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Kissa Klammeraffe
Beiträge: 630 Wohnort: Saxonia
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29.06.2014 21:00 Vergiss es von Kissa
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Schwerelos gleitet der Traum
Trägt ein Flämmchen
Am Schweif durch den Raum
Hebt und senkt sich
Lustwandelnd Verharrt
Blinkt verhalten
Ein Rollladen schnarrt
Tröten Lichter
Organisches quillt
Nimmt mein Seufzen
Zu sich und das Bild
Einer Sehnsucht
Im Haus dieser Welt
Tagt es immer Vergiss es
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Nihil { }
Moderator Alter: 34 Beiträge: 6039
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30.06.2014 11:59
von Nihil
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Ein romantischer Wunsch nach einer vergangenen Zeit ohne blinkende Lichter, hupende Autos und geschäftige Straßen. Die ausglühende Sternschnuppe wird zum Sinnbild des Unerreichbaren und Vergangenem. Da ist auch der Wunsch nach Nacht, weil es tags zu laut und bunt ist, aber in dem „Haus“, wo sich das lyrische Ich befindet, ist es nun mal immer Tag. Man soll es vergessen, weil es nicht weiter oder zumindest: kein Glück bringt.
So weit so gut. Aber wenn ich mal von der bloßen Inhaltsangabe weggehe, bleibt da nicht mehr so ganz viel übrig, nur eine allgemeine Beschwerde über die hektische Zeit und eine genau so vage Vorstellung eines besseren Zustands. Das Gedicht bietet leider weder inhaltlich noch sprachlich Neues. Der Trubel der Stadt nimmt dem lyrischen Ich seinen Traum, wörtlich gemeint, und das wars dann auch schon. Zu wenig Ärger für eine Dystopie, zu viel um mit Freuden in die Zukunft zu schauen. Die Stahlbetonzeit ist nicht besonders erholsam, aber, und das ist eigentlich mein größter Kritikpunkt, ich bezweifle, dass es auf einem mittelalterlichen Markt viel ruhiger zugegangen wäre.
Das Gedicht ist okay, es stört nicht, aber es bietet mir auch nichts.
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Merope Klammeraffe
Beiträge: 715 Wohnort: Am Ende des Tals
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30.06.2014 14:18
von Merope
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Das hat mir besonders gut gefallen - bei der schwierigen Vorgabe auch noch zu reimen.
Und dann noch der pfiffige Schluss:
Tagt es immer. Vergiss es.
Uch habe alle Lyrikstücke kurz überflogen, und dieses blieb als Bild sofort hängen.
Kompliment!
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niko Eselsohr
Alter: 66 Beiträge: 233 Wohnort: Göttingen
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30.06.2014 17:57
von niko
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achrostichon in reimform...-nicht schlecht. ich finde das schwierig zu machen. was mich ein wenig stört sind das "tröten" und das "flämmchen" - beides fällt mir etwas aus dem rahmen und wirkt etwas fremd im text.
dennoch gefällt es mir insgesamt!
beste grüße: niko
_________________ Ein Gedicht auf dem Hintergrund der Biographie des Autors zu interpretieren ist so, als würde man einem schwimmenden Schiff das Wasser nehmen. (NJK) |
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HerbertH Klammeraffe
Beiträge: 544 Wohnort: terra sol III
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01.07.2014 21:28
von HerbertH
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Titel Vergiss es könnte Kodierung für blinkendes Neonlicht sein
Stahlbetonzeit als Akrostichon
Das Haus aus Stahlbeton in der Stadt mit dem immer tagenden Licht
und jemand beobachtet und lauscht
tröten lichter - warum tröten die denn?
trauer und ein vergiss es als selbstheilungsmantra
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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02.07.2014 00:19
von firstoffertio
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Ich schaue einerseits, ob ich das ganze Thema wiederfinde in den Gedichten.
Ja, einerseits die Situation des Träumens und Erwachens in einem Haus. Das troetende Licht, das Setting also. Andererseits empfinde ich die Stahlbetonzeit um eine für LI harte, die einen Traum einerseits zerstört, der es andererseits einen schönen Traum entgegensetzen möchte. Das Neonlicht finde ich in mehreren Formulierungen angedeutet. Besonders gut gefällt mir:
"Trägt ein Flämmchen
Am Schweif durch den Raum "
Außerdem richtet sich meine Bewertung danach, ob und wie verständlich mir eins wird.
Ich bin mir nicht ganz sicher. Das 'Vergiss es' meine ich, macht mir deutlich, dass unter dem scheinbar spielerisch erzählten Geschehen die schon oben von mir erwähnte schwierige Zeit liegt. Auch das Seufzen, die Sehnsucht trägt zu meiner Interpretation bei. Im Grunde ein Aufruf von LI an sich selbst: Vergiss es'. Ich tausche mich vielleicht.
Und ich schaue, wie interessant das sprachliche Gestrick für mich ist.
Ich finde diesen Text wunderbar locker daherkommend und doch dem Inhalt, den ich vermute, widersprechend. Also sehr interessant.
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Stimmgabel Papiertiger
Beiträge: 4370 Wohnort: vor allem da
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02.07.2014 13:23 Re: Vergiss es von Stimmgabel
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Vergiss es
Schwerelos gleitet der Traum
Trägt ein Flämmchen
Am Schweif durch den Raum
Hebt und senkt sich
Lustwandelnd Verharrt
Blinkt verhalten
Ein Rollladen schnarrt
Tröten Lichter
Organisches quillt
Nimmt mein Seufzen
Zu sich und das Bild
Einer Sehnsucht
Im Haus dieser Welt
Tagt es immer Vergiss es
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Hallo Inko,
oh ja, hier erkenne ich einen Lyriker, der's bedacht und technisch kann
Dass dieses Gedicht auf's Treppchen kommt, ist für mich ebenso keine Frage ... aber, ob als Gewinner ... mmhhh, glaube ich nicht, da dann doch einige Unausgefeilheiten [ mMn leicht korrigierbar ] vorliegen - und zudem ich den Akrostichon-Inhalt mit 'Stahlbetonzeit' hier echt nicht umgesetzt sehe
... vllt fehlte hierfür - mit einem passenden Worte/Bildschlenker dann doch die letzte Hubberle Zeit ...
Ungeachtet: das Dingens hat schon etwas sehr - und mMn sehr schön ironisch. / Sprachlich wechseln hier die Alternierung gut mit daktylischen Rhythmen ... ein Hebungsprall hätte es auch mal sein können.
Ja, hier passiert für mich purste Ironie. Das Schweifchen-Träumen nimmt LI's sehnsüchtiges Seufzen in seine Arme und lässt es wieder mal an der Wirklichkeit zerplatzen. Bleibt die auktoriale Stimme: "Vergiss es"
Habe mich mal inspiriert etwas drangemacht; klar, nur meine Sichtweise:
Vergiss es
Schwerelos gleitet der Traum zuweil
Trägt ein Flämmchen
Am Schweif durch den Raum
Hebt und senkt sich
Lustwandelt nd Verharrt
Blinkt trügerisch verhalten
Ein Rollladen schnarrt
Tröten Lichter
Organisches Onomatopoesie quillt
Nimmt mein Seufzen
Zu sich und betoniert das Bild
Einer Sehnsucht Elfengesang
Ins m Haus dieser Welt
Tagt es immer Vergiss es
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Inko, habe dein Stück gerne gelesen.
einen Gruß, Stimmgabel ...
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_________________ Gabel im Mund / nicht so hastig... |
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Rainer Zufall Klammeraffe
Alter: 70 Beiträge: 801
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03.07.2014 16:12
von Rainer Zufall
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Hallo,
ein schönes Gedicht, das durch den Klang lebt. Besonders schön fand ich, wie du die anfänglich erzeugte Stimmung durch die fast schon despektierlichen Klänge tröten, schnarren usw. wieder zurücknimmst.
Viele Grüße
Zufall
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Mardii Stiefmütterle
Alter: 64 Beiträge: 1774
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06.07.2014 19:11
von Mardii
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Das Gedicht klingt ganz danach, für das Poesie-Album geschrieben worden zu sein. Formatiert und gedichtet, fällt es auch prompt aus dem Versmass, wenn ihm das Achrostichon in die Quere kommt. Von der Gedicht-inhaltlichen Bewegung geht es vom Himmel-Kometen nach unten, ins Irdische, und biegt auch hier:
Zitat: |
Ein Rollladen schnarrt
Tröten Lichter |
vom Weg ab.
Es ist nicht weiter tragisch, nur dieses nach Dichtung Gezwungene, nimmt dem Text viel Freiheit und Eleganz.
LGM
_________________ `bin ein herzen´s gutes stück blech was halt gerne ein edelmetall wäre´
Ridickully |
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Zinna schweißt zusammen, was
Beiträge: 1551 Wohnort: zwischen Hügeln und Aue...
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06.07.2014 23:06
von Zinna
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Hallo Inko,
hier gefällt mir der lyrische Rhythmus, die Reime, auch wenn sie teilweise recht gebräuchlich sind (Traum/Raum) führen angenehm durch den Text.
Inhaltlich geht es um einen Traum. Bin nicht sicher, ‘s scheint um einen lustvollen Traum von einem Stelldichein mit Liebesspiel zu gehen(?)
Ein Li träumt diesen Traum. Sagt zu sich (?) Vergiss es.
(Und der Tag bringts ans Licht.
Das wird wohl so nicht …) Tja …
Sehr gefallen mir die Zeilen:
Zitat: | Schwerelos gleitet der Traum
Trägt ein Flämmchen
Am Schweif durch den Raum |
Stahlbetonzeit kann ich jedoch ebenso wenig entdecken wie Neonlicht.
Hier werde ich noch abwarten mit dem Bewerten und den Text bis kurz vorm Schluss auf mich wirken lassen.
Lieber Gruß
Zinna
_________________ Wenn alle Stricke reißen, bleibt der Galgen eben leer...
(c) Zinna |
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Honig Gänsefüßchen
Beiträge: 42 Wohnort: NRW
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07.07.2014 12:33
von Honig
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Das Gedicht hat einen sehr schönen Rhythmus und klingt ganz toll, wenn ich es mir im Kopf vorlese. Mein Favorit!
_________________ @kerstinhonig |
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appo Leseratte
Beiträge: 111 Wohnort: Bremen
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07.07.2014 13:12
von appo
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Liebe(r) Inko,
von einem Traum erzählst du. Die ersten neun Zeilen malen diesen Traum aus, zeigen Bild um Bild und bringen mein Kopfkino ins Laufen. Ich sehe den Traum gleiten, den Schweif, das Flämmchen, stelle mir einen dunkles Zimmer vor hinter geschlossenen Rollladen, durch deren Ritzen nächtliches Leben dringt. Warum ein Schweif, ein Flämmchen, weiß ich in diesem Moment nicht so recht, aber ein schönes Bild, das ich mag. Dann diese Zeilen:
Zitat: | Organisches quillt
Nimmt mein Seufzen
Zu sich |
Was könnte das sein? Ich lese es als tiefes Träumen, vielleicht auch als eine Umschreibung von Lust oder den organischen, voranschreitenden Prozess jeglichen Lebens mit seiner Balance aus Verfall und Erneuerung.
Dann wechselst du vom Konkreten,Vorstellbaren ins Große, Allgemeine. Zitat: | das Bild
Einer Sehnsucht |
war dein Traum bis hierher und
Zitat: | im Haus dieser Welt
Tagt es immer |
Was könnte das Haus der Welt wohl sein? Der geschützte, behütete, besser gestellte, bedachte Teil dieser Welt oder ein Bild für die Welt schlechthin, in der wir leben, ein Bild für die diesseitige Welt; die Sehnsucht bezöge sich dann auf die jenseitige Welt? Auf jeden Fall trägt das LI eine Sehnsucht in sich, die es bis in seine Träume begleitet und in dieser Welt nicht stillbar ist. Deshalb will das LI sie vergessen im Sinne von: es lohnt nicht, sich damit zu beschäftigen. Auch all die nicht erreichbaren Ziele, Träume, die man in diesem Leben schon hatte, kommen mir in den Sinn.
Dieser Traum, diese Sehnsucht in ihrer Unerfüllbarkeit, sind das nicht Dinge, die in eine Stahlbetonzeit passen?
Auf jeden Fall bleibt mir ein sprachlich schönes Gedicht, mit dem ich mich gern beschäftigt habe.
Gruß von Apo
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Malaga Klammeraffe
Beiträge: 826
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07.07.2014 23:04
von Malaga
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Auch hier vorweg: Kompliment jedem Lyriker, der am FFF teilnahm. Das sehe ich besonders schwierig.
Das gefällt mir zehn Federn gut. Schon die drei ersten Zeilen. Dann schöne Stellen: "Bild einer Sehnsucht im Haus dieser Welt". Auch die Schlussworte.
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Strichpunkt Leseratte
S
Beiträge: 166
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S 10.07.2014 18:10
von Strichpunkt
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Hallo lieber Autor,
"Vergiss es" heisst dein Text
Form und Inhalt:
Es sind schöne Reime drin. Manchmal sind mir ein paar Worte zu viel eingearbeitet "Schwerelos gleitet" ist so ein Beispiel. "Gleiten" impliziert bei mir schon das Gefühl einer Art Schwerelosigkeit. Es ist ein langsames Dahinsinken von etwas, ein Schweben.
Dein Text hat den Ton eines Kinderliedes - und das ist positiv gemeint!
"Organisches quillt" fällt für mich völlig aus dem Text, das Bild, dass das Wort impliziert, fällt völlig aus dem Rahmen, den der Text aufspannt.
Themen:
Stahlbetonzeit: Hm, ich bin mir nicht sicher.
Neonlicht: Ja.
Alles in allem:
… sind da schöne Reime drin, das hat einen roten Faden, das ist ganz ok.
Gruss
Strichpunkt
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Kissa Klammeraffe
Beiträge: 630 Wohnort: Saxonia
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12.07.2014 08:24
von Kissa
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Ihr Lieben,
ich danke euch für die Kommentare, die lobenden Worte, die kritischen Anmerkungen und beachtungswürdigen Vorschläge.
Im Vordergrund stand für mich das Wort Stahlbetonzeit, welches ich durch das Akrostichon zu bedienen hatte sowie die Vorgabe, das heller werdende Licht zu zeichnen.
Pingelig wie ich nun mal bin, wollte ich eben unbedingt ein gereimtes Akrostichon herstellen. Dass dabei so manches an Aussage verkümmert war fast zu befürchten. Ich bin der festen Überzeugung, dass das Gedicht nach einer Nacht drüberschlafen besser gelungen wäre.
Alles in allem bin ich froh, dass ich trotz meiner Zeitknappheit dabei sein konnte und freue mich sehr über die Platzierung, die ich allein euch zu verdanken habe!
Vielen Dank noch einmal!
Kissa
_________________ "Jede Art zu schreiben ist erlaubt, nur nicht die langweilige."
Voltaire (1694 - 1778)
eigentlich François-Marie Arouet,
französischer Philosoph der Aufklärung, Historiker und Geschichts-Schriftsteller
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