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[Gefühlsroulette] Herberts Abschied

 
 
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schnitzer
Geschlecht:männlichSchneckenpost
S

Alter: 48
Beiträge: 6
Wohnort: Wien


S
Beitrag16.02.2014 18:46
[Gefühlsroulette] Herberts Abschied
von schnitzer
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hier als Einstand eine kleine Fingerübung von mir, jeder Kommentar ist sehr willkommen, vor allem Kritik!

Situation: Karl im Zug am Weg zu seinem langjährigen Freund Herbert


Traurig:
Karl blickte aus dem Zugfenster in das Grau am Himmel. Vor ein paar Wochen hatte er Herberts Rundmail an seine Freunde erhalten. Es war ein Abschiedsbrief gewesen, Herbert hatte sich keine Mühe gegeben, das zu verbergen. Er war schon krank gewesen als Karl ihn vor ein paar Jahren kennengelernt hatte. Herberts sarkastischer, geradezu spöttischer Umgang mit seiner Krankheit hatte Karl imponiert. Jetzt, so schien es, ließ sich der Tod nicht länger verspotten.

Wie ein stiller Diener hatte sich der Tod die letzten Jahre in Herberts Schatten aufgehalten. Dort hatte er  verharrt und das Geschehen rund um Herbert unauffällig aber mit höchster Aufmerksamkeit verfolgt. Karl schloss die Augen. Bald wird sich aus Herberts Schatten langsam eine fordernde Hand nach vorne schieben.

Karl hatte noch nie einen Freund begraben müssen. Die Aussicht, heute Abend seinem sterbenden Freund gegenübertreten zu müssen, erfüllte ihn mit Angst und Trauer gleichzeitig. Würde er die richtigen Worte finden oder würde er Herbert außer Tränen nichts schenken können?

 
Fröhlich
Der Zug schnitt durch die grüne Frühlingslandschaft. Karls Besuch bei Herbert war schon lange überfällig gewesen. Der alte Mann war seit langer Zeit sehr krank gewesen aber dies hinderte ihn nicht daran, sein Leben weiterhin als einen einzigen sonnigen Tag voller Glück und Freude zu begreifen.

Jetzt hatte er einen lange Brief geschrieben, in welchem er andeutete, dass er langsam aber sicher seinem Ende entgegenblicken würde. Die Art mit der Herbert mit diesem Thema umging hatte Karl schon immer imponiert. Der Alte hatte für Gevatter Tod immer nur Spott übrig gehabt. Selbst jetzt im Angesicht des Todes kalauerte sein Freund wie in alten Zeiten. Karl schloss die Augen und lächelte als er sich an die gemeinsamen, glücklichen Momente erinnerte. Stundenlang hatten sie im Boot gesessen und schweigend ihre Angelruten gehalten. Am Abend hatten sie dann den Fang verarbeitet und über der Glut gegrillt.

Karl freute sich darauf, Herbert wieder zu sehen. Der alte Mann wollte seine Weggefährten noch einmal um sich haben bevor er dorthin aufbrach wohin ihm seine Eltern vor vielen Jahren vorausgegangen waren. Herbert, das wusste Karl, würde nicht einfach sterben. Herbert würde uns zuwinken und lächelnd nach Hause spazieren.


Zornig
Karl saß im Zug auf dem Weg zu Herbert, seinem langjährigen Freund. Vor ein paar Wochen hatte Karl ein Mail von ihm erhalten. Herbert litt seit einigen Jahren an einer schweren Krankheit und sein Mail machte klar, dass Herberts letzter Tag nicht mehr sehr weit wäre. Karl hatte den alten Mann kennengelernt als dieser schon krank war und er hatte ihn sofort gemocht. Herbert konnte großartige Geschichten erzählen. Er war viel in der Welt herumgekommen und stellte eine unerschöpfliche Quelle an Weisheiten und Ratschlägen dar. Gleichzeitig verfügte dieser Mann über ein Rückgrat, das so stark war, dass nicht einmal seine schwere Krankheit es hatte biegen können.

Jetzt sollte dieser große, starke Mann sterben. Karl rutschte tiefer in den Sitz und presste die Fäuste zusammen. Er wollte am liebsten aufspringen, schreien und heftig auf den Zugboden spucken. Gott, schrie er in sich hinein, Gott, lass diesen Mann nicht sterben! Nicht ihn!
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Ithanea
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 34
Beiträge: 1062

Ei 3 Pokapro 2017


Beitrag16.02.2014 19:14

von Ithanea
Antworten mit Zitat

Hallo schnitzer,

Eine schöne Übung. Das erste Gefühl bringst du sehr gut rüber, wie ich finde. Es ist sehr still und leise, was gut zu Traurigkeit passt. Das Bild mit dem Tod im Schatten gefällt mir gut. Im letzten Abschnitt bringst du noch die Angst mit ein, die aber nur ein Wort bleibt und nicht richtig erlebbar wird.

Den Abschnitt "Fröhlich" finde ich auch okay, wobei er mir für ein wirklich gutes Gefühl noch zu wehmütig klingt. Vielleicht könntest du Karl an eine wirklich witzige Situation mit Herbert denken lassen, so dass er fast auflachen muss? Auch dieser Abschnitt liest sich irgendwie ruhig für mich, was an sich gut lesbar ist, aber für mich nicht so richtig zu einer unbeschwerten Fröhlichkeit passt.

Den dritten Abschnitt empfinde ich als schwächsten, obwohl er viel hätte bieten können. Du kommst erst in den letzten zwei, drei Sätzen auf die Wut zu sprechen (das zwar eindrücklich, aber mir ist das zu wenig). Karl könnte wirklich richtig hilflos zornig sein, auf Gott, auf die Welt, auf eine allgemeine Ungerechtigkeit, vielleicht sogar auf Herbert, der einfach mal kurz per E-Mail bekannt gibt, dass er bald nicht mehr da sein wird. Ruhig mehr!

Insgesamt gerne gelesen, du kannst die Gefühle gut beschreiben, wie ich finde.
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schnitzer
Geschlecht:männlichSchneckenpost
S

Alter: 48
Beiträge: 6
Wohnort: Wien


S
Beitrag16.02.2014 19:39

von schnitzer
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Danke Ithanea für deine kompetente und zutreffende Kritik!

LG,

Schnitzer
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