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UtherPendragon Eselsohr
U
Beiträge: 402
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U 31.03.2014 01:14 Scheibenkleister oder Endstation Babylon von UtherPendragon
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Kennt ihr das Gefühl, barfuß auf einen achter-Legostein zu treten?
Den plötzlichen Schmerz und das Eingeständnis der eigenen Unzulänglichkeiten in Bezug auf Zeit und Raum?
Der obszöne Titel, obwohl gar nicht die vulgären Ausdrücke rauschleudernd, welche mir so auf dem Herzen liegen, wurde deshalb gewählt, weil ich mal wieder eine Annahmefrist verpasst hab.
Hier trotzdem mein POKAPRO-Text außer Konkurrenz/ durch eigene Dummheit disqualifiziert.
Why can’t you see, that you are my child? System of a Down; Forest
Die Untergrundbahn blieb nur einhundert Meter vor Paules Station auf den Gleisen liegen, also genehmigte er sich einen Schokoriegel und eine streitunlustige Miene, um anderen Zuspätkommern seine Entspanntheit zu signalisieren. Ob diese Maßnahme nicht zur Abschreckung gereichen würde, überlegte er, da ein schwarz verhüllter Fahrgast ihn mit Blicken geradezu einsog. Seltsamer Typ, sagte Paule bei sich und „ist was?“ in Richtung des Provokateurs.
Unmittelbar darauf versagte sein Kreislauf für eine Sekunde und sein Blick verengte sich, als klaffte links und rechts ein schwarzer Abgrund – seine Finger bekamen gerade noch eine Haltestange zu fassen.
„Die Brücke wackelt“, hörte er eben jenen merkwürdigen Fahrgast seinen beinahe-Sturz kommentieren.
„Welche Brücke?“, fragte Paule, der sich wieder gefangen hatte, unerfindlicherweise nach.
„Eure Brücke, welche dich über die Wolken trägt. Sie ist instabil geworden oder war, besser gesagt, schon immer brüchig.“ Hätte Paule genug Blut in seinem Kopf gehabt, wäre er vor Ärger rot angelaufen. Sein Mercedes war in der Werkstatt und er war gezwungen, mit Spinnern wie diesem einen wertvollen Teil seines Alltags zu verbringen. Bestimmt versteckte er einen Wachturm unter seinem Umhang.
„Wer sind Sie überhaupt?“, forderte Paule zu wissen. Er würde vielleicht später das Ordnungsamt konsultieren müssen.
„Wir wachen, bis die Brücke zusammenbricht. Dann werden wir dich daran erinnern, was darunter liegt.“
Paules anfängliche Abscheu wich Beklemmung. Man musste höllisch wachsam sein, um diesen Sekten und Alternativen nicht auf den Leim zu gehen.
„Was bitte soll sich unter mir befinden?“
„Erde, Wald und hungernde Kinder, alles, was du sonst nur von Plakaten kennst… und wir.“
Zum Glück hatte sich die Bahn inzwischen in Bewegung gesetzt und öffnete die Türen zum Bahnsteig hin. Paule war heilfroh, den Gothic loszuwerden, obwohl sein Chef wegen der Verspätung toben würde. Außerdem musste er feststellen, dass der Typ ihn noch immer nicht in Ruhe ließ.
„Versuche nicht, mich zu verdrängen“, sprach das Geschöpf.
„Dann belästigen Sie mich nicht“, erwiderte Paule gereizt.
„Ich glaube aber, du kannst noch umkehren, bevor unsere Wacht endet!“
„Ich fühl mich recht wohl auf dieser Brücke, dankeschön.“
Jetzt tröste ich mich damit, dass mein Text wegen der Pointenregel sowieso disqualifiziert worden wäre.
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Nicnak Eselsohr
Alter: 39 Beiträge: 206 Wohnort: Pendler zwischen Berlin und Bayern
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04.04.2014 12:34
von Nicnak
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Kenne das Gefühl. Konnte meine 2te Geschichte auch nicht für die erste ersetzen, da dieses Jahr andere Regeln gelten, die ich leider überlesen habe.
Ich finde die Geschichte ist gut geschrieben.
Die Verletzung der Pointenregel kann ich nicht ganz nachvollziehen.
Zitat: | Bestimmt versteckte er einen Wachturm unter seinem Umhang |
Der Satz ergibt für mich keinen Sinn, ebenso wie:
Zitat: | „Erde, Wald und hungernde Kinder, alles, was du sonst nur von Plakaten kennst… und wir.“ |
Du bringst hier zwar die Vorgaben des Bildmotives und die der Wacht mit ins Spiel, aber wirklich Sinn ergibt es nicht.
Sollen die "Erde, Wald, hungernden Kinder" unter ihm für die Hölle stehen?
Zitat: | schon immer brüchig.“ Hätte Paule |
Hier fehlt ein Zeilenumbruch.
Ich hätte dir für die Geschichte 5 Federn gegeben, in allen Bewertungen, wärst du damit - bei mir - im oberem Mittelfeld.
Gruß Nicnak
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scopie Leseratte
Beiträge: 152
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04.04.2014 14:57
von scopie
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Hallo Uther,
ich muss sagen, dass ich mir bzgl. der Symbolik in dieser Geschichte nicht ganz sicher bin.
Bonzen-Paule muss U-Bahn fahren, sich also (im wörtlichen und übertragenen Sinne) auf ein tieferes Niveau begeben. Während der Fahrt begegnet er diesem merkwürdigen Fahrgast, und hier beginnt meine Unsicherheit. Der andere könnte ein Grufti sein oder ein Zeuge Jehovas ("Wachtturm"), überlegt er - oder aber ein Teil von Paule selbst, den er als Spinner(ei) abtut. Die Brücke stünde dann für sein hohes Ross, der andere Fahrgast für Paules Gewissen bzw. für die Verarbeitung dieser Begegnung mit einer härteren Realität. Aber Paule verdrängt das alles lieber.
Bin ich komplett auf dem Holzweg?
Grüße
scopie
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UtherPendragon Eselsohr
U
Beiträge: 402
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U 04.04.2014 19:55
von UtherPendragon
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Hallo Welt!
Aus euren Worten geht hervor, dass ihr meine Schwierigkeiten, die Wortobergrenze einzuhalten, erkannt habt. Zusätzlich hat die erwähnte Regelung bez. der Pointe Verwirrung meinerseits gestiftet.
@Nicnak
Zitat: | Zitat:
Bestimmt versteckte er einen Wachturm unter seinem Umhang |
Zitat: | Zitat:
„Erde, Wald und hungernde Kinder, alles, was du sonst nur von Plakaten kennst… und wir.“ |
Aus diesem Grund ergibt sich leider der Gesamtzusammenhang nicht so leicht, welchen ich anpeilen wollte.
Der Hinweis auf die Sekte sollte vor allem einen religiösen Aspekt und Paules ablehnender Haltung gegenüber Andersdenkenden (wobei die Unseriösität der Zeugen für mich persönlich auch außer Frage steht) ins Spiel bringen, zudem bietet sich das Wortpartikel "Wacht" ja gut an.
Der zweite Satz ist angelehnt an das Zitat zu Beginn, beziehungsweise den Song dahinter und stellt Paules Naturverbundenheit und sein Weltbild in Frage; in dem Zusammenhang soll auch die Menschheit insgesamt kritisiert werden.
Zitat: | Sollen die "Erde, Wald, hungernden Kinder" unter ihm für die Hölle stehen? | Nee, in Paules Augen vielleicht, aber nein Unten habe ich das alles noch einmal genauer aufgeführt!
Zitat: | Hier fehlt ein Zeilenumbruch. |
Stattgegeben!
Freu mich dennoch über imaginäre fünf Federn
und danke fürs Vorbeischauen. Jetzt kann ich im Nachhinein wenigstens sagen, ob der erste Versuch überhaupt zu etwas taugte..
@scopie
Zitat: | Bonzen-Paule muss U-Bahn fahren, sich also (im wörtlichen und übertragenen Sinne) auf ein tieferes Niveau begeben. | Ja genau
Zitat: | Der andere könnte ein Grufti sein oder ein Zeuge Jehovas ("Wachtturm"), überlegt er - oder aber ein Teil von Paule selbst, den er als Spinner(ei) abtut. Die Brücke stünde dann für sein hohes Ross, der andere Fahrgast für Paules Gewissen bzw. für die Verarbeitung dieser Begegnung mit einer härteren Realität. Aber Paule verdrängt das alles lieber.
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Zitat: | Bin ich komplett auf dem Holzweg? |
Absolut nicht. Die Brücke als "hohes Ross" zu bezeichnen trifft in etwa die Begrifflichkeit, wie ich sie zuerst auch verwenden wollte. Im Text spricht der schwarze Wächter zu Paule, der stellvertretend für alle Menschen steht, die glauben, ihr Weltbild in seiner Beschränktheit und somit die Erde im Griff zu haben.
Der Mensch baute eine Brücke für sich, um den Boden der Tatsachen nicht länger berühren zu müssen, vergleichbar mit dem Turmbau zu Babel.
Wenn die Brücke schwankt, bedeutet das, dass diese eigentlich eingebildete Ordnung und Abgehobenheit von der Erde/Natur/Schöpfung, repräsentiert durch den Wald, zusammenzubrechen droht. Zu dem Wald habe ich mich wiederum von dem angegebenen Song inspirieren lassen.
Die schwarzen Wächter werden in meinem Text durch den Alternativo repräsentiert und ihre Wache endet mit dem Zusammenbruch der Brücke. Sie sind einerseits Aasgeier, die darauf warten, dass die betriebsblinde Menschheit scheitert, aber gleichzeitig auch desilluisioniert und wissen daher um den Stand der Dinge. Sie sind eher Fantasiefiguren als dass ich ihnen eine klare Entsprechung geben könnte.
Die religöse Komponente könnte durch den Inhalt des Songs noch etwas herausgekehrt werden. Diesen kann man nämlich so interpretieren, dass ein göttliches Wesen an einem einzelnen menschlichen Wesen verzweifelt, weil dies einfach nicht verstehen will, dass es zu seiner Schöpfung gehört.
->why can't you see that you are my child?
Man muss den Song natürlich nicht einbeziehen.
Paule verdrängt, dass es anderen schlechter geht als ihm und beklagt seine mangelnde Lebensqualität, sobald ihm nicht mehr alle Luxusgüter sofort zur Verfügung stehen - hungernde Kinder und selbst Wald und Natur kennt er nur von Spendenaufrufen und vielleicht von N24.
Ich danke euch vielmals für die Anmerkungen!
Mit lieben Grüßen
Uther Pendragon
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Nicnak Eselsohr
Alter: 39 Beiträge: 206 Wohnort: Pendler zwischen Berlin und Bayern
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04.04.2014 20:37
von Nicnak
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Ach so das ist ne Zeitung Oo - Ich schick die gleich wieder weg, noch bevor die ihr Zeugs vorstellen können.
Zitat: | ...stellvertretend für alle Menschen steht, die glauben, ihr Weltbild in seiner Beschränktheit und somit die Erde im Griff zu haben...
...vergleichbar mit dem Turmbau zu Babel...
...repräsentiert durch den Wald, zusammenzubrechen droht....
...Die schwarzen Wächter werden in meinem Text durch den Alternativo repräsentiert und ihre Wache endet mit dem Zusammenbruch der Brücke. |
Nichts für ungut, aber wer soll denn darauf kommen?
In den knapp 350 Worten fährt n Typ U-Bahn - Umhangtyp schaut ihn an - „ist was?“ - quatscht ihn mit skurriles Zeug voll - Typ checkt es nicht ganz und meint: „Dann belästigen Sie mich nicht ich bin gern auf der Brücke, danke“
Aber wenn da soviel drin steckt, dann bin ich mal gespannt auf die Auflösungen der anderen. Vor allem auf die Hoppelhasengeschichte. XD
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UtherPendragon Eselsohr
U
Beiträge: 402
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U 04.04.2014 20:52
von UtherPendragon
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Zitat: | Shocked Nichts für ungut, aber wer soll denn darauf kommen? | Hahaha! Wie ein Satz aus dem Deutschunterricht, dennoch, Recht hast du!
Allerdings wäre es auch zuviel gesagt, dass man darauf kommen SOLL. Ich habe lediglich geschrieben, was ICH mir bei dem Text gedacht habe und gehe nicht davon aus, dass irgendjemand, selbst in ferner Zukunft, ihn ganz genau auf diese Art und Weise interpretiert.
350 Wörter lassen eben mehr Auslegungen zu als manche 100.000, weil das einzelne Wort für sich mehr Bedeutung bekommt. Das ist ja auch das Prinzip von Gedichten.
Da denk ich mir auch manchmal: "Welche Sau soll darauf kommen, dass der herbstliche Wald den zweiten Weltkrieg repräsentiert"
Hinzu kommt, dass in meinem Text nicht alles perfekt miteinander harmoniert, sodass es noch schwerer ist, irgendeinen Sinn herauszulesen...
Aber es ist schön, wenn man einen inhaltlichen Kern oder eine allgemeine Stimmung rüberbringen kann. Zumindest sollte man daran arbeiten.
Es ist nett, Gedanken mit dir zu teilenxD Ich hoffe, das klang jetzt nicht überheblich, denn es ist genauso gemeint!
Grüße
UtherP
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scopie Leseratte
Beiträge: 152
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04.04.2014 22:29
von scopie
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Hi Uther,
ah ok, ich wusste nicht, wie ich den Song darauf beziehen sollte, hatte spontan aber auch nur den Refrain auf dem Schirm - und direkt beim Lesen des Titels 'nen Ohrwurm.
Danke für die Erläuterung; in die Richtung gingen meine Gedanken, auch wenn ich nicht alles herauslesen konnte.
Herzliche Grüße
scopie
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