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Piezke Leseratte
Alter: 37 Beiträge: 132
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05.04.2014 16:22
von Piezke
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Ein Mann wacht am Krankenbett seiner klinisch toten Tochter. Damit ist die Wacht drin, flüchtig liest sich die Szene samt Reminiszenzen auch und es gibt keine Pointe. Aber, wo ist das Foto? Ich kann kein Handlungselement schlüssig auf das Bild projezieren.
Ein Vater steht vor der unmenschlichen Aufgabe, die lebenserhaltenden Maßnahmen für seine kleine Tochter abzustellen. Er erinnert sich daran, wie es so weit kommen konnte, wie alles so weit kommen konnte, und lässt sie schließlich gehen.
Das drückt natürlich enorm auf die Tränendrüse: Ehefrau und Mutter tot, Tochter hirntot und der Mann bringt die Stärke auf, Lebewohl zu sagen. Ist das in der Form große Literatur? Nein. Ist es effektiv? Definitiv. Wenn Kinder leiden, wenn das Familienidyll zerfleddert wird, dann leide ich mit.
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Herbert Blaser Eselsohr
Alter: 58 Beiträge: 313 Wohnort: Basel
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06.04.2014 08:07
von Herbert Blaser
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Ich liebe meine Kinder. Darum berührt mich der Text. Aber er ist zu schwülstig. Will der Vater Selbstmord machen? 4 Federn
_________________ Wie haben wir den Mut in einer Welt zu leben, in der die Liebe durch eine Lüge provoziert wird, die aus dem Bedürfnis besteht, unsere Leiden von denen mildern zu lassen, die uns zum Leiden brachten?
Marcel Proust |
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anuphti Trostkeks
Alter: 58 Beiträge: 4320 Wohnort: Isarstrand
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06.04.2014 19:29
von anuphti
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Dieser Text ist mir zu sehr auf Tränendrüse geschrieben.
Und mangelt an Sachkenntnis (im medizinischen Bereich) und emotionalen Bereich (Hausaufgaben und Schokoladeneis als das wichtigste im Leben der einzigen Tochter)
So bedrückend das Thema ist, so sehr ärgert mich die Umsetzung.
Die Wacht ist erkennbar, die Brücke ist da (metaphorisch), aber die Schatten unter der Brücke vermisse ich.
Für mich Mittelfeld.
LG
Nuff
_________________ Pronomen: sie/ihr
Learn from the mistakes of others. You don´t live long enough to make all of them yourself. (Eleanor Roosevelt)
You don´t have to fight to live as you wish; live as you wish and pay whatever price is required. (Richard Bach) |
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Pony Eselsohr
Alter: 68 Beiträge: 269 Wohnort: NRW
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06.04.2014 20:41
von Pony
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Hi,
Es ist nicht so einfach, hierzu etwas zu sagen. Die Vorgaben sind verarbeitet, soweit ich das beurteilen kann. Die Geschichte ist traurig, aber auch ein wenig mystisch. Ein Vater nimmt Abschied von seinem Kind und es liest sich, als stände der Vater ebenfalls an der Grenze zum Jenseits. Der Dialog ist zwar einseitig, aber nur wir, die Leser, können die Antworten des Kindes nicht hören. Der Vater sehr wohl. Dieser mystische Aspekt gefällt mir gut.
Ansonsten ist mir die Geschichte ein wenig zu herzergreifend.
Das Ende lässt vermuten, dass der Vater seinem Leben in Kürze selbst ein Ende bereiten wird. Damit hätten wir eine Pointe. Aber da ich das nicht eindeutig behaupten kann, werde ich das bei der Befederung nicht berücksichtigen.
Eine Frage:
Warum steht der Dialog, in der Rückblende (Beerdigung der Mutter) nicht in Gänsefüßchen? Die Striche vor jeder Dialogzeile sind ungewöhnlich und irritieren mich.
Viel Glück
Pony
_________________ Manche Kommentare sind wie Fisherman's Friends: Sind sie zu stark, bist du zu schwach |
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Lupo Eselsohr
Beiträge: 364 Wohnort: Pegnesien
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07.04.2014 05:17 Abschied von Lupo
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Berührend und beklemmend sind hier die letzten Verrichtungen dargestellt, und die hilflosen Trostworte an ein sterbendes Kind.
Falls eigenes Erleben hinter dem Text steht, will ich nicht an Formulierungen mäkeln.
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Nordlicht Waldschrätin
Beiträge: 3761
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08.04.2014 00:51
von Nordlicht
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Deinen Text finde ich gut gelungen, du umschiffst die Klippen des Kitsch und der Tränendrüse haarscharf – das ist bei solchen Szenen immer schwierig. Die „Äuglein“ finde ich in dem Bezug vllt etwas viel. Da deine Protas mit einem Kind reden, finde ich den Text sprachlich passend.
Das Thema hast du gut umgesetzt.
_________________ If I waited for perfection, I would never write a word - Margaret Atwood |
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Vogel Eselsohr
Beiträge: 436
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09.04.2014 13:53
von Vogel
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Sorry, das regt mich auf. Ich tue Dir jetzt bestimmt ganz viel Unrecht, aber mir kommt bei so einem Text das Grausen. Ein tragisches Thema macht noch keinen tiefgründigen Text. Natürlich kommen einem als Vater unwillkürlich die Tränen, wenn man so was liest. Aber gleichzeitig ärgere ich mich über so eine Sprache: ganz doll traurig, Äuglein, Ärmchen, fein, Schutzengel. Und bitte, die Mutter ist auch noch tot?
Auf dem Jahrmarkt gab es früher so Drucke von Ölbildern zu gewinnen, wo Kleinkinder drauf waren, die dicke Tränen weinen. Tut mir leid, aber so klingt für mich Dein Text.
Wie gesagt, ich will Dir kein Unrecht tun und hoffe, dass Du nicht irgendwas Persönliches hier umgesetzt hast. Aber wir sollen die Texte bewerten und ein Werk darf sich nicht nur aufgrund seines Themas der Kritisierbarkeit entziehen.
_________________
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Nicki Bücherwurm
Alter: 68 Beiträge: 3613 Wohnort: Mönchengladbach
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09.04.2014 19:01
von Nicki
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Aus Zeitgründen schreibe ich nur kurze Bemerkungen unter jeden Text, sofern mir dazu etwas einfällt. Später bei Nachfrage natürlich gerne ausführlicher. In meine Bewertungen sind die Vorgaben, sowie Sprache und Stil mit eingeflossen. Nicht zu vergessen der persönliche Geschmack, denn jede Bewertung kann immer nur subjektiv sein.
Ein bisschen rührselig auf den ersten Blick. Trotzdem wurde das Thema gut umgesetzt. Auch mal ein wenig abgehoben von den üblichen Wald-Texten.
_________________ MfG
Nicki
"Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist." Henry Ford
"Fantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt." A.Einstein
*Sommerblues* September 2017 Eisermann Verlag
*Trommelfeuer* November 2017 Eisermann Verlag
*Silvesterliebe* 30. November 2018 Eisermann Verlag
*Gestohlene Jahre* Work in Progress |
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DoroThea Wortedrechsler
Alter: 57 Beiträge: 90 Wohnort: Dresden
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09.04.2014 20:00
von DoroThea
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Sehr, sehr berührend! Mehr kann ich nicht sagen.
_________________ DoroThea |
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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10.04.2014 22:04
von firstoffertio
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Das ist mir persönlich zu schnulzig (besseres Wort fällt mir gerade nicht ein).
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Zauberstift Honigkuchenpferd
Alter: 44 Beiträge: 389
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11.04.2014 12:59
von Zauberstift
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Ich hätte eigentlich gedacht, dass es noch mehr Text dieser Art gibt. Gott sei Dank nicht. Ist nicht bös gemeint, ist halt nicht so mein Thema.
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sleepless_lives Schall und Wahn
Administrator Alter: 58 Beiträge: 6458 Wohnort: München
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11.04.2014 15:05
von sleepless_lives
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Das ist, mit Verlaub zu sagen, Kitsch und Sentimentalität im Quadrat. Man sieht gerade zu wie ein an sich sehr berührendes Thema ausgenutzt wird, um eine Soap-Opera-Geschichte zu produzieren. Am Ende wird es sehr seltsam, wenn der Vater zum Abschied auffordert, anstatt mit allen Mitteln, die Tochter - möglicherweise gegen alle Wahrscheinlichkeit und Vernunft - halten zu wollen. Der Text hinterlässt einen unangenehmen Nachgeschmack. Wenn man solche Themen anfasst, steigt man entweder hoch auf oder man fällt. Und der Fall kann sehr tief sein.
2 Federn.
_________________ Es sollte endlich Klarheit darüber bestehen, dass es uns nicht zukommt, Wirklichkeit zu liefern, sondern Anspielungen auf ein Denkbares zu erfinden, das nicht dargestellt werden kann. (Jean-François Lyotard)
If you had a million Shakespeares, could they write like a monkey? (Steven Wright) |
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Mr. Curiosity Exposéadler
Alter: 35 Beiträge: 2545 Wohnort: Köln
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11.04.2014 16:57
von Mr. Curiosity
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Das ist so ein Text, von dem man Diabetes bekommt, weil er so extrem übersüßt ist. Bah. Da ich wenig Zeit habe, kriege ich einen langen Kommentar nicht hin. Zwei Federn.
_________________
"Wenn du Schriftsteller sein willst, dann sag, dass du der Beste bist ...
Aber nicht, solange es mich gibt, kapiert?! Es sei denn, du willst das draußen austragen."
(Ernest Hemingway in "Midnight in Paris") |
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Ithanea Reißwolf
Alter: 33 Beiträge: 1063
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11.04.2014 20:27
von Ithanea
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Haa, ich hab dich erkannt! Wirklich!
An der Kosmonautin
Wie ich deinen Text fand, weißt du ja schon.
_________________ Verschrieben. Verzettelt. |
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Jack Burns Reißwolf
Alter: 54 Beiträge: 1444
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11.04.2014 22:34
von Jack Burns
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Vielen Dank für Eure Meinungen.
Dieser anonyme Wettbewerb offenbart die Vielfältigkeit der Ansichten über Literatur.
Und das ist gut so!
Zumindest beim Sieger waren wir uns fast alle einig.
Noch ein kurzes Statement zum Text von mir.
Man sieht am von mir gewählten Thema, dass die Wirklichkeit manchmal mehr Hollywood bereit hält, als das Kino.
Die Ausgangssituation ist tatsächlich aus meinem Bekanntenkreis übernommen worden.
Mutter an Krebs gestorben, Tochter etwas später beim Unfall und Vater hat sich aufgehängt.
Das Thema literarisch zu verarbeiten, überstiegt meine bescheidenen Fähigkeiten aber es war das erste was mir in den Sinn kam, als ich "Wache" und diese Brücke gesehen hatte.
Die dick aufgetragene, kitschige Sprache hatte ich bewusst gewählt, da es ein Dialog mit einem kleinen Kind ist. Allerdings habe ich wohl verdrängt, dass man es den meisten erfahrenen Lesern nicht auf diese Art zumuten sollte.
Von hier aus, meine Glückwünsche an die Sieger.
Grüße
Martin
Ithanea!
Bin ich denn wahrhaftig der einzige, der den Begriff Kosmonaut verwendet?
Immerhin war der erste Mensch im All ein solcher.
_________________ Monster.
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KeTam Ungeduld
Alter: 49 Beiträge: 4952
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14.04.2014 20:03
von KeTam
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Jack Burns hat Folgendes geschrieben: |
Die Ausgangssituation ist tatsächlich aus meinem Bekanntenkreis übernommen worden.
Mutter an Krebs gestorben, Tochter etwas später beim Unfall und Vater hat sich aufgehängt.
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Hallo Jack,
natürlich soll ein Text für sich stehen können, aber mit diesem Wissen gelesen, sehe ich ihn jetzt natürlich ganz anders.
Da musste ich jetzt echt schlucken.
Wollt ich dir nur noch kurz sagen ...
Lg, KeTam.
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gold Papiertiger
Beiträge: 4926 Wohnort: unter Wasser
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14.04.2014 20:59
von gold
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hallo Jack,
bin gerade auf deinen Text gestoßen und auf deine Erklärung. Habe die Erklärung zuerst gelesen und dann den Text und war sehr berührt.
Aber mir wäre es wahrscheinlich ohne die Erklärung genauso wie manch einem Rezensenten ergangen, ich hätte es zu gefühlsbeladen um nicht zu sagen gefühlsduselig empfunden.
Generell finde ich es sehr schwierig, etwas, was einen emotional sehr betrifft, so in Worte zu fassen, dass die Leser sich nicht abwenden und nicht rufen: "igitt, das trieft, "usw.
Ich denke, die Emotionen müssen sich erst einmal etwas "setzen", der Autor eine gewisse Distanz erlangen, ehe er sich an solch einen Text heran wagt.
liebe Grüße
gold
_________________ es sind die Krähen
die zetern
in wogenden Zedern
Make Tofu Not War (Goshka Macuga)
Es dauert lange, bis man jung wird. (Pablo Picasso) |
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Einar Inperson Reißwolf
Beiträge: 1675 Wohnort: Auf dem Narrenschiff
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14.04.2014 21:18
von Einar Inperson
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Ich habe den Text auch noch einmal gelesen. Keine Abstriche von meiner ersten Meinung. Der Text ist nicht so schmalzig, wie er auf den ersten Blick scheinbar daherkommt.
_________________ Traurige Grüße und ein Schmunzeln im Knopfloch
Zitat: "Ich habe nichts zu sagen, deshalb schreibe ich, weil ich nicht malen kann"
Einar Inperson in Anlehnung an Aris Kalaizis
si tu n'es pas là, je ne suis plus le même
"Ehrfurcht vor dem Leben" Albert Schweitzer |
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Jack Burns Reißwolf
Alter: 54 Beiträge: 1444
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14.04.2014 22:06
von Jack Burns
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Das ist ja lieb, dass Ihr noch mal reinschaut.
Ja, ist klar - so ein Text muss ohne Erklärung funktionieren und da hab ich wohl den Bogen überspannt.
Übrigens, Frau Gold: Das ist schon 30 Jahre her und betraf mich nur über drei Ecken. Die hohe Emotionalität bei mir entstand, indem ich versuchte, mich in die Situation einzufühlen.
Ich kämpfe beim Schreiben immer noch darum, die Balance zwischen kühl distanziert und superkitschig zu erreichen. Mein Pendel schlägt immer voll aus.
Danke für Eure Kommentare!
Grüße
Martin
_________________ Monster.
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Akiragirl Dünnhäuterin
Alter: 33 Beiträge: 3632 Wohnort: Leipzig
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15.04.2014 07:57
von Akiragirl
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Hallo Martin,
ist nicht böse gemeint, aber mir gefällt der Text leider nach wie vor nicht. Das Wissen, dass er auf eigenen Erfahrungen, wie entfernt auch immer, beruht, macht es natürlich schwerer, ihn objektiv zu betrachten, aber darum geht es ja hier im DSFO - dass wir die Texte als das sehen, was sie sind und an ihnen arbeiten.
Ich hatte dir ja die Wörter "herausgepickt", die mich besonders gestört und diesen Trief-Faktor verursacht haben. Du schreibst, dass du diesen Stil gewählt hast, weil der Vater eben mit seiner kleinen Tochter spricht, aber ganz ehrlich: Wer spricht so mit seinem Kind? Vielleicht bin ich auch irgendwie komisch, aber ich kann mich nicht erinnern, dass meine Eltern mich je "Engelchen" genannt hätten, oder von "Äuglein" und "Ärmchen" gesprochen hätten. Eine einfache Sprache ist angebracht beim Dialog mit Kindern, aber diese Verniedlichungsformen haben einfach ein intensives "too much"-Gefühl bei mir ausgelöst. Und dann eben noch dieses Über-Drama. Mag sein, dass solche Konstellationen (Mutter tot, Kind im Sterben begriffen, Vater bringt sich um) im echten Leben vorkommen, aber als Prosa funktioniert es nicht gut, weil es eben überfrachtet wirkt.
Was ich sagen will: Ich könnte mir gut vorstellen, dass die Geschichte funktionieren kann, wenn du die Verniedlichungen weglässt und den angedeuteten Selbstmord des Vaters am Ende streichst. Dann könnte ich mich eventuell auch noch damit anfreunden
Liebe Grüße
Anne
_________________ "Man bereut nicht, was man getan hat, sondern das, was man nicht getan hat." (Mark Aurel) |
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Vogel Eselsohr
Beiträge: 436
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15.04.2014 10:54
von Vogel
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Irgendwie hatte ich ja schon so was befürchtet, dass der Text auf Tatsachen beruht, wie man an meinem Kommentar sieht. Es beruhigt mich, dass Du die Geschichte nur ganz peripher erleben musstest. Jetzt, wo ich weiß, dass er einen wahren Kern hat, geht mir der Text erst recht nach. Obwohl ich nach wie vor finde, dass dies nur der Inhalt rechtfertigt und nicht die Form.
Das ist wie bei so vielen Filmen, die Oscars gewinnnen (wenn auch es dort noch viel geschickter gemacht ist): man weiß, dass man einem Trick aufsitzt, dass sie einen ködern, mit den dargestellten Schicksalen. Das was gezeigt wird, ist so ernst, dass es sich verbietet, es abzuwerten. Dort gelingt es dann aber auch noch, dem ganzen eine so gut gemachte Form zu geben, dass Kritik schwierig wird. Und doch hat man das Gefühl, es geht nicht wahrhaftig um das Thema, sondern um den Effekt. Deswegen machen mich so viele "gute" Hollywoodfilme so wütend.
Aber zu Deinem Text. Da Du selbst sagst, es geht mit Dir in die eine oder andere Richtung durch, denke ich mal, Du bist an Kritik interessiert und ich will meine kurz angedeuteten Gedanken noch ausführen. Es gibt da zwei Aspekte, die in die gleiche Richtung gehen.
Erstens glaube ich, dass Schicksalsschläge ganz unspektakulär daherkommen. Die Welt bleibt die gleiche, Farben, Wetter, Verkehr, alles ist wie immer und 99,9% der Welt bekommen von dem Schicksalsschlag nichts mit. Um wieder das Kino zu bemühen: in den Filmen der Cohen-Brüder kommt das finde ich großartig rüber, wenn auch es dort einen komischen Aspekt hat, der hier nicht angemessen wäre. Dort passieren ganz grausame Dinge mit einer Beiläufigkeit, die das Ganze erst richtig erschreckend macht. Und so ist es wohl auch im wahren Leben. Da gibt es keine Fanfaren, kein Unwetter und keine Vorahnung. Man fährt ganz normal mit dem Auto und plötzlich gibt es einen Knall. Nun beschreibst Du in Deiner Geschichte ja nicht den Unfall, aber dennoch hat Dein Text so etwas Pathetisches, Getragenes, was ihm die Glaubwürdigkeit nimmt. In Wahrheit würden vielleicht viel banalere Dinge eine Rolle spielen, das Ganze wäre viel Grausamer, weil real und realistisch.
Das leitet zum zweiten Aspekt über: natürlich muss man bei Deinem Text weinen, aber eigentlich erfasst er nicht annähernd die Kälte, Grausamkeit, erbarmungslose Unumkehrbarkeit der Situation. Weil Du sehr viele Worte darauf verwendest, das Schöne und Gute und die Zuneigung zu zeigen. Das führt zu all den Äuglein und Ärmchen. Ich halte das für völlig überflüssig, weil zumindest mal jeder, der selbst Kinder hat, nur das Stichwort "sterbendes Kind" braucht, um diese ganze Schönheit und Liebe parat zu haben. Weniger wäre hier viel, viel mehr. Dass das Kind wunderschön ist und geliebt wird, weiß das kollektive Unterbewusstsein der Leserschaft sofort. Was eigentlich zählt und Beschreibung verdient, ist, wie scheiße das alles ist.
Und ob wirklich jemand so zu seinem Kind redet? Und dann auch noch in so einer Situation? Wenn man wirklich selbst vor dem Freitod steht, hat man da wirklich so verschnörkelte Gedanken? Und die Distanz, die es braucht so "tröstend" zu reden, selbst wenn es nur ein fiktiver Dialog ist?
So, ich hoffe, Du empfindest meine Kritik als konstruktiv, ich will Dich nicht persönlich angreifen, aber nach wie vor erregt der Text so mein Gemüt, dass ich für mich selbst das Bedürfnis hatte, mein Unbehagen damit zu sortieren und zu formulieren.
Gruß
Vogel
_________________
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Jack Burns Reißwolf
Alter: 54 Beiträge: 1444
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15.04.2014 11:52
von Jack Burns
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Hallo Akiragirl und Vogel
ich nehme Textkritik überhaupt nicht persönlich.
Es ist ja so, dass ich kitschige Texte auch nicht mag und diese Effekthascherei in sentimentalen Filmen, inklusive Streich-Orchester, total ablehne.
Ich habe hier einfach zu viel gewollt. Ich glaube, es war auch der Druck, in wenigen Worten so viel wie möglich rüberzubringen.
Normalerweise lasse ich einen Text einige Tage liegen, bevor ich veröffentliche und überarbeite gründlich. Und hier hätte ich sicher einige Worte ersetzt. (Äuglein u.a.)
Obwohl ich diese Situation nur am Rande miterleben musste, habe ich auch meine Erfahrungen im Abschied nehmen. Auch die Sorgen um ein Kind und das irrationale, tiefe Gefühl von Liebe und Verlustangst sind mir nicht fremd.
Ich empfinde diesen Text auch nicht als zu sentimental, wenn ich es auf einer persönlichen Ebene betrachte, in einem Tagebuch.
Aber, wie ihr schon sagtet, für einen unbeteiligten Leser hätte es "entschärft" werden müssen. Dazu hätte ich mehr zeitlichen Abstand benötigt, um den Text auch durch dessen Augen zu betrachten.
Für mich war es eine wichtige Übung darin, trotz Zeitlimit und Wortbegrenzung kreativ zu arbeiten. Und Eure Anmerkungen bringen mich wieder ein Stück voran.
Vielen Dank
Martin
_________________ Monster.
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