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Aufstand der Träume - Romananfang


 
 
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Feraud
Leseratte


Beiträge: 112
Wohnort: Bad Homburg


Beitrag06.05.2014 12:03
Aufstand der Träume - Romananfang
von Feraud
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

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Hallo Schreibfreunde,

es handelt sich um das erste Kapitel eines Romans, der als Rohfassung vorliegt. Das Setting spielt eine Generation in der Zukunft. Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten.

Für Feedback bedanke ich mich herzlich im Voraus.

================================

Der sterbende Papst

„Schwören Sie es!“, keuchte der Papst. „Schwören Sie, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit es nicht zum Schlimmsten kommt.“
Gottes Sprachrohr berührte die Venenkanüle unter dem Schlüsselbein, durch die eine glukosehaltige Flüssigkeit lief, die ihn und den Krebs ernährte, der sich durch seinen Körper fraß. Der Angesprochene verweilte reglos am Krankenbett und begutachtete den Zustand der einzigen Person, die ihn in der Kirchenhierarchie überschattete. Als habe der nahende Tod dem Kranken bereits einen Besuch abgestattet und bei lebendigem Leibe einbalsamiert, schimmerte dessen Haut in einem gelblich-wächsernen Glanz. Der zurückliegende Leidensweg hatte die einstmals vollen Wangen ausgezehrt, während die Gliedmaßen von körpereigenem Gift und Medikamenten aufgedunsen waren. Die nächste Papstwahl kündigte sich an.
„Ich weiß, was Sie beschäftigt“, beendete der Papst das Schweigen. „Sie fürchten, die Einberufung des Konklaves findet vor ihrer Rückkehr statt.“
Der Halbschatten verschluckte die tief in die Höhlen zurückgezogenen Augen. Dem weiter schweigenden Besucher schien es, als starre er einen Totenschädel an. Doch der Verstand des Papstes arbeitete noch immer scharf wie ein Fallbeil. Jenes Fallbeil, mit dem er seine Gegner zur Strecke gebracht hatte, bis ihm ein innerer Gegner erwachsen war, den er mit Arglist und Tücke nicht zu bezwingen vermochte.
„Und in der Tat“, neckte der Sterbende ihn, „könnte ihre Furcht begründet sein.“
Seine Heiligkeit rächte sich für die Weigerung, einen Schwur zu leisten, den er nicht einzuhalten gewillt war. Denn das, was in den Augen des Papstes das Schlimmste war, erschien ihm als erstrebenswertes Ziel. Die Widersacher des Herrn hatten weder eine letzte Chance noch Erbarmen verdient. Geleitet vom Leuchtfeuer der Vernichtung würde er über den Atlantik in das Reich des Feindes ziehen.
„Doch Sie sollen ihre Chance bekommen“, fuhr der Papst fort. „Ich werde per Dekret verfügen, das nach meinem Tode mit der Einberufung des Konklaves bis zu ihrer Rückkehr zu warten ist. Sollte die Mission erfolgreich verlaufen, wird Ihnen das Tor zur Macht weit offen stehen.“
Es oblag der Definition des Papstes, was unter Erfolg zu verstehen war. Als der Gefragte antwortete, kostete es ihn alle Selbstbeherrschung, die Wut ungewohnter Ohnmacht mit dem Mantel ergebenen Gleichmuts zu kaschieren.
„Ich danke eurer Heiligkeit für eure Güte und das mir entgegengebrachte Vertrauen.“
Der Papst setzte ein Totenlächeln auf.
„Die Last ihres Auftrags wiegt schwer. Besser, Sie teilen sie mit einer weiteren Person.“
Er hob die zittrige Hand und tastete nach der Kordel, an deren Ende ein goldenes Glöckchen baumelte. Ihr heller Ruf brach sich an den kunstvollen Schnitzereien der getäfelten Wände, hallte von biblischen Szenen wider und brandete als vielstimmiger Befehl gegen die Flügeltür, die beidseitig aufschwang. In ihrer Mitte stand ein Lakai und erwartete den Auftrag seines Herrn.
„Sagen Sie dem zweiten Gast, dass ich ihn empfange.“
Ein zweiter Gast?
Noch während der erste Gast überlegte, erschien der Kardinal von New York. Nur einen Wimpernschlag währte die beiderseitige Überraschung der Konkurrenten, sich einander im Krankenlager des Papstes gegenüberzustehen.
„Eure Heiligkeit.“
Mit an Arroganz grenzender Selbstsicherheit beugte sich der Kardinal zu dem Daniederliegenden, hob dessen Hand sachte an und küsste seinen Fischerring.
„Ich danke euch für das Vertrauen, diesen Auftrag auszuführen.“
„Nicht Sie allein“, ergänzte der Papst und zeigte auf den ersten Gast. „Dem Legaten wird dieselbe Ehre zuteil.“
Der Kardinal drehte sich mit offen stehendem Mund zu seinem Widersacher um.
„Ich wusste nicht, dass ihre Anwesenheit vor Ort entbehrlich ist. Oder haben Sie alle ketzerischen Elemente zur Strecke gebracht und brechen zu neuen Jagdgründen auf?“
Der Legat stand im Ruf eines Jägers inquisitorischer Tradition. Es schmeichelte ihm, wenn man sagte, dass er doktrinär und umbarmherzig sei. Die Anwendung dieser Attribute war unerlässlich, wenn es darum ging, die Versuchungen, die das Seelenheil des Amerikanischen Volkes bedrohten, mit der notwendigen Härte abzuwehren. Seuchen, Naturkatastrophen, der Abfall vom Glauben ganzer Kontinente, das Erscheinen des Antichristen, die Auferstehung der Toten, die Apokalypse, der Tag des Jüngsten Gerichts; all dies war bereits geschehen oder stand unmittelbar bevor.
„Sie irren sich“, erwiderte der Legat. „Von überall droht weiter Gefahr. Satan wird nicht ruhen, bis die Zeit der Prüfung vorüber ist und Gericht gehalten wird über die noch Lebenden und die Armee der Toten.“
„Erzählen Sie dem Kardinal von dem Labor“, forderte seine Heiligkeit den Legaten auf, und dieser kam der Aufforderung nach.
„Das Labor befand sich in der Kanalisation eines Stadtteils in Washington, der vor Jahren geräumt wurde. Eine häretische Diaspora Gelehrter arbeitete im Verborgenen an einem Heilmittel für die Cerebrale Demenz.“
„Sie wissen so gut wie ich, dass es keine Heilung gibt“, erwiderte der Kardinal. „Gott hat uns mit dieser Krankheit für den Abfall vom Glauben gestraft, und er allein kann sie wieder von uns nehmen.“
„Das stimmt“, bejahte der Legat, „Doch ändert dies nichts daran, dass der Irrglaube an Heilung das Seelenheil unseres Volkes bedroht. Sagt Ihnen der Name Dagari etwas?“
„Dagari?“
Der Kardinal schüttelte den Kopf, doch der Papst nickte.
„Doktor Dagari war einer der wenigen Wissenschaftler, die nach Ausbruch der Demenz auf Seiten der Kirche standen. Er wollte beweisen, dass Gott existiert.“
„Eure Heiligkeit besitzt das Wissen einer Enzyklopädie“, sagte der Legat. Einer Enzyklopädie, die sich in Bälde für immer schloss. Geschmeichelt legte der Papst die Stirn in Falten, während er seinem Gedächtnis weitere Einzelheiten entrang.
„Es schon lange her. Fünfzehn, ... nein: siebzehn Jahre, dass Dagari verschwunden ist. Wenn ich mich nicht irre, ist er auf einer Krisenkonferenz im Ausland ums Leben gekommen.“
„Er wurde in Marokko entführt“, ergänzte der Legat. „Was sicher auf das Gleiche hinausläuft. Doch selbst im Falle einer lebendigen Rückkehr hätte sich die Kirche seiner Dienste alsbald entledigt.“
Der Blick des Kardinals wanderte fragend zwischen dem Papst und dem Legaten hin und her.
„Nun denn“, sagte er. „Ein ausgehobenes Labor und ein seit langem verstorbener Wissenschaftler. Wo ist der Zusammenhang?“
„Das will ich Ihnen offenbaren“, erwiderte der Legat. „Im Labor stand Dagaris Geist als eine wirre Ansammlung blasphemischer Theorien wieder auf. Zu Lebzeiten hat er behauptet, Gottes Wirken in Form einer Art Strahlung entdeckt zu haben, mit der er sowohl der Ausbruch der Cerebralen Demenz als auch die Veränderungen in der Natur und die Träume erklärte. Dagaris Adepten führten Experimente durch, um die Strahlung zu manipulieren und zum Versiegen zu bringen. Sie planten, Gott mundtot zu machen!“ In seiner Empörung hatte der Legat die Stimme lauter als beabsichtigt erhoben. Nun vollführte er ein schweigsames Vaterunser, während der Papst ihm dankend zunickte.
„Mit dem Ausheben des Labors hat sich unser Glaubensbruder erneut um das Wohl der Kirche verdient gemacht. Doch verglichen mit dem, was sich auf der anderen Seite des Atlantiks abspielt, war es nicht mehr als eine armselige Giftküche.“
Als schmirgele das gesprochene Wort an seinen Stimmbändern, hörte sich die Stimme des Papstes mit jedem Satz rauer an. Während er sich den Kehlkopf massierte, malte der Legat die Bedrohung aus.
„Der Erlösung unseres Volkes droht große Gefahr. Tausendfach finden die Pillen den Weg über das Meer. Sie lassen Gottes warnende Träume verstummen und dringen trotz drakonischer Bestrafung sogar bis ins Innere der Kirche vor. Wir müssen dieser Versuchung ein Ende setzen. Ein für alle Mal!“
„Die Grundlage dafür ist gelegt“, erwiderte der Kardinal und zog aus einer in den Falten seines Gewandes versteckten Tasche ein Dokument hervor.
Ein blutleeres Lächeln umspielte die Lippen des Legaten.
„Sie kennen den Inhalt des päpstlichen Traums?“
„So ist es“, bestätigte der Papst anstelle des Kardinals, bevor er sich vom Bett aufstützte und an ihn wandte. „Schwören Sie es!“, forderte er ein, was ihm der Legat zuvor verwehrt hatte. „Schwören Sie, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit es nicht zum Schlimmsten kommt.“
Der Kardinal umfasste das um den Hals hängende Goldkreuz mit der linken Hand und hob die Rechte zum Schwur.
„Bei Gott dem Allmächtigen schwöre ich alles in meiner Macht Stehende zu tun, um die Heilige Allianz zum Erfolg zu führen.“
Mit einem Lächeln sank der Papst zurück ins Bett. Durch diesen Schwur hatte sich der Kardinal, ohne es zu ahnen, zum Gegenspieler des Legaten ernannt.

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Constantine
Geschlecht:männlichBücherwurm


Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag07.05.2014 19:41
Re: Aufstand der Träume - Romananfang
von Constantine
Antworten mit Zitat

Hallo Feraud,

danke für dein erstes Kapitel. Insgesamt ein interessantes Setting mit apokalyptischen Symbolen (den vier Reitern und der Offenbarung des Johannes), einer sich ausbreitenden neuronalen Demenz-Erkrankung und einer teuflischen Droge, die den göttlichen Traum-Kontakt blockiert, dem sich die katholische Kirche mittels Special Agent Inquisitor stellen möchte. Ok.

Dein Kapitel ist prima, vielleicht hier und da etwas zu viel Infodump für das erste Kapitel, aber insgesamt macht mir dein Kapitel einen tollen Eindruck.
Ich lasse meine Kommentare und Vorschläge in deinem Text für dich da und vielleicht ist etwas Sinnvolles für dich dabei:

Feraud hat Folgendes geschrieben:

Der sterbende Papst

„Schwören Sie es!“, keuchte der Papst. „Schwören Sie, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit es nicht zum Schlimmsten kommt.“<-- würde ich weglassen, weil du diesen Wortlaut am Ende wiederholst, als der Papst den Kardinal fragt. Hier finde ich reicht der erste Satz vollkommen aus, um die Notsituation und Spannung aufzubauen. Im Verlauf des Kapitels streust du weitere Infos ein, welche die missliche Lage verdeutlichen.
Gottes Sprachrohr berührte die Venenkanüle unter dem Schlüsselbein, durch die eine glukosehaltige Flüssigkeit Lösung lief, die ihn und den Krebs ernährte, der sich durch seinen Körper fraß<-- würde ich weglassen. Zu viele Infos zu Beginn und im Verlauf des Textes wird das Krebsleiden mit anderen Beschreibungen angedeutet. Der Angesprochene verweilte reglos am Krankenbett und begutachtete den Zustand der einzigen Person, die ihn in der Kirchenhierarchie überschattete. Als habe der nahende Tod dem Kranken bereits einen Besuch abgestattet und bei lebendigem Leibe einbalsamiert, schimmerte dessen Haut in einem gelblich-wächsernen Glanz. Der zurückliegende Leidensweg hatte die einstmals vollen Wangen ausgezehrt, während die Gliedmaßen von körpereigenem Gift und Medikamenten aufgedunsen waren. Die nächste Papstwahl kündigte sich an.
„Ich weiß, was Sie beschäftigt“, beendete der Papst das Schweigen. „Sie fürchten, die Einberufung des Konklaves findet vor ihrer Rückkehr statt.“
Der Halbschatten verschluckte die tief in die Höhlen zurückgezogenen Augen. Dem weiter schweigenden Besucher schien es, als starre er einen Totenschädel an. Doch der Verstand des Papstes arbeitete noch immer scharf wie ein Fallbeil. Jenes Fallbeil, mit dem er seine Gegner zur Strecke gebracht hatte, bis ihm ein innerer Gegner erwachsen war, den er mit Arglist und Tücke nicht zu bezwingen vermochte.
„Und in der Tat“, neckte der Sterbende ihn, „könnte ihre Furcht begründet sein.“
Seine Heiligkeit rächte sich für die Weigerung, einen Schwur zu leisten, den er nicht einzuhalten gewillt war. Denn das, was in den Augen des Papstes das Schlimmste war, erschien ihm als erstrebenswertes Ziel. Die Widersacher des Herrn hatten weder eine letzte Chance noch Erbarmen verdient. Geleitet vom Leuchtfeuer der Vernichtung würde er über den Atlantik in das Reich des Feindes ziehen.
„Doch Sie sollen ihre Chance bekommen“, fuhr der Papst fort. „Ich werde per Dekret verfügen, das nach meinem Tode mit der Einberufung des Konklaves bis zu ihrer Rückkehr zu warten ist. Sollte die Mission erfolgreich verlaufen enden, wird Ihnen das Tor zur Macht weit offen stehen.“
Es oblag der Definition des Papstes, was unter Erfolg zu verstehen war. Als der Gefragte antwortete, kostete es ihn alle Selbstbeherrschung, die Wut ungewohnter Ohnmacht mit dem Mantel ergebenen Gleichmuts zu kaschieren.
Ich danke eurer Heiligkeit für Eminenz, danke für eure Güte und das mir entgegengebrachte Vertrauen.“
Der Papst setzte ein Totenlächeln auf.
„Die Last ihres Auftrags wiegt schwer. Besser, Sie teilen werden sie mit einer weiteren Person.“<-- würde ich aus atmosphärischen Gründen weglassen, denn das Teilen der Aufgabe folgt sogleich.
Er hob die zittrige Hand und tastete nach der Kordel, an deren Ende ein goldenes Glöckchen baumelte. Ihr heller Ruf brach sich an den kunstvollen Schnitzereien der getäfelten Wände, hallte von biblischen Szenen wider und brandete als vielstimmiger Befehl gegen die Flügeltür, die beidseitig aufschwang. <-- Daumen hoch In ihrer Mitte stand ein Lakai und erwartete den Auftrag seines Herrn.
„Sagen Sie dem zweiten Gast<-- unnötige Wortwiederholung zum folgenden Satz. Außerdem würde es den Dialog mMn knackiger machen. ihm, dass ich ihn empfange.“
Ein zweiter Gast? <-- damit deutest du die Verwunderung und das Überlegen des Anwesenden an.
Noch während der erste Gast überlegte, erschien Der Kardinal von New York erschien <-- vielleicht könntest du den Moment etwas spannender gestalten und hier zunächst auf die Robe des Eintretenden eingehen und ihn dann mir, dem Leser, als Kardinal von New York vorstellen. Nur einen Wimpernschlag währte die beiderseitige Überraschung der Konkurrenten, sich einander am Krankenlager des Papstes gegenüberzustehen.
„Eure Heiligkeit.“
Mit an Arroganz grenzender Selbstsicherheit verbeugte sich der Kardinal zu dem Daniederliegenden<-- vielleicht findest du ein anderes Wort. Dieses passt mir sprachlich nicht. Z.B. (Tod-)Kranken, Todgeweihten, Keuchenden o.ä. , hob dessen Hand sachte an und küsste seinen dessen Fischerring.
„Ich danke euch für das Vertrauen, diesen Auftrag auszuführen.“
„Nicht Sie allein“, ergänzte der Papst und zeigte auf den ersten Gast. „Dem Legaten wird dieselbe Ehre zuteil.“
Der Kardinal drehte sich mit offen stehendem Mund zu seinem Widersacher um.<-- ich würde den Satz umformulieren und eine andere Mimik anstelle des offenstehenden Mundes verwenden. Es handelt sich hier um einen Kardinal und dass er seine Verwunderung so leicht öffentlich zeigt, ist mir persönlich zu plump und unlogisch. Es müsste etwas sein, was niemandem auffallen würde, dass der Kardinal überrascht ist, außer dem Legaten, dem ein subtiles Zeichen nicht entgeht.
„Ich wusste nicht, dass ihre Anwesenheit vor Ort entbehrlich ist. Oder Haben Sie alle ketzerischen Elemente zur Strecke gebracht eliminiert und brechen zu neuen Jagdgründen auf?“
Der Legat stand im Ruf eines Jägers inquisitorischer Tradition. Es schmeichelte ihm, wenn man sagte, dass er doktrinär und umbarmherzig sei. Die Anwendung dieser Attribute war unerlässlich, wenn es darum ging, die Versuchungen, die das Seelenheil des Amerikanischen Volkes bedrohten, mit der notwendigen Härte abzuwehren. Seuchen, Naturkatastrophen, der Abfall <-- sagt man wirklich Abfall vom Glauben? Wie wäre Abkehr? ganzer Kontinente vom Glauben ganzer Kontinente, das Erscheinen des Antichristen, die Auferstehung der Toten, die Apokalypse, der Tag des Jüngsten Gerichts; all dies war bereits geschehen oder stand unmittelbar bevor. <-- entweder genauer darauf eingehen, was bereits geschehen war und was noch bevorstand, oder weglassen. So ist es mir zu schwammig und nimmt Spannung anstelle welche zu erzeugen.
„Sie irren sich“, erwiderte der Legat. „Von überall droht weiter Gefahr. Satan wird nicht ruhen, bis die Zeit der Prüfung vorüber ist und Gericht gehalten wird über die noch Lebenden und die Armee der Toten.“<-- umformulieren: ...und über die Lebenden und die Armee der Toten das letzte Gericht gehalten wird.
„Erzählen Sie dem Kardinal von dem Labor“, fordertebefahl seine Heiligkeit dem Legaten auf, und dieser kam der Aufforderung nach.<-- unnötige Redundanz.
„Das Labor befand sich in der Kanalisation eines Stadtteils in Washington<-- das geht genauer. Der Legat berichtet seinem Widersacher in Anwesenheit des Papstes so genau wie möglich. Welcher Stadtteil? Ich frage mich, warum der Kardinal von New York hier ist und nicht der Kardinal/Bischof von Washington? Gibt es dafür Gründe? , der vor Jahren geräumt wurde. Eine häretische Diaspora Gelehrter arbeitete im Verborgenen an einem Heilmittel für gegen die Cerebrale Demenz.“
„Sie wissen so gut wie ich, dass es keine Heilung gibt“, erwiderte der Kardinal. „Gott hat uns mit dieser Krankheit für den Abfall vom Glauben gestraft, und er allein kann sie wieder von uns nehmen.“
„Das stimmt“, bejahte der Legat, „Doch ändert dies nichts daran, dass der Irrglaube an Heilung das Seelenheil unseres Volkes bedroht. Sagt Ihnen der Name Dagari etwas?“
„Dagari?“
Der Kardinal schüttelte den Kopf, doch der Papst nickte.
„Doktor Dagari (Komma) war einer der wenigen Wissenschaftler, der nach Ausbruch der Demenz auf Seiten der Kirche standen in unserem Dienst stand. Er wollte beweisen, dass Gott existiert.“
„Eure Heiligkeit besitzt das Wissen einer Enzyklopädie“, sagte der Legat. Einer Enzyklopädie, die sich in Bälde für immer schlossschließen würde. Geschmeichelt legte der Papst die Stirn in Falten, während er seinem Gedächtnis weitere Einzelheiten entrang.
„Es ist schon lange her. Fünfzehn, ... nein: siebzehn Jahre, dass Dagari verschwunden ist. Wenn ich mich nicht irre, ist er auf einer Krisenkonferenz im Ausland ums Leben gekommen.“
„Er wurde in Marokko entführt“, ergänzte der Legat. „Was sicher auf das Gleiche hinausläuft. Doch selbst im Falle einer lebendigen Rückkehr<-- unschöner Ausdruck "lebendige Rückkehr" Befreiung hätte sich die Kirche seiner Dienste alsbald entledigt.“
Der Blick des Kardinals wanderte fragend zwischen dem Papst und dem Legaten hin und her.
„Nun denn“, sagte er. „Ein ausgehobenes Labor und ein seit langem verstorbener <-- vermisster Wissenschaftler. Von seinem Tod gibt es keinen Beweis!Wissenschaftler. Wo ist der Zusammenhang?“
„Das will ich Ihnen offenbaren erklären/erläutern“, erwiderte der Legat. „Im Labor stand Dagaris Geist als eine wirre Ansammlung blasphemischer Theorien wieder auf. Zu Lebzeiten hat er behauptet, Gottes Wirken in Form einer Art Strahlung entdeckt zu haben, mit der er sowohl den Ausbruch der Cerebralen Demenz als auch die Veränderungen in der Natur und die Träume erklärte. Dagaris Adepten führten Experimente durch, um die Strahlung zu manipulieren und zum Versiegen zu bringen. Sie planten, Gott mundtot zu machen!“ In seiner Empörung hatte erhob der Legat die Stimme lauter als beabsichtigt erhoben. Nun vollführte <-- "vollführen" für ein schweigsames Vaterunser zu sprechen, passt mMn nicht.Er sprach ein schweigsames Vaterunser, während der Papst ihm dankend zunickte.
„Mit dem Ausheben des Labors hat sich unser Glaubensbruder erneut um das Wohl der Kirche verdient gemacht. Doch verglichen mit dem, was sich gegenwärtig auf der anderen Seite des Atlantiks abspielt, war es nicht mehr als eine armselige Giftküche.“
Als schmirgele das gesprochene Wort an seinen Stimmbändern, hörte sich die Stimme des Papstes mit jedem Satz rauer an. Während er sich den Kehlkopf massierte, malte der Legat die Bedrohung aus.
„Der Erlösung unseres Volkes droht große Gefahr. Tausendfach finden die Pillen den Weg über das Meer den Atlantik. Sie lassen Gottes warnende Träume verstummen und dringen trotz drakonischer Bestrafung sogar bis ins Innere der Kirche vor. Wir müssen dieser Versuchung ein Ende setzen. Ein für alle Mal!“
Die Grundlage dafür Der Grundstein ist gelegt“, erwiderte der Kardinal und zog aus einer in den Falten seines Gewandes versteckten Tasche ein Dokument hervor.
Ein blutleeres Lächeln umspielte die Lippen des Legaten.
„Sie kennen den Inhalt des päpstlichen Traums?“
„So ist es“, bestätigte der Papst anstelle des Kardinals, bevor er sich vom Bett aufstützte und an ihn wandte. „Schwören Sie es!“, forderte er ein, was ihm der Legat zuvor verwehrt hatte. „Schwören Sie, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit es nicht zum Schlimmsten kommt.“
Der Kardinal umfasste das um den Hals hängende Goldkreuz mit der linken Hand und hob die Rechte zum Schwur.
„Bei Gott dem Allmächtigen schwöre ich alles in meiner Macht Stehende zu tun, um die Heilige Allianz zum Erfolg zu führen.“
Mit einem Lächeln sank der Papst zurück ins Bett. Durch diesen Schwur hatte sich der Kardinal, ohne es zu ahnen, zum Gegenspieler des Legaten ernannt.<-- diese Aussage verstehe ich nicht. Seit Betreten des Kardinals weiß der Leser, dass beide Konkurrenten sind. Der Papst möchte, dass beide zusammenarbeiten. Das kann sich der Leser somit auch denken. Wozu dieser plumpe Versuch das Kapitel mit einer Art Cliffhanger enden zu lassen, welches kein Cliffhanger ist?


Gerne gelesen!

LG,
Constantine
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SickBoy
Geschlecht:männlichLeseratte


Beiträge: 199
Wohnort: am Arsch der Welt


Beitrag07.05.2014 23:53

von SickBoy
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Falls ich demnächst mal mehr Zeit haben sollte, hinterlasse ich vielleicht eine detailiertere Kritik. Ich kanns aber nicht versprechen ...
Nur mal so auf die Kürze:
Ich habs sehr gern gelesen. Ausgezeichnet geschrieben. Interessant. Atmosphäre. Viele Bilder in meinem Kopf ... So wie das sein muss!
Da gibts nichts zu meckern, was eine ausführliche Rezension dann auch wieder hinfällig werden lässt Laughing

 Daumen hoch²

Beste Grüße
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Rainer Zufall
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 70
Beiträge: 801

Pokapro und Lezepo 2014


Beitrag08.05.2014 08:22

von Rainer Zufall
Antworten mit Zitat

Hallo Feraud,
ich muss da leider einen Gegenpol setzen.
Ich bin sicherlich geschmacksmäßig nicht der richtige Lesepartner für dein Thema, aber darüberhinaus hat mich was anderes gestört, was mich auch bei einer mir eher entsprechenden Thematik gestört hätte.

Ich bin gar nicht so weit gekommen, dass ich an dem Plot deines Textes Gefallen finden konnte, der die anderen wohl ziemlich begeistert hat.
Und das liegt für mich an deinem Stil.
Er ist mir zu aufgeplustert und will sich in dem Genre angemessenen Formulierungen beweisen, der Stil soll vermutlich die Atmosphäre der Papstwahl, das Intrigantentum in gelehrtesten Kreisen unterstreichen, auch das fundamental Missionarische, aber streckenweise ist das für mich zu bemüht, so dass mich bestimmte Formulierungen dann immer wieder rausgehauen haben.

Leg meine Kritik nicht gleich ad acta, schau dirs mal an, vielleicht siehst du an den Beispielen, worum es mir geht.
Einiges teile ich eh mit Constantine, aber ich hab seinen Kommentar auch nicht so ganz genau lesen können, vielleicht wiederholt sich ja was.

Zitat:
„Schwören Sie es!“, keuchte der Papst. „Schwören Sie, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit es nicht zum Schlimmsten kommt.“
Gottes Sprachrohr berührte die Venenkanüle unter dem Schlüsselbein, durch die eine glukosehaltige Flüssigkeit lief, die ihn und den Krebs ernährte, der sich durch seinen Körper fraß.

Sowas meine ich. Man weiß doch schon, dass es der Papst ist. Und "Gottes Sprachrohr" heißt nochmal, dass es der Papst ist. Warum also die Verdopplung? Sie hat keinen Zweck oder Sinn für den inhaltlichen Fortgang, ist nur noch mal dasselbe anders, in anderem Jargon ausgedrückt. Solche Schlenker wirken dann oft so, als wollte man sein Wissen über einen Stoff zeigen, statt die Geschichte voranzubringen.

Zitat:
Als habe der nahende Tod dem Kranken bereits einen Besuch abgestattet und (IHN) bei lebendigem Leibe einbalsamiert, schimmerte dessen Haut in einem gelblich-wächsernen Glanz.

einen Besuch abstatten, das erfordert ein Dativobjekt
jemanden einbalsamieren, das erfordert ein Akkusativobjekt
Wenn du es direkt zusammenstellst, ist es einfach falsch und das knallt ins Auge, gerade weil du einen eher elaborierten Stil hier pflegst. Ich finde immer, wenn man das macht, dann muss wirklich alles sitzen.
Deshalb mach ich das auch so pingelig.
Einfach ihn einsetzen, s.o.

Zitat:
Der zurückliegende Leidensweg hatte die einstmals vollen Wangen ausgezehrt, während die Gliedmaßen von körpereigenem Gift und Medikamenten aufgedunsen waren. Die nächste Papstwahl kündigte sich an.

Wenn die Wangen jetzt ausgezehrt sind, dann waren sie früher wohl voll. So what, du kaust dem Leser alles so vor, überlass mal ein bisschen was auch seinem Mitdenken. Du hast doch schon geschrieben, dass er todkrank ist, warum muss dann noch Gift und Medikamente da stehen? Und auch noch körpereigen? Klar, er hat Krebs, weiß ich ja schon.
Das ist Übergenauigkeit.

Zitat:
Der Halbschatten verschluckte die tief in die Höhlen zurückgezogenen Augen. Dem weiter schweigenden Besucher schien es, als starre er einen Totenschädel an. Doch der Verstand des Papstes arbeitete noch immer scharf wie ein Fallbeil. Jenes Fallbeil, mit dem er seine Gegner zur Strecke gebracht hatte, bis ihm ein innerer Gegner erwachsen war, den er mit Arglist und Tücke nicht zu bezwingen vermochte.
„Und in der Tat“, neckte der Sterbende ihn, „könnte ihre Furcht begründet sein.“

Wieder Übergenauigkeiten oder Wiederholungen, wie zum Beispiel weiter schweigend. Ja klar, hab ich doch grad als Leser mtgekriegt, dass er nichts gesagt hat, du hast ihn ja schließlich nichts reden, sondern nur beobachten lassen, warum erzählst du mir das jetzt noch mal? Mich macht sowas ungeduldig, als würd mich jemand für blöde halten beim Lesen.
Nicht ärgern, wenn ich das so hinschreibe, ich weiß ja selbst vom eigenen Schreiben, dass man das nicht absichtlich macht, aber ich denk auch, es wird am meisten klar, wenn man als Leser auch schreibt, wie solche Formulierungen bei einem ankommen.
Das Gleiche mit der nochmaligen Erwähnung des Krebses. Den hast du schon. Wenn du das mit dem inneren Gegner hier jetzt noch mal schreibst, fragt man sich, warum man das nochmal aufs Brot geschmiert kriegt, man leidet doch nicht unter Alzheimer. Es macht einfach ungeduldig, man krigt den Eindruck von mangelnder Überarbeitung.

Also eine von beiden Krebststellen muss weg. Im Unterschied zu Constantine finde ich es aber besser, wenn die Erwähnung des Krebses am Anfang ist und nicht erst hier. Am Anfang klärt diese Information gleich mal die Sachlage, verortet den Leser entsprechend.

Und da gleich noch ein Hinweis: Du schreibst in deiner vorangestellten Info, dass der Roman eine Generation  in der Zukunft spielt. Also das merkt man jetzt nicht direkt, sind ja doch dreißig Jahre, also da kann ja einiges passieren. Wenn die Zeit für dein Thema wichtig ist, würde ich mir überlegen, den Leser nicht nur über das Personal zu informieren, und über den Auftrag und die Konkurrenz der beiden Männer,  sondern ihm auch eine Zeitinformation zukommen zu lassen. Aber das kannst nur du beurteilen, ob das hier wichtig ist.

Und noch was:
Verstand wie ein Fallbeil
zur Strecke gebracht
Da muss man auf die Dauer schon aufpassen. Diese genretypischen Formulierungen werden schnell stereotyp, ich habe wirklich nichts gegen solche Formulierungen, ich finde nur, sie häufen sich schon sehr in deinem Romanauszug.

Dann
Zitat:
Seine Heiligkeit rächte sich für die Weigerung, einen Schwur zu leisten, den er nicht einzuhalten gewillt war. Denn das, was in den Augen des Papstes das Schlimmste war, erschien ihm als erstrebenswertes Ziel. Die Widersacher des Herrn hatten weder eine letzte Chance noch Erbarmen verdient. Geleitet vom Leuchtfeuer der Vernichtung würde er über den Atlantik in das Reich des Feindes ziehen.

Seine Heiligkeit - hmmm - warum immer diese Namensvariationen? Was will man damit? Für mich klingt das, als würde jemand sich nicht trauen, einfach mal nur "er" zu schreiben, sondern sich um immer wieder neue Formulierungen für "Papst" bemühen. Jetzt hat doch der Besucher, aus dessen Sicht ja auch noch alles geschrieben ist, offensichtlich gerade dem Papst einen Schwur vorenthalten und will das Gegenteil von dem, was der Papst will, zumindest klingt das hier so, und da soll er ausgerechnet von dem Papst als "Seine Heiligkeit" denken? Die unterminiert er doch gerade. Für mich passt das null zusammen, weil du dich aus meiner Sicht nicht genügend in die Rolle des Besuchers, aus dessen Sicht du ja eigentlich schreibst, hineinversetzt.
Danach, der Konflikt zwischen seiner Auslegung einer Sache als Ziel und derselben Sache für den Papst als Schlimmstes, das ist für mich arg kryptisch geraten. Da hätte ich mir ein bisschen mehr Info gewünscht.  Tja, da weiß ich nicht,  warum du das so machst, vielleicht die Spannung steigern? Okay, kann man ja machen, aber es klingt wirklich arg schwurbelig, guck mal:
Die Widersacher des Herrn hatten weder eine letzte Chance noch Erbarmen verdient. Geleitet vom Leuchtfeuer der Vernichtung würde er über den Atlantik in das Reich des Feindes ziehen.
Auch hier wimmelt es von sehr gängigen Formulierungen, die man alle schon häufig gehört hat. Ich weiß, dass du ihn hierüber auch charakterisieren willst, aber ich fände halt manchmal eine neue, frischere Formulierung gut.

Zitat:
Er hob die zittrige Hand und tastete nach der Kordel, an deren Ende ein goldenes Glöckchen baumelte. Ihr heller Ruf brach sich an den kunstvollen Schnitzereien der getäfelten Wände, hallte von biblischen Szenen wider und brandete als vielstimmiger Befehl gegen die Flügeltür, die beidseitig aufschwang.

Eigentlich müsste es "sein heller Ruf" heißen, weil das Glöckchen. Du hast grammatikalisch glaub schon wieder Glocke (und die) mitgedacht, mach doch einfach eine Glocke aus dem Glöckchen, dann ist sie auch schon mal ein bisschen größer. smile
Also die Bilder hier gefallen mir ja, aber was ist das denn für ein Glöckchen? Klingt eher wie eine Riesentrompete smile

Ja sorry für die ärgerlichen Worte, sie sind nicht böse gemeint, sondern sie sollen Erklärung sein, warum deine Geschichte bei mir nicht recht fruchten wollte. Sie versteckt sich glaube ich einfach noch zu sehr unter einer sprachlich etwas schweren Zudecke.
Viele Grüße von der Zufall
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Constantine
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Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag08.05.2014 10:17

von Constantine
Antworten mit Zitat

@Rainer Zufall: Daumen hoch
Ich finde, das sind sehr gute Einwände und Vorschläge von dir. Unabhängig von der Thematik, sehr hilfreich.

@Feraud: Du schreibst sehr präzise, sprachlich gibst du dir große Mühe. Man merkt, du machst dir Gedanken, wie du deine Ideen und sprachlichen Ansprüche transportieren möchtest. Das ist toll, aber manchmal rutscht du in zu Formelhaftem oder zu Schwülstigem ab und deine für meinen Geschmack hier und da zu große Detailverliebtheit sorgt für den ein oder anderen sprachlichen Schnitzer bzw. Stauung beim Lesefluss. Du hast ein ganz genaues Bild vor dir, manche Details möchtest du einbauen und dann kann es passieren, dass der ein oder andere Satz etwas zu ausladend und somit schwer lesbar wir. Gegen ausladende Sätze habe ich nichts und Details sind toll, aber wohldosiert. Das ist mir bei deinem Werk "Turbulenzen" aufgefallen, z.B. in den sehr verschachtelten Sätzen, um so viele Details wie möglich zu integrieren. Deine Überarbeitung von "Turbulenzen" hat der Geschichte sehr geholfen.
Ich finde, Rainer Zufall hat dir einige weitere tolle Dinge aufgezeigt, um deinem Sprachduktus treu zu bleiben, aber vielleicht mit der ein oder anderen "Vereinfachung" etwas mehr Fluss in deinen Text zu bekommen.

LG,
Constantine
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Feraud
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Beitrag08.05.2014 12:47
Re: Aufstand der Träume - Romananfang
von Feraud
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Hallo Constanine,

danke für die vielen Hinweise, und es freut mich sehr, dass du erneut Zeit in meinen Text investiert hast. Falls die Geschichte jemals gedruckt wird, hast du dir ein handgewidmetes Exemplar verdient.

Anbei meine Anmerkungen:

Der sterbende Papst

„Schwören Sie es!“, keuchte der Papst. „Schwören Sie, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit es nicht zum Schlimmsten kommt.“<-- würde ich weglassen, weil du diesen Wortlaut am Ende wiederholst, als der Papst den Kardinal fragt. Hier finde ich reicht der erste Satz vollkommen aus, um die Notsituation und Spannung aufzubauen. Im Verlauf des Kapitels streust du weitere Infos ein, welche die missliche Lage verdeutlichen.
OK – gestrichen. Dadurch werde ich auch „Gottes Sprachrohr“ im nächsten Satz los.
Gottes Sprachrohr berührte die Venenkanüle unter dem Schlüsselbein, durch die eine glukosehaltige Flüssigkeit Lösung
Ist spezifischer – danke
 lief, die ihn und den Krebs ernährte, der sich durch seinen Körper fraß<-- würde ich weglassen. Zu viele Infos zu Beginn und im Verlauf des Textes wird das Krebsleiden mit anderen Beschreibungen angedeutet.
OK – gestrichen. An welcher Krankheit der Papst leidet, spielt sowieso keine Rolle. Nur das er stirbt ist wichtig.
Der Angesprochene verweilte reglos am Krankenbett und begutachtete den Zustand der einzigen Person, die ihn in der Kirchenhierarchie überschattete. Als habe der nahende Tod dem Kranken bereits einen Besuch abgestattet und bei lebendigem Leibe einbalsamiert, schimmerte dessen Haut in einem gelblich-wächsernen Glanz. Der zurückliegende Leidensweg hatte die einstmals vollen Wangen ausgezehrt, während die Gliedmaßen von körpereigenem Gift und Medikamenten aufgedunsen waren. Die nächste Papstwahl kündigte sich an.
„Ich weiß, was Sie beschäftigt“, beendete der Papst das Schweigen. „Sie fürchten, die Einberufung des Konklaves findet vor ihrer Rückkehr statt.“
Der Halbschatten verschluckte die tief in die Höhlen zurückgezogenen Augen. Dem weiter schweigenden Besucher schien es, als starre er einen Totenschädel an. Doch der Verstand des Papstes arbeitete noch immer scharf wie ein Fallbeil. Jenes Fallbeil, mit dem er seine Gegner zur Strecke gebracht hatte, bis ihm ein innerer Gegner erwachsen war, den er mit Arglist und Tücke nicht zu bezwingen vermochte.
„Und in der Tat“, neckte der Sterbende ihn, „könnte ihre Furcht begründet sein.“
Seine Heiligkeit rächte sich für die Weigerung, einen Schwur zu leisten, den er nicht einzuhalten gewillt war. Denn das, was in den Augen des Papstes das Schlimmste war, erschien ihm als erstrebenswertes Ziel. Die Widersacher des Herrn hatten weder eine letzte Chance noch Erbarmen verdient. Geleitet vom Leuchtfeuer der Vernichtung würde er über den Atlantik in das Reich des Feindes ziehen.
„Doch Sie sollen ihre Chance bekommen“, fuhr der Papst fort. „Ich werde per Dekret verfügen, das nach meinem Tode mit der Einberufung des Konklaves bis zu ihrer Rückkehr zu warten ist. Sollte die Mission erfolgreich verlaufen enden
Inhaltlich ist „enden“ besser, weil es sich nicht auf den Verlauf, sondern das Endergebnis der Mission bezieht. Aber stilitistisch gefällt es mir nicht so gut.
, wird Ihnen das Tor zur Macht weit offen stehen.“
Es oblag der Definition des Papstes, was unter Erfolg zu verstehen war. Als der Gefragte antwortete, kostete es ihn alle Selbstbeherrschung, die Wut ungewohnter Ohnmacht mit dem Mantel ergebenen Gleichmuts zu kaschieren.
„Ich danke eurer Heiligkeit für Eminenz, danke für eure Güte und das mir entgegengebrachte Vertrauen.“
Laut Wiki wird der Papst mit „Heiligkeit“ angesprochen und ein Kardinal mit „Eminenz“. http://de.wikipedia.org/wiki/Anrede ; 
Der Papst setzte ein Totenlächeln auf.
„Die Last ihres Auftrags wiegt schwer. Besser, Sie teilen werden sie mit einer weiteren Person.“<-- würde ich aus atmosphärischen Gründen weglassen, denn das Teilen der Aufgabe folgt sogleich.
Alternative: Die Last ihres Auftrags wiegt schwer. Zu schwer für eine Person.
Er hob die zittrige Hand und tastete nach der Kordel, an deren Ende ein goldenes Glöckchen baumelte. Ihr heller Ruf brach sich an den kunstvollen Schnitzereien der getäfelten Wände, hallte von biblischen Szenen wider und brandete als vielstimmiger Befehl gegen die Flügeltür, die beidseitig aufschwang. <--   In ihrer Mitte stand ein Lakai und erwartete den Auftrag seines Herrn.
„Sagen Sie dem zweiten Gast<-- unnötige Wortwiederholung zum folgenden Satz. Außerdem würde es den Dialog mMn knackiger machen. ihm, dass ich ihn empfange.“
Die Eminenz, den Kardinal, aus dem Munde des Papstes gegenüber einer dritten Person einfach nur als „ihm“ zu bezeichnen, verstieße in meinen Ohren gegen das Protokol und klänge abwertend.
Ein zweiter Gast? <-- damit deutest du die Verwunderung und das Überlegen des Anwesenden an.
Noch während der erste Gast überlegte, erschien
Ok- gestrichen
Der Kardinal von New York erschien <-- vielleicht könntest du den Moment etwas spannender gestalten und hier zunächst auf die Robe des Eintretenden eingehen und ihn dann mir, dem Leser, als Kardinal von New York vorstellen.
Den Kardinal beschreibe ich später aus der Perspektive einer Person, die ihn zum ersten Mal sieht. Der Legat kennt sein Erscheinungsbild zu genüge.
Nur einen Wimpernschlag währte die beiderseitige Überraschung der Konkurrenten, sich einander am Krankenlager des Papstes gegenüberzustehen.
„Eure Heiligkeit.“
Mit an Arroganz grenzender Selbstsicherheit verbeugte sich der Kardinal zu dem Daniederliegenden<-- vielleicht findest du ein anderes Wort. Dieses passt mir sprachlich nicht. Z.B. (Tod-)Kranken, Todgeweihten, Keuchenden o.ä. , hob dessen Hand sachte an und küsste seinen dessen Fischerring.
Mit an Arroganz grenzender Selbstsicherheit verbeugte sich der Kardinal vor dem Todkranken und küsste dessen Fischerring.
„Ich danke euch für das Vertrauen, diesen Auftrag auszuführen.“
„Nicht Sie allein“, ergänzte der Papst und zeigte auf den ersten Gast. „Dem Legaten wird dieselbe Ehre zuteil.“
Der Kardinal drehte sich mit offen stehendem Mund zu seinem Widersacher um.<-- ich würde den Satz umformulieren und eine andere Mimik anstelle des offenstehenden Mundes verwenden. Es handelt sich hier um einen Kardinal und dass er seine Verwunderung so leicht öffentlich zeigt, ist mir persönlich zu plump und unlogisch. Es müsste etwas sein, was niemandem auffallen würde, dass der Kardinal überrascht ist, außer dem Legaten, dem ein subtiles Zeichen nicht entgeht.
Guter Hinweis. Neuer Versuch: Der Kardinal wandte sich seinem Widersacher zu. Berechnende Kälte hatte den Ausdruck der Dankbarkeit aus seinem Gesicht verdrängt.
„Ich wusste nicht, dass ihre Anwesenheit vor Ort entbehrlich ist. Oder Haben Sie alle ketzerischen Elemente zur Strecke gebracht eliminiert und brechen zu neuen Jagdgründen auf?“
Unter der Annahme, dass der Leser mit Eliminieren lediglich Ausschalten im übertragenen Sinne und nicht töten versteht: Oder haben Sie alle ketzerischen Elemente auf diesseits des Atlantiks bereits eliminiert?
Der Legat stand im Ruf eines Jägers inquisitorischer Tradition. Es schmeichelte ihm, wenn man sagte, dass er doktrinär und umbarmherzig sei. Die Anwendung dieser Attribute war unerlässlich, wenn es darum ging, die Versuchungen, die das Seelenheil des Amerikanischen Volkes bedrohten, mit der notwendigen Härte abzuwehren. Seuchen, Naturkatastrophen, der Abfall <-- sagt man wirklich Abfall vom Glauben? Wie wäre Abkehr?
Lt. Duden und auch meinem Sprachverständnis nach ist „Abfall“ zutreffend. Abkehr klingt für mich harmloser (weil langsamere Bewegung) als Abfall. Auf der anderen Seite kann es aber auch sein, dass viele Leser dein Problem mit dem Begriff teilen. Sei’s drumm. Dann handelst es sich hier eben um einen Bildungsroman wink
ganzer Kontinente vom Glauben ganzer Kontinente, das Erscheinen des Antichristen, die Auferstehung der Toten, die Apokalypse, der Tag des Jüngsten Gerichts; all dies war bereits geschehen oder stand unmittelbar bevor. <-- entweder genauer darauf eingehen, was bereits geschehen war und was noch bevorstand, oder weglassen. So ist es mir zu schwammig und nimmt Spannung anstelle welche zu erzeugen.
Genauer drauf eingehen würde den Infodump weiter aufblähen. Also käme nur streichen in Frage. Mir gefällt es aber. Später wird dies alles bereits Eingetretene erläutert.
„Sie irren sich“, erwiderte der Legat. „Von überall droht weiter Gefahr. Satan wird nicht ruhen, bis die Zeit der Prüfung vorüber ist und Gericht gehalten wird über die noch Lebenden und die Armee der Toten.“<-- umformulieren: ...und über die Lebenden und die Armee der Toten das letzte Gericht gehalten wird.
Klingt das besser? Da muss ich mal Rainer Zufall fragen!
„Erzählen Sie dem Kardinal von dem Labor“, fordertebefahl seine Heiligkeit dem Legaten auf, und dieser kam der Aufforderung nach.<-- unnötige Redundanz.
OK – überflüssiges gestrichen. „Befahl“ klingt mir jedoch trotz klarer Hierarchie zu militärisch.

„Das Labor befand sich in der Kanalisation eines Stadtteils in Washington<-- das geht genauer. Der Legat berichtet seinem Widersacher in Anwesenheit des Papstes so genau wie möglich. Welcher Stadtteil? Ich frage mich, warum der Kardinal von New York hier ist und nicht der Kardinal/Bischof von Washington? Gibt es dafür Gründe?
Ich glaube, dass der genaue Ort des Labors weniger eine Rolle spielt, als das, was da gemacht wurde. Der Kardinal von New York und der Legat sind die zwei wahrscheinlichsten Nachfolger des Papstes, und deshalb schickt er sie los. Das wird später klar. Ich verstehe aber deinen Punkt mit den vermuteten Zuständigkeiten. Washington wegen der räumlichen Nähe zu einem Medizinischen Institut, in dem Dagari geforscht hat. Ich schaffe es nicht, das alles auf einmal zu erklären.
 , der vor Jahren geräumt wurde. Eine häretische Diaspora Gelehrter arbeitete im Verborgenen an einem Heilmittel für gegen die Cerebrale Demenz.“
Geht wohl beides, nehme ich an. Allerdings klingt „für“ etwas technischer. Hab’s ausgetauscht.

„Sie wissen so gut wie ich, dass es keine Heilung gibt“, erwiderte der Kardinal. „Gott hat uns mit dieser Krankheit für denAbfall vom Glauben gestraft, und er allein kann sie wieder von uns nehmen.“
„Das stimmt“, bejahte der Legat, „Doch ändert dies nichts daran, dass der Irrglaube an Heilung das Seelenheil unseres Volkes bedroht. Sagt Ihnen der Name Dagari etwas?“
„Dagari?“
Verstehe: redundant, wie du dich auszudrücken pflegst  Allerdings empfinde ich es als unglaubwürdig, dass der Kardinal einfach nur den Kopf schüttelt, getreu dem Motto: ich habe keine Ahnung. Deshalb sagt er jetzt: „Sollte es das?“

Der Kardinal schüttelte den Kopf, doch der Papst nickte.
„Doktor Dagari (Komma) war einer der wenigen Wissenschaftler, der nach Ausbruch der Demenz auf Seiten der Kirche standen in unserem Dienst stand. Er wollte beweisen, dass Gott existiert.“
Klingt mir zu technisch. Habe es aber etwas gekürzt.

„Eure Heiligkeit besitzt das Wissen einer Enzyklopädie“, sagte der Legat. Einer Enzyklopädie, die sich in Bälde für immerschlossschließen würde.
Ok - geändert
Geschmeichelt legte der Papst die Stirn in Falten, während er seinem Gedächtnis weitere Einzelheiten entrang.
„Es ist schon lange her. Fünfzehn, ... nein: siebzehn Jahre, dass Dagari verschwunden ist. Wenn ich mich nicht irre, ist er auf einer Krisenkonferenz im Ausland ums Leben gekommen.“
„Er wurde in Marokko entführt“, ergänzte der Legat. „Was sicher auf das Gleiche hinausläuft. Doch selbst im Falle einerlebendigen Rückkehr<-- unschöner Ausdruck "lebendige Rückkehr" Befreiung hätte sich die Kirche seiner Dienste alsbaldentledigt.“
Jetzt – „Im Falle einer Rückkehr“. Und „Dienste“ kann ich lassen, weil ich es oben nicht übernommen habe wink

Der Blick des Kardinals wanderte fragend
OK – gestrichen
zwischen dem Papst und dem Legaten hin und her.
„Nun denn“, sagte er. „Ein ausgehobenes Labor und ein seit langem verstorbener <-- vermisster Wissenschaftler. Von seinem Tod gibt es keinen Beweis!
Du bist ja so verdammt schlau! Als ob du die Geschichte kennen würdest. Trotzdem: alle halten ihn für tot, was der Legat ja auch behauptet. Später wird die Welt näher beschrieben, und spätestens ab da kann der Leser diese Vermutung nachvollziehen.
Wissenschaftler. Wo ist der Zusammenhang?“
„Das will ich Ihnen offenbaren erklären/erläutern“,
Ok – ändere ich wieder. Zuvor hatte ich nämlich erklären benutzt.
erwiderte der Legat. „Im Labor stand Dagaris Geist als eine wirre Ansammlung blasphemischer Theorien wieder auf. Zu Lebzeiten hat er behauptet, Gottes Wirken in Form einer Art Strahlung entdeckt zu haben, mit der er sowohl den Ausbruch der Cerebralen Demenz als auch die Veränderungen in der Natur und die Träume erklärte. Dagaris Adepten führten Experimente durch, um die Strahlung zu manipulieren und zum Versiegen zu bringen. Sie planten, Gott mundtot zu machen!“ In seiner Empörung hatte erhob der Legat die Stimme lauter als beabsichtigt erhoben. Nun vollführte <-- "vollführen" für ein schweigsames Vaterunser zu sprechen, passt mMn nicht.Ersprach
Casus lapsus: ich wollte eigentlich, dass er sich bekreuzigt, nicht betet
ein schweigsames Vaterunser, während der Papst ihm dankend zunickte.
„Mit dem Ausheben des Labors hat sich unser Glaubensbruder erneut um das Wohl der Kirche verdient gemacht. Doch verglichen mit dem, was sich gegenwärtig auf der anderen Seite des Atlantiks abspielt, war es nicht mehr als eine armselige Giftküche.“
Hm… Auf der einen Seite möchtest du noch genauer wissen, wo das ausgehobene Labor liegt, während dich auf der anderen Seite überhaupt nicht interessiert, wo weiter geforscht wird? Oder ist dir das schon klar geworden, weil dies da Ziel der Mission ist?

Als schmirgele das gesprochene Wort an seinen Stimmbändern, hörte sich die Stimme des Papstes mit jedem Satz rauer an. Während er sich den Kehlkopf massierte, malte der Legat die Bedrohung aus.
„Der Erlösung unseres Volkes droht große Gefahr. Tausendfach finden die Pillen den Weg über das Meer den Atlantik.
Ich habe den Atlantik oben erst mal gelassen. Deshalb hier auch keine Änderung.
Sie lassen Gottes warnende Träume
Ok – gestrichen
verstummen und dringen trotz drakonischer Bestrafung sogar bis ins Innere der Kirche vor. Wir müssen dieser Versuchung ein Ende setzen. Ein für alle Mal!“
„Die Grundlage dafür Der Grundstein ist gelegt“
Klingt gut –gekauft
, erwiderte der Kardinal und zog aus einer in den Falten seines Gewandes versteckten Tasche ein Dokument hervor.
Ein blutleeres Lächeln umspielte die Lippen des Legaten.
„Sie kennen den Inhalt des päpstlichen Traums?“
„So ist es“, bestätigte der Papst anstelle des Kardinals, bevor er sich vom Bett aufstützte und an ihn wandte. „Schwören Sie es!“, forderte er ein, was ihm der Legat zuvor verwehrt hatte. „Schwören Sie, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit es nicht zum Schlimmsten kommt.“
Der Kardinal umfasste das um den Hals hängende Goldkreuz mit der linken Hand und hob die Rechte zum Schwur.
„Bei Gott dem Allmächtigen schwöre ich alles in meiner Macht Stehende zu tun, um die Heilige Allianz zum Erfolg zu führen.“
Mit einem Lächeln sank der Papst zurück ins Bett. Durch diesen Schwur hatte sich der Kardinal, ohne es zu ahnen, zum Gegenspieler des Legaten ernannt.<-- diese Aussage verstehe ich nicht. Seit Betreten des Kardinals weiß der Leser, dass beide Konkurrenten sind. Der Papst möchte, dass beide zusammenarbeiten. Das kann sich der Leser somit auch denken. Wozu dieser plumpe Versuch das Kapitel mit einer Art Cliffhanger enden zu lassen, welches kein Cliffhanger ist?

Stimmt – ist gestrichen.
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Feraud
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Beitrag08.05.2014 12:58

von Feraud
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Hallo Rainer!

Danke für deine Kritikpunkte. Auch wenn hier die individuelle Geschmacksfrage etwas stärker im Vordergrund steht, sind diese genauso nachvollziehbar und berechtigt wie die von Constantine. Von meinen Grammatikfehlern ganz abgesehen Wink

Super, dass es Leute wie euch hier gibt!

Lieben Gruß!

===================

Hallo Feraud,
ich muss da leider einen Gegenpol setzen.
Ich bin sicherlich geschmacksmäßig nicht der richtige Lesepartner für dein Thema, aber darüberhinaus hat mich was anderes gestört, was mich auch bei einer mir eher entsprechenden Thematik gestört hätte.

Ich bin gar nicht so weit gekommen, dass ich an dem Plot deines Textes Gefallen finden konnte, der die anderen wohl ziemlich begeistert hat.
Und das liegt für mich an deinem Stil.
Er ist mir zu aufgeplustert und will sich in dem Genre angemessenen Formulierungen beweisen, der Stil soll vermutlich die Atmosphäre der Papstwahl, das Intrigantentum in gelehrtesten Kreisen unterstreichen, auch das fundamental Missionarische, aber streckenweise ist das für mich zu bemüht, so dass mich bestimmte Formulierungen dann immer wieder rausgehauen haben.

Den Stil habe ich tatsächlich versucht, dem Ambiente anzupassen. Tw. Habe ich übertrieben. Z.B. „Das will ich Ihnen offenbaren“, anstatt einfach „sagen“ zu verwenden. Es wäre für mich interessant zu wissen, ob dieser Eindruck auch in späteren Kapiteln erhalten bleibt, wenn es um ganz normale Leute geht.

Leg meine Kritik nicht gleich ad acta, schau dirs mal an, vielleicht siehst du an den Beispielen, worum es mir geht.

Wenn ich das tun würde, wäre ich des Forums (und eurer Mühe) nicht würdig

Einiges teile ich eh mit Constantine, aber ich hab seinen Kommentar auch nicht so ganz genau lesen können, vielleicht wiederholt sich ja was.


Zitat:
„Schwören Sie es!“, keuchte der Papst. „Schwören Sie, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit es nicht zum Schlimmsten kommt.“
Gottes Sprachrohr berührte die Venenkanüle unter dem Schlüsselbein, durch die eine glukosehaltige Flüssigkeit lief, die ihn und den Krebs ernährte, der sich durch seinen Körper fraß.

Sowas meine ich. Man weiß doch schon, dass es der Papst ist. Und "Gottes Sprachrohr" heißt nochmal, dass es der Papst ist. Warum also die Verdopplung? Sie hat keinen Zweck oder Sinn für den inhaltlichen Fortgang, ist nur noch mal dasselbe anders, in anderem Jargon ausgedrückt. Solche Schlenker wirken dann oft so, als wollte man sein Wissen über einen Stoff zeigen, statt die Geschichte voranzubringen.

Stimmt. Inhaltlich bietet der Begriff keinen Mehrwehrt. Es ist ein Versuch, die Atmosphäre zu verdichten. Bei einigen Lesern scheint das zu klappen, bei dir nicht. In diesem Fall habe ich es gestrichen. Jetzt wäre es nätürlich interessant zu wissen, bei wievielen Lesern dies gelingt, und wieviele sich daran stören.

Zitat:
Als habe der nahende Tod dem Kranken bereits einen Besuch abgestattet und (IHN) bei lebendigem Leibe einbalsamiert, schimmerte dessen Haut in einem gelblich-wächsernen Glanz.

einen Besuch abstatten, das erfordert ein Dativobjekt
jemanden einbalsamieren, das erfordert ein Akkusativobjekt
Wenn du es direkt zusammenstellst, ist es einfach falsch und das knallt ins Auge, gerade weil du einen eher elaborierten Stil hier pflegst. Ich finde immer, wenn man das macht, dann muss wirklich alles sitzen.
Deshalb mach ich das auch so pingelig.
Einfach ihn einsetzen, s.o.

Vielen Dank für den Hinweis!


Zitat:
Der zurückliegende Leidensweg hatte die einstmals vollen Wangen ausgezehrt, während die Gliedmaßen von körpereigenem Gift und Medikamenten aufgedunsen waren. Die nächste Papstwahl kündigte sich an.

Wenn die Wangen jetzt ausgezehrt sind, dann waren sie früher wohl voll. So what, du kaust dem Leser alles so vor, überlass mal ein bisschen was auch seinem Mitdenken. Du hast doch schon geschrieben, dass er todkrank ist, warum muss dann noch Gift und Medikamente da stehen? Und auch noch körpereigen? Klar, er hat Krebs, weiß ich ja schon.
Das ist Übergenauigkeit.

Zur Kenntnis genommen! Im Prinzip der gleiche Kritikpunkt wie mit „Gottes Sprachrohr“.


Zitat:
Der Halbschatten verschluckte die tief in die Höhlen zurückgezogenen Augen. Dem weiter schweigenden Besucher schien es, als starre er einen Totenschädel an. Doch der Verstand des Papstes arbeitete noch immer scharf wie ein Fallbeil. Jenes Fallbeil, mit dem er seine Gegner zur Strecke gebracht hatte, bis ihm ein innerer Gegner erwachsen war, den er mit Arglist und Tücke nicht zu bezwingen vermochte.
„Und in der Tat“, neckte der Sterbende ihn, „könnte ihre Furcht begründet sein.“

Wieder Übergenauigkeiten oder Wiederholungen, wie zum Beispiel weiter schweigend. Ja klar, hab ich doch grad als Leser mtgekriegt, dass er nichts gesagt hat, du hast ihn ja schließlich nichts reden, sondern nur beobachten lassen, warum erzählst du mir das jetzt noch mal? Mich macht sowas ungeduldig, als würd mich jemand für blöde halten beim Lesen.
Nicht ärgern, wenn ich das so hinschreibe, ich weiß ja selbst vom eigenen Schreiben, dass man das nicht absichtlich macht, aber ich denk auch, es wird am meisten klar, wenn man als Leser auch schreibt, wie solche Formulierungen bei einem ankommen.

Recht hast du. Ich fand das einfach so toll, dass da ein Papst ist, der was von jemandem will, und dieser jemand schweigt einfach. So unglaublich toll, dass ich das einfach noch mal erwähnen musste. Kurzum: ich hab’s gestrichen.

Das Gleiche mit der nochmaligen Erwähnung des Krebses. Den hast du schon. Wenn du das mit dem inneren Gegner hier jetzt noch mal schreibst, fragt man sich, warum man das nochmal aufs Brot geschmiert kriegt, man leidet doch nicht unter Alzheimer. Es macht einfach ungeduldig, man krigt den Eindruck von mangelnder Überarbeitung.

Auch zur Kenntnis genommen! Im Prinzip der gleiche Kritikpunkt wie mit „Gottes Sprachrohr“.


Also eine von beiden Krebststellen muss weg. Im Unterschied zu Constantine finde ich es aber besser, wenn die Erwähnung des Krebses am Anfang ist und nicht erst hier. Am Anfang klärt diese Information gleich mal die Sachlage, verortet den Leser entsprechend.

Ich habe jetzt die Erwähnung des Krebses gestrichen, weil es ja keine Rolle spielt, an welcher Krankheit genau der Papst stirbt. So kannst der Leser nun anhand der diversen Symptombeschreibungen eine eigene Diagnose stellen, was doch ganz in seinem Sinne sein sollte.  - und außerdem wird der Krebs des Papstes rund 400 Normseiten später erwähnt.

Und da gleich noch ein Hinweis: Du schreibst in deiner vorangestellten Info, dass der Roman eine Generation  in der Zukunft spielt. Also das merkt man jetzt nicht direkt, sind ja doch dreißig Jahre, also da kann ja einiges passieren. Wenn die Zeit für dein Thema wichtig ist, würde ich mir überlegen, den Leser nicht nur über das Personal zu informieren, und über den Auftrag und die Konkurrenz der beiden Männer,  sondern ihm auch eine Zeitinformation zukommen zu lassen. Aber das kannst nur du beurteilen, ob das hier wichtig ist.

Das die Geschichte in der Zukunft spielt (ca. 20 Jahre – eine „junge Generation“), wird in den Folgekapiteln klar. Deshalb habe ich es hier weggelasen.

Und noch was:
Verstand wie ein Fallbeil
zur Strecke gebracht
Da muss man auf die Dauer schon aufpassen. Diese genretypischen Formulierungen werden schnell stereotyp, ich habe wirklich nichts gegen solche Formulierungen, ich finde nur, sie häufen sich schon sehr in deinem Romanauszug.

Damit kann ich jetzt nicht so viel anfangen. Für mich gibt es abgedroschene oder unpassende oder erzwungene Vergleiche/Formulierungen, die ich zu vermeiden suche. Oder geht der Hinweis ebenfalls in Richtung „aufblasen“ von Text?

Dann

Zitat:
Seine Heiligkeit rächte sich für die Weigerung, einen Schwur zu leisten, den er nicht einzuhalten gewillt war. Denn das, was in den Augen des Papstes das Schlimmste war, erschien ihm als erstrebenswertes Ziel. Die Widersacher des Herrn hatten weder eine letzte Chance noch Erbarmen verdient. Geleitet vom Leuchtfeuer der Vernichtung würde er über den Atlantik in das Reich des Feindes ziehen.

Seine Heiligkeit - hmmm - warum immer diese Namensvariationen? Was will man damit? Für mich klingt das, als würde jemand sich nicht trauen, einfach mal nur "er" zu schreiben, sondern sich um immer wieder neue Formulierungen für "Papst" bemühen. Jetzt hat doch der Besucher, aus dessen Sicht ja auch noch alles geschrieben ist, offensichtlich gerade dem Papst einen Schwur vorenthalten und will das Gegenteil von dem, was der Papst will, zumindest klingt das hier so, und da soll er ausgerechnet von dem Papst als "Seine Heiligkeit" denken? Die unterminiert er doch gerade. Für mich passt das null zusammen, weil du dich aus meiner Sicht nicht genügend in die Rolle des Besuchers, aus dessen Sicht du ja eigentlich schreibst, hineinversetzt.

Hier sprichst du zwei Dinge an:
1) Leser für dumm halten, d.h. nochmal unmissverständlich darauf hinweisen, dass der Papst gemeint ist, obwohl es aus dem Kontext hervorgeht.
2) Synonyme. Ich hätte ja einfach „Papst“ schreiben können. Habe aber ein Synonym gesucht.

Ich habe die Formulierung entschärft:

„Und in der Tat könnte ihre Furcht begründet sein“, rächte sich der Sterbende für die Weigerung, einen Schwur zu leisten, den er nicht einzuhalten gewillt war.



Danach, der Konflikt zwischen seiner Auslegung einer Sache als Ziel und derselben Sache für den Papst als Schlimmstes, das ist für mich arg kryptisch geraten. Da hätte ich mir ein bisschen mehr Info gewünscht.  Tja, da weiß ich nicht,  warum du das so machst, vielleicht die Spannung steigern? Okay, kann man ja machen, aber es klingt wirklich arg schwurbelig, guck mal:
Die Widersacher des Herrn hatten weder eine letzte Chance noch Erbarmen verdient. Geleitet vom Leuchtfeuer der Vernichtung würde er über den Atlantik in das Reich des Feindes ziehen.
Auch hier wimmelt es von sehr gängigen Formulierungen, die man alle schon häufig gehört hat. Ich weiß, dass du ihn hierüber auch charakterisieren willst, aber ich fände halt manchmal eine neue, frischere Formulierung gut.

Später wird klar, die damit die atomare Vernichtung des Deutschen Städtebundes gemeint ist. Wenn ich jetzt aber damit anfange, stellt sich beim Leser gleich die nächste Frage: was ist denn dieser Städtebund? Trotzdem kann man es sicher origineller formulieren. Wie wäre es damit:
Die Widersacher des Herrn hatten weder eine letzte Chance noch Erbarmen verdient. Im Alten Testament stand geschrieben, wie mit Sündenpfuhlen zu verfahren war. Feuer und Schwefel, Schwefel und Feuer. Sodom und Gomorra.



Zitat:
Er hob die zittrige Hand und tastete nach der Kordel, an deren Ende ein goldenes Glöckchen baumelte. Ihr heller Ruf brach sich an den kunstvollen Schnitzereien der getäfelten Wände, hallte von biblischen Szenen wider und brandete als vielstimmiger Befehl gegen die Flügeltür, die beidseitig aufschwang.

Eigentlich müsste es "sein heller Ruf" heißen, weil das Glöckchen. Du hast grammatikalisch glaub schon wieder Glocke (und die) mitgedacht, mach doch einfach eine Glocke aus dem Glöckchen, dann ist sie auch schon mal ein bisschen größer.   
Also die Bilder hier gefallen mir ja, aber was ist das denn für ein Glöckchen? Klingt eher wie eine Riesentrompete   
Das Glöckchen wurde zur Glocke befördert. Allgemein sind Verniedlichunsformen hier Fehl am Platze.

Ja sorry für die ärgerlichen Worte, sie sind nicht böse gemeint, sondern sie sollen Erklärung sein, warum deine Geschichte bei mir nicht recht fruchten wollte.
Macht nichts. Ich weiß, wo du wohnst. Und die abgesägte Schrottflinte ist bereits im Kofferraum verstaut.  wink
Sie versteckt sich glaube ich einfach noch zu sehr unter einer sprachlich etwas schweren Zudecke.
Wie, und dann hast du aufgehört zu lesen, oder was? Dann hast du ja das Beste verpasst wink

Viele Grüße von der Zufall
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Feraud
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Beitrag08.05.2014 13:01

von Feraud
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SickBoy hat Folgendes geschrieben:
Falls ich demnächst mal mehr Zeit haben sollte, hinterlasse ich vielleicht eine detailiertere Kritik. Ich kanns aber nicht versprechen ...
Nur mal so auf die Kürze:
Ich habs sehr gern gelesen. Ausgezeichnet geschrieben. Interessant. Atmosphäre. Viele Bilder in meinem Kopf ... So wie das sein muss!
Da gibts nichts zu meckern, was eine ausführliche Rezension dann auch wieder hinfällig werden lässt Laughing

 Daumen hoch²

Beste Grüße


Vielen Dank für den seelischen Beistand. Ist super, dass du dich gemeldet hast. Ist anfangs schon ein ungewisses Gefühl, wenn man sieht, dass Leute den Text anklicken, aber keiner was zu schreibt.

Lieben Gruß!
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Feraud
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Beitrag08.05.2014 13:08

von Feraud
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@Feraud: Du schreibst sehr präzise, sprachlich gibst du dir große Mühe. Man merkt, du machst dir Gedanken, wie du deine Ideen und sprachlichen Ansprüche transportieren möchtest.
Zitat:
Das ist toll, aber manchmal rutscht du in zu Formelhaftem oder zu Schwülstigem ab und deine für meinen Geschmack hier und da zu große Detailverliebtheit sorgt für den ein oder anderen sprachlichen Schnitzer bzw. Stauung beim Lesefluss.


Jeder Satz ein Kunstwerk. Wink
Ist meines Erachtens ein typisches Anfängerphänomen, dass sich hoffentlich noch bessern wird.

Du hast ein ganz genaues Bild vor dir, manche Details möchtest du einbauen und dann kann es passieren, dass der ein oder andere Satz etwas zu ausladend und somit schwer lesbar wir. Gegen ausladende Sätze habe ich nichts und Details sind toll, aber wohldosiert. Das ist mir bei deinem Werk "Turbulenzen" aufgefallen, z.B. in den sehr
Zitat:
verschachtelten Sätzen,


Schachtelsätze sind böse. Dieses Mantra wiederhole vor dem Zubettgehen täglich. Wir werden sehen, ob es fruchtet.

 um so viele Details wie möglich zu integrieren.
Zitat:
Deine Überarbeitung von "Turbulenzen" hat der Geschichte sehr geholfen.


Du meintest sicher: unsere Überarbeitung.

Zitat:
Ich finde, Rainer Zufallhat dir einige weitere tolle Dinge aufgezeigt, um deinem Sprachduktus treu zu bleiben, aber vielleicht mit der ein oder anderen "Vereinfachung" etwas mehr Fluss in deinen Text zu bekommen.


Ja, eure Kritiken haben sich auch gut ergänzt. Schon super, das Forum hier.

LG,
Constantine[/quote]
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Feraud
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Beitrag08.05.2014 13:12

von Feraud
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Liebe Schreibfreunde,

dank des hilfreichen Feedbacks konnte ich den Text überarbeiten. Anbei die neue Version.

Frage: Ist auch jemand am Folgekapitel interessiert?

Lieben Gruß!

================================
Der sterbende Papst

„Schwören Sie es!“, keuchte der Papst und berührte die Venenkanüle unter dem Schlüsselbein, durch die eine glukosehaltige Lösung lief.
Der Angesprochene verweilte reglos am Krankenbett und begutachtete den Zustand der einzigen Person, die ihn in der Kirchenhierarchie überschattete. Als habe der nahende Tod dem Kranken bereits einen Besuch abgestattet und ihn bei lebendigem Leibe einbalsamiert, schimmerte dessen Haut in einem gelblich-wächsernen Glanz. Der zurückliegende Leidensweg hatte die einstmals vollen Wangen ausgezehrt, während die Gliedmaßen von körpereigenem Gift und Medikamenten aufgedunsen waren. Die nächste Papstwahl kündigte sich an.
„Ich weiß, was Sie beschäftigt“, beendete der Papst das Schweigen. „Sie fürchten, die Einberufung des Konklaves findet vor ihrer Rückkehr statt.“
Der Halbschatten verschluckte die tief in die Höhlen zurückgezogenen Augen. Dem Besucher schien es, als starre er einen Totenschädel an. Doch der Verstand des Papstes arbeitete noch immer scharf wie ein Fallbeil. Jenes Fallbeil, mit dem er seine Gegner zur Strecke gebracht hatte, bis ihm ein innerer Gegner erwachsen war, den er mit Arglist und Tücke nicht zu bezwingen vermochte.
„Und in der Tat könnte ihre Furcht begründet sein“, rächte sich der Sterbende für die Weigerung, einen Schwur zu leisten, den er nicht einzuhalten gewillt war. Denn das, was in den Augen des Papstes das Schlimmste war, erschien ihm als erstrebenswertes Ziel. Die Widersacher des Herrn hatten weder eine letzte Chance noch Erbarmen verdient. Im Alten Testament stand geschrieben, wie mit Sündenpfuhlen zu verfahren war. Feuer und Schwefel, Schwefel und Feuer. Sodom und Gomorra.
„Doch Sie sollen ihre Chance bekommen“, fuhr der Papst fort. „Ich werde per Dekret verfügen, das nach meinem Tode mit der Einberufung des Konklaves bis zu ihrer Rückkehr zu warten ist. Sollte die Mission erfolgreich verlaufen, wird Ihnen das Tor zur Macht weit offen stehen.“
Es oblag der Definition des Papstes, was unter Erfolg zu verstehen war. Als der Gefragte antwortete, kostete es ihn alle Selbstbeherrschung, die Wut ungewohnter Ohnmacht mit dem Mantel ergebenen Gleichmuts zu kaschieren.
„Ich danke eurer Heiligkeit für eure Güte und das mir entgegengebrachte Vertrauen.“
Der Papst setzte ein Totenlächeln auf.
„Die Last ihres Auftrags wiegt schwer. Zu schwer für eine Person.“
Er hob die zittrige Hand und tastete nach der Kordel, an deren Ende eine goldene Glocke baumelte. Ihr heller Ruf brach sich an den kunstvollen Schnitzereien der getäfelten Wände, hallte von biblischen Szenen wider und brandete als vielstimmiger Befehl gegen die Flügeltür, die beidseitig aufschwang. In ihrer Mitte stand ein Lakai und erwartete den Auftrag seines Herrn.
„Sagen Sie dem zweiten Gast, dass ich ihn empfange.“
Ein zweiter Gast?
Der Kardinal von New York. Nur einen Wimpernschlag währte die beiderseitige Überraschung der Konkurrenten, sich einander im Krankenlager des Papstes gegenüberzustehen.
„Eure Heiligkeit.“
Mit an Arroganz grenzender Selbstsicherheit verbeugte sich der Kardinal vor dem Todkranken und küsste dessen Fischerring.
„Ich danke euch für das Vertrauen, diesen Auftrag auszuführen.“
„Nicht Sie allein“, ergänzte der Papst und zeigte auf den ersten Gast. „Dem Legaten wird dieselbe Ehre zuteil.“
Der Kardinal wandte sich seinem Widersacher zu. Berechnende Kälte hatte den Ausdruck der Dankbarkeit aus seinem Gesicht verdrängt.
„Ich wusste nicht, dass ihre Anwesenheit vor Ort entbehrlich ist. Oder haben Sie alle ketzerischen Elemente auf diesseits des Atlantiks bereits eliminiert?“
Der Legat stand im Ruf eines Jägers inquisitorischer Tradition. Es schmeichelte ihm, wenn man sagte, dass er doktrinär und umbarmherzig sei. Die Anwendung dieser Attribute war unerlässlich, wenn es darum ging, die Versuchungen, die das Seelenheil des Amerikanischen Volkes bedrohten, mit der notwendigen Härte abzuwehren. Seuchen, Naturkatastrophen, der Abfall vom Glauben ganzer Kontinente, das Erscheinen des Antichristen, die Auferstehung der Toten, die Apokalypse, der Tag des Jüngsten Gerichts; all dies war bereits geschehen oder stand unmittelbar bevor.
„Sie irren sich“, erwiderte der Legat. „Von überall droht weiter Gefahr. Satan wird nicht ruhen, bis die Zeit der Prüfung vorüber ist und Gericht gehalten wird über die noch Lebenden und die Armee der Toten.“
„Erzählen Sie dem Kardinal von dem Labor“, forderte seine Heiligkeit den Legaten auf.
„Das Labor befand sich in der Kanalisation eines Vororts nahe Washington, der vor Jahren geräumt wurde. Eine häretische Diaspora Gelehrter arbeitete im Verborgenen an einem Heilmittel gegen die Cerebrale Demenz.“
„Sie wissen so gut wie ich, dass es keine Heilung gibt“, erwiderte der Kardinal. „Gott hat uns mit dieser Krankheit für den Abfall vom Glauben gestraft, und er allein kann sie wieder von uns nehmen.“
„Das stimmt“, bejahte der Legat, „Doch ändert dies nichts daran, dass der Irrglaube an Heilung das Seelenheil unseres Volkes bedroht. Sagt Ihnen der Name Dagari etwas?“
„Sollte es das?“
Der Kardinal schüttelte den Kopf, doch der Papst nickte.
„Doktor Dagari war einer der wenigen Wissenschaftler, die nach Ausbruch der Demenz auf unserer Seite stand. Er wollte beweisen, dass Gott existiert.“
„Eure Heiligkeit besitzt das Wissen einer Enzyklopädie“, sagte der Legat. Einer Enzyklopädie, die sich in Bälde für immer schließen würde. Geschmeichelt legte der Papst die Stirn in Falten, während er seinem Gedächtnis weitere Einzelheiten entrang.
„Es schon lange her. Sechszehn, ... nein: siebzehn Jahre, dass Dagari verschwunden ist. Wenn ich mich nicht irre, ist er auf einer Krisenkonferenz im Ausland ums Leben gekommen.“
„Er wurde in Marokko entführt“, ergänzte der Legat. „Was sicher auf das Gleiche hinausläuft. Doch selbst im Falle seiner Rückkehr hätte sich die Kirche seiner Dienste alsbald entledigt.“
Der Blick des Kardinals wanderte zwischen dem Papst und dem Legaten hin und her.
„Nun denn“, sagte er. „Ein ausgehobenes Labor und ein seit langem verstorbener Wissenschaftler. Wo ist der Zusammenhang?“
„Das will ich Ihnen erklären“, erwiderte der Legat. „Im Labor stand Dagaris Geist als eine wirre Ansammlung blasphemischer Theorien wieder auf. Zu Lebzeiten hat er behauptet, Gottes Wirken in Form einer Art Strahlung entdeckt zu haben, mit der er sowohl der Ausbruch der Cerebralen Demenz als auch die Veränderungen in der Natur und die Träume erklärte. Dagaris Adepten führten Experimente durch, um die Strahlung zu manipulieren und zum Versiegen zu bringen. Sie planten, Gott mundtot zu machen!“ In seiner Empörung hatte der Legat die Stimme lauter als beabsichtigt erhoben. Nun bekreuzigte er sich, während der Papst ihm dankend zunickte.
„Mit dem Ausheben des Labors hat sich unser Glaubensbruder erneut um das Wohl der Kirche verdient gemacht. Doch verglichen mit dem, was sich gegenwärtig auf der anderen Seite des Atlantiks abspielt, war es nicht mehr als eine armselige Giftküche.“
Als schmirgele das gesprochene Wort an seinen Stimmbändern, hörte sich die Stimme des Papstes mit jedem Satz rauer an. Während er sich den Kehlkopf massierte, malte der Legat die Bedrohung aus.
„Der Erlösung unseres Volkes droht große Gefahr. Tausendfach finden die Pillen den Weg über das Meer. Sie lassen Gottes warnende Träume verstummen und dringen trotz drakonischer Bestrafung sogar bis ins Innere der Kirche vor. Wir müssen dieser Versuchung ein Ende setzen. Ein für alle Mal!“
„Der Grundstein ist gelegt“, erwiderte der Kardinal und zog aus einer in den Falten seines Gewandes versteckten Tasche ein Dokument hervor.
Ein blutleeres Lächeln umspielte die Lippen des Legaten.
„Sie kennen den Inhalt des päpstlichen Traums?“
„So ist es“, bestätigte der Papst anstelle des Kardinals, bevor er sich vom Bett aufstützte und an ihn wandte. „Schwören Sie es!“, forderte er ein, was ihm der Legat zuvor verwehrt hatte. „Schwören Sie, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit es nicht zum Schlimmsten kommt.“
Der Kardinal umfasste das um den Hals hängende Goldkreuz mit der linken Hand und hob die Rechte zum Schwur.
„Bei Gott dem Allmächtigen schwöre ich alles in meiner Macht Stehende zu tun, um die Heilige Allianz zum Erfolg zu führen.“
Mit einem Lächeln sank der Papst zurück ins Bett.
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Constantine
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Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag08.05.2014 15:03

von Constantine
Antworten mit Zitat

Hallo Feraud,

zunächst möchte ich dir danken, dass dir der Großteil meiner Vorschläge sinnvoll erschien und ich nehme dein Angebot einer potentiellen, handsignierten Ausgabe gerne an. Smile


Feraud hat Folgendes geschrieben:
Schachtelsätze sind böse.

Soweit möchte ich nicht gehen. Manche meiner Lieblingsautoren sind bekannt für ihre verschachtelten Sätze. Ich denke, es kommt auf das Gesamtbild an, Wortwahl, Sprache, Atmosphäre, Finesse, Situation der beschriebenen Szene bzw. Handlung usw., ob sie für mich funktionieren oder eher nicht die passende Wahl darstellen.

Feraud hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Deine Überarbeitung von "Turbulenzen" hat der Geschichte sehr geholfen.


Du meintest sicher: unsere Überarbeitung.

Einigen wir uns darauf: Es war unsere Überarbeitung, aber mit deinen Entscheidungen als Autor, was dir von meinen Kommentaren/Vorschlägen gefallen hat/passend erschien oder nicht. Dass du (fast) alle meine Vorschläge übernommen  hast, dafür kann ich nichts. Smile


Zu deiner neuen Version, Runde 2...*bing bing*

Zitat:
Der sterbende Papst

„Schwören Sie es!“, keuchte der Papst und berührte die Venenkanüle unter dem Schlüsselbein, durch die eine glukosehaltige Lösung lief.
Der Angesprochene verweilte reglos am Krankenbett und begutachtete den Zustand der einzigen Person, die ihn in der Kirchenhierarchie überschattete. Als habe der nahende Tod dem Kranken bereits einen Besuch abgestattet und ihn bei lebendigem Leibe einbalsamiert, schimmerte dessen Haut in einem gelblich-wächsernen Glanz. Der zurückliegende Leidensweg hatte die einstmals vollen Wangen ausgezehrt, während die Gliedmaßen von körpereigenem Gift und Medikamenten aufgedunsen waren. Die nächste Papstwahl kündigte sich an.
„Ich weiß, was Sie beschäftigt“, beendete der Papst das Schweigen. „Sie fürchten, die Einberufung des Konklaves findet vor ihrer Rückkehr statt.“
Der Halbschatten des Besuchers verschluckte die tief in die Höhlen zurückgezogenen Augen. Dem Besucher Ihm schien es, als starre er einen Totenschädel an. Doch der Verstand des Papstes arbeitete noch immer scharf wie ein Fallbeil. Jenes Fallbeil, mit dem er seine Gegner zur Strecke gebracht hatte, bis ihm ein innerer Gegner erwachsen war, den er mit Arglist und Tücke nicht zu bezwingen vermochte.
„Und in der Tat könnte ihre Furcht begründet sein“, rächte sich der Sterbende für die Weigerung des Anwesenden, einen Schwur zu leisten, den er nicht einzuhalten gewillt war. Denn das, was in den Augen des Papstes das Schlimmste war, erschien ihm als erstrebenswertes Ziel. <-- hier haben wir einen leichten Zusammenhangsfehler, der leicht zu beheben ist. Siehst du es? Aufgrunddessen, dass du den ersten Dialogsatz gekürzt hast, kommt dieser Wortlaut dort nicht mehr vor, auf welchen sich dieser Satz bzw. Absatz nun bezieht. Du müsstest diesen Absatz ein wenig überarbeiten, damit es wieder passt. Die Widersacher des Herrn hatten weder eine letzte Chance noch Erbarmen verdient. Im Alten Testament stand geschrieben, wie mit Sündenpfuhlen zu verfahren war. Feuer und Schwefel, Schwefel und Feuer. Sodom und Gomorrha.
„Doch Sie sollen ihre Chance bekommen“, fuhr der Papst fort. „Ich werde per Dekret verfügen, das nach meinem Tode mit der Einberufung des Konklaves bis zu ihrer Rückkehr zu warten ist. Sollte die Mission erfolgreich verlaufen, wird Ihnen das Tor zur Macht weit offen stehen.“
Es oblag der Definition des Papstes, was unter Erfolg zu verstehen war. Als der Gefragte antwortete, kostete es ihn alle Selbstbeherrschung, die Wut ungewohnter Ohnmacht mit dem Mantel ergebenen Gleichmuts zu kaschieren.
„Ich danke eurer Heiligkeit für eure Güte und das mir entgegengebrachte Vertrauen.“
Der Papst setzte ein Totenlächeln auf.
„Die Last ihres Auftrags wiegt schwer. Zu schwer für eine Person.“
Er hob die zittrige Hand und tastete nach der Kordel, an deren Ende eine goldene Glocke baumelte. Ihr heller Ruf brach sich an den kunstvollen Schnitzereien der getäfelten Wände, hallte von biblischen Szenen wider und brandete als vielstimmiger Befehl gegen die Flügeltür, die beidseitig aufschwang. In ihrer Mitte stand ein Lakai und erwartete den Auftrag seines Herrn.<-- wie wäre es mit: verbeugte sich ehrerbietig/ehrfürchtig. Mit einem Lakai verbinde ich einen Diener, der Befehle entgegen nimmt. Für mich braucht es nicht, dies direkt zu erwähnen. Das impliziert der Begriff und die Situation für mich. Des Weiteren verwendest du den Begriff "Auftrag" später beim Kardinal passenderweise, hier unpassenderweise. Ich finde einen Gast reinzuführen ist kein Auftrag, sondern eine Order, ein Befehl.
„Sagen Sie dem zweiten Gast, dass ich ihn empfange.“<-- wie wäre es stattdessen mit: "Ich empfange ihn." Mich stört weiterhin dieses erste "zweiter Gast", weil es erneut nachfolgt. Das folgende "zweiter Gast" finde ich passend.
Ein zweiter Gast?
Der Kardinal von New York trat ein. Nur einen Wimpernschlag währte die beiderseitige Überraschung der Konkurrenten, sich einander im Krankenlager des Papstes gegenüberzustehen.
„Eure Heiligkeit.“
Mit an Arroganz grenzender Selbstsicherheit verbeugte sich der Kardinal vor dem Todkranken und küsste dessen Fischerring.
„Ich danke euch für das Vertrauen, diesen Auftrag auszuführen.“
„Nicht Sie allein“, ergänzte der Papst und zeigte auf den ersten Gast. „Dem Legaten wird dieselbe Ehre zuteil.“
Der Kardinal wandte sich seinem Widersacher zu. Berechnende Kälte hatte den Ausdruck der Dankbarkeit aus seinem Gesicht verdrängt.
„Ich wusste nicht, dass ihre Anwesenheit vor Ort entbehrlich ist. Oder haben Sie bereits alle ketzerischen Elemente auf diesseits des Atlantiks bereits eliminiert?“
Der Legat stand im Ruf eines Jägers inquisitorischer Tradition. Es schmeichelte ihm, wenn man sagte, dass er doktrinär und unbarmherzig sei. Die Anwendung dieser Attribute war unerlässlich, wenn es darum ging, die Versuchungen, die das Seelenheil des Amerikanischen Volkes bedrohten, mit der notwendigen Härte abzuwehren. Seuchen, Naturkatastrophen, der Abfall vom Glauben ganzer Kontinente, das Erscheinen des Antichristen, die Auferstehung der Toten, die Apokalypse<-- was genau verstehst du unter Apokalypse? Eigentlich ist die Apokalypse gekennzeichnet durch Naturkatastrophen, Seuchen, Krieg und Tod, oder? Diesen Begriff kannst du mMn in deiner Aufzählung einsparen, da du das Gesicht der Apokalypse bereits in der Aufzählung zeigst. der Tag des Jüngsten Gerichts; all dies manches war bereits geschehen oder stand unmittelbar bevor. <-- ich denke mit "manches" zeigst du, dass einiges aus der Aufzählung bereits geschehen ist, anderes noch nicht und somit ergo noch bevorsteht. Muss nicht direkt erwähnt werden. Der Leser müsste es sich denken können.
„Sie irren sich“, erwiderte der Legat. „Von überall droht weiterhin Gefahr. Satan wird nicht ruhen, bis die Zeit der Prüfung vorüber ist und Gericht gehalten wird über die noch Lebenden und die Armee der Toten.“ <-- ich würde weiterhin zur Positionierung ans Satzende tendieren.
„Erzählen Sie dem Kardinal von dem Labor“, forderte seine Heiligkeit den Legaten auf.
„Das Labor befand sich in der Kanalisation eines Vororts nahe Washington, der vor Jahren geräumt wurde. Eine häretische Diaspora Gelehrter arbeitete im Verborgenen an einem Heilmittel gegen die Cerebrale Demenz.“
„Sie wissen so gut wie ich, dass es keine Heilung gibt“, erwiderte der Kardinal. „Gott hat uns mit dieser Krankheit für den Abfall vom Glauben gestraft, und er allein kann sie wieder von uns nehmen.“
„Das stimmt“, bejahte der Legat, „Doch ändert dies nichts daran, dass der Irrglaube an Heilung das Seelenheil unseres Volkes bedroht. Sagt Ihnen der Name Dagari etwas?“
„Sollte es das?“
Der Kardinal schüttelte den Kopf, doch der Papst nickte.<-- diesen Satz würde ich streichen. Das Schütteln der Kopfes passt mMn nicht zum "Sollte es das?" des Kardinals. Mit dieser Frage hat sich das Kopfschütteln erledigt, denn der Kardinal weiß mit dem Namen Dagari nichts anzufangen. Das Nicken des Papstes ist genauso unwichtig, da der Papst den Legaten auffordert über das Labor zu berichten. Somit weiß der Papst von Dagari und seinen Machenschaften. Insofern ist der Gehalt dieses Satzes für mich gleich null und kann eingespart werden.
„Doktor Dagari war einer der wenigen Wissenschaftler, die nach Ausbruch der Demenz auf unserer Seite standen. <-- wenn du in diesem Nebensatz "die" für den Plural von die Wissenschaftler verwendest, so musst du auch den Plural von "stand" verwenden. Er wollte beweisen, dass Gott existiert.“
„Eure Heiligkeit besitzt das Wissen einer Enzyklopädie“, sagte der Legat. Einer Enzyklopädie, die sich in Bälde für immer schließen würde. Geschmeichelt legte der Papst die Stirn in Falten, während er seinem Gedächtnis weitere Einzelheiten entrang.
„Es schon lange her. Sechszehn, ... nein: siebzehn Jahre, dass Dagari verschwunden ist. Wenn ich mich nicht irre, ist er auf einer Krisenkonferenz im Ausland ums Leben gekommen.“
„Er wurde in Marokko entführt“, ergänzte der Legat. „Was sicher auf das Gleiche hinausläuft. Doch selbst im Falle seiner Rückkehr hätte sich die Kirche seiner Dienste alsbald entledigt.“
Der Blick des Kardinals wanderte zwischen dem Papst und dem Legaten hin und her.
„Nun denn“, sagte er. „Ein ausgehobenes Labor und ein seit langem verstorbener Wissenschaftler <-- nun ja, als aufmerksamer Leser bemerke ich schon, dass du mich hier mit falschen Infos fütterst, mich durch Annahme falscher Voraussetzungen an der Nase herumführst und mir zuerst einen toten Wissenschaftler verkaufen möchtest, der sich im Laufe der Handlung als sehr lebendig und aktiv herausstellt und die Mission deiner beiden Protas, Kardinal und Legat, bildet. Wenn dies eine überraschende Wendung in deiner Story bilden soll, dann leider nicht bei mir. Sorry. Cool Wo ist der Zusammenhang?“
„Das will ich Ihnen erklären“, erwiderte der Legat. „Im Labor stand Dagaris Geist als eine wirre Ansammlung blasphemischer Theorien wieder auf. Zu Lebzeiten hat er behauptet, Gottes Wirken in Form einer Art Strahlung entdeckt zu haben, mit der er sowohl der den Ausbruch der Cerebralen Demenz als auch die Veränderungen in der Natur und die den Träumen erklärte. Dagaris Adepten führten Experimente durch, um die Strahlung zu manipulieren und zum Versiegen <-- eine Strahlung kann man nicht zum Versiegen bringen. Eine Energiequelle, eine Wasserquelle, eine Ölquelle, ja. Strahlung kann z.B. geblockt werden, reflektiert werden, absorbiert werden. zu bringen. Sie planten, Gott mundtot zu machen!“ In seiner Empörung hatte der Legat die Stimme lauter als beabsichtigt erhoben. Nun bekreuzigte er sich, während der Papst ihm dankend zunickte.
„Mit dem Ausheben des Labors hat sich unser Glaubensbruder erneut um das Wohl der Kirche verdient gemacht. Doch verglichen mit dem, was sich gegenwärtig auf der anderen Seite des Atlantiks abspielt, war es nicht mehr als eine armselige Giftküche.“
Als schmirgele das gesprochene Wort an seinen Stimmbändern, hörte sich die Stimme des der Papstes mit jedem Satz rauer an. Während er sich den Kehlkopf massierte, malte der Legat die Bedrohung aus. <-- Ich würde den Nebensatz mit dem Legat umformulieren: anstelle "Bedrohung ausmalen" vielleicht: setzte der Legat seine Ausführungen fort.
„Der Erlösung unseres Volkes droht große Gefahr. Tausendfach finden die Pillen den Weg über das Meer. Sie lassen Gottes warnende Träume verstummen und dringen trotz drakonischer Bestrafung sogar bis ins Innere der Kirche vor. Wir müssen dieser Versuchung ein Ende setzen. Ein für alle Mal!“
„Der Grundstein ist gelegt“, erwiderte der Kardinal und zog aus einer in den Falten seines Gewandes versteckten Tasche ein Dokument hervor.
Ein blutleeres Lächeln umspielte die Lippen des Legaten.
„Sie kennen den Inhalt des päpstlichen Traums?“
„So ist es“, bestätigte der Papst anstelle des Kardinals, bevor er sich vom Bett aufstützte und an ihn wandte. „Schwören Sie es!“, forderte er ein, was ihm der Legat zuvor verwehrt hatte. „Schwören Sie, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit es nicht zum Schlimmsten kommt.“
Der Kardinal umfasste das um den Hals hängende Goldkreuz mit der linken Hand und hob die Rechte zum Schwur.
„Bei Gott dem Allmächtigen schwöre ich alles in meiner Macht Stehende zu tun, um die Heilige Allianz zum Erfolg zu führen.“
Mit einem Lächeln sank der Papst zurück ins Bett.


Vielleicht ist wieder etwas Hilfreiches für dich dabei.
Die Überarbeitung liest sich definitiv besser. Prima.

Folgekapitel würde ich sehr gerne lesen.


LG,
Constantine
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Feraud
Leseratte


Beiträge: 112
Wohnort: Bad Homburg


Beitrag09.05.2014 12:21

von Feraud
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Feraud,

Zitat:
zunächst möchte ich dir danken, dass dir der Großteil meiner Vorschläge sinnvoll erschien und ich nehme dein Angebot einer potentiellen, handsignierten Ausgabe gerne an. Smile


Abgemacht. Wird allerdings noch Monate dauern, bis ich am Endziel angelangt bin.

Zitat:
Feraud hat Folgendes geschrieben:
Schachtelsätze sind böse.

Soweit möchte ich nicht gehen. Manche meiner Lieblingsautoren sind bekannt für ihre verschachtelten Sätze. Ich denke, es kommt auf das Gesamtbild an, Wortwahl, Sprache, Atmosphäre, Finesse, Situation der beschriebenen Szene bzw. Handlung usw., ob sie für mich funktionieren oder eher nicht die passende Wahl darstellen.


Ok, aber ich Normalsterblicher lasse da mal lieber die Finger davon.

Zitat:
Feraud hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Deine Überarbeitung von "Turbulenzen" hat der Geschichte sehr geholfen.


Du meintest sicher: unsere Überarbeitung.

Einigen wir uns darauf: Es war unsere Überarbeitung, aber mit deinen Entscheidungen als Autor, was dir von meinen Kommentaren/Vorschlägen gefallen hat/passend erschien oder nicht. Dass du (fast) alle meine Vorschläge übernommen  hast, dafür kann ich nichts. Smile


Wenn ich viele deiner Vorschläge übernehme, dann liegt das an ihrer Qualität. Insofern kannst du schon was dafür :wink


Zu deiner neuen Version, Runde 2...*bing bing*

Zitat:
Der sterbende Papst

„Schwören Sie es!“, keuchte der Papst und berührte die Venenkanüle unter dem Schlüsselbein, durch die eine glukosehaltige Lösung lief.
Der Angesprochene verweilte reglos am Krankenbett und begutachtete den Zustand der einzigen Person, die ihn in der Kirchenhierarchie überschattete. Als habe der nahende Tod dem Kranken bereits einen Besuch abgestattet und ihn bei lebendigem Leibe einbalsamiert, schimmerte dessen Haut in einem gelblich-wächsernen Glanz. Der zurückliegende Leidensweg hatte die einstmals vollen Wangen ausgezehrt, während die Gliedmaßen von körpereigenem Gift und Medikamenten aufgedunsen waren. Die nächste Papstwahl kündigte sich an.
„Ich weiß, was Sie beschäftigt“, beendete der Papst das Schweigen. „Sie fürchten, die Einberufung des Konklaves findet vor ihrer Rückkehr statt.“
Der Halbschatten des Besuchers verschluckte die tief in die Höhlen zurückgezogenen Augen. Dem Besucher Ihm schien es, als starre er einen Totenschädel an.

Ok, einverstanden. Ursprünglich war in meiner Vorstellung das Zimmer schlecht ausgeleuchtet, aber das kam wohl nicht rüber. Und bevor ich hier noch groß aushole, übernehme ich deinen Vorschlag gerne.

 Doch der Verstand des Papstes arbeitete noch immer scharf wie ein Fallbeil. Jenes Fallbeil, mit dem er seine Gegner zur Strecke gebracht hatte, bis ihm ein innerer Gegner erwachsen war, den er mit Arglist und Tücke nicht zu bezwingen vermochte.
„Und in der Tat könnte ihre Furcht begründet sein“, rächte sich der Sterbende für die Weigerung des Anwesenden, einen Schwur zu leisten, den er nicht einzuhalten gewillt war. Denn das, was in den Augen des Papstes das Schlimmste war, erschien ihm als erstrebenswertes Ziel. <-- hier haben wir einen leichten Zusammenhangsfehler, der leicht zu beheben ist. Siehst du es? Aufgrunddessen, dass du den ersten Dialogsatz gekürzt hast, kommt dieser Wortlaut dort nicht mehr vor, auf welchen sich dieser Satz bzw. Absatz nun bezieht. Du müsstest diesen Absatz ein wenig überarbeiten, damit es wieder passt. Die Widersacher des Herrn hatten weder eine letzte Chance noch Erbarmen verdient. Im Alten Testament stand geschrieben, wie mit Sündenpfuhlen zu verfahren war. Feuer und Schwefel, Schwefel und Feuer. Sodom und Gomorrha.

Stimmt. Ist mir später auch aufgefallen.

„Und in der Tat könnte ihre Furcht begründet sein“, rächte sich der Sterbende für die Weigerung des Anwesenden den Schwur zu leisten.
Bis zu seiner Erkrankung hatte sich der Papst entschlossen und rücksichtslos gezeigt. Doch nun, im Angesicht des nahenden Todes, gewannen die Laster der Gnade und Toleranz die Oberhand. Jene Schwächen, die Gottes Zorn heraufbeschworen. Im Alten Testament stand geschrieben, wie mit den Feinden des Herrn zu verfahren war. Feuer und Schwefel, Schwefel und Feuer. Sodom und Gomorrha.



„Doch Sie sollen ihre Chance bekommen“, fuhr der Papst fort. „Ich werde per Dekret verfügen, das nach meinem Tode mit der Einberufung des Konklaves bis zu ihrer Rückkehr zu warten ist. Sollte die Mission erfolgreich verlaufen, wird Ihnen das Tor zur Macht weit offen stehen.“
Es oblag der Definition des Papstes, was unter Erfolg zu verstehen war. Als der Gefragte antwortete, kostete es ihn alle Selbstbeherrschung, die Wut ungewohnter Ohnmacht mit dem Mantel ergebenen Gleichmuts zu kaschieren.
„Ich danke eurer Heiligkeit für eure Güte und das mir entgegengebrachte Vertrauen.“
Der Papst setzte ein Totenlächeln auf.
„Die Last ihres Auftrags wiegt schwer. Zu schwer für eine Person.“
Er hob die zittrige Hand und tastete nach der Kordel, an deren Ende eine goldene Glocke baumelte. Ihr heller Ruf brach sich an den kunstvollen Schnitzereien der getäfelten Wände, hallte von biblischen Szenen wider und brandete als vielstimmiger Befehl gegen die Flügeltür, die beidseitig aufschwang. In ihrer Mitte stand ein Lakai und erwartete den Auftrag seines Herrn.<-- wie wäre es mit: verbeugte sich ehrerbietig/ehrfürchtig. Mit einem Lakai verbinde ich einen Diener, der Befehle entgegen nimmt. Für mich braucht es nicht, dies direkt zu erwähnen. Das impliziert der Begriff und die Situation für mich. Des Weiteren verwendest du den Begriff "Auftrag" später beim Kardinal passenderweise, hier unpassenderweise. Ich finde einen Gast reinzuführen ist kein Auftrag, sondern eine Order, ein Befehl.

Danke. Dein Vorschlag ist auch lebendiger. "Lakei" aus der Sicht des Legaten vermag die Geringschätzung gegenüber niedriger Gestellten auszudrücken.

In ihrer Mitte stand ein Lakai und verbeugte sich ehrfürchtig.


„Sagen Sie dem zweiten Gast, dass ich ihn empfange.“<-- wie wäre es stattdessen mit: "Ich empfange ihn." Mich stört weiterhin dieses erste "zweiter Gast", weil es erneut nachfolgt. Das folgende "zweiter Gast" finde ich passend.
Ein zweiter Gast?
Der Kardinal von New York trat ein.

Ich habe bei meiner letzten Überarbeitung ein paar Flüchtigkeitsfehler reingebaut. Soll nicht wieder vorkommen.

Nur einen Wimpernschlag währte die beiderseitige Überraschung der Konkurrenten, sich einander im Krankenlager des Papstes gegenüberzustehen.
„Eure Heiligkeit.“
Mit an Arroganz grenzender Selbstsicherheit verbeugte sich der Kardinal vor dem Todkranken und küsste dessen Fischerring.
„Ich danke euch für das Vertrauen, diesen Auftrag auszuführen.“
„Nicht Sie allein“, ergänzte der Papst und zeigte auf den ersten Gast. „Dem Legaten wird dieselbe Ehre zuteil.“
Der Kardinal wandte sich seinem Widersacher zu. Berechnende Kälte hatte den Ausdruck der Dankbarkeit aus seinem Gesicht verdrängt.
„Ich wusste nicht, dass ihre Anwesenheit vor Ort entbehrlich ist. Oder haben Sie bereits alle ketzerischen Elemente auf diesseits des Atlantiks bereits eliminiert?“

Danke

Der Legat stand im Ruf eines Jägers inquisitorischer Tradition. Es schmeichelte ihm, wenn man sagte, dass er doktrinär und unbarmherzig sei. Die Anwendung dieser Attribute war unerlässlich, wenn es darum ging, die Versuchungen, die das Seelenheil des Amerikanischen Volkes bedrohten, mit der notwendigen Härte abzuwehren. Seuchen, Naturkatastrophen, der Abfall vom Glauben ganzer Kontinente, das Erscheinen des Antichristen, die Auferstehung der Toten, die Apokalypse<-- was genau verstehst du unter Apokalypse? Eigentlich ist die Apokalypse gekennzeichnet durch Naturkatastrophen, Seuchen, Krieg und Tod, oder? Diesen Begriff kannst du mMn in deiner Aufzählung einsparen, da du das Gesicht der Apokalypse bereits in der Aufzählung zeigst. der Tag des Jüngsten Gerichts; all dies manches war bereits geschehen oder stand unmittelbar bevor. <-- ich denke mit "manches" zeigst du, dass einiges aus der Aufzählung bereits geschehen ist, anderes noch nicht und somit ergo noch bevorsteht. Muss nicht direkt erwähnt werden. Der Leser müsste es sich denken können.

Da habe ich jetzt nichts geändert. Die Seuchen, etc. können auch als Vorboten der Apokalypse und die Apokalyse als eigentliche "Apokalypse in der Apokalypse" gedeutet werden.

http://www.bibelwissenschaft.de/bibelkunde/neues-testament/offenbarung/

"manches" klingt mir zu unspektakulär im Vergleich zur jetzigen Variante.


„Sie irren sich“, erwiderte der Legat. „Von überall droht weiterhin Gefahr. Satan wird nicht ruhen, bis die Zeit der Prüfung vorüber ist und Gericht gehalten wird über die noch Lebenden und die Armee der Toten.“ <-- ich würde weiterhin zur Positionierung ans Satzende tendieren.

Na gut, wenn es dir so am Herzen liegt.  Laughing

„Erzählen Sie dem Kardinal von dem Labor“, forderte seine Heiligkeit den Legaten auf.
„Das Labor befand sich in der Kanalisation eines Vororts nahe Washington, der vor Jahren geräumt wurde. Eine häretische Diaspora Gelehrter arbeitete im Verborgenen an einem Heilmittel gegen die Cerebrale Demenz.“
„Sie wissen so gut wie ich, dass es keine Heilung gibt“, erwiderte der Kardinal. „Gott hat uns mit dieser Krankheit für den Abfall vom Glauben gestraft, und er allein kann sie wieder von uns nehmen.“
„Das stimmt“, bejahte der Legat, „Doch ändert dies nichts daran, dass der Irrglaube an Heilung das Seelenheil unseres Volkes bedroht. Sagt Ihnen der Name Dagari etwas?“
„Sollte es das?“
Der Kardinal schüttelte den Kopf, doch der Papst nickte.<-- diesen Satz würde ich streichen. Das Schütteln der Kopfes passt mMn nicht zum "Sollte es das?" des Kardinals. Mit dieser Frage hat sich das Kopfschütteln erledigt, denn der Kardinal weiß mit dem Namen Dagari nichts anzufangen. Das Nicken des Papstes ist genauso unwichtig, da der Papst den Legaten auffordert über das Labor zu berichten. Somit weiß der Papst von Dagari und seinen Machenschaften. Insofern ist der Gehalt dieses Satzes für mich gleich null und kann eingespart werden.

Stimmt, allerdings braucht man dann noch einen Sprecherhinweis für den folgenden Satz.

„Doktor Dagari war einer der wenigen Wissenschaftler, die nach Ausbruch der Demenz auf unserer Seite standen“, belehrte der Papst den Kardinal. „Er wollte beweisen, dass Gott existiert.“


„Doktor Dagari war einer der wenigen Wissenschaftler, die nach Ausbruch der Demenz auf unserer Seite standen. <-- wenn du in diesem Nebensatz "die" für den Plural von die Wissenschaftler verwendest, so musst du auch den Plural von "stand" verwenden. Er wollte beweisen, dass Gott existiert.“
„Eure Heiligkeit besitzt das Wissen einer Enzyklopädie“, sagte der Legat. Einer Enzyklopädie, die sich in Bälde für immer schließen würde. Geschmeichelt legte der Papst die Stirn in Falten, während er seinem Gedächtnis weitere Einzelheiten entrang.
„Es schon lange her. Sechszehn, ... nein: siebzehn Jahre, dass Dagari verschwunden ist. Wenn ich mich nicht irre, ist er auf einer Krisenkonferenz im Ausland ums Leben gekommen.“
„Er wurde in Marokko entführt“, ergänzte der Legat. „Was sicher auf das Gleiche hinausläuft. Doch selbst im Falle seiner Rückkehr hätte sich die Kirche seiner Dienste alsbald entledigt.“
Der Blick des Kardinals wanderte zwischen dem Papst und dem Legaten hin und her.
„Nun denn“, sagte er. „Ein ausgehobenes Labor und ein seit langem verstorbener Wissenschaftler <-- nun ja, als aufmerksamer Leser bemerke ich schon, dass du mich hier mit falschen Infos fütterst, mich durch Annahme falscher Voraussetzungen an der Nase herumführst und mir zuerst einen toten Wissenschaftler verkaufen möchtest, der sich im Laufe der Handlung als sehr lebendig und aktiv herausstellt und die Mission deiner beiden Protas, Kardinal und Legat, bildet. Wenn dies eine überraschende Wendung in deiner Story bilden soll, dann leider nicht bei mir. Sorry. Cool

Dieser mehr oder weniger überraschenden Wendung kommt keine all zu große Bedeutung zu. Im nächsten Kapitel deutet sich an, dass Dagari noch lebt. Und im übernächsten ist es schon Gewissheit. Abgesehen davon treten in diesem Kapitel nur Randfiguren auf Wink


 Wo ist der Zusammenhang?“
„Das will ich Ihnen erklären“, erwiderte der Legat. „Im Labor stand Dagaris Geist als eine wirre Ansammlung blasphemischer Theorien wieder auf. Zu Lebzeiten hat er behauptet, Gottes Wirken in Form einer Art Strahlung entdeckt zu haben, mit der er sowohl der den Ausbruch der Cerebralen Demenz als auch die Veränderungen in der Natur und die den Träumen erklärte. Dagaris Adepten führten Experimente durch, um die Strahlung zu manipulieren und zum Versiegen <-- eine Strahlung kann man nicht zum Versiegen bringen. Eine Energiequelle, eine Wasserquelle, eine Ölquelle, ja. Strahlung kann z.B. geblockt werden, reflektiert werden, absorbiert werden. zu bringen.

Danke. Ich habe das "Versiegen bringen" gestrichen.

 Sie planten, Gott mundtot zu machen!“ In seiner Empörung hatte der Legat die Stimme lauter als beabsichtigt erhoben. Nun bekreuzigte er sich, während der Papst ihm dankend zunickte.
„Mit dem Ausheben des Labors hat sich unser Glaubensbruder erneut um das Wohl der Kirche verdient gemacht. Doch verglichen mit dem, was sich gegenwärtig auf der anderen Seite des Atlantiks abspielt, war es nicht mehr als eine armselige Giftküche.“
Als schmirgele das gesprochene Wort an seinen Stimmbändern, hörte sich die Stimme des der Papstes mit jedem Satz rauer an. Während er sich den Kehlkopf massierte, malte der Legat die Bedrohung aus. <-- Ich würde den Nebensatz mit dem Legat umformulieren: anstelle "Bedrohung ausmalen" vielleicht: setzte der Legat seine Ausführungen fort.

Klingt mir wieder zu technisch. Wie wäre es mit:

verdeutlichte der Legat das Ausmaß der Bedrohung.


„Der Erlösung unseres Volkes droht große Gefahr. Tausendfach finden die Pillen den Weg über das Meer. Sie lassen Gottes warnende Träume verstummen und dringen trotz drakonischer Bestrafung sogar bis ins Innere der Kirche vor. Wir müssen dieser Versuchung ein Ende setzen. Ein für alle Mal!“
„Der Grundstein ist gelegt“, erwiderte der Kardinal und zog aus einer in den Falten seines Gewandes versteckten Tasche ein Dokument hervor.
Ein blutleeres Lächeln umspielte die Lippen des Legaten.
„Sie kennen den Inhalt des päpstlichen Traums?“
„So ist es“, bestätigte der Papst anstelle des Kardinals, bevor er sich vom Bett aufstützte und an ihn wandte. „Schwören Sie es!“, forderte er ein, was ihm der Legat zuvor verwehrt hatte. „Schwören Sie, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit es nicht zum Schlimmsten kommt.“
Der Kardinal umfasste das um den Hals hängende Goldkreuz mit der linken Hand und hob die Rechte zum Schwur.
„Bei Gott dem Allmächtigen schwöre ich alles in meiner Macht Stehende zu tun, um die Heilige Allianz zum Erfolg zu führen.“
Mit einem Lächeln sank der Papst zurück ins Bett.


Vielleicht ist wieder etwas Hilfreiches für dich dabei.
Die Überarbeitung liest sich definitiv besser. Prima.

Folgekapitel würde ich sehr gerne lesen.

Toll. Ich lese noch mal drüber und poste es dann.

LG,
Constantine

Off topic: wie verfasst du deine Beiträge? Mir fehlt ein WYSIWUG-Editor. Ich möchte komfortabel ohne HTML-Tags editieren. Der eingebaute Editor ist recht umständlich.
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Feraud
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Beitrag09.05.2014 12:22

von Feraud
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Der sterbende Papst

„Schwören Sie es!“, keuchte der Papst und berührte die Venenkanüle unter dem Schlüsselbein, durch die eine glukosehaltige Lösung lief.
Der Angesprochene verweilte reglos am Krankenbett und begutachtete den Zustand der einzigen Person, die ihn in der Kirchenhierarchie überschattete. Als habe der nahende Tod dem Kranken bereits einen Besuch abgestattet und ihn bei lebendigem Leibe einbalsamiert, schimmerte dessen Haut in einem gelblich-wächsernen Glanz. Der zurückliegende Leidensweg hatte die einstmals vollen Wangen ausgezehrt, während die Gliedmaßen von körpereigenem Gift und Medikamenten aufgedunsen waren. Die nächste Papstwahl kündigte sich an.
„Ich weiß, was Sie beschäftigt“, beendete der Papst das Schweigen. „Sie fürchten, die Einberufung des Konklaves findet vor ihrer Rückkehr statt.“
Der Halbschatten des Besuchers verschluckte die tief in die Höhlen zurückgezogenen Augen. Ihm schien, als starre er einen Totenschädel an. Doch der Verstand des Papstes arbeitete noch immer scharf wie ein Fallbeil. Jenes Fallbeil, mit dem er seine Gegner zur Strecke gebracht hatte, bis ihm ein innerer Gegner erwachsen war, den er mit Arglist und Tücke nicht zu bezwingen vermochte.
„Und in der Tat könnte ihre Furcht begründet sein“, rächte sich der Sterbende für die Weigerung des Anwesenden den Schwur zu leisten.
Bis zu seiner Erkrankung hatte sich der Papst entschlossen und rücksichtslos gezeigt. Doch nun, im Angesicht des nahenden Todes, gewannen die Laster der Gnade und Toleranz die Oberhand. Jene Schwächen, die Gottes Zorn heraufbeschworen. Im Alten Testament stand geschrieben, wie mit den Feinden des Herrn zu verfahren war. Feuer und Schwefel, Schwefel und Feuer. Sodom und Gomorrha.
„Doch Sie sollen ihre Chance bekommen“, fuhr der Papst fort. „Ich werde per Dekret verfügen, das nach meinem Tode mit der Einberufung des Konklaves bis zu ihrer Rückkehr zu warten ist. Sollte die Mission erfolgreich verlaufen, wird Ihnen das Tor zur Macht weit offen stehen.“
Es oblag der Definition des Papstes, was unter Erfolg zu verstehen war. Als der Gefragte antwortete, kostete es ihn alle Selbstbeherrschung, die Wut ungewohnter Ohnmacht mit dem Mantel ergebenen Gleichmuts zu kaschieren.
„Ich danke eurer Heiligkeit für eure Güte und das mir entgegengebrachte Vertrauen.“
Der Papst setzte ein Totenlächeln auf.
„Die Last ihres Auftrags wiegt schwer. Zu schwer für eine Person.“
Er hob die zittrige Hand und tastete nach der Kordel, an deren Ende eine goldene Glocke baumelte. Ihr heller Ruf brach sich an den kunstvollen Schnitzereien der getäfelten Wände, hallte von biblischen Szenen wider und brandete als vielstimmiger Befehl gegen die Flügeltür, die beidseitig aufschwang. In ihrer Mitte stand ein Lakai und verbeugte sich ehrfürchtig.
„Sagen Sie dem zweiten Gast, dass ich ihn empfange.“
Ein zweiter Gast?
Der Kardinal von New York trat ein. Nur einen Wimpernschlag währte die beiderseitige Überraschung der Konkurrenten, sich einander im Krankenlager des Papstes gegenüberzustehen.
„Eure Heiligkeit.“
Mit an Arroganz grenzender Selbstsicherheit verbeugte sich der Kardinal vor dem Todkranken und küsste dessen Fischerring.
„Ich danke euch für das Vertrauen, diesen Auftrag auszuführen.“
„Nicht Sie allein“, ergänzte der Papst und zeigte auf den ersten Gast. „Dem Legaten wird dieselbe Ehre zuteil.“
Der Kardinal wandte sich seinem Widersacher zu. Berechnende Kälte hatte den Ausdruck der Dankbarkeit aus seinem Gesicht verdrängt.
„Ich wusste nicht, dass ihre Anwesenheit vor Ort entbehrlich ist. Oder haben Sie bereits alle ketzerischen Elemente diesseits des Atlantiks eliminiert?“
Der Legat stand im Ruf eines Jägers inquisitorischer Tradition. Es schmeichelte ihm, wenn man sagte, dass er doktrinär und umbarmherzig sei. Die Anwendung dieser Attribute war unerlässlich, wenn es darum ging, die Versuchungen, die das Seelenheil des Amerikanischen Volkes bedrohten, mit der notwendigen Härte abzuwehren. Seuchen, Naturkatastrophen, der Abfall vom Glauben ganzer Kontinente, das Erscheinen des Antichristen, die Auferstehung der Toten, die Apokalypse, der Tag des Jüngsten Gerichts; all dies war bereits geschehen oder stand unmittelbar bevor.
„Sie irren sich“, erwiderte der Legat. „Von überall droht weiter Gefahr. Satan wird nicht ruhen, bis die Zeit der Prüfung vorüber ist und über die noch Lebenden und die Armee der Toten das letzte Gericht gehalten wird.“
„Erzählen Sie dem Kardinal von dem Labor“, forderte seine Heiligkeit den Legaten auf.
„Das Labor befand sich in der Kanalisation eines Vororts nahe Washington, der vor Jahren geräumt wurde. Eine häretische Diaspora Gelehrter arbeitete im Verborgenen an einem Heilmittel gegen die Cerebrale Demenz.“
„Sie wissen so gut wie ich, dass es keine Heilung gibt“, erwiderte der Kardinal. „Gott hat uns mit dieser Krankheit für den Abfall vom Glauben gestraft, und er allein kann sie wieder von uns nehmen.“
„Das stimmt“, bejahte der Legat, „Doch ändert dies nichts daran, dass der Irrglaube an Heilung das Seelenheil unseres Volkes bedroht. Sagt Ihnen der Name Dagari etwas?“
„Sollte es das?“
„Doktor Dagari war einer der wenigen Wissenschaftler, die nach Ausbruch der Demenz auf unserer Seite standen“, belehrte der Papst den Kardinal. „Er wollte beweisen, dass Gott existiert.“
„Eure Heiligkeit besitzt das Wissen einer Enzyklopädie“, sagte der Legat. Einer Enzyklopädie, die sich in Bälde für immer schließen würde. Geschmeichelt legte der Papst die Stirn in Falten, während er seinem Gedächtnis weitere Einzelheiten entrang.
„Es schon lange her. Sechszehn, ... nein: siebzehn Jahre, dass Dagari verschwunden ist. Wenn ich mich nicht irre, ist er auf einer Krisenkonferenz im Ausland ums Leben gekommen.“
„Er wurde in Marokko entführt“, ergänzte der Legat. „Was sicher auf das Gleiche hinausläuft. Doch selbst im Falle seiner Rückkehr hätte sich die Kirche seiner Dienste alsbald entledigt.“
Der Blick des Kardinals wanderte zwischen dem Papst und dem Legaten hin und her.
„Nun denn“, sagte er. „Ein ausgehobenes Labor und ein seit langem verstorbener Wissenschaftler. Wo ist der Zusammenhang?“
„Das will ich Ihnen erklären“, erwiderte der Legat. „Im Labor stand Dagaris Geist als eine wirre Ansammlung blasphemischer Theorien wieder auf. Zu Lebzeiten hat er behauptet, Gottes Wirken in Form einer Art Strahlung entdeckt zu haben, mit der er sowohl den Ausbruch der Cerebralen Demenz als auch die Veränderungen in der Natur und den Träumen erklärte. Dagaris Adepten führten Experimente durch, um die Strahlung zu manipulieren. Sie planten, Gott mundtot zu machen!“ In seiner Empörung hatte der Legat die Stimme lauter als beabsichtigt erhoben. Nun bekreuzigte er sich, während der Papst ihm dankend zunickte.
„Mit dem Ausheben des Labors hat sich unser Glaubensbruder erneut um das Wohl der Kirche verdient gemacht. Doch verglichen mit dem, was sich gegenwärtig auf der anderen Seite des Atlantiks abspielt, war es nicht mehr als eine armselige Giftküche.“
Als schmirgele das gesprochene Wort an seinen Stimmbändern, hörte sich die Stimme des Papstes mit jedem Satz rauer an. Während er sich den Kehlkopf massierte, verdeutlichte der Legat das Ausmaß der Bedrohung.
„Der Erlösung unseres Volkes droht große Gefahr. Tausendfach finden die Pillen den Weg über das Meer. Sie lassen Gottes warnende Träume verstummen und dringen trotz drakonischer Bestrafung sogar bis ins Innere der Kirche vor. Wir müssen dieser Versuchung ein Ende setzen. Ein für alle Mal!“
„Der Grundstein ist gelegt“, erwiderte der Kardinal und zog aus einer in den Falten seines Gewandes versteckten Tasche ein Dokument hervor.
Ein blutleeres Lächeln umspielte die Lippen des Legaten.
„Sie kennen den Inhalt des päpstlichen Traums?“
„So ist es“, bestätigte der Papst anstelle des Kardinals, bevor er sich vom Bett aufstützte und an ihn wandte. „Schwören Sie es!“, forderte er ein, was ihm der Legat zuvor verwehrt hatte. „Schwören Sie, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit es nicht zum Schlimmsten kommt.“
Der Kardinal umfasste das um den Hals hängende Goldkreuz mit der linken Hand und hob die Rechte zum Schwur.
„Bei Gott dem Allmächtigen schwöre ich alles in meiner Macht Stehende zu tun, um die Heilige Allianz zum Erfolg zu führen.“
Mit einem Lächeln sank der Papst zurück ins Bett.
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Feraud
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Beitrag09.05.2014 12:49

von Feraud
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Hallo,

anbei das zweite Kapitel der Geschichte.

Danke für das Feedback und lieben Gruß!

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Der Letzte seiner Art

Wie ein gehetztes Tier huschte der Mann über eine Zufahrtsstraße, deren Risse im Asphalt mit Gräsern und Büschen bewachsen waren. Nichts deutete auf einen Verfolger hin, und doch war ihm die Angst vor Entdeckung anzusehen. Sein halbes Leben hielt er sich versteckt. So lange schon, dass die geduckte Haltung und der nervös umherhuschende Blick angeboren schienen.
Er näherte sich einem mit Stacheldraht bespannten Drahtzaun. Schlinggewächse rekelten sich an ihm empor und machten den dahinter liegenden Gebäudekomplex, der einst die Arbeitsstätte des in den Untergrund verbannten Forschers gewesen war, fast unsichtbar. Dennoch erkannte er das wuchtige Portal des Hauptgebäudes wieder und blieb stehen. Er sah sich in jungen Jahren die Stufen auf und abschreiten, und die plötzliche Intensität verloren geglaubter Erinnerung drohte ihn zu übermannen. Er zwang sich weiter. Die Furcht vor den im Verborgen lauernden Häschern der Kirche trieb ihn an.
Das Labor, in dem er an der Heilung der Cerebralen Demenz geforscht hatte, war in der Kanalisation einer verlassenen Kleinstadt unweit von Washington versteckt gewesen. Doch selbst dort hatten die Bluthunde des Papstes ihn und die anderen Wissenschaftler aufgespürt. Als einziger war er ihnen entkommen, kam er sich vor wie das letzte Exemplar einer zum Aussterben verdammten Art.
Er erreichte den Zaun, entnahm dem mitgeführten Rucksack eine Drahtschere und knipste ein Loch durch den rostenden Draht und die dornigen Ranken. Ihm rann der Schweiß von der Stirn. Tropfen, die der im Zenit stehenden Sonne geschuldet waren, vermengten sich mit jenen der ihn begleitenden Angst.
Noch gab es Hoffnung. Diesseits des Atlantiks mochte er einer der Wenigen sein, die sich noch im Zeitalter der Aufklärung befanden, während der Rest der dezimierten Nation in einem neuen Mittelalter vegetierte. In weniger als zwei Jahrzehnten hatten die ausgebrochenen Schrecken und die wiederauferstandene Macht der Kirche das Rad der Zeit um Jahrhunderte zurückgedreht. Und vielleicht wäre auch er den Verlockungen göttlicher Erlösung erlegen, hätte er Dagaris Thesen nicht gekannt. In einer Nebelkammer hatte er die von ihm entdeckte Strahlung sichtbar gemacht und die erbverändernde Wirkung ihrer ionisierenden Kraft in einem Rasterelektronenmikroskop studiert. Für ihn war es mit der Forschung vorbei. Doch es gab andere, die weitermachten. Er kannte nur den Kontaktmann und wusste nicht, was für eine Organisation dahinter stand. Doch in ihren Reihen mussten sich einflussreiche Persönlichkeiten befinden, die den im Untergrund versteckten Wissenschaftlern konfiszierte Forschungspapiere aus dem Archiv der Kirche zugespielt hatten.
Er rannte über den verfilzten, mit Sträuchern überwucherten Boden, den er als makellosen Rasen in Erinnerung hatte, geradewegs auf das Hauptgebäude des Medical Institute zu. Früher war diese Forschungseinrichtung eine der größten des Landes gewesen, und der Schatten ihrer Vergangenheit flößte der Kirche noch immer so viel Respekt ein, dass sie jeden bestrafte, dessen Fuß den von ihr verdammten Grund berührte.
Die Scheibe neben der verschlossenen Tür war eingeschlagen. Weggerissene Bretter, mit denen das Fenster vernagelt gewesen war, lagen davor. Mit einem Gefühl der Befriedigung erkannte er, dass er nicht der Einzige war, der dem Willen der Kirche zuwiderhandelte. Er stieg ins Innere des Gebäudes ein, wo die grelle Helligkeit einem Halbdunkel wich, in dem umherschwebender Staub im einfallenden Sonnenlicht tanzte.
Er suchte das Pförtnerhäuschen, wo er sich in den ersten Wochen seiner Anstellung nach gesuchten Räumlichkeiten erkundet hatte. Mit Hilfe eines Lageplans fände er Dagaris altes Labor. Nach der Flucht hatte er auf Weisung des Kontaktmannes alles niedergeschrieben, an was er sich erinnerte. Doch zwischen seinen Notizen und dem Wissen, das beim Überfall der Kirche verloren gegangen war, klafften Jahre mühevollster Detailarbeit.
Obwohl kaum noch etwas Verwertbares in Dagaris Labor zu finden sein sollte, verspürte er ein brennendes Verlangen, die Wirkungsstätte jenes Mannes zu erkunden, der dem verborgenen Mechanismus des millionenfachen Todes auf die Schliche gekommen war. Auf eine gewisse Weise hielt er sich ebenfalls für gläubig. Er glaubte an den Segen der Forschung, deren Hohepriester der verstorbene Doktor Dagari war.
Die hüfthohe Tür zum gläsernen Pförtnerhäuschen stand offen. Alles war so, wie er es in Erinnerung hatte. Auf der Ablage befand sich die Kommunikationsanlage und an der Wand hing die alte Flagge der ehemaligen Vereinigten Staaten mit ihren 51 weißen Sternen anstelle der 52 Kreuze, nachdem Großbritannien Teil der Geheiligten Staaten von Amerika geworden war. Etwas unterhalb der Flagge ruhte der an die Wand montierte Schlüsselkasten. Die Metalltür war aufgebrochen, doch die meisten Schlüssel hingen noch immer an ihrem Platz. Auf der staubüberzogenen Ablage suchte er vergebens nach einem Lageplan. Daraufhin beugte er sich über eine Schreibtischschublade, die ihn offenstehend angähnte. Er lächelte, als er dort einen ganzen Stapel der gesuchten Pläne fand. Er faltete den obersten Plan auf und fuhr mit dem Zeigefinger über die Liste des einst in diesem Institut beschäftigten Personals.
Doktor Gerald Dagari.
Da stand der Name, der Sinnbild für alle verbliebene Hoffnung war. Und Dagaris altes Labor befand sich im selben Gebäude nicht weit von hier entfernt. Er wandte sich dem Schlüsselkasten zu, wo sein Blick dem ersten Stock entsprechend die obere Schlüsselreihe entlang wanderte. Die Schlüssel zu Dagaris Labor fehlte. Er hielt inne. Das eingeschlagene Fenster. Die offen stehende Schranktür. Der fehlende Schlüssel. Blitzartig wurde ihm klar, dass ihm ein anderer zuvor gekommen war. Als habe ihm diese Erkenntnis das Augenlicht geöffnet, bemerkte er Staubspuren, die nicht von ihm herrührten. Der Besuch des Fremden lag nicht lang zurück, und seine Nackenhaare sträubten sich, als ihm bewusst wurde, dass sich der andere Eindringling vielleicht noch immer in diesem Gebäude befand.
Um sich zu beruhigen, atmete er tief durch und hustete, als die staubige Luft in seine Lungen strömte. Das Echo seiner Anwesenheit hallte in den Fluren wieder.
„Großartig“, seufzte er.
Falls der Eindringling sich tatsächlich noch hier befand, hätte er diesen nun endgültig auf sich aufmerksam gemacht. Fast sehnte er sich eine Waffe herbei. Doch selbst, wenn er eine hätte, könnte er sie nicht bedienen.
Mit dem Lageplan bewaffnet trat er aus dem Pförtnerhäuschen, ging über einen verwaisten Flur und nahm die breite Rundtreppe, um zum höhergelegenen Stockwerk zu gelangen. Wie oft war er diesen Flur entlanggeschritten, war er in Gedanken versunken oder eines eiligen Termins wegen achtlos diese Stufen auf und ab spaziert? Alles erschien ihm vertraut und fremdartig zugleich, als wäre sein altes Leben nur ein Traum gewesen. Ein Schauder durchfuhr ihn beim Gedanken an den Traum, der den Menschen die einst geruhsame Nacht zur Hölle machte. Ein Geschenk für die Kirche, die in diesem Traum Gottes warnende Stimme erkannte. Der Vorgeschmack auf das, was Ungläubige und Sünder erwartete, war in Wahrheit ein Sekundärphänomen der Makrostrahlung, die durch Interferenzen mit dem körpereigenen elektrischen Feld zu Dissonanzen führte, deren Symptom dem Gehirn während des Schlafs zu schaffen machte. Es gefiel der Kirche ganz und gar nicht, dass sich Gottes Warnung mit den Blockern aus Übersee ebenso einfach ausschalten ließ wie einst leichter Kopfschmerz mit Aspirin. Allerdings war es schwer bis unmöglich, an die begehrten Blocker zu gelangen. Ohne den Segen der Geistlichkeit war schon die Einnahme eines fiebersenkenden Medikaments verboten. Wer Blocker besaß oder gar schluckte, der konnte von Glück sprechen, wenn er sich von einem Tribunal der Kirche verurteilt in einem Arbeitsorden wiederfand.
Während er über den Flur schritt, freute er sich, dass die bogenförmigen Buntglasfenster zur Rechten intakt geblieben waren. Auf der ihnen gegenüberliegenden Seite passierte er geschlossene Türen, bis er zu Dagaris altem Labor gelangte. Es stand offen, und er trat ein.
Ihn erwartete das typische Mobiliar eines Allerweltlabors. Allerdings fehlten die technischen Apparaturen, mit denen Dagari einstmals seine Entdeckungen gemacht hatte. Wahrscheinlich waren die Messgeräte und Versuchsapparaturen der Vernichtung durch die Kirche anheimgefallen.
Er verspürte Enttäuschung. Noch hatte er nicht einen einzigen der umstehenden Laborschränke untersucht, und doch schien es so gut wie ausgeschlossen, hier auf Spuren von Dagaris Wirken zu stoßen. Was hatte er erwartet?
Er trat auf den ersten Laborschrank zu und erstarrte, als er den Schatten in seinem Rücken mehr spürte als sah. Er fuhr herum, doch innerhalb eines Sekundenbruchteils materialisierte sich der Schatten zu einer brutalen Gewalt, die sich um seinen Hals schloss. Er meinte, sein Herz höre auf zu schlagen. Versteinert vor Angst wartete er auf das Geräusch seines brechenden Genicks oder den schmerzhaften Streich einer Klinge, die ihm über die Kehle fuhr.
„Schön ruhig bleiben“, flüsterte ihm eine Stimme rücklings ins Ohr, während eine Hand des Fremden ihn abtastete. Plötzlich löste sich die Umarmung um seinen Hals. Er wagte nicht, sich umzudrehen, als er das Schließen der Tür vernahm. Dann trat der Unbekannte in sein Gesichtsfeld.
„Mein Gott!“, fuhr es ihm heraus, als er den Anblick des Fremden sah. Was war mit diesem Gesicht geschehen? Nur an einer Seite des Ohrläppchens erkannte er normale Haut, während der Rest des Gesichts von narbigem Fleisch überzogen war. Teils war es schwärzlich verbrannt, teils schimmerte es rötlich, als ob ihm jemand die Haut abgezogen habe. Dieser Mann sah aus, als habe man sein Gesicht nicht einmal, sondern mehrfach in siedend heißes Fett getunkt.
„Ich weiß“, sagte der Fremde. „Selbst mir jagt der Blick in den Spiegel noch immer einen Schrecken ein.“
Mitgefühl überlagerte die Angst.
„Was ist passiert?“
Der Fremde fuhr sich mit der Handfläche über das verunstaltete Gesicht, ohne es zu berühren. „Säuredampf.“
Die Angst des Forschers war verflogen. An ihre Stelle trat Zorn.
„Hat Ihnen die Kirche das angetan?“
Das Gesicht des Fremden verzog sich zur Fratze und hätte der Mann nicht hörbar dabei gelacht, wäre es ihm unmöglich gewesen, die so bedrohlich wirkende Gefühlsregung zu erraten.
„Die Kirche hat viele Gräuel begangen. Doch an meinem Aussehen trägt sie keine Schuld.“ Die Fratze verwandelte zurück in eine Maske aus verbranntem Fleisch, aus der ein Augenpaar hervorlugte und ihn musterte. „Wer sind Sie, und was suchen Sie in diesem Raum?“
„Ich war einer derjenigen, die hier bis zur Schließung des Instituts gearbeitet haben. Und danach forschte ich weiter im Untergrund. Aber das geheime Labor gibt es nicht mehr. Die Kirche hat es ausgehoben.“ Es gab niemanden, mit dem er seine Ängste und Hoffnungen teilte. Wie im ganzen Land war auch der Großteil seiner Verwandtschaft der Cerebrale Demenz zum Opfer gefallen, und die Handvoll Lebender, die er noch kannte, brächte er durch Kontaktaufnahme in große Gefahr. „Wissen Sie, dass der Mann, der einst in diesem Labor forschte, die Ursache für den Ausbruch der Cerebralen Demenz entdeckt hat?“
„Sie meinen Doktor Dagari?“
Es war eine rhetorische Frage gewesen. Dass sein entstelltes Gegenüber die Antwort kannte und Dagaris Namen so selbstverständlich aussprach, als handele es sich um einen Nachbarn, dem er alltäglich einen guten Morgen wünschte, verschlug ihm fast die Sprache.
„Sie haben ihn gekannt?“
Der so grausam Entstellte nickte.
„Ich bin sein Assistent.“
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Klemens_Fitte
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Beitrag09.05.2014 14:05

von Klemens_Fitte
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Hallo Feraud,

ich hoffe, es ist okay, wenn ich an diesem Punkt mal in die Textarbeit einsteige. Ich hatte mich bislang zum ersten Teil nicht geäußert - einerseits, weil ich ohnehin nur die sehr einsichtigen Kommentare von Rainer Zufall und Constantine wiederholt hätte, andererseits, weil dein Einstieg einen recht geübten und routinierten Eindruck auf mich machte. Entsprechend verwirrt bin ich jetzt beim Lesen der Fortsetzung - kann es sein, dass du hier wesentlich weniger Zeit investiert hast? Zumindest geht es mir beim Schreiben oft so, dass ich sehr lange über den Einstieg grüble, alles richtig machen will, und in der Folge dann etwas nachlässiger werde. Ich möchte dir das jetzt gar nicht unterstellen, aber dieser zweite Teil weist m.E. doch einige Schludrigkeiten auf, sowohl inhaltlicher als auch sprachlicher Art.
Ich kritzel einfach mal ein bisschen in deinem Text rum, vielleicht wird dann klar, was ich meine.

Gruß,
Klemens

Feraud hat Folgendes geschrieben:
Der Letzte seiner Art

Wie ein gehetztes Tier huschte der Mann über eine Zufahrtsstraße, deren Risse im Asphalt mit Gräsern und Büschen bewachsen waren. Das Bild finde ich schief; die Risse sind doch nicht bewachsen, sondern die Gräser und Büsche wachsen aus den Rissen heraus bzw. durch die Risse hindurch, bzw. haben diese Risse doch erst verursacht, oder? 'Bewachsen' klingt dagegen nach 'draufgepflanzt'. Nichts deutete auf einen Verfolger hin, und doch war ihm die Angst vor Entdeckung anzusehen. Sein halbes Leben hielt er sich versteckt. Hier springst du aus der Handlung, um mir eine allgemeine Info über den Prota zu geben; kann man machen, ich find's in der Form etwas deplatziert. So lange schon, dass die geduckte Haltung und der nervös umherhuschende Blick angeboren schienen.
Er näherte sich einem mit Stacheldraht bespannten Drahtzaun. Wortwiederholung. Schlinggewächse rekelten sich an ihm empor Können sich Pflanzen räkeln? Das meint doch eher 'dehnen', 'strecken', etc. und machten den dahinter liegenden Gebäudekomplex, der einst die Arbeitsstätte des in den Untergrund verbannten Forschers gewesen war, fast unsichtbar. Naja, sie versperren vielleicht die Sicht auf den Komplex oder machen das Gebiet schwer einsehbar, aber sie machen ihn doch nicht unsichtbar, auch nicht fast. Dennoch erkannte er das wuchtige Portal des Hauptgebäudes wieder und blieb stehen. Er sah sich in jungen Jahren die Stufen auf und abschreiten Kann man Stufen auf und abschreiten? Man kann sie hinauf- und hinuntergehen. Auf und ab würde doch bedeuten, dass er auf einer Ebene hin und her geht. Und welche Stufen eigentlich? Ein Portal hast du erwähnt, aber doch keine Stufen., und die plötzliche Intensität verloren geglaubter Erinnerung drohte ihn zu übermannen. Er zwang sich weiter. Die Furcht vor den im Verborgen lauernden Häschern der Kirche trieb ihn an.
Das Labor, in dem er an der Heilung der Cerebralen Demenz geforscht hatte, war in der Kanalisation einer verlassenen Kleinstadt unweit von Washington versteckt gewesen. Doch selbst dort hatten die Bluthunde des Papstes ihn und die anderen Wissenschaftler aufgespürt. Als einziger war er ihnen entkommen, kam er sich vor wie das letzte Exemplar einer zum Aussterben verdammten Art. Diese Rückblende finde ich an diesem Punkt deswegen ungeschickt, weil sie direkt auf die Beschreibung des Gebäudekomplexes folgt - da liegt die Gefahr nahe, dass man als Leser das 'Labor' und diesen ominösen 'Gebäudekomplex' durcheinanderbringt bzw. im ersten Moment beides miteinander vermischt.
Er erreichte den Zaun, entnahm dem mitgeführten Rucksack eine Drahtschere und knipste ein Loch durch den rostenden Draht Man kann ein Loch in einen Drahtzaun schneiden, das dann durch den Zaun führt - aber man kann doch kein Loch durch einen Zaun schneiden/knipsen. und die dornigen Ranken. Ihm rann der Schweiß von der Stirn. Tropfen, die der im Zenit stehenden Sonne geschuldet waren, vermengten sich mit jenen der ihn begleitenden Angst.
Noch gab es Hoffnung. Diesseits des Atlantiks mochte er einer der Wenigen Gefährliches Halbwissen: 'Wenigen' ist ein Indefinitpronomen und wird klein geschrieben. Mache ich auch immer falsch. sein, die sich noch im Zeitalter der Aufklärung befanden, während der Rest der dezimierten Nation in einem neuen Mittelalter vegetierte. In weniger als zwei Jahrzehnten hatten die ausgebrochenen Schrecken und die wiederauferstandene Macht der Kirche das Rad der Zeit um Jahrhunderte zurückgedreht. Und vielleicht wäre auch er den Verlockungen göttlicher Erlösung erlegen, hätte er Dagaris Thesen nicht gekannt. In einer Nebelkammer hatte er die von ihm entdeckte Strahlung sichtbar gemacht und die erbverändernde Wirkung ihrer ionisierenden Kraft in einem Rasterelektronenmikroskop studiert. Für ihn Wer ist mit 'ihn' gemeint? war es mit der Forschung vorbei. Doch es gab andere, die weitermachten. Er kannte nur den Kontaktmann und wusste nicht, was für eine Organisation dahinter stand. Doch in ihren Reihen mussten sich einflussreiche Persönlichkeiten befinden, die den im Untergrund versteckten Wissenschaftlern konfiszierte Forschungspapiere aus dem Archiv der Kirche zugespielt hatten. Insgesamt finde ich, ist auch diese Rückblende etwas lieblos in die eigentliche Handlung gesetzt.
Er rannte über den verfilzten, mit Sträuchern überwucherten Boden, den er als makellosen Rasen in Erinnerung hatte, geradewegs auf das Hauptgebäude des Medical Institute zu. Früher war diese Forschungseinrichtung eine der größten des Landes gewesen, und der Schatten ihrer Vergangenheit flößte der Kirche noch immer so viel Respekt ein, dass sie jeden bestrafte, dessen Fuß den von ihr verdammten Grund berührte.
Die Scheibe neben der verschlossenen Tür war eingeschlagen. Weggerissene Bretter, mit denen das Fenster vernagelt gewesen war, lagen davor. Mit einem Gefühl der Befriedigung erkannte er, dass er nicht der Einzige war, der dem Willen der Kirche zuwiderhandelte. Er stieg ins Innere des Gebäudes ein, wo die grelle Helligkeit Klingt durch den 'Reim' irgendwie unschön. einem Halbdunkel wich, in dem umherschwebender Staub im einfallenden Sonnenlicht tanzte. Schwebt er jetzt oder tanzt er? Außerdem ist das so ein oft bemühtes Bild, das klingt wie aus dem Prosabaukasten.
Er suchte das Pförtnerhäuschen, wo er sich in den ersten Wochen seiner Anstellung nach gesuchten Räumlichkeiten erkundet hatte. Klingt sehr gewunden. Außerdem ist ein Pförtnerhäuschen doch genau dafür da; wozu das also erwähnen?Mit Hilfe eines Lageplans könnte[/color] fände er Dagaris altes Labor finden. Nach der Flucht hatte er auf Weisung des Kontaktmannes alles niedergeschrieben, an was er sich erinnerte. Doch zwischen seinen Notizen und dem Wissen, das beim Überfall der Kirche verloren gegangen war, klafften Jahre mühevollster Detailarbeit.
Obwohl kaum noch etwas Verwertbares in Dagaris Labor zu finden sein sollte dürfte?, verspürte er ein brennendes Verlangen, die Wirkungsstätte jenes Mannes zu erkunden, der dem verborgenen Mechanismus des millionenfachen Todes auf die Schliche gekommen war. Auf eine gewisse Weise hielt er sich ebenfalls für gläubig. Er glaubte an den Segen der Forschung, deren Hohepriester der verstorbene Doktor Dagari war.
Die hüfthohe Tür Eine hüfthohe Tür? Wie soll ich mir das vorstellen?zum gläsernen Pförtnerhäuschen stand offen. Alles war so, wie er es in Erinnerung hatte. Auf der Ablage befand sich die Kommunikationsanlage und an der Wand hing die alte Flagge der ehemaligen Vereinigten Staaten mit ihren 51 weißen Sternen anstelle der 52 Kreuze, nachdem worauf bezieht sich dieses 'nachdem'? Großbritannien Teil der Geheiligten Staaten von Amerika geworden war. Etwas unterhalb der Flagge ruhte der an die Wand montierte Schlüsselkasten.Wenn er an die Wand montiert ist, dann hängt er da und ruht nicht. Die Metalltür war aufgebrochen, doch die meisten Schlüssel hingen noch immer an ihrem Platz. Auf der staubüberzogenen Ablage suchte er vergebens nach einem Lageplan. Daraufhin beugte er sich über eine Schreibtischschublade, die ihn offenstehend angähnte. Er lächelte, als er dort einen ganzen Stapel der gesuchten Pläne fand. Er faltete den obersten Plan auf und fuhr mit dem Zeigefinger über die Liste des einst in diesem Institut beschäftigten Personals.
Doktor Gerald Dagari.
Da stand der Name, der Sinnbild für alle verbliebene Hoffnung war. Und Dagaris altes Labor befand sich im selben Gebäude nicht weit von hier entfernt. Er wandte sich dem Schlüsselkasten zu, wo sein Blick dem ersten Stock entsprechend die obere Schlüsselreihe entlang wanderte. Die Der Schlüssel zu Dagaris Labor fehlte. Er hielt inne. Das eingeschlagene Fenster. Die offen stehende Schranktür. Der fehlende Schlüssel. Blitzartig wurde ihm klar, dass ihm ein anderer zuvor gekommen war. Oben, bei den weggerissenen Brettern, bemerkt er doch, dass schon jemand vor ihm hier war, oder? Als habe ihm diese Erkenntnis das Augenlicht geöffnet Augen kann man öffnen, Augenlicht nicht., bemerkte er Staubspuren meinst du Spuren im Staub?, die nicht von ihm herrührten. Der Besuch des Fremden lag nicht lang zurück, und seine Nackenhaare sträubten sich, als ihm bewusst wurde, dass sich der andere Eindringling vielleicht noch immer in diesem Gebäude befand.
Um sich zu beruhigen, atmete er tief durch und hustete durch das 'und' klingt es so, als würde er tief durchatmen und husten, um sich zu beruhigen, als die staubige Luft in seine Lungen strömte. Das Echo seiner Anwesenheit hallte in den Fluren wieder.
„Großartig“, seufzte er.
Falls der Eindringling sich tatsächlich noch hier befand, hätte er diesen nun endgültig auf sich aufmerksam gemacht. Fast sehnte er sich eine Waffe herbei. Doch selbst, wenn er eine hätte, könnte er sie nicht bedienen.
Mit dem Lageplan bewaffnet trat er aus dem Pförtnerhäuschen, ging über einen verwaisten Flur und nahm die breite Rundtreppe, um zum höhergelegenen Stockwerk zu gelangen. Wie oft war er diesen Flur entlanggeschritten, war er in Gedanken versunken oder eines eiligen Termins wegen achtlos diese Stufen auf und ab spaziert spaziert? Wenn er einen eiligen Termin hat?? Alles erschien ihm vertraut und fremdartig zugleich, als wäre sein altes Leben nur ein Traum gewesen. Ein Schauder durchfuhr ihn beim Gedanken an den Traum, der den Menschen die einst geruhsame Nacht zur Hölle machte. Ein Geschenk für die Kirche, die in diesem Traum Gottes warnende Stimme erkannte. Der Vorgeschmack auf das, was Ungläubige und Sünder erwartete, war in Wahrheit ein Sekundärphänomen der Makrostrahlung, die durch Interferenzen mit dem körpereigenen elektrischen Feld zu Dissonanzen führte, deren Symptom dem Gehirn während des Schlafs zu schaffen machte. Es gefiel der Kirche ganz und gar nicht, dass sich Gottes Warnung mit den Blockern aus Übersee ebenso einfach ausschalten ließ wie einst leichter Kopfschmerz mit Aspirin. Allerdings war es schwer bis unmöglich, an die begehrten Blocker zu gelangen. Ohne den Segen der Geistlichkeit war schon die Einnahme eines fiebersenkenden Medikaments verboten. Wer Blocker besaß oder gar schluckte, der konnte von Glück sprechen, wenn er sich von einem Tribunal der Kirche verurteilt in einem Arbeitsorden wiederfand.Wieder eine Rückblende an einer Stelle, an der ich als Leser eigentlich am Fortgang der Handlung interessiert bin.
Während er über den Flur schritt, freute er sich, dass die bogenförmigen Buntglasfenster zur Rechten intakt geblieben waren. Er befindet sich an einem verbotenen Ort, ist auf der Flucht vor Häschern und auf der Spur eines unbekannten Dritten und hat Zeit, sich über Buntglasfenster zu freuen? Auf der ihnen gegenüberliegenden Seite passierte er geschlossene Türen, bis er zu Dagaris altem Labor gelangte. Es stand offen Die Tür stand offen, meinst du eher., und er trat ein.
Ihn erwartete das typische Mobiliar eines Allerweltlabors Typisch und Allerwelt finde ich doppelt gemoppelt.. Allerdings fehlten die technischen Apparaturen, mit denen Dagari einstmals seine Entdeckungen gemacht hatte. Wahrscheinlich waren die Messgeräte und Versuchsapparaturen der Vernichtung durch die Kirche anheimgefallen.
Er verspürte Enttäuschung. Noch hatte er nicht einen einzigen der umstehenden Laborschränke untersucht, und doch schien es so gut wie ausgeschlossen, hier auf Spuren von Dagaris Wirken zu stoßen. Was hatte er erwartet?
Er trat auf den ersten Laborschrank zu und erstarrte, als er den Schatten in seinem Rücken mehr spürte als sah. Er fuhr herum, doch innerhalb eines Sekundenbruchteils materialisierte sich der Schatten zu einer brutalen Gewalt Wenn der Schatten zu einer Hand, zu Fingern wird, die seinen Hals packen, dann kann ich das verstehen; eine brutale Gewalt, das finde ich irgendwie unpassend., die sich um seinen Hals schloss. Er meinte, sein Herz höre auf zu schlagen. Versteinert vor Angst wartete er auf das Geräusch seines brechenden Genicks oder den schmerzhaften Streich einer Klinge, die ihm über die Kehle fuhr.
„Schön ruhig bleiben“, flüsterte ihm eine Stimme rücklings Wie kann eine Stimme rücklings flüstern? Meinst du 'von hinten'? ins Ohr, während eine Hand des Fremden ihn abtastete. Plötzlich löste sich die Umarmung Umklammerung? um seinen Hals. Er wagte nicht, sich umzudrehen, als er das Schließen der Tür vernahm. Dann trat der Unbekannte in sein Gesichtsfeld.
„Mein Gott!“, fuhr es ihm heraus, als er den Anblick des Fremden sah. 'Den Anblick sehen' klingt für mich schief. Was war mit diesem Gesicht geschehen? Nur an einer Seite des Ohrläppchens erkannte er normale Haut, während der Rest des Gesichts von narbigem Fleisch überzogen war. Teils war es schwärzlich verbrannt, teils schimmerte es rötlich, als ob ihm jemand die Haut abgezogen habe. Dieser Mann sah aus, als habe man sein Gesicht nicht einmal, sondern mehrfach in siedend heißes Fett getunkt. Ich denke, ein beschreibender Vergleich tut's an dieser Stelle auch. Haut abziehen oder in Fett tunken.
„Ich weiß“, sagte der Fremde. „Selbst mir jagt der Blick in den Spiegel noch immer einen Schrecken ein.“
Mitgefühl überlagerte die Angst.
„Was ist passiert?“
Der Fremde fuhr sich mit der Handfläche über das verunstaltete Gesicht, ohne es zu berühren. „Säuredampf.“
Die Angst des Forschers war verflogen. An ihre Stelle trat Zorn.
„Hat Ihnen die Kirche das angetan?“
Das Gesicht des Fremden verzog sich zur Fratze und hätte der Mann nicht hörbar dabei gelacht, wäre es ihm unmöglich gewesen, die so bedrohlich wirkende Gefühlsregung zu erraten. Gefühlsregungen kann man deuten, aber erraten?
„Die Kirche hat viele Gräuel begangen. Doch an meinem Aussehen trägt sie keine Schuld.“ Die Fratze verwandelte sich zurück in eine Maske aus verbranntem Fleisch, aus der ein Augenpaar hervorlugte und ihn musterte. „Wer sind Sie, und was suchen Sie in diesem Raum?“
„Ich war einer derjenigen, die hier bis zur Schließung des Instituts gearbeitet haben. Und danach forschte ich weiter im Untergrund. Aber das geheime Labor gibt es nicht mehr. Die Kirche hat es ausgehoben.“ Es gab niemanden, mit dem er seine Ängste und Hoffnungen teilte. Wie im ganzen Land war auch der Großteil seiner Verwandtschaft der Cerebrale Demenz zum Opfer gefallen, und die Handvoll Lebender, die er noch kannte, brächte er durch Kontaktaufnahme in große Gefahr. Wieder eine etwas deplazierte Rückblende, m.E. „Wissen Sie, dass der Mann, der einst in diesem Labor forschte, die Ursache für den Ausbruch der Cerebralen Demenz entdeckt hat?“
„Sie meinen Doktor Dagari?“
Es war eine rhetorische Frage gewesen. Dass sein entstelltes Gegenüber die Antwort kannte und Dagaris Namen so selbstverständlich aussprach, als handele es sich um einen Nachbarn, dem er alltäglich einen guten Morgen wünschte, verschlug ihm fast die Sprache.
„Sie haben ihn gekannt?“
Der so grausam Entstellte nickte.
„Ich bin sein Assistent.“


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Feraud
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Beitrag09.05.2014 15:06

von Feraud
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Hallo Klemens_Fitte,

prima, dass sich noch jemand gefunden hat, der sich meiner annimmt und Constantine entlastet. Wink

Um ehrlich zu sein, hatte ich schon versucht, mir mit dem Kapitel Zeit zu lassen. Ich vermute, dass viele der sprachlichen Schludrigkeiten fehlender Routine geschuldet sind. Jedenfalls habe ich deine Kritik schon überflogen und oft genickt.

Ich gehe alles in Ruhe durch und poste dann eine hoffentlich bessere Version.

Lieben Gruß und danke!

Feraud
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Constantine
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Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag09.05.2014 16:15

von Constantine
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Hier meine Kommentare zu deinem Kapitel. Meiner Meinung nach bedarf es hier wesentlich mehr Überarbeitung als zu deinem ersten Kapitel. Sorry fürs Austoben. Sieht, glaube ich, schlimmer aus, als es ist. Nimm was dir passend erscheint.

LG,
Constantine

Feraud hat Folgendes geschrieben:


Der Letzte seiner Art

Wie ein gehetztes Tier huschte der Mann über eine Zufahrtsstraße, deren Risse im Asphalt mit Gräsern und Büschen <-- was sind das für große Risse im Asphalt, aus denen Büsche im Laufe der Jahre hätten wachsen können? Z.B. an seit Jahren nicht mehr befahrenen Gleisen sind meist nur Gräser zu sehen, auch Langhalmgräser, aber Büsche sind mir etwas zu dick aufgetragene Fauna bewachsen waren. Nichts deutete auf einen Verfolger hin, und doch war ihm die Angst vor Entdeckung entdeckt zu werden anzusehen. Sein halbes Leben hielt er sich versteckte er sich. So lange schon, dass die geduckte Haltung und der nervös umherhuschende Blick angeboren schienen.<-- diesen Satz würde ich ohne "angeboren schien" umformulieren und vor "Sein halbes Leben..." stellen. Ich denke er paßt da besser, aufgrund der Angst entdeckt zu werden. Zu dieser Angst entdeckt zu werden, kannst du die ihn jagenden klerikalen Häscher als Grund erwähnen.Somit hast du es alles gleich hier erklärt und kannst dich des Weiteren auf sein Eindringen konzentrieren.
Er näherte sich einem von Schlingpflanzen überwucherten Drahtzaun, der mit Stacheldraht bespannten gesichert war Drahtzaun. Schlinggewächse rekelten sich an ihm empor und machten Der dahinter liegenden Gebäudekomplex, der einst die Arbeitsstätte des in den Untergrund verbannten Forschers gewesen war,<-- unnötige Info, die du weglassen kannst. Dass es sich um die Arbeitstätte von Dagari handelt, der im Untergrund gearbeitet hat, erfährt der Leser in diesem Kapitel früh genug. Hier kommt es mir auf die Beschreibung eines flüssig geschriebenen Eindringens an, einige äußere Details, aber weniger bis keine erklärende Infos. Wessen Arbeitsstätte das ist, erklärt das Kapitel.  erschien dadurch fast unsichtbar. Dennoch erkannte er das wuchtige Portal des Hauptgebäudes wieder und blieb stehen<-- würde ich weglassen. Ich sehe deinen Protagonisten vor dem Zaun stehen und hindurchblicken, so wie du diese Szene beschreibst. Er sah sich in jungen Jahren als junger Mann die Stufen auf und abschreiten nehmen und zwang sich weiter, als die Erinnerung ihn zu überamnnen drohte., und die plötzliche Intensität verloren geglaubter Erinnerung drohte ihn zu übermannen. Er zwang sich weiter. Die Furcht vor den im Verborgen lauernden Häschern der Kirche trieb ihn an.
Das Labor, in dem er an der Heilung der Cerebralen Demenz geforscht hatte, war in der Kanalisation einer verlassenen Kleinstadt unweit von Washington versteckt gewesen. Doch selbst dort hatten die Bluthunde des Papstes ihn und die anderen Wissenschaftler aufgespürt. Als einziger war er ihnen entkommen, kam er sich vor wie das letzte Exemplar einer zum Aussterben verdammten Art. <-- Unterbrechung des Eindringens durch unnötige Erklärungen. Kannst du weglassen. Die Info über das Labor nahe Washington hast du in ersten Kapitel erwähnt, was damit geschehen ist und durch wen ausgehoben, und was für Forschungen dort betrieben wurden auch. Aufgrund der Erinnerung als junger Mann die Stufen hier genommen zu haben, ist dem Leser klar, dass er früher mal Mitarbeiter gewesen sein musste, auch, dass er den Plan des Komplexes besitzt bzw. sich an die Räumlichkeiten erinnert, zeigt dies. Des Weiteren findet in diesem Kapitel der Doktor Erwähnung, somit ist auch das Thema der Forschung bekannt und wird auch im späteren Dialog nochmal thematisiert.
Er erreichte den Zaun, <-- für mich steht er bereits vor dem Zaun. Wie will er durch die Überwucherungen sonst hindurch geblickt und das Gebäude dahinter gesehen haben? entnahm dem mitgeführten Rucksack eine Drahtschere und knipste ein Loch durch den rostenden Draht und die dornigen Ranken. <-- was er mit der Drahtschere vorhat, kann man sich denken und bedarf mMn keiner so detailierten Erwähnung. Einen Ticken zuviele Adjektive hier. Erneuter Kürzungsvorschlag von mir.  Ihm rann der Schweiß von der Stirn. Tropfen, die der im Zenit stehenden Sonne geschuldet waren, vermengten sich mit jenen der ihn begleitenden Angst.<-- dass er Angst hat, erwähnst du in diesem kurzen Textabschnitt bereits zum x-ten Mal. Kann weggelassen werden.
Noch gab es Hoffnung. Diesseits des Atlantiks mochte er einer der Wenigen sein, die sich noch im Zeitalter der Aufklärung befanden, während der Rest der dezimierten Nation in einem neuen Mittelalter vegetierte. In weniger als zwei Jahrzehnten hatten die ausgebrochenen Schrecken und die wiederauferstandene Macht der Kirche das Rad der Zeit um Jahrhunderte zurückgedreht. Und vielleicht wäre auch er den Verlockungen göttlicher Erlösung erlegen, hätte er Dagaris Thesen nicht gekannt. In einer Nebelkammer hatte er die von ihm entdeckte Strahlung sichtbar gemacht und die erbverändernde Wirkung ihrer ionisierenden Kraft in einem Rasterelektronenmikroskop studiert. Für ihn war es mit der Forschung vorbei. Doch es gab andere, die weitermachten. Er kannte nur den Kontaktmann und wusste nicht, was für eine Organisation dahinter stand. Doch in ihren Reihen mussten sich einflussreiche Persönlichkeiten befinden, die den im Untergrund versteckten Wissenschaftlern konfiszierte Forschungspapiere aus dem Archiv der Kirche zugespielt hatten.<-- für mich zu viel unnötige Info hier. Dass er Dagaris Mitarbeiter war wird ersichtlich, somit wird er auch an seiner Forschung teilgenommen haben. Was es mit der Strahlung auf sich hat, interessiert hier im Augenblick garnicht und nicht die Arbeitsschritte mit Nebelkammer und REM. Kann mMn alles gestrichen werden und die einizge wirklich wichtige Info ist der Kontaktmann und der wird später, glaube ich, erneut erwähnt.
Er rannte über den verfilzten, mit Sträuchern überwucherten Boden, den er als einst ein makelloser Rasen in Erinnerung hatte, geradewegs <-- er wird wahrscheinlich nicht mit Umwegen hinrennen, oder? auf das Hauptgebäude des Medical Institute zu. Früher war diese Forschungseinrichtung eine der größten des Landes gewesen, und der Schatten ihrer Vergangenheit flößte der Kirche noch immer so viel Respekt ein, dass sie jeden bestrafte, dessen Fuß den von ihr verdammten Grund berührte.<-- würde ich kürzen auf die Info, dass das Betreten dieses Geländes von der Kirche unter Strafe verboten ist.
Die eingeschlagene Scheibe neben der verschlossenen Tür war eingeschlagen. Weggerissene und Bretter, mit denen das Fenster vernagelt gewesen war, deuteten an, lagen davor. Mit einem Gefühl der Befriedigung erkannte er, dass er nicht der Einzige war, der dem Willen der Kirche zuwiderhandelte. Er lächelte zufrieden und stieg ins Innere des Gebäudes ein, wo die grelle Helligkeit einem Halbdunkel wich, in dem umherschwebender Staub im einfallenden Sonnenlicht tanzte. <-- für mich wieder zu viel: grelle Helligkeit und Halbdunkel versus umherschwebender Staub und einfallendes Sonnenlicht. Ich entscheide mich für Staub und Sonnenlicht. "tanzte" ist mir zu lyrisch in dieser Situation.Ich denke, da findest du ein besseres Verb.
Er suchte das Pförtnerhäuschen, wo er sich in den ersten Wochen seiner Anstellung nach gesuchten Räumlichkeiten erkundet hatte. , darauf hoffend einen Lageplan zu finden, der ihn zu Dagaris Labor führen würde. Mit Hilfe eines Lageplans fände er Dagaris altes Labor. Nach der Flucht hatte er auf Weisung des Kontaktmannes alles niedergeschrieben, an was er sich erinnerte. Doch zwischen seinen Notizen und dem Wissen, das beim Überfall der Kirche verloren gegangen war, klafften Jahre mühevollster Detailarbeit.
Obwohl kaum noch etwas Verwertbares in Dagaris Labor zu finden sein sollte, verspürte er ein brennendes Verlangen,
Die Wirkungsstätte jenes Mannes zu erkunden, der dem verborgenen Mechanismus des millionenfachen Todes auf die Schliche gekommen war. Auf eine gewisse Weise hielt er sich ebenfalls für gläubig. <-- Zusammenhang? Würde betonen, dass du nicht Dagari, sondern den Eindringling meinst. Aber eigentlich würde ich diesen Satz auch weglassen Er glaubte an den Segen der Forschung, deren Hohepriester der verstorbene Doktor Dagari war.
Die hüfthohe Tür zum gläsernen Pförtnerhäuschen stand offen. Alles war so, wie er es in Erinnerung hatte. Auf der Ablage befand sich die Kommunikationsanlage und an der Wand hing die alte Flagge der ehemaligen Vereinigten Staaten mit ihren 51 weißen Sternen anstelle der 52 Kreuze, nachdem Großbritannien Teil der Geheiligten Staaten von Amerika geworden war. Etwas unterhalb der Flagge ruhte der an die Wand montierte fand er den aufgebrochenen Schlüsselkasten. Die Metalltür war aufgebrochen, doch die meisten Schlüssel hingen noch immer an ihrem Platz. Auf der staubüberzogenen Ablage suchte er vergebens nach einem Lageplan. Daraufhin beugte er sich über eine offene Schreibtischschublade, die ihn offenstehend angähnte. Er lächelte, als er dort einen ganzen Stapel der gesuchten Pläne vorfand. Er entfaltete den obersten Plan auf und fuhr mit dem Zeigefinger über die Personalliste des einst in diesem Institut beschäftigten Personals.
Doktor Gerald Dagari.
Da stand Der Name, der Sinnbild für alle verbliebene Hoffnung war. Und Dagaris altes Sein Labor befand sich im selben Gebäude nicht unweit von hier entfernt. Er wandte sich dem Schlüsselkasten zu, wo sein Blick dem ersten Stock entsprechend die obere Schlüsselreihe entlang wanderte. Der Schlüssel zu Dagaris Labor fehlte. Er hielt inne. Das eingeschlagene Fenster. Die offen stehende Schranktür. Der fehlende Schlüssel. Blitzartig wurde ihm klar, dass ihm Ein anderer war ihm zuvor gekommen war. Als habe ihm Mit dieser Erkenntnis das Augenlicht geöffnet, bemerkte er fremde Spuren im Staub Staubspuren, die nicht von ihm herrührten. Der Besuch des Fremden lag nicht lange zurück erst vor Kurzem hinterlassen worden waren, und Seine Nackenhaare sträubten sich., als ihm bewusst wurde, dass sich Der andere Eindringling konnte sich vielleicht noch immer in diesem Gebäude befinden.
Um sich zu beruhigen, atmete Er atmete tief durch und hustete, als die staubige Luft in seine Lungen strömte. Das Echo seiner Anwesenheit hallte in den Fluren wieder.
„Großartig“, seufzte er.
Falls der Eindringling sich tatsächlich noch hier befand, hätte er diesen nun endgültig auf sich aufmerksam gemacht. <-- kann man sich als Leser denken. Unnötige Erwähnung. Fast sehnte er sich eine Waffe herbei. Doch selbst, wenn er eine hätte, könnte er sie nicht bedienen.
Mit dem Lageplan bewaffnet(Komma) trat er aus dem Pförtnerhäuschen, ging über einen verwaisten Flur und nahm die breite Rundtreppe, um zum höhergelegenen nächsten Stockwerk zu gelangen. Wie oft war er diesen Flur entlanggeschritten, war er in Gedanken versunken oder eines eiligen Termins wegen achtlos diese Stufen auf und ab spaziert? Alles erschien ihm vertraut und fremdartig zugleich, als wäre sein altes Leben nur ein Traum gewesen. Ein Schauder durchfuhr ihn beim Gedanken an den Traum, der den Menschen die einst geruhsame Nacht zur Hölle machte. Ein Geschenk für die Kirche, die in diesem Traum Gottes warnende Stimme erkannte. Der Vorgeschmack auf das, was Ungläubige und Sünder erwartete, war in Wahrheit ein Sekundärphänomen der Makrostrahlung, die durch Interferenzen mit dem körpereigenen elektrischen Feld zu Dissonanzen führte, deren Symptom dem Gehirn während des Schlafs zu schaffen machte. Es gefiel der Kirche ganz und gar nicht, dass sich Gottes Warnung mit den Blockern aus Übersee ebenso einfach ausschalten ließ wie einst leichter Kopfschmerz mit Aspirin. Allerdings war es schwer bis unmöglich, an die begehrten Blocker zu gelangen. Ohne den Segen der Geistlichkeit war schon die Einnahme eines fiebersenkenden Medikaments verboten. Wer Blocker besaß oder gar schluckte, der konnte von Glück sprechen, wenn er sich von einem Tribunal der Kirche verurteilt in einem Arbeitsorden wiederfand.<-- sind diese Gedanken und Erinnerungen deines verängstigten Protas in dieser angespannten Situation wirklich logisch? Warum baust du diesen Informationsblock hier ein, anstelle die Spannung zu halten? Würde ich weglassen und bei anderer Verwendung in diesem Kapitel stark einkürzen. Wichtig sind, denke ich, die Blocker, ihre Wirkung und ihr verbotener Besitz.
Während er über den Flur schrittschlich, freute er sich, dass die bogenförmigen Buntglasfenster zur Rechten intakt geblieben waren. Auf der ihnen gegenüberliegenden Seite passierte er geschlossene Türen, bis er zu Dagaris altem Labor gelangte. Es stand offen, und er trat ein.<-- Mit dem folgenden "Ihn erwartete..." ist klar, dass er das Labor betrat, somit kannst du dies weglassen.
Ihn erwartete das typische Mobiliar eines Allerweltlabors<-- Ausdruck. In einem Labor spricht man nicht von Mobiliar, sondern von Ausstattung oder Einrichtung. Man sagt auch, ein eingerichtetes Labor. Was du mit "typisch" und "Allerweltlabor" meinst, ist nicht klar in deinem Bildungsroman smile Ich würde auf diesen Ausdruck verzichten und eher auf das zerstörte und fehlende Inventar der Gerätschaften eingehen. Allerdings fehlten die technischen Apparaturen<-- Ausdruck! Ist eine Apparatur nicht schon von sich aus technisch? Wie wäre es mit (Labor-)Geräte. , mit denen Dagari einstmals seine Entdeckungen gemacht hatte Forschung betrieben hatte. Wahrscheinlich waren die Messgeräte und Versuchsapparaturen der Vernichtung durch die Kirche anheimgefallen.<-- kannst du weglassen. Der Leser weiß, dass die Kirche das Labor ausgehoben hat und kann sich diese Schlussfolgerung denken, oder?
Er verspürte Enttäuschung. Noch hatte er nicht einen einzigen der umstehenden Laborschränke untersucht, und doch schien es so gut wie ausgeschlossen, hier auf Spuren von Dagaris Wirken zu stoßen. Was hatte er erwartet?
Hoffnungsvoll eine Spur von Dagaris Arbeit zu finden, trat er trat auf den ersten Laborschrank zu und erstarrte, als er den Schatten in seinem Rücken mehr spürte als sah. <-- warum so kompliziert? Lass ihn ruhig einen Schatten zu spät bemerkten. Er fuhr herum, doch innerhalb eines Sekundenbruchteils materialisierte sich der Schatten zu einer brutalen Gewalt, die sich um seinen Hals schloss. <-- erneut sehr umständlich und unnötig distanziert beschrieben. Beschreibe es direkter, geh näher an deinen Prota ran. Wie wäre es, wenn dein Prota plötzlich kräftige Hände um seinen Hals spürt, die ihn würgen? Er meinte, sein Herz höre auf zu schlagen. Versteinert vor Angst wartete er <-- Ausdruck! "Warten" wahrscheinlich nicht. Der scheint nicht wirklich an seinem Leben zu hängen, wenn er sich nicht wehrt oder zumindest eine emotionale Reaktion macht. Befürchten, panisch sein, in Todesangst sein. auf das Geräusch seines brechenden Genicks oder den schmerzhaften Streich einer Klinge, die ihm über die Kehle fuhr.<-- "schmerzhafter Streich" ist mir zu lyrisch und von einem Messer ist nirgends die Rede. Um seinen Hals ist eine kräftige Hand. würde diesen Satzteil weglassen.
„Schön ruhig bleiben“, flüsterte ihm eine Stimme rücklings ins Ohr, während ihn die andere eine Hand des Fremden ihn abtastete. Plötzlich löste sich die Umarmung <-- Ausdruck! zu lyrisch. "Umarmung" bedarf desweiteren zweier Hände oder Arme, oder? Der Griff löste sich... um seinen Hals. Er wagte nicht, sich umzudrehen, als er das Schließen der Tür vernahm. Dann trat der Unbekannte in sein Gesichtsfeld.
„Mein Gott!“, fuhr es ihm heraus<-- Ausdruck. Vielleicht findest du eine schönere Beschreibung. , als er den Anblick des Fremden sah. Was war mit diesem Gesicht geschehen? Nur an einer Seite des Ohrläppchens erkannte er normale gesunde Haut, während der Rest des Gesichts von narbigem Fleisch überzogen war. Teils war es teils schwärzlich verbrannt war oder rötlich , teils schimmerte es rötlich, als ob ihm jemand wäre die Haut abgezogen habe worden. Dieser Mann sah aus, als habe man sein Gesicht nicht einmal, sondern mehrfach in siedend heißes Fett getunkt.<-- würde ich weglassen. Später erwähnst du "Säuredampf". Das reicht.
„Ich weiß“, sagte der Fremde. „Selbst mir jagt der Blick in den Spiegel noch immer einen Schrecken ein.“
Mitgefühl überlagerte die Angst.<-- würde ich weglassen. Die folgende Frage des Prota zeigt, dass er keine Angst verspürt und aufgrund der Frage zeigt er mitfühlendes Interesse über die Verletzungen. Würde jemand ohne Mitgefühl sonst fragen?
„Was ist passiert?“
Der Fremde fuhr sich mit der Handfläche über das verunstaltete Gesicht, ohne es zu berühren. „Säuredampf.“
Die Angst des Forschers war verflogen. An ihre Stelle trat Zorn.
„Hat Ihnen die Kirche das angetan?“
Das Gesicht des Fremden verzog sich zur Fratze und hätte der Mann nicht hörbar <-- Lachen ist hörbar, oder? dabei gelacht, wäre es ihm unmöglich gewesen, die so bedrohlich wirkende Gefühlsregung zu erraten.
„Die Kirche hat viele Gräuel begangen. Doch an meinem Aussehen trägt sie keine Schuld.“ Die Fratze verwandelte sich zurück in eine Maske aus verbranntem Fleisch, aus der ein Augenpaar hervorlugte und ihn musterte. „Wer sind Sie, und was suchen Sie in diesem Raumhier?“
„Ich war einer derjenigen, die hier bis zur Schließung des Instituts gearbeitet haben<-- hier kannst genauer werden und ihn als Mitarbeiter von Dagari vorstellen. Den Dialog müsstest du dann dahingehend etwas optimieren. Und danach forschte ich weiter im Untergrund. Aber das geheime Labor gibt es nicht mehr. Die Kirche hat es ausgehoben. Es gab niemanden, mit dem er seine Ängste und Hoffnungen teilte. Wie im ganzen Land war auch der Großteil seiner Verwandtschaft der Cerebrale Demenz zum Opfer gefallen, und die Handvoll Lebender, die er noch kannte, brächte er durch Kontaktaufnahme in große Gefahr. <-- Info, die für mich im Augenblick unpassend und uninteressant ist. „Wissen Sie, dass der Mann, der einst in diesem Labor forschte, die Ursache für den Ausbruch die Cerebralen Demenz entdeckt hat?“
„Sie meinen Doktor Dagari?“
Es war eine rhetorische Frage gewesen. Dass sein entstelltes Gegenüber die Antwort kannte und Dagaris Namen so selbstverständlich aussprach, als handele es sich um einen Nachbarn, dem er alltäglich einen guten Morgen wünschte, verschlug ihm fast die Sprache.
„Sie haben ihn gekannt?“
Der so grausam Entstellte nickte.
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Feraud
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Beitrag09.05.2014 19:53

von Feraud
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Hallo Klemens_Fitte, hallo Constantine,

ich habe zuerst Klemens_Fitte und dann Constanines Anmerkungen in die Überarbeitung einbezogen. Was die Reduzierung der Rückblenden angeht, seid ihr euch einig. Entsprechend habe ich den Infodump reduziert, was Tempo und Spannung zugute kommt.

Die sprachlichen Ungenauigkeiten und Fehler hoffe ich auch Dank Klemens_Fitte Amerkungen zum größten Teil beseitigt zu haben.

Constantine hat - ganz im Sinne von Rainer Zufall wink - noch kräftig auf Passagen hingewiesen, die dem Leser klar sein sollten und deshalb gestrichen werden können. Oft - aber nicht immer - bin ich dem gefolgt. Und du hast mir wieder Stellen aufgezeigt, wo man Dinge einfacher formulieren kann.

Wahrscheinlich ist es mir geschuldet, dass sich inhaltliche Missverständnisse eingeschlichen haben:

- der Forscher des ausgehobenen Labors hat mit Dagari nicht zusammegearbeitet. Sie waren zur damaligen Zeit lediglich Kollegen unter vielen
- das ausgehobene Labor befindet sich nicht in dem geräumten Institut

Falls diese Missverständnisse existieren, wäre ich dankbar für einen Hinweis, welche Passagen zu der Verwirrung geführt haben.

Von meiner Muttersprache einmal abgesehen, besteht die größte Herausforderung darin, in das Szenario der zukünftigen Welt ohne zu viel Infodump einzuführen. Tue ich das nicht, geht der Leser von seinen Alltagserfahrungen aus. Außer zu Unverständnis führt das dann zu Kommentaren wie: Büsche wachsen nicht im Asphalt (Ursprünglich hatte ich auf der Straße sogar Bäume wachsen lassen Smile)

Ich beschreibe hier mal kurz das Szenario der Geschichte:

In naher Zukunft brechen mehrere Heimsuchungen über die Menschheit herein und bedrohen deren Fortbestand. Eine als Cerebrale Demenz bezeichnete Krankheit rafft einen Teil der Weltbevölkerung dahin. Eine Erkrankung führt innerhalb weniger Tage unweigerlich zum Tod. Ursache und Heilung der Cerebralen Demenz verwehren sich allen Forschungsanstrengungen. Kaum mehr weiß man über den Ursprung des Tiefentraums, der das Opfer im Tiefschlaf befällt. Nur dessen Folgen brennen sich ins Gedächtnis ein: das an Gewissheit grenzende Gefühl, etwas Schrecklichem entronnen zu sein und hartnäckige Kopfschmerzen, die daran erinnern, dass das im Schlaf Durchlittene kein gewöhnlicher Albtraum war.
Angesichts der Bedrohung der eigenen Existenz verkommt die zunehmende Anzahl von Missgeburten zur Nebensache. Dabei handelt es sich nicht um begrenzte Abnormalitäten, sondern gehört das neugeborene Geschöpf zu einer anderen Art. Kleiner, den Verstand der menschlichen Eltern auf ein Minimum reduziert, von Instinkten getrieben, in natürliches Fell gekleidet und mit Reißzähnen und Klauen bewehrt. In Freiheit pflanzen sich die als Bastarde bezeichneten Wesen untereinander fort.
Während die Menschheit um das Überleben kämpft, blüht das nichtmenschliche Leben auf. Flora und Fauna unterliegen einem beschleunigten Wachstum, neue Arten entstehen über Nacht.
Die politischen Systeme halten dem Druck nicht stand, brechen zusammen und begraben die öffentliche Ordnung unter sich. Aus dem Chaos des Niedergangs ragen zwei Diktaturen hervor. Der Deutsche Städtebund regiert mittels eines Beamtenapparats und setzt auf die Forschung. Die Amerikanische Kirche dagegen hält die Heimsuchungen für eine Strafe Gottes und sieht die Errettung im Glauben an Gott. Innere Konflikte erschüttern beide Diktaturen, deren Ideologien unvereinbar einander gegenüberstehen. Insbesondere die Amerikanische Kirche fühlt sich durch die Forschung des Deutschen Städtebundes bedroht, ist es diesem doch gelungen, eine Pille zu entwickeln, deren Einnahme den Tiefentraum verhindert und somit Gottes warnende Stimme zum Schweigen bringt.

Ein ganz dolles Dankeschön für eure Zeit und Hilfe.

Lieben Gruß!

Feraud
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Feraud
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Beitrag09.05.2014 19:55

von Feraud
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Anbei die überarbeitete Version des zweiten Kapitels.

Wie immer einen lieben Dank für die Zeit, die ihr in die Geschichte investiert.

Der Letzte seiner Art

In geduckter Haltung huschte der Mann wie ein gehetztes Tier über eine Zufahrtsstraße, aus deren Risse Gräser und ganze Büsche wuchsen. Nichts deutete auf einen Verfolger hin, und doch war ihm die Furcht vor den im Verborgen lauernden Häschern der Kirche anzusehen. Sein halbes Leben hielt er sich versteckt. So lange schon, dass die geduckte Haltung und der nervös umherhuschende Blick angeboren schienen.
Er näherte sich einem mit Stacheldraht bespannten Zaun. Mit Dornen bestückte Kletterpflanzen, deren gelbfarbene Blätter vor Berührung warnten, hangelten sich an ihm empor und versperrten den Blick auf den dahinter liegenden Gebäudekomplex, der einst die Arbeitsstätte des in den Untergrund verbannten Forschers gewesen war. Dennoch erkannte er das wuchtige Portal des Hauptgebäudes wieder und blieb stehen. Er sah sich in jungen Jahren über die Eingangstreppe des Gebäudes zu seiner einstigen Arbeitsstätte gehen und zwang sich weiter, als ihn die plötzliche Intensität verloren geglaubter Erinnerung zu übermannen drohte.
Er ging in die Hocke, entnahm dem mitgeführten Rucksack eine Drahtschere und begann, ein Loch durch dornige Ranken und rostendes Metall zu knipsen. Dabei bereute er es, nicht an Handschuhe gedacht zu haben, denn einige der Dornen erreichten fast Streichholzlänge, und mehrfach riss er sich die Haut an ihren Widerhaken auf. Wie so viele Arten war auch diese ein Produkt der Bestialisierung und wucherte in ganz Amerika. Als das Werk vollendet war, stand ihm der Schweiß auf der Stirn. Tropfen, die der Anstrengung geschuldet waren, vermengten sich mit jenen der ihn begleitenden Angst.
Noch gab es Hoffnung. Diesseits des Atlantiks mochte er einer der wenigen sein, die sich noch im Zeitalter der Aufklärung befanden, während der Rest der dezimierten Nation in einem neuen Mittelalter vegetierte. In kaum zwei Jahrzehnten hatten die ausgebrochenen Schrecken und die wiederauferstandene Macht die Kirche das Rad der Zeit um Jahrhunderte zurückgedreht, und vielleicht wäre auch er den Verlockungen göttlicher Erlösung erlegen, wären ihm Dagaris Thesen unbekannt. Doch er hatte die Wahrheit gesehen, in einer Nebelkammer die von dem Doktor entdeckte Strahlung betrachtet und die erbverändernde Wirkung ihrer ionisierenden Kraft in einem Rasterelektronenmikroskop studiert.
Er rannte über den verfilzten, mit Sträuchern überwucherten Boden, den er als makellosen Rasen in Erinnerung hatte, auf das Hauptgebäude des Medical Institute zu. Früher war diese Forschungseinrichtung eine der größten des Landes gewesen, und der Schatten ihrer Vergangenheit flößte der Kirche noch immer so viel Respekt ein, dass sie jeden bestrafte, dessen Fuß den von ihr verdammten Grund berührte.
Die Scheibe neben der verschlossenen Tür war eingeschlagen. Weggerissene Bretter, mit denen das Fenster vernagelt gewesen war, deuteten an, dass er nicht der Einzige war, der dem Willen der Kirche zuwiderhandelte. Er stieg ins Innere des Gebäudes ein. In der Luft schwebender Staub glänzte im einfallenden Sonnenlicht.
Wo befand sich Dagaris Labor? Auf der Suche nach einem Lageplan ging er zum Pförtnerhäuschen.
Obwohl kaum noch etwas Verwertbares in dem Labor zu finden sein dürfte, verspürte er ein brennendes Verlangen, die Wirkungsstätte jenes Mannes zu erkunden, der dem verborgenen Mechanismus des millionenfachen Todes auf die Schliche gekommen war. Auf eine gewisse Weise hielt er sich ebenfalls für gläubig. Er glaubte an den Segen der Forschung, deren Hohepriester der verstorbene Doktor Dagari war. Sollte er dennoch fündig werden, so würde er es dem Kontaktmann übergeben, der den im Untergrund versteckten Wissenschaftlern konfiszierte Forschungspapiere aus dem Archiv der Kirche zugespielt hatte. Es gab andere, die weitermachten. Dies konnte, durfte nicht das Ende sein.
Er stieg über die hüfthohe Schwenktür des gläsernen Pförtnerhäuschens. Alles war so, wie er es in Erinnerung hatte. Auf der Ablage befand sich die Kommunikationsanlage und auf einem Foto an der Wand wehte die alte Flagge der ehemaligen Vereinigten Staaten mit ihren 51 weißen Sternen anstelle der 52 Kreuze, nachdem Großbritannien ein Bundesstaat der Geheiligten Staaten von Amerika geworden war. Etwas unterhalb der Flagge hängte der Schlüsselkasten. Die Metalltür war aufgebrochen, doch die Schlüssel schienen noch immer vollständig an ihrem Platz zu sein. Auf der staubüberzogenen Ablage suchte er vergebens nach einem Lageplan. Daraufhin beugte er sich über eine offene Schreibtischschublade. Er lächelte, als er dort einen Stapel der gesuchten Pläne fand. Er entfaltete den obersten Plan und fuhr mit dem Zeigefinger über die Personalliste des Instituts.
Sc. D. Gerald Dagari.
Da standen Titel und Name jener Person, deren geistiges Erbe Sinnbild aller verbliebenen Hoffnung war. Sein Labor befand sich im selben Gebäude unweit von hier entfernt. Er wandte sich dem Schlüsselkasten zu. Der Schlüssel zu Dagaris Labor fehlte. Er hielt inne. Das eingeschlagene Fenster. Die offen stehende Schranktür. Der fehlende Schlüssel. Blitzartig wurde ihm klar, dass sich noch jemand für Dagaris Labor interessierte, und nun bemerkte er auch den auf der Ablage verwischten Staub. Seine Nackenhaare sträubten sich, als ihm bewusst wurde, dass sich dieser jemand vielleicht noch immer in diesem Gebäude befand.
Er atmete tief durch. Staubige Luft strömte in seine Lungen und löste einen Hustenreiz aus. Das Echo seiner Anwesenheit hallte in den Fluren wieder.
„Großartig“, seufzte er.
Fast sehnte er sich eine Waffe herbei. Doch selbst, wenn er eine hätte, könnte er sie nicht bedienen.
Mit dem Lageplan bewaffnet, trat er aus dem Pförtnerhäuschen, ging über einen verwaisten Flur und nahm die breite Rundtreppe, um zum nächsten Stockwerk zu gelangen. Wie oft war er diesen Flur entlanggeschritten, war er in Gedanken versunken oder eines bevorstehenden eiligen Termins wegen achtlos diese Stufen auf und ab geeilt? Alles erschien ihm vertraut und fremdartig zugleich, als wäre sein altes Leben nur ein Traum gewesen. Ein Schauder durchfuhr ihn beim Gedanken an den Traum, der den Menschen die einst geruhsame Nacht zur Hölle machte und der Kirche in die Hände spielte.
Er schritt entlang des Flurs vorbei an verschlossenen Türen und gelangte zu Dagaris altem Labor. Die Tür stand offen.
Ihn erwartete die typische Ausstattung eines Labors. Allerdings fehlten die Apparaturen, mit denen Dagari einstmals seine Entdeckungen gemacht hatte. Wahrscheinlich waren die Messgeräte und Versuchsapparaturen der Vernichtung durch die Kirche anheimgefallen.
Er verspürte Enttäuschung. Noch hatte er nicht einen einzigen der umstehenden Laborschränke untersucht, und doch erschien ihm bereits jetzt alle Hoffnung, noch auf Spuren von Dagaris Wirken zu stoßen, vergebens. Was hatte er erwartet?
Er trat auf den ersten Laborschrank zu, als er einen Schatten hinter seinem Rücken spürte. Er fuhr herum, doch innerhalb eines Sekundenbruchteils materialisierte sich der Schatten zu einer kraftvollen Hand, die sich um seinen Hals schloss. Er meinte, sein Herz höre auf zu schlagen. Versteinert vor Angst glaubte er, der Druck müsse ihm den Kehlkopf zerquetschen oder das Genick bräche ihm entzwei.
„Schön ruhig bleiben“, flüsterte ihm eine Stimme ins Ohr, während die andere Hand des Fremden ihn abtastete. Plötzlich löste sich der Griff um seinen Hals. Er wagte nicht, sich umzudrehen, als er das Schließen der Tür vernahm. Dann trat der Unbekannte in sein Gesichtsfeld.
„Wie furchtbar!“, fuhr es ihm heraus, als er den Anblick des Fremden sah. Was war mit seinem Gesicht geschehen? Teils war es schwärzlich verbrannt, teils schimmerte es rötlich, als habe man ihm die Haut abgezogen. Dieser Mann sah aus, als habe man ihn mehrfach in siedend heißes Fett getunkt. Nur an einer Seite des Ohrläppchens erkannte er einen Fetzen gesunder Haut.
„Ich weiß“, sagte der Fremde. „Selbst mir jagt der Blick in den Spiegel noch immer einen Schrecken ein.“
„Was ist passiert?“
Der Fremde fuhr sich mit der Handfläche über das verunstaltete Gesicht, ohne es zu berühren. „Säuredampf.“
Die Angst des Forschers war verflogen. An ihre Stelle trat Zorn.
„Hat Ihnen die Kirche das angetan?“
Das Gesicht des Fremden verzog sich zur Fratze und hätte der Mann nicht dabei gelacht, wäre es ihm unmöglich gewesen, die so bedrohlich wirkende Gefühlsregung zu deuten.
„Die Kirche hat viele Gräuel begangen. Doch an meinem Aussehen trägt sie keine Schuld.“ Die Fratze verwandelte zurück in eine Maske aus verbranntem Fleisch, aus der ein Augenpaar hervorlugte.
„Wer sind Sie, und was suchen Sie hier?“
„Ich war einer der Angestellten, die bis zur Schließung in diesem Institut gearbeitet haben. Und danach forschte ich weiter im Untergrund. Aber das geheime Labor gibt es nicht mehr. Die Kirche hat es ausgehoben. Wissen Sie, dass der Mann, der einst in diesem Labor forschte, die Ursache für den Ausbruch der Cerebralen Demenz entdeckt hat?“
„Sie meinen Doktor Dagari?“
Es war eine rhetorische Frage gewesen. Dass sein Gegenüber die Antwort kannte und Dagaris Namen in der Beiläufigkeit des alltäglichen nannte, verschlug ihm fast die Sprache.
„Sie haben ihn gekannt?“
Der so grausam Entstellte nickte.
„Ich bin sein Assistent.“
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Constantine
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Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag10.05.2014 15:07

von Constantine
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Hallo Feraud,

Feraud hat Folgendes geschrieben:
Wahrscheinlich ist es mir geschuldet, dass sich inhaltliche Missverständnisse eingeschlichen haben:

- der Forscher des ausgehobenen Labors hat mit Dagari nicht zusammengearbeitet. Sie waren zur damaligen Zeit lediglich Kollegen unter vielen
- das ausgehobene Labor befindet sich nicht in dem geräumten Institut

Falls diese Missverständnisse existieren, wäre ich dankbar für einen Hinweis, welche Passagen zu der Verwirrung geführt haben.

Du erwähntest in deiner ersten Version deines 2. Kapitels zu Beginn das Labor im Vorort von Washington, wodurch bei mir eine synaptische Missverknüpfung zur folgenden Handlung entstand und ich annahm, dass wir es hier mit dem Eindringen eines ehemaligen Mitarbeiters von Dagari zum Forschungsinstitut haben, der darin das geheime Labor Dagaris sucht.
Nun hast du diese Erwähnung mit deiner Überarbeitung weggelassen und ich denke, nun funktioniert es besser, dass der Leser erkennt, dass er es hier mit einem komplett anderen Forschungsinstitut, eigentlich sogar dem offiziellen Arbeitsplatz Dagaris, zu tun hat.

LG,
Constantine
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Feraud
Leseratte


Beiträge: 112
Wohnort: Bad Homburg


Beitrag10.05.2014 19:25

von Feraud
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Clementine,


Zitat:
Zitat:
Du erwähntest in deiner ersten Version deines 2. Kapitels zu Beginn das Labor im Vorort von Washington, wodurch bei mir eine synaptische Missverknüpfung zur folgenden Handlung entstand und ich annahm, dass wir es hier mit dem Eindringen eines ehemaligen Mitarbeiters von Dagari zum Forschungsinstitut haben, der darin das geheime Labor Dagaris sucht.

Zitat:
Nun hast du diese Erwähnung mit deiner Überarbeitung weggelassen und ich denke, nun funktioniert es besser, dass der Leser erkennt, dass er es hier mit einem komplett anderen Forschungsinstitut, eigentlich sogar dem offiziellen Arbeitsplatz Dagaris, zu tun hat.


danke für die Rückmeldung. Dann ist die Ursache des Missverständnisses ja schon ausgeräumt und muss an dieser Stelle nichts mehr anpassen. Sehr gut smile


Ich habe jetzt auch einen passenden Editor für das Verfassen der Beiträge in diesem Forum gefunden. Die Wanderung durch die Textwüste aus Prosa und Pseudo-HTML-Code in dem Minifenster des DSFO-Editors finde ich so anstrengend, dass ich gestern auf explizite Antworten zu euren Überarbeitungen verzichtet habe. 


Damit komme ich besser zurecht: http://www.sceditor.com/


Ich möchte noch das dritte Kapitel und den Anfang des vierten Kapitels (ist etwas länger) posten. Das vierte Kapitel ist ein Bruch, und ich weiß nicht, ob man das so lassen kann.


Lieben Gruß!


Feraud 
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Feraud
Leseratte


Beiträge: 112
Wohnort: Bad Homburg


Beitrag10.05.2014 19:51

von Feraud
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo,

anbei das dritte Kapitel. Ich vermute, dass ich mich mit "statischen" Szenen (kein Ortswechel, dialoglastig - siehe erstes Kapitel) leichter tue, als mit "dynamischen" Szenen, in denen der Fokus auf der Beschreibung der Umgebung liegt  (zweites Kapitel). Dieses Kapitel gehört in die erste Kategorie.

Lieben Gruß!

========================  

Von den Toten auferstanden

„Das kann doch nicht wahr sein!“ Der Colonel schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „In der ganzen Brigade muss doch wenigstens ein Soldat aufzutreiben sein, der Deutsch spricht.“
„Sir! Es tut mir leid, Sir! Aber es hat sich niemand auf den Aufruf gemeldet.“
„Dann war ihr Aufruf eben nicht deutlich genug. Muss ich mich wegen ihrer Unfähigkeit an den Major General wenden, damit er ihre Aufgabe übernimmt und die ganze Division durchsucht?“
Der Stuff Sergeant schwieg. Man sah ihm an, wie es in seinem Kopf rotierte, während er krampfhaft überlegte, mit welcher Aussage ihm die Flucht aus der misslichen Situation gelang. Der Colonel gab sich erzürnt, und er spielte seine Rolle gut. Natürlich konnte der Sergeant nichts dafür, dass sich keiner der Männer zur deutschen Sprache bekannte. Die Angst vor den Konsequenzen war zu groß. Für diese Mission mochte die Kirche auf deutschsprachige Soldaten angewiesen sein, doch wie der Klerus danach mit ihnen verfahren würde, stand auf ein einem anderen Blatt.
„Vielleicht noch einen Aufruf, Sir!“, räusperte sich der Sergeant. „Möglicherweise ...“
Die eben noch starr geradeaus gerichteten Augen des Unteroffiziers blickten an dem Colonel vorbei.
„Was ist?“, fragte er den Unteroffizier und schaute hinter sich.
„Da kriecht was!“, stieß der Sergeant hervor und hob die Arme, wie um einen bevorstehenden Angriff abzuwehren.
„Verfluchtes Getier!“, zischte der Colonel und fuhr herum, denn auch er hatte den fingerlangen Schatten über den Boden huschen und unter dem Schreibtisch verschwinden sehen. „Jagen Sie das Scheißvieh und bringen Sie es um!“
„Jawohl!“, antwortete der Sergeant, rührte sich aber nicht vom Fleck.
Der Colonel stieß einen Fluch aus und sprang auf den Schreibtisch, um nach dem an der Wand hängenden Säbel zu greifen, der ihm als Offizier des Marine Corps verliehen worden war. In einer fließenden Bewegung zog er den glänzenden Stahl aus der Scheide.
„Ist das Viech noch unter mir?“
Der Sergeant, der mittlerweile bis zur gegenüberliegenden Wand zurückgewichen war, nickte.
„Ich glaube schon.“
Mit einem Satz sprang der Colonel vom Schreibtisch, duckte sich und ließ den Säbel mit ausgetrecktem Arm unter dem Schreibtisch spazieren fahren.
„Da läuft es!“, schrie der Sergeant und sprang vor. Der Colonel wirbelte herum und sah gerade noch, wie das Insekt mit einem schmatzenden Geräusch unter dem zutretenden Stiefel des Unteroffiziers verschwand.
„Gut gemacht!“, schnaufte der Colonel, während der Sergeant mit einer weiteren Links-rechts-Drehung seines Stiefels auf Nummer sicher ging. Dann warfen sie einen Blick auf den glänzenden Brei aus Chitin und Innereien, aus dem gezackte Beinchen und Fühler ragten.
„Glauben Sie, dass es giftig war?“, fragte der Sergeant.
Der Colonel kratzte sich den roten Schnauzbart. In diesem Sommer waren Insektenbisse nach Cerebraler Demenz und Selbstmord die Todesursache Nummer Drei. Von Florida aus drangen die kriechenden Killer nach Virginia und fast bis an die kanadische Grenze vor, bevor die Kälte des Winters ihren Vormarsch stoppte. Ob die Entstehung dieser Kreaturen ebenfalls mit der von Dagari entdeckten Strahlung zu erklären war?
„Starten Sie einen weiteren Aufruf“, sagte der Colonel und entließ den Sergeant.
Er schritt zum Fenster und blickte über die Werft des Norfalk Navy Yard. Der Truppentransporter lag im Schatten eines Flugzeugträgers, der seit nunmehr siebzehn Jahren dort ankerte und an einen gestrandeten Wal erinnerte. Der päpstliche Legat hatte zunächst auf ein Schlachtschiff der Iowa-Klasse bestanden. Doch in der Kürze der Zeit war es unmöglich gewesen, eine dieser schwimmenden Festungen zu reaktivieren und die dafür notwendige Besatzung aufzutreiben. In den Augen der Kirche war die Navy verzichtbar, und die Folgen des unaufhörlichen Sterbens hatten sich verheerend auf ihre Einsatzbereitschaft ausgewirkt. Letztlich hatte der Legat den Truppentransporter akzeptiert.
Es klopfte an der Tür.
„Herein!“
Der Captain trat ein und tat dabei, als sehe er den noch immer gezogenen Säbel in der Hand des Colonels nicht. Mit militärischem Gruß brachte er sein Anliegen hervor.
„Ich bitte um eine Unterredung, Sir!“
„Kommen Sie rein und schließen Sie die Tür.“
„Danke, Sir!“
Nachdem der Captain die Tür hinter sich geschlossen hatte, blickte er fragend auf den Säbel.
„Da drüben!“, deutete sein Vorgesetzter mit der Spitze der Waffe auf das zermatschte Insekt, bevor er den Captain mit finsterem Blick fixierte und auf ihn zutrat.
„Warum zum Teufel kommst du hierher?“, flüsterte er. „Wir müssen jeden Kontakt vermeiden. Als Befehlshaber der Landstreitkräfte dieser Operation bin ich von den Spitzeln der Kirche umringt.“
Der kleinste Fehler gefährdete den Erfolg ihrer Mission. Nach der Aushebung des geheimen Labors stand fest, dass die Heilung der Cerebralen Demenz in der Heimat nicht mehr zu erbringen war. Nun setzte der Widerstand die letzte Hoffnung auf ihren offizieller Feind. Dem Deutschen Städtebund musste gelingen, wozu sie nicht imstande waren. Und zu diesem Zweck hatten sie alle Unterlagen über Dagaris Forschung, derer sie habhaft wurden, gesammelt, um sie den Deutschen zuzuspielen.
„Es ist wichtig“, flüsterte der Captain zurück. „Dagari lebt.“
Gerade wollte der Colonel den Säbel in die Scheide zurückführen, als er mitten in der Bewegung innehielt und wie zu einem Kriegerdenkmal erstarrte. „Das ist ganz und gar unmöglich! Dagari wurde vor siebzehn Jahren in Marokko von Aufständischen entführt und umgebracht.“
„Er lebt!“ Die Augen des Captains glänzten in fiebriger Erregung. „Niemand kann sich eine solche Geschichte ausdenken, wie sie derjenige erzählt hat, der von sich behauptet, Dagaris Assistent zu sein.“
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