wenn Kritiker uneins sind, befindet sich der Künstler im Einklang mit sich selbst. (Oscar Wilde)
https//mlpaints.blogspot.com |
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gold Papiertiger
Beiträge: 4936 Wohnort: unter Wasser
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05.11.2014 06:26
von gold
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hallo Inko,
Zitat: | Ich stellte den Karton auf dem Boden ab, um aufzuschließen. Dabei blieb mein Blick weiterhin auf den Riss geheftet
| Das ist m.E. nicht möglich.
Das Ende, obwohl so tragisch, gefällt mir. Der Rest des Textes ist ruhig. Für meinen Geschmack zu ruhig, monoton. Mich erstaunt die Gelassenheit des Prota, hat er zuvor eine Beruhigungstablette genommen? Okay, er hat Wein getrunken, vielleicht solltest du ab und zu auf seinen beduselten Zustand hinweisen, das könnte etwas Nähe zum Text herstellen.
LG gold
_________________ es sind die Krähen
die zetern
in wogenden Zedern
Make Tofu Not War (Goshka Macuga)
Es dauert lange, bis man jung wird. (Pablo Picasso) |
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saher Leseratte
Alter: 39 Beiträge: 154 Wohnort: baiuvarische Großstadt
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05.11.2014 14:14
von saher
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So, jetzt habe ich die Geschichte einige Male gelesen und finde sie immer noch gelungen! Danke für deinen Text.
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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06.11.2014 00:45
von firstoffertio
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Dieser Text kommt unter meine ersten zehn. Genauen Platz weiß ich noch nicht, noch, ob ich Zeit zu einem ausführlicherem Kommentar finden werde.
Ist mein Favorit, weil ich hier am wenigsten die Geschichte als solche im Vordergrund sehe, sondern das Geschilderte als Bild lese, und doch finde ich die Schilderung spannend genug.
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hobbes Tretbootliteratin & Verkaufsgenie
Moderatorin
Beiträge: 4292
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06.11.2014 11:45
von hobbes
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Hm. Hier habe ich den Eindruck, es hätte der Geschichte gut getan, sie vor dem Abschicken noch an Nordlicht zu geben, damit sie lauthals "Kürzen!" rufen kann. Ich kann das (noch?) gar nicht konkret begründen, es ist einfach der Eindruck, den ich beim Lesen habe.
Und der Schluss - er lässt mich unzufrieden zurück. Das ist ein bisschen zu einfach.
Nichtsdestotrotz hakt sich die Geschichte dennoch bei mir ein.
edit: So und hier gebe ich dann doch weniger Punkte, als ich dachte. Hauptsächlich aus dem Grund, weil ich beim erneuten Lesen weniger finde, als bei den Lesedurchgängen zuvor. Im Gegensatz zu anderen Geschichten, bei denen beim erneuten Lesen ganz neue Fundstücke ans Licht gelangten.
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tronde Klammeraffe
T
Beiträge: 522
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T 06.11.2014 23:26
von tronde
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Risse
Die unten folgende Liste war mir Anhaltspunkt, eine Reihenfolge in die Texte zu bekommen.
Es gab nach subjektiver Einschätzung Plus- oder Minuspunkte für die Stichpunkte, am Ende noch Minuspunkte für Fehler. Grob jeweils von +2 bis -2, wobei es keine absoluten Bewertungsmaßstäbe gab, und - so befürchte ich - die Bewertung auch von den unterschiedlichen Tagen/Stimmungen abhängen könnte. Rechenfehler gehen auf meine Kappe.
Das Subjektive sei besonders bei den Punkte Neue Wege und die Frage nach dem E vorgehoben, weil ich das einerseits gar nicht bewerten will/kann, es aber hinsichtlich der Aufgabe dazugehört. Falls Du (AutorIn) dich falsch verstanden fühlst, liegt das möglicherweise an meinem fehlenden Wissen/Verständnis. Das gilt auch für alle anderen Dinge, die ich nicht wahrgenommen habe. Nachvollziehbar wäre für mich auch, wenn sich jemand ungerecht behandelt fühlen würde.
Weil es mir schwerfiel, eine Reihenfolge zu erstellen, war ich bei der Rechtschreibung, Satz recht pingelig, nur alleinige doppelte Leerzeichen haben keinen Abzug gegeben.
Bei Gleichstand unter den 10 platzierten Texten hat das Subjektive den Ausschlag gegeben.
Cut-off für die Platzierungen: ≥ 8,5
Aus Zeitgründen fallen die Kommentar nicht ausführlicher aus, sondern bestehen aus meinen kaum überarbeiteten Notizen beim Lesen der Texte. Wenn Ihr genauere Anmerkungen zu Stichpunkten haben wollt, meldet Euch. Inhaltlicher Art; Fragen zur Punktevergabe werden nicht beantwortet, weil diese subjektiv ist und auch nicht korrigiert wird.
Dieser Text steht vor allen meinen Kommentaren, beim nächsten könnt Ihr ihn überspringen.
Plus-/Minuspunkte
Neue Wege/Experimentell?: Ja, Nein, welche?
nein
0
Eigene Einstellung überprüfen, zum Nachdenken anregen, Mehrdimensionalität, Kanten?
nein
0
Zitat flüssig integriert?
jein, ging hin trifft es für mich nicht ganz, wenn er hinein geht
0,5
Bezug auf Loyalität (Regierung, Übergeordnet, auch Gegenüber)
nein
0
Aufbruchstellen (tatsächlich mehrere Aufbrüche/Aufbrüche an mehreren Stellen, in welchem Sinn auch immer?)
»Aufbruch« aus der Firma, aufbrechendes Haus
1
Einstieg
ok
1
Idee
Prota geht in einem Riss im Haus verloren, Haus frisst Prota
1
Plot (Wendung?, Schlüssig?)
Entlassung wegen Überqualifiziert?
Etwas plötzlich die Selbstaufgabe, bzw. mir nicht ganz nachvollziehbar, ja, kann schon so passieren, aber mir fehlt noch mehr Motivation, um dann diese völlige Resignation am Ende zu verstehen
0,5
Titel
passt
1
Stil
zerschossen: eingeworfen?
flüssig, gute Beschreibung des Hauses
1
Subjektiv
lässt mich kalt
0
MinusPunkte
Schrift (Schreibfehler, Komma, Grammatik)
0
Gesamtpunkte 6
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Constantine Bücherwurm
Beiträge: 3311
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07.11.2014 01:34
von Constantine
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Bonjour!
Liebe/r Verfasser/in,
bei deinem Beitrag mache ich es kurz:
Für mich passt das Conrad-Zitat nicht zur Geschichte, sondern wurde mMn unmotiviert und zusammenhangslos integriert.
Du hast es leider nicht unter den zehn Texten geschafft, die Punkte bekommen:
zéro point.
Merci beaucoup!
LG,
Constantine
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lilli.vostry Wortschmiedin
Beiträge: 1219 Wohnort: Dresden
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07.11.2014 02:47 aw:Risse von lilli.vostry
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Hallo,
ich bin hin und her gerissen nach dem Lesen Deiner Geschichte. Sie beginnt mit einer Entlassung, ein Einschnitt im Leben eines Mannes und ein großer Riss durchzieht auch das alte Haus ihm gegenüber... Die Idee gefällt mir. Man möchte erfahren was es mit diesem rätselhaften Haus auf sich hat. Und der Mann geht auch hinein...Bis zu der Stelle, das Haus wolle ihm wohl etwas zeigen, habe ich auch gebannt gelesen, gebangt und gehofft, dass es ihm einen neuen Weg, Ausweg zeigt...
Doch genau das Gegenteil passiert: Er verläuft sich in den endlosen Gängen, die Decken sacken immer tiefer und begraben den Mann und der ergibt sich in sein Schicksal, da ihn ohnehin keiner vermisst...
Diese Wendung mag bei seinem Frust verständlich sein, ist mir aber als Begründung dann doch zu wenig, dass er so einfach aufgibt.
Es klingt auch, als sei dem Erzähler die Puste ausgegangen und er wusste nicht mehr weiter. Es klingt jedenfalls nicht überzeugend dieser Schluss.
Erzählerisch klingt es streckenweise ganz schön kafkaesk, unheimlich, rätselhaft, wie ein Albtraum das dunkle Haus mit den vielen Gängen... Der Satz gefällt mir: "Wir waren verbogene Zahnräder."
Doch dazu passt der reale Anfang nicht und dass der Mann in der Morgendämmerung hinausgeht. Doch dann ist es doch schon hell, während der Erzähler im Haus fast nichts sieht, in den Gängen schon, aber in den anderen Zimmern müsste doch das Licht hereinfallen... Das leuchtet mir nicht ein.
Warum springt er denn nicht durch die Risse ins Freie, gräbt sich hinaus...
Also da lässt sich sicher noch mehr herausholen aus dieser Geschichte.
Ich gebe drei Federn.
LG,
Lilli
_________________ Wer schreibt, bleibt und lebt intensiver |
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Lese Lina Wortedrechsler
Alter: 58 Beiträge: 60 Wohnort: Teneriffa
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08.11.2014 03:21
von Lese Lina
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Erdrückende Einsamkeit bis das Licht vollends ausgeht.
Liebe Grüße
Lese Lina
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crim sex, crim & rock'n'roll
Beiträge: 1578 Wohnort: München
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08.11.2014 14:00
von crim
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Was mir gut gefällt ist die Sprache. Ihr angenehmer Fluss und damit verbunden der Bildertransport. Ich sehe etwas. Irgendwie hatte ich im Groben aber von Anfang an schon das Gefühl zu wissen, was passiert. Wenig überraschend somit. Andere Texte haben mich mehr beschäftigt. In mir gearbeitet. Dieser, trotz surrealer Anlage, tut nach dem Lesen nicht mehr viel mit mir. Deshalb leider keine Punkteränge.
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Babella Klammeraffe
Alter: 61 Beiträge: 889
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09.11.2014 09:44
von Babella
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Düster, düster. Verführte zum Weiterlesen.
Allerdings, das Schicksal des Protagonisten ist ein bisschen holzschnittartig. Versicherungsmathematiker sind gefragte Leute. Der hätte schon was Neues gefunden!
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Maria Evolutionsbremse
Alter: 52 Beiträge: 6000
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09.11.2014 17:48
von Maria
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Servus !
Den Riss möchte ich unbedingt als Riss in einem Selbst, Abgründe etc.
lesen. Denn als bloßen Riss in einer Hausmauer will ich ihn nicht verstehen, das wäre doch sehr banal. Und zu fantastisch, da dann durch zu laufen.
Für diesen übertragenen Riss, ist mir der gesamte Aufbau dann zu real? - kurz, ich bleibe ratlos zurück. Das ist verdammt zu schwer zu beschreiben.
Das Zitat passt, wenn ich es 1:1 nehme. Es passt eben, weil das LI sich fortbewegen muss.
Sprachlich ist es klar und ohne unnötiges Geschwätz, zu dem ich selbst gern neige, aber trotzdem kann es mich insgesamt nicht erreichen.
VG, Maria
_________________ Give me sweet lies, and keep your bitter truths.
Tyrion Lannister |
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Mardii Stiefmütterle
Alter: 64 Beiträge: 1774
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10.11.2014 13:53
von Mardii
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In dieser Geschichte vom arbeitslos Gewordenen liegt ein beängstigender und bedrückender Sinn. Etwas lenkt von der eigentlich beängstigenden Situation, seine Stelle verloren zu haben, ab. Eiin harmloser Riss in der Wand wird zu der umfassenden Aufgabe, die die Aufmerksamkeit beschäftigt. Darin liegt ein wahrer Kern. Der Riss lenkt von dem großen Lebensproblem ab und wird zur Hauptaufgabe. Dass diese den Menschen am Ende erdrückt ist eine Ironie an der Geschichte, die sehr glaubwürdig scheint.
Etwas an der Verwendung des Zitats ist unzulänglich. Es fehlt der Abstand zu dem Etwas wo es hingeht. Man hat nicht das Gefühl, das sich dazwischen eine Entfernung befindet. Das Zitat impliziert das.
_________________ `bin ein herzen´s gutes stück blech was halt gerne ein edelmetall wäre´
Ridickully |
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Lapidar Exposéadler
Alter: 61 Beiträge: 2701 Wohnort: in der Diaspora
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10.11.2014 14:35
von Lapidar
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Kafkaeske. Ich dachte zuerst an Alice hinter den Spiegeln, aber das Ausweglose am Schluss ist wohl eher Kafka.
Diese Geschichte sticht heraus. Gern gelesen.
_________________ "Dem Bruder des Schwagers seine Schwester und von der der Onkel dessen Nichte Bogenschützin Lapidar" Kiara
If you can't say something nice... don't say anything at all. Anonym. |
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Malaga Klammeraffe
Beiträge: 826
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10.11.2014 19:01
von Malaga
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Neutraler Bewertungskommentar: 5 Punkte. Bei Interesse wird Begründung nachgereicht.
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holg Exposéadler
Moderator
Beiträge: 2396 Wohnort: knapp rechts von links
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11.11.2014 21:20
von holg
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Surrealistisch, nüchtern-expressionistisch. Sprachlich oft zu simpel (als Gegensatz zu einfach). Die Loyalität des Zitats erschließt sich nicht.
Sonst schön.
_________________ Why so testerical? |
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Zinna schweißt zusammen, was
Beiträge: 1551 Wohnort: zwischen Hügeln und Aue...
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13.11.2014 20:50
von Zinna
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Hallo Inko!
Routiniert geschrieben, lässt sich gut lesen, ob der Beitrag mit in die Punktevergabe kommt, weiß ich noch nicht, die Plätze sind begrenzt.
Lieber Gruß
Zinna
_________________ Wenn alle Stricke reißen, bleibt der Galgen eben leer...
(c) Zinna |
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anderswolf Reißwolf
Beiträge: 1069
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13.11.2014 21:02
von anderswolf
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Sprachlich wenig extravagante Allegorie einer Depression nach Arbeitsplatzverlust. Man wünscht sich mehr Beobachtung und weniger Geplauder. Alle Versuche, der Geschichte Boden durch realitätsnahe Beschreibung zu verleihen, schlagen wegen Irrelevanz fehl. Erhöht wird dadurch lediglich die Distanz zwischen Protagonist und Leser. Keine Punkte.
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Jenni Bücherwurm
Beiträge: 3310
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13.11.2014 23:17
von Jenni
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Ein Riss entsteht durch seine Kündigung im Selbstbild des Erzählers, und einen Riss entdeckt er am gleichen Tag in dem baufälligen Haus gegenüber.
Das Haus wird zum Spiegel seines eigenen Lebens, und das durch sehr akurate Parallelen, die du hier einspinnst. Je mehr der Erzähler sich in die Hoffnungslosigkeit seiner Situation hineindenkt, desto größer wird der Riss, und als er das Haus betritt, findet er dort seine eigene Zukunft vor, eine Dreckwasserpfütze, in der eine Bierflasche schwimmt. Er reflektiert über Themen wie die Bedeutung(slosigkeit) einer makellosen Oberfläche und das Verkümmern von Träumen und stellt fest, dass wie das Haus schon lange einsam ist, auch er selbst schon viel früher den falschen Weg eingeschlagen hat. Schließlich nimmt das Haus ihn in sich auf, sie verschmelzen vollends miteinander. Er gibt sich selbst verloren?
Aus einer eigentlich sehr einfachen Idee hast du da viel gemacht, wie ich finde, und das fügt sich alles wunderschön zusammen. Gefällt mir sehr.
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