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Arbeitstitel - Die Kapsel


 
 
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markoose
Wortedrechsler
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Beitrag18.11.2013 01:02
Arbeitstitel - Die Kapsel
von markoose
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo zusammen und eine unterhaltsame Computersitzung,
ich hoffe, ich stelle meinen Text im passenden Forum ein und bin sehr gespannt auf Feedback.

Hier sind die ersten beiden Kapitel meines zweiten Buches, einer Novelle. Wenn ich es richtig verstanden habe, darf ich für das Erste ja noch nicht werben.
Ich bin zwar erst bei der Hälfte, aber was ich habe, werde ich nach und nach einstellen.

Freu mich...

Prolog »Wozu?«
Peter Klein lag in seinem Bett und starrte an die Decke. Der Stimme des Radioweckers hörte er nur halbherzig zu. Es wurde gerade über den Auftritt irgendeines Prominenten berichtet. Phlegmatisch fixierte Peter einen Punkt über sich und dachte wieder einmal über sein Leben nach. Was hatte das alles hier noch für einen Sinn?
Seit nunmehr zwei Jahren war der Diplom-Betriebswirt jetzt arbeitslos. Er war achtunddreißig und hatte keine Kinder. Die Frau, die ihm hätte welche schenken können, hatte ihn schon vor über drei Jahren verlassen. Immer, wenn er an Christiane dachte, fühlte er einen kleinen Stich im Herzen. Dieser wurde allerdings von Mal zu Mal kaum spürbar aber stetig schwächer. Manchmal fragte er sich sogar, ob er sie überhaupt jemals geliebt hatte. Dann glaubte er, der Schmerz wäre nur eine alte Gewohnheit, eine Art Relfex.
Anfangs hatten sie sich eine schöne gemeinsame Zukunft gemalt, aber irgendwie war ihnen der Alltag dazwischen gekommen und hatte ihre Liebe nach und nach begraben. Peter hatte es damals wohl nie richtig wahr haben wollen und jedwedes Gespräch zu diesem Thema, das Christiane anstrengte, entweder nicht ernst genommen oder im Keim erstickt. Schließlich hatte sie die Konsequenz gezogen. Er war ihr nicht einmal böse.
Nach der Scheidung war dann alles irgendwie ganz schnell gegangen. Im Job war es immer schlechter gelaufen und am Ende hatten sie ihn entlassen. ‚Sorry, Peter, aber du verstehst doch? Ich habe hier fast nur Familienväter und du, du bist schließlich allein. Aber mach dir keinen Kopf, wenn man so flexibel ist, wie du jetzt, bekommt man leicht wieder eine Anstellung.’ Jede seiner dreiundsiebzig Bewerbungen war unbeantwortet geblieben. Auto und Wohnung waren dann dem Job gefolgt.
Sein Magen knurrte und er dachte an seine verwaisten Kühlschrank. Das Geld vom Jobcenter war ihm vor zwei Tagen ausgegangen und bis zur nächsten Überweisung würde es mindestens noch eine Woche dauern. Der Wecker dudelte mittlerweile „Don’t worry, be happy.“ Lächerlich.
Zu bequem, die Schlummertaste zu drücken, drehte sich Peter auf die andere Seite. Sein Blick wanderte durch das Zimmer, das einzige seiner Wohnung.
Kleider, Zeitschriften, zerknüllte Zigarettenschachteln, Schuhe, alles wechselte sich ab. Selbst Teile seines Computers lagen herum. Sie waren liegen geblieben, als er versucht hatte, ihn wieder zu reparieren, allerdings nur, um festzustellen, dass das Motherboard hinüber war. Geld für einen Neuen hatte er nicht. Wozu auch?
Als er sich seine kleine Wohnung so besah, war er klug genug, zu wissen, dass er auf dem besten Wege war, zu verwahrlosen. Irgendwie musste dringend etwas geschehen. Aber wozu? Klein schloss die Augen und wollte etwas dösen. Vielleicht konnte er so die grauen Gedanken und den dumpfen Schmerz ein wenig vertreiben.
Nach nur wenigen Augenblicken wurde ihm klar, dass das nicht funktionieren würde. Wieder wanderte sein kraftloser Blick durch sein Zimmer, bis er an einer Überschrift der zahllosen Zeitschriften hängen blieb. »Testpilot – ohne Ausbildung!«
Angestrengt versuchte Peter weiter zu lesen, ohne sich bewegen zu müssen, konnte aber lediglich die Unterüberschrift entziffern. »Das Raumfahrtinstitut Neu-Schwerin sucht jetzt Freiwillige für Tests an einer neuartigen Rettungskapsel.«
Umständlich streckte er sich aus dem völlig durchgelegenen Bett der willkommenen Ablenkung entgegen, angelte sich die Zeitschrift nach mehreren Versuchen und begann zu lesen.
»... Die neuartige Rettungskapsel wird die Raumfahrt nicht nur revolutionieren sondern vor allem auch sicherer machen. Nähere Informationen erhalten sie unter www.raumfahrtzentrum-neu-schwerin.com.«

12:29 »Formalien«
Endlich stand er vor der gesuchten Tür, die wie Hunderte andere ihre Schwestern in einem schlichten Weiß gehalten war. Auf dem Türschild stand ‚400.12, W. Minzig, Testkoordinator’.
Klein war jetzt schon den ganzen Vormittag in dem riesigen Bau, der ihm als Personalkomplex benannt worden war, unterwegs. Nach einer kleinen Odyssee durch das riesige Parkhaus und einem Zwischenstopp bei einem autoritären Pförtner hatte man ihn irgendwelche Tests an einem Computerterminal durchführen lassen. Er war sehr gründlich untersucht worden und hatte jede Menge Formulare und Laufzettel ausfüllen müssen. Man hatte ihm Vitamine gespritzt und beim Sehtest wäre er dann fast eingeschlafen. Endlich stand er nun etwas laufmüde vor der angeblich letzten Tür. Ein flüchtiges ‚Wozu?’ flatterte wieder durch sein Bewusstsein.
»Countdown für Testreihe 2-17, noch 1 Stunde und 30 Minuten.«
Die emotionslose Durchsage riss ihn endgültig aus seinen Gedanken. Peter hielt kurz die Luft an und klopfte.
Ein gedämpftes »Herein.« drang durch die Tür, worauf er erst wieder ausatmete und die Klinke nach unten drückte.
Der Raum hatte genauso viel Charme wie die anderen Zimmer und Flure des Gebäudes. Zu viele hochmoderne Neonlampen tauchten alles in ein unwirkliches leicht bläuliches Licht, das heute auch tagsüber angeschaltet war, um dem trüben Wintertag die Stirn zu bieten. Unsicher streckte er den Kopf in die Tür. »Bin ich hier richtig für«, er musste noch einmal auf einen seiner Zettel schauen, »Testreihe 1-22?«
»Herr Klein? Ja, ja. Kommen sie nur herein. Minzig mein Name. Setzen Sie sich doch. Einen kleinen Augenblick noch.«
Abgesehen von ein paar wenigen Accessoires wie einem Pflanzenkübel und zwei Bildern an der Wand unterschied sich der Raum nur wenig von den bisherigen Labors und Untersuchungsräumen. Peter setzte seinen Fuß allerdings auf dunkelblauen Teppich, den die anderen Räume nicht aufzuweisen hatten.
Der Mann hatte kurz aufgeblickt und ihm mehr beiläufig die Hand gereicht, während er sich gleich wieder einem Monitor widmete. Zurückhaltend setzte sich Klein auf den ihm gewiesenen Stuhl, einer unbequemen Kombination aus Stahl und Leder, hielt seine Unterlagen wie zum Schutz vor seinen Bauch und sah sich kurz um.
Minzig, ein hagerer Mann, saß ihm gegenüber hinter einem modernen Glastisch und schrieb etwas in ein E-Formular, das er mit irgendwelchen Daten auf einem Bildschirm abzugleichen schien. Sein Alter war schwer zu bestimmen, aber die Vierzig mochte er schon erreicht haben. Sein Haar hatte einen grauen Schatten, der wie aufgepudert wirkte. Die hohe Stirn hingegen glänzte in dem hellen Neonlicht wie poliert. Die zwei grauen Augen saßen hinter einer randlosen Brille und wirken abwesend. Eine durchschnittliche Nase und ein schmaler Mund rundeten den Eindruck, es handle sich hier um einen Wissenschaftler, ab.
An der Wand entdeckte Peter neben einem abstrakten Kunstdruck das Plakat eines Kinderbuches – Peterchens Mondfahrt – wohl eine kleine Anspielung auf das ganze Raumfahrtzentrum. Der kleine rotbraun gemalte Käfer stand dem großen, runden Mond gegenüber, während das stilisierte Sternbild des großen Bären beinahe bedrohlich zwischen ihnen hing. Er musste schmunzeln, denn er hatte dieses Buch tatsächlich schon einmal gelesen. Damals hatte es ihm sein Patenonkel der Namensverwandtschaft wegen geschenkt. Er war vielleicht acht oder neun Jahre alt gewesen. Losgetreten durch diesen Eindruck rieselten schwache Erinnerungen und blasse Bilder seiner Kindheit durch sein Bewusstsein. Nach einigen Minuten riss der Mann ihn schließlich aus den Gedanken.
»Herr, Klein. Wir werden noch ein paar Formalien abschließen müssen. Ich zeichne das jetzt auf - aus versicherungstechnischen Gründen, sie verstehen doch?« Ohne Klein anzublicken oder dessen Reaktion abzuwarten, machte sich der Mann an einem Gerät zu schaffen, welches das Objektiv einer kleinen Kamera darstellte.
Peter nickte und wollte ja sagen, wobei er sich kurz verschluckte und sich dann räuspern musste. Unruhig rutschte er auf der schwarzen Lederfläche hin und her. Ihm war nicht klar, woher die plötzliche Unruhe kam. Gefilmt zu werden, hatte ihm eigentlich nie etwas ausgemacht.
Minzig betätigte eine Taste und der dünne Kameraarm begann sich selbständig auf Kleins Gesicht auszurichten.
»Testreihe 1-22, Projekt REKA, 23. November,  2064.« Minzig blickte routiniert auf seine Armbanduhr. »Es ist jetzt genau 12:36 Uhr. Der Proband Nummer 17 hat alle Tests positiv durchlaufen und ist jetzt zugegen. Abschließende Sicherheitsbefragung beginnt:« Erst jetzt hob Minzig seinen Blick und sah Klein in die Augen. »Sie heißen Peter Klein und sind am 17.03.2026 in Berlin geboren?«
»Ja.«
»Sie haben sich beim Raumfahrtzentrum als Testpilot für das Projekt REKA beworben und sind freiwillig hier?«
»Ja.«
»Ihnen ist klar, dass das Raumfahrtzentrum für etwaige Folgeschäden keinerlei Haftung übernimmt. Das gilt sowohl für körperliche wie geistige Schäden?« Minzig machte ein aufmunterndes Gesicht und wollte Klein ermutigen, weiterzumachen, doch der stockte für einen Moment.
Minzig betätigte wieder die Taste, nahm die Brille ab und begann in versöhnlichem Ton. »Herr Klein, das sind reine Formalien. Wir sorgen für Ihre Sicherheit. Es handelt sich hier doch nur um einen Testlauf am Boden. Sie werden sich die ganze Zeit hier auf dem Gelände befind ...«
»Countdown für Testreihe 2-17, noch 1 Stunde und 20 Minuten.« Die emotionslose Stimme hatte Minzig unterbrochen.
»Ihr schießt mich doch nicht aus Versehen nach da oben?« Peter lächelte unsicher, da ihn mit einem Mal Zweifel überkamen.
»Aber Herr Klein, Testreihe 2-17 ist ein scharfer Raketenstart und hat nichts mit unserer Testreihe zutun. Ihre Aufgabe ist es lediglich, unserem Bordcomputer die letzten Kinderkrankheiten auszutreiben. Machen Sie sich da mal keine Sorgen.« Minzig schaltete die Kamera wieder an und sofort wurde sein Ton wieder sachlich und unpersönlich. »Ihnen ist klar, dass das Raumfahrtzentrum für etwaige Folgeschäden keinerlei Haftung übernimmt. Das gilt sowohl für körperliche wie geistige Schäden?«
»Ja.« Klein dachte an das viele Geld, das sie ihm für diesen Test geboten hatten. Für achtundvierzig Stunden bekam er fünftausend Eurodollar.
Minzig sprach weiter. »Ich stelle fest, dass alle Unterlagen einschließlich der Bankverbindung,« hier schaute er kurz lächelnd zu Klein, »polizeilichem Führungszeugnis, der ärztlichen Atteste und des psychologischen Gutachtens vorhanden sind. Der Proband ist bei guter Gesundheit, geistig klar und willens, den Test durchzuführen. Testkoordinator Minzig. Ende.«
Augenblicklich drückte Minzig wieder die Taste und setzte einen väterlichen Blick auf, als er Peter einen Zettel entgegen schob. »Hier empfangen sie ihre Kleider für den Test. Wir sehen uns dann im Testlabor in sagen wir fünfzehn Minuten.

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111213141516Wie es weitergeht »


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Harald
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Beitrag18.11.2013 09:21

von Harald
Antworten mit Zitat

Hallo markoose,

zuerst mal herzlich Willkommen im Forum.

Zu deinem Beitrag, der macht schon neugierig. Die Beschreibung des (Seelen-)Lebens deines Protas hast du ja gerade noch rechtzeitig zugunsten der beginnenden Handlung unterbrochen, Rechtschreibung und Interpunktion sind bis auf einige Kleinigkeiten lobenswert gut, das ist bei manchen nicht selbstverständlich. Zum Text:

markoose hat Folgendes geschrieben:
Dann glaubte er, der Schmerz wäre nur eine alte Gewohnheit, eine Art Relfex.


Buchstabendreher, den manch ein Korrekturprogramm nicht bemerkt, der klassische "Selbstüberleser" eines Autors …

markoose hat Folgendes geschrieben:
Peter hatte es damals wohl nie richtig wahr haben wollen und jedwedes Gespräch zu diesem Thema, das Christiane anstrengte, entweder nicht ernst genommen oder im Keim erstickt.


Hier ist das Zusammenschreiben sinnvoller, Getrenntschreibung wird durch die machbare Einzelverwendung beider Wörter (noch) nicht erkannt …

markoose hat Folgendes geschrieben:
Sie waren liegen geblieben, als er versucht hatte, ihn wieder zu reparieren, allerdings nur, um festzustellen, dass das Motherboard hinüber war. Geld für einen Neuen hatte er nicht. Wozu auch?


würde ich auch zusammen schreiben.


 Wozu auch?
klingt ein wenig seltsam, mir fällt aber auch nichts Besseres ein.


markoose hat Folgendes geschrieben:
Endlich stand er vor der gesuchten Tür, die wie Hunderte andere ihre Schwestern in einem schlichten Weiß gehalten war. Auf dem Türschild stand ‚400.12, W. Minzig, Testkoordinator’.


Würde ich so schreiben —>

Endlich stand er vor der gesuchten Tür, die, wie hunderte andere hier, in schlichtem Weiß gehalten war. Auf dem Türschild stand:
 
400.12
W. Minzig
Testkoordinator’.

markoose hat Folgendes geschrieben:
Ein gedämpftes »Herein.« drang durch die Tür, worauf er erst wieder ausatmete und die Klinke nach unten drückte.


Würde ich so schreiben —>

Ein gedämpftes »Herein« drang durch die Tür, worauf er tief ausatmete, die Klinke betätigte und eintrat.

***

Nun gut, zwei, drei Kleinigkeiten sind sicher noch da, wichtig für dich:

Ich würde gerne Weiterlesen!

 Wink


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Harald

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markoose
Wortedrechsler
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Beiträge: 54



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Beitrag18.11.2013 15:14
Vielen Dank für das genaue Feedback!
von markoose
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Hallo Harald,
es handelt sich um die erste Rohversion, trotzdem bin ich um jeden Hinweis sehr dankbar. Außerdem bin ich durch die schnelle Antwort positiv überrascht.

Es freut mich sehr, wenn dur weiterlesen willst.
Bald stelle ich weitere Kapitel ein.

Gruß
Markoose
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Merope
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Wohnort: Am Ende des Tals
Der Goldene Käse


Beitrag18.11.2013 16:51
Re: Arbeitstitel - Die Kapsel
von Merope
Antworten mit Zitat

Hallo Markoose,

gefällt mir - auch ich würde gerne wissen, wie's weitergeht.
Ein paar Anmerkungen:

Zitat:

Anfangs hatten sie sich eine schöne gemeinsame Zukunft ausgemalt,
...
Sein Magen knurrte und er dachte an seinen verwaisten Kühlschrank
...Geld für einen neuen hatte er nicht.
...
»... Die neuartige Rettungskapsel wird die Raumfahrt nicht nur revolutionieren, sondern vor allem auch sicherer machen. Nähere Informationen erhalten Sie unter www.raumfahrtzentrum-neu-schwerin.com.«
...
12:29 (Uhr?) »Formalien«
Endlich stand er vor der gesuchten Tür, die wie Hunderte andere ihre Schwestern in einem schlichten Weiß gehalten war. Auf dem Türschild stand400.12, W. Minzig, Testkoordinator’.
...
Zu viele hochmoderne Neonlampen tauchten alles in ein unwirkliches,leicht bläuliches Licht, das heute auch tagsüber angeschaltet war, um dem trüben Wintertag die Stirn zu bieten. Unsicher streckte er den Kopf in durch die Tür. »Bin ich hier richtig für«, er musste noch einmal auf einen seiner Zettel schauen, »Testreihe 1-22?«
»Herr Klein? Ja, ja. Kommen Sie nur herein. Minzig mein Name. Setzen Sie sich doch. Einen kleinen Augenblick noch.«

Der Mann hatte kurz aufgeblickt und ihm mehr beiläufig die Hand gereicht, während er sich gleich wieder einem Monitor widmete (zuwandte?).
...
Die zwei grauen Augen saßen hinter einer randlosen Brille und wirkten abwesend. Eine durchschnittliche Nase und ein schmaler Mund rundeten den Eindruck, es handle sich hier um einen Wissenschaftler, ab. (Nachklapp nötig?)
An der Wand entdeckte Peter neben einem abstrakten Kunstdruck das Plakat eines Kinderbuches – Peterchens Mondfahrt –, wohl eine kleine Anspielung auf das ganze Raumfahrtzentrum. Der kleine, rotbraun gemalte Käfer stand dem großen, runden Mond gegenüber, während das stilisierte Sternbild des Großen Bären beinahe bedrohlich zwischen ihnen hing.
...
»Herr, Klein. Wir werden noch ein paar Formalien abschließen müssen. Ich zeichne das jetzt auf - aus versicherungstechnischen Gründen, Sie verstehen doch?«
...
Peter nickte und wollte 'Ja' sagen, wobei er sich kurz verschluckte und sich dann räuspern musste.
...
Minzig betätigte eine Taste, und der dünne Kameraarm begann sich selbständig (selbstständig; neue Rechtschreibung) auf Kleins Gesicht auszurichten.

»Ihnen ist klar, dass das Raumfahrtzentrum für etwaige Folgeschäden keinerlei Haftung übernimmt. (?) Das gilt sowohl für körperliche wie geistige Schäden?

»Aber Herr Klein, Testreihe 2-17 ist ein scharfer Raketenstart und hat nichts mit unserer Testreihe zutun. Ihre Aufgabe ist es lediglich, unserem Bordcomputer die letzten Kinderkrankheiten auszutreiben. Machen Sie sich da mal keine Sorgen.!«

»Hier empfangen Sie Ihre Kleider für den Test. Wir sehen uns dann im Testlabor in, sagen wir, fünfzehn Minuten.
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markoose
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Beitrag18.11.2013 17:23
Auch dir sei Dank, Merope!
von markoose
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Toll, so genaue Beobachtungen sparen einem viel, viel Arbeit.

Stichwort: 'selbständig', da geht soweit ich weiß beides.


Vielen, lieben Dank
Markoose
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Harald
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Beiträge: 5132
Wohnort: Schlüchtern


Beitrag18.11.2013 17:35
Re: Auch dir sei Dank, Merope!
von Harald
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markoose hat Folgendes geschrieben:

Stichwort: 'selbständig', da geht soweit ich weiß beides.


Gib den Satz im Duden-Online-Korrektor …
http://www.duden.de/rechtschreibpruefung-online
… ein und dann erscheint der Satz:

»Eingestellten Stil "Dudenempfehlungen" verwenden. Diese Schreibung entspricht nicht den Dudenempfehlungen.«

selbstständig



 Daumen hoch

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Beitrag18.11.2013 18:29
Hallo Harald,
von markoose
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Ja, da habe ich auch schon geschaut. Muss aber sagen, das ist dann ziemlich unglücklich ausgedrückt.
Wenn es empfohlen ist, geht es auch anders.
Wenn es falsch ist, geht es nicht anders.
Was uns dahin bringt, das Sprache eben lebt und nicht nur von Onkel Duden festgelegt werden kann.

Siehe Rat für deutsche Rechtschreibung
Bei http://rechtschreibrat.ids-mannheim.de/rechtschreibung/
Da steht im Wörterverzeichnis beides als möglich (PDF-Download). Eins davon ist fettgedruckt. Im Vorwort heißt es aber, dass das nur als Lesehilfe dient.

Apropos Genauigkeit ...
Ein Astronom vermag mit absoluter Genauigkeit zu sagen, wo sich jeder Stern am Himmel heute Nacht um halb zwölf befinden wird. In Bezug auf seine Tochter kann er das nicht mit solcher Genauigkeit sagen.

Unbekannt
:-)

Gruß
Markoose
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markoose
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Beitrag19.11.2013 18:44
3. Kapitel - Der Tunnel
von markoose
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Der graue Overall roch noch unangenehm neu, war aber sehr bequem zu tragen. Auf der linken Brustseite prangte das Logo des Raumfahrtzentrums und direkt darunter sein Name mit dem Zusatz ‚Testpilot’. Es fühlte sich irgendwie gut an, wieder eine Aufgabe zu haben, einen Posten zu bekleiden.
Peter trat auf den quietschenden Sohlen der neuen Turnschuhe aus dem Umkleideraum und warf den beschrifteten Plastikbeutel mit seinen eigenen Kleidern und den wenigen persönlichen Gegenständen, wie ihm gesagt worden war, in den dafür vorgesehenen Schlitz. Wehmütig dachte er an das Päckchen Zigaretten, das sich darunter befand.
Kaum war die Metallklappe ausgeschwungen, öffnete sich auch schon eine Tür und Minzig trat ein. Er hatte sein Jackett gegen einen weißen Laborkittel getauscht und trug Clipbocomp, eine Kombination aus Tablet-PC und Klembrett. »So, Herr, äh, Klein.« Minzig hatte noch mal schnell einen Blick auf das Display des handlichen Computers geworfen. »Steht ihnen ja ganz ordentlich. Wie sagt man so schön? Kleider machen Leute. Na, dann wollen wir mal.«
Er ging an Klein vorbei auf ein rundes Metallschott in der Wand zu. Dieses hatte einen Durchmesser von etwa siebzig Zentimetern und ein massiver Griff war darüber angebracht.
»So. Ab hier beginnt der Test. Bitte seien sie sich im Klaren, dass die Rettungskapsel für jedermann konzipiert ist. Sie brauchen keinerlei ...«
»Countdown für Testreihe 2-17, noch 60 Minuten.« Peter schaute unsicher nach oben, während Minzig einfach nur mit dem Sprechen aufhörte und wartete, um nach Ende der Durchsage verzugslos weiterzusprechen.
»... Vorkenntnisse. Verhalten sie sich also völlig normal, das heißt eben so, als müssten sie wegen eines Notfalls ihr Schiff verlassen. Der einzige Unterschied besteht darin, dass sie dazu verpflichtet sind, das Logbuch zu führen, sodass wir den Test besser auswerten können.« Minzig machte eine kurze Pause, wohl um sich zu sammeln, während Klein nur nickte.
»Herr Klein, haben sie vor den nächsten achtundvierzig Stunden noch Fragen. Während des Tests werden sie nicht mit mir sprechen können.«
»Nein.«
Minzigs Stimme veränderte sich unmerklich und doch spürte man sofort wieder den sachlichen Unterton. Er sprach in den Raum hinein. »Aufzeichnungsbeginn ... Testreihe 1-22, Projekt REKA, 23. November,  2064.« Minzig blickte wieder auf seine Armbanduhr. »Es ist jetzt genau 13:01 Uhr. Der Proband Nummer 17 steht an der Sicherheitsschleuse und ist bereit für den Test. Testkoordinator Minzig erbittet Testfreigabe. Haben wir grünes Licht?«
Während Minzig einfach vor sich hinstarrte, blickte sich Peter suchend um, doch sah er keine Lautsprecher.
»Testreihe 1-22 bestätigt. Sie haben grünes Licht.« Die Stimme hätte beinahe dieselbe sein können, die die Countdowndurchsagen machte, allerdings war sie etwas älter.
Minzig drehte sich zu Peter. »So, Herr Klein. Holm- und Rippenbruch, wie man wohl unter den Piloten sagt.«
Klein interpretierte Minzigs Handbewegung falsch und wollte ihm die Hand schütteln, doch der hatte nur auf die eiserne Luke gezeugt. Verlegen versuchte Peter seine Bewegung zu kaschieren und nestelte nervös an dem Schleusenverschluss herum. Er versuchte, sich zu erinnern, was vorher in dem Sicherheitsflyer gestanden hatte, den er lesen sollte. Nach endlos scheinenden Sekunden löste sich schließlich die Verriegelung und zischend öffnete sich das Schott ein Stück. Klein hob die schwere Tür weiter an und klappte sie um, während Minzig schon die ersten Notizen in seinen Computer tippte.
Wie ein großer Schlund gähnte nun ein schwarzes Loch vor ihm. Schon nach wenigen Zentimetern war trotz der polierten Metalloberfläche nichts mehr in dem Rutschtunnel zu erkennen. Peters nun schweißige Hände umschlossen den Griff, der oberhalb in der Wand eingelassen war. Beinahe wie an einer Rutsche in einem Vergnügungspark wippte er kurz auf den Fußballen, sprang dann hoch und schwang sich in die Röhre, nur um sofort loszulassen.
Er drückte die Beine durch und spannte die Schienbeinmuskulatur an, wie man ihm erklärte hatte, sodass die Sohlen seiner Bordschuhe sein Rutschen nicht abbremsten. Im Nu hatte Klein eine hohe Geschwindigkeit und spürte den Fahrtwind um die Nase. Kaum hatte er einen kleinen wiederkehrenden Leuchtpunkt an der Decke der Röhre ausgemacht, der wohl der Orientierung galt, endete die Rutschpartie abrupt und recht unsanft. Peter saß wohl ein einer Art Polstersessel. Es roch wie in einem neuen Auto und um ihn war absolute Schwärze.

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markoose
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Beitrag28.11.2013 20:55
»REKA«
von markoose
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Die unangenehme Landung schlug Klein etwas auf den Magen. Wenige Augenblicke, nachdem seine Augen begannen, sich an die absolute Dunkelheit zu gewöhnen, machte er links von sich ein schwaches Glühen aus. Es war ein Rechteck.
»Bitte Piloteninterface anlegen ... Bitte Piloteninterface anlegen ... Bitte Piloteninterface anlegen ...« Dieses Mal war es eine weibliche Stimme, die unaufhörlich vor sich hinquäkte.
Peter ertastete mit seiner linken Hand noch immer nervös einen Gegenstand in dem leuchtenden Rechteck. Wie bei einem metallenen Handschuh ließ er nun die Hand in eine Art Armband gleiten und hob sie dann an. Direkt über seinen Kopf leuchtete eine Lampe auf und tauchte seine Umgebung in ein schwach gelbbräunliches Licht, das stetig heller wurde. Die Stimme vom Band brach sofort ab. Sie wurde von einer in Qualität und Stimmlage weitaus angenehmeren zweiten Frauenstimme abgelöst.
»Piloteninterface aktiviert, beginne m ...«
»Bitte Piloteninterface anlegen ... Bitte Piloteninterface anlegen ... Bitte Piloteninterface anlegen ...« Das Licht ging aus und die erste Frauenstimme quäkte wieder unablässig durch die Kapsel.
Peter hob den linken Arm, schnitt eine etwas genervte Grimasse in die Dunkelheit und schüttelte das Interface. Das Licht ging wieder an. Die Stimmen wechselten erneut.
»Piloteninterface aktiviert, beginne mit der Notfallstartsequenz. Schnallen sie sich bitte sofort an.«
Noch ehe Klein das Wort WACKELKONTAKT überhaupt denken konnte, erwachte ein Monitor knapp über seinen Knien zum Leben und zeigte in einfach zu verstehenden Piktogrammfolgen, wo die Gurte waren und wie er sich anzuschnallen hatte. Oben rechts auf dem Schirm war eine Zehn eingeblendet, die sich sofort in eine Neun verwandelte, dann in eine Acht. Bei jeder Verwandlung war ein kleines Piepsen zu hören.
Das Licht über ihm reichte gerade, um die Verschlüsse zu finden und begann dann schon wieder, schwächer zu werden. Hektisch nahm Peter die Verschlüsse der Gurte in die Hand und schnallte sich an – es ist nur eine Simulation.
Ziemlich angespannt lehnte er sich dann zurück und starrte auf den Monitor. Ab der Drei sprach die Stimme mit. »Drei – zwei – eins – Zündung.« Auf dem Monitor begann eine Uhr zu laufen. Die Ziffern änderten sich im Sekudentakt.
Zu hören war nicht viel, aber Klein spürte in seinem Rücken eine dumpfe, harte Erschütterung und wurde schlagartig in den Sitz gepresst. Er war schon in irgendwelchen Vergnügungsparks in vermeintlichen Raumschiffsimulatoren gesessen, aber das hier war eine andere Liga. Er glaubte wirklich zu spüren, wie die Rettungskapsel beschleunigt wurde und sich vom Mutterschiff entfernte. Langsam nahm sein Körper die Beschleunigung auf.
»Sicherheitsabstand zum Mutterschiff erreicht in fünf, vier, drei, zwei, eins. Herzlichen Glückwunsch! Sie haben soeben die Zerstörung ihres Mutterschiffes überlebt. Auf künstliche Schwerkraft wird verzichtet. Scanner zeigen keine lebensgefährlichen Verletzungen. Beginne nun mit der Kalibrierung des Systems anhand der bestehenden Körperdaten. Sie hören zu ihrer Entspannung das Stück ‚Ave Maria’ von Bach/Gounod interpretiert von Maria Callas.«
Auf dem Monitor war ein Statusbalken zu sehen, der langsam wuchs. Peter fragte sich, wie oft in seinem Leben er wohl schon auf so einen Statusbalken geblickt hatte.
Der Monitor erleuchtete das Innere der Kapsel nur schwach, passend dazu begannen die Klavierakkorde sich ganz zart in einem harmonischen Auf und Ab aneinanderzureihen und die griechische Opernsängerin fing den frischgebackenen Testpiloten mit ihren Klängen auf. Dann ging ein leichter Ruck durch die Kapsel und wo eben noch schwarze Wände gewesen waren, wurde das Material transparent. Durch die sich klärenden Scheiben konnte man noch Teile der Fensterpanzerung sehen, die gerade wegklappte. Dahinter tat sich das All in seiner unbegreiflichen Weite auf.
Als Peter die Erde unter sich sah, lief es ihm kalt und heiß den Rücken hinunter. Gerade ging die Sonne auf. Etwas Schöneres hatte er wohl noch nie gesehen. Der Mond schwebte gestochen scharf rechts neben ihm und halblinks unter ihm ließ die Sonne die Erde wie einen Edelstein glänzen.
»Countdown für Testreihe 2-17, noch 55 Minuten.« Unsanft hatte die Stimme die Sängerin übertönt, obwohl sie dieses Mal nur gedämpft zu hören gewesen und definitiv außerhalb der Kapsel war. Hatte Minzig vergessen, die Lautsprecher in der Simulatorhalle abzuschalten. Was sollte das? Klein fühlte sich um seine Illusion betrogen. Als er nun auf die Erde sah, war der Zauber irgendwie weg - es ist nur eine Simulation.
Frau Callas kam zum Ende des Stückes, der Statusbalken war komplett und verschwand vom Bildschirm. Jetzt erschien das Wort REKA und darunter das Logo des Raumfahrtzentrums, eine stilisierte Erde mit einem startenden Raumschiff.
»Kalibrierung abgeschlossen. Ich hoffe, sie haben die Havarie seelisch gut überstanden. Wenn sie Zuspruch brauchen sollten, sagen sie einfach SEELSORGE.«
Peter starrte etwas skeptisch auf den Bildschirm.
»Mein Name ist REKA. Ich bin das Kommunikationsprogramm dieser Rettungskapsel und meine Aufgabe ist es, ihnen ihre Rettung so angenehm wie möglich zu machen. In Zukunft werde ich von der Rettungskapsel und mir in einer Person sprechen. Wie darf ich sie nennen?«
»Äh, Peter.«
»Hallo, Ähpeter. Darf ich ...«
»Nein, nein, mein Name ist Peter, einfach nur Peter.«
»Oh, Entschuldigung. Hallo, Peter. Darf ich mich ihnen nun vorstellen?
»Ja.«
»Ich bin eine Rettungskapsel, Modell Nummer 6 der Baureihe Beta. Für den weiteren Gebrauch ist es sicherlich von Vorteil, genau über mich Bescheid zu wissen. Soll ich fortfahren?«
»Ja, ich bitte darum.« Es gab in Kleins Alltag Tausende Geräte, die mit Voicecontrol gesteuert wurden, jedoch nur wenige, mit denen man sich richtiggehend unterhalten konnte. Peter war gespannt, wie sich Reka machen würde.
»Ich verfüge über einen hochleistungsfähigen Bordcomputer der neuesten Generation und einem experimentellen Bussystem, dass sowohl die Installation als auch meine Wartung erleichtert und die Anfälligkeit minimiert. Meine Energieversorgung wird durch einen Minireaktor gewährleistet, der neben den Nottriebwerken auch die Lebenserhaltungssysteme und alle weiteren Verbraucher versorgt. Er ist in der Lage, insgesamt 12,3 Megawatt zu erzeugen, die aber hauptsächlich von den Triebwerken in Anspruch genommen werden.«
Auf dem Monitor war eine schematische Darstellung der Kapsel zu sehen und die angesprochenen Teile wurden immer hervorgehoben.
»Bei normalem Verbrauch kann ich bis zu zwei Astronomische Einheiten mit Kurswechseln zurücklegen. Bei Ausfall des Reaktors verfügt die Kapsel über ein Solarsegel, das bei ausreichendem Sonneneinfall für den Betrieb der Lebenserhaltungssysteme ausreicht. Die Hülle der Kapsel ist aus einem speziellen Titan-Carbon-Verbundstoff gefertigt und hält äußersten Belastungen stand. Die Kapselfenster können bei Bedarf verdunkelt und mit Schilden abgedeckt werden, was optimalen Schutz vor umherfliegenden Partikeln bietet.
An Bord befinden sich neben einer Hochleistungsklimaanlage und einem Luftaufbereiter auch achtzehn Liter Trinkwasser, die über das Versorgungsinterface aufgenommen werden könne.«
Rechts neben Peters Kopf war ein kleiner Motor zu hören und eine metallene Röhre mit einem Mundstück schwebte in der Nähe seiner Wange. Über dem Mundstück war eine Einwegabdeckung. Ein zweites Surren und alles war wieder verschwunden.
»Sagen sie einfach TRINKEN und das Versorgungsinterface steht ihnen zur Verfügung. Bei sparsamem Verbrauch in Verbindung mit dem Hygieneadapter sollte der Wasserspeicher für achtzehn bis zwanzig Tage reichen. Wenden sie sich nun bitte nach rechts. In dem Fach mit der Aufschrift VERSORGUNG befinden sich verschiedene Lebensmittelkonserven, die sowohl in warmem wie auch in kaltem Zustand verzehrt werden können. Die Zubereitung ist außen auf der Packung aufgedruckt. Sie können dazu den Induktionsofen halbrechts vor ihnen nutzen. Die Vorräte sind für den Bedarf eines durchschnittlichen Erwachsenen ausgelegt und sollten etwa zwei Wochen reichen. Die Notdu ...«
»Bitte Piloteninterface anlegen ... Bitte Piloteninterface anlegen ... Bitte Piloteninterface anlegen ...« Der Monitor war wieder einmal schwarz geworden. Fluchend schüttelte Klein den linken Arm mehrere Minuten und klopfte schließlich mit der flachen Hand auf das silbermetallische Objekt.
Erneut belebte sich der Bildschirm und ihm gelang noch ein kurzer Blick auf die letzte Überschrift – SCHLEUSENKLAPPE.
»... ntsorgen sie über die Schleusenklappe. Um eine verzugslose Rettung zu gewährleisten, berechne ich die augenblickliche Position. Sie können sich mit dem Unterhaltungs- und Fitnessprogramm an Bord vertraut machen. Beschäftigen sie ihren Geist. Ein glücklicher Überlebender ist ein gesunder Überlebender.«
Auf dem Monitor erschien ein Menü mit mehreren Piktogrammen, die für verschiedene Angebote standen. Darunter waren Denkspiele, Hörbucher, Bücher, Musik, Filme, Fitnessprogramme und das Logprogramm.
Lustlos drückte Peter auf das Wort Filme, um die Auswahl in Augenschein zu nehmen. Irgend so ein Spaßvogel hatte John Carpenters Darkstar, eine Sciencefictionparodie aus dem Jahr 1974, hinterlegt, ansonsten waren keine Filme verfügbar. Na toll! Das konnten ja lange achtundvierzig Stunden werden. In Peters Alltag flimmerten Filme von jeder erdenklichen Werbefläche. Sie waren aus seinem Umfeld nicht mehr wegzudenken. Von großen Plakatbildschirmen über Litfaßsäulen bis hin zu Lebensmittelverpackungen wurde alles als Projektionsfläche genutzt. Und hier oben war nur ein neunzig Jahre alter Film vorhanden, den er aus seiner möchtegern-intelektuellen Zeit als Student kannte, und dieser Film handelte auch noch von einer Weltraumhavarie.
Gefrustet entschied er sich für eine Auswahl verschiedener aktueller Songs. Diese entpuppte sich allerdings als eine Sammlung von Johnny Cash, die wohl falsch eingeordnet war. Peter durchforstete das Musikarchiv weiter, fand aber außer dem Countrysänger nicht einmal Maria Callas. Das Logbuch kam ihm in den Sinn und dann das, was Minzig dazu gesagt hatte.
»Also los.« Er drückte das Wort Logbuch und sogleich sah er sich selbst auf dem Bildschirm. Durch die flache Scheibe wirkte er aufgedunsen und sein leichtes Doppelkinn kam unangenehm zum Vorschein. Datum, Uhrzeit und ein um hunderachtzig Grad gebogener Pfeil waren eingeblendet. Ein roter Punkt blinkte in der linke oberen Ecke.
»Hier ... hier ... äh ... spricht Peter Klein, Proband des Versuchs ... äh ... 1 ... 1/22. Der Start liegt hinter mir. Soweit alles in Ordnung, nur das Piloteninterface hat einen Wackelkontakt ... äh ... ja ... achso und irgendwas mit den Mediendateien stimmt nicht. Ist nur ein Film da und musikmäßig nur Country ... ja ... äh ... Klein Ende.«
Obwohl niemand anwesend war, fühlte Peter, wie er rot wurde. Daran musste er sich erst noch gewöhnen. Schnell drückte er den Pfeil und war wieder im vorigen Menü. Er entschied sich, unter den urigen Klängen Cashs zu einer Partie Schach.

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Mark_Brandis
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Beitrag02.12.2013 19:07

von Mark_Brandis
Antworten mit Zitat

Mal dumm gefragt, ist das eigentlich sinnvoll, ganze Kapitel seines Buches hier zu posten?

Ich habe in den FAQ irgendwo den Rat gelesen, das gerade nicht zu tun, da es dann wohl schwerer wird, den Text bei einem Verlag unterzubringen.
Was nun?

P.S.: Die Texte sind super!
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markoose
Wortedrechsler
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Beitrag03.12.2013 00:14
Geschmackssache
von markoose
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Mark,
erst einmal vielen Dank für das Lob.

Zu deiner Frage.
Ich muss ganz ehrlich sagen, natürlich würde ich mich über ein Verlagsangebot freuen, aber die sind so überfüttert, da muss man schon viel Glück und eine hohe Qualität haben. Glück hatte ich bis jetzt bei Verlagen noch nicht und die Qualtät, nun, urteilt selbst.

Zum Zweiten habe ich den Eindruck, dass der Markt gerade ziemlich stark im Umbruch ist und einiges möglich ist. Trotzdem bringt mich das hier nicht weiter.

Ich seh das so. Das Forum gibt mir sein Feedback und zumindest bis jetzt die Bestätigung, das es Leute gibt, die meine Texte lesen wollen.
Es handelt sich hier um die Rohfassung. Wer also in den Genuss eines recht sorgfälltig geprüften Buches kommen will, der muss warten, bis ich es veröffentliche.
Das habe ich, so der Zeitplan, bis zum nächsten Mai vor und zwar auf Kindle (Ist das jetzt schon Werbung? Ich hoffe nicht, lieber Administrator).

Außerdem ist das tolle an Büchern, dass sie nicht schlecht werden. Die meisten kann man auch Jahre später noch lesen.

Ich werde auch nicht das ganze Buch hier einstellen. Aber ich sage rechtzeitig Bescheid, sodass treue Leser die Chance bekommen, das Ende zu erfahren.

Und selbst, wenn ich alles hier veröffentlichen würde, so habe ich zumindest einige Leute, die meine Texte weiterempfehlen und nicht jeder liest gerne lange Texte in einem Fourm. Das wären dann potentielle Leser für meine Veröffentlichung.

Noch ein Tipp: Ich habe es selbst noch nicht ausprobiert, aber es klingt ganz interessant - 100fans.de. Da kann man Leseproben und Buchideen einstellen und die Leser entscheiden mit ihrer Vorbestellung, ob es verlegt wird. Schau da mal vorbei. Ist von der Müncher Verlagsgruppe und klingt nicht schlecht.

Also, drück mir die Daumen, dass mir die Ideen für die "Kapsel" nicht ausgehen. Ich stell bald wieder was ein.

Gruß
Markoose
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Merope
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Der Goldene Käse


Beitrag04.12.2013 08:19

von Merope
Antworten mit Zitat

Hallo markoose,

habe weitergelesen und finde es immer noch interessant und gut lesbar!

Merope
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Harald
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Beiträge: 5132
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Beitrag04.12.2013 09:16
Re: Geschmackssache
von Harald
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markoose hat Folgendes geschrieben:

Noch ein Tipp: Ich habe es selbst noch nicht ausprobiert, aber es klingt ganz interessant - 100fans.de. Da kann man Leseproben und Buchideen einstellen und die Leser entscheiden mit ihrer Vorbestellung, ob es verlegt wird. Schau da mal vorbei. Ist von der Münchner Verlagsgruppe und klingt nicht schlecht.


Crowdfunding, also "Schwarmfinanzierung" ist auf den ersten Blick eine innovative Idee der Buchverlegung. Forscht man ein wenig nach, so stellt sich das in den meisten Fällen als gut verstecktes Druckkostenzuschussmodell heraus mit all den "Qualitätsmerkmalen" eines DKZV, schlechte Story, mäßiges Cover und noch mäßigeres Lektorat.

Auch bei dem vorgestellten Modell wird mit bekannten Nutzern (Autoren) geworben, mir stellt sich dabei die Frage, wozu eine Verlagsgruppe "bekannte Autoren" nötigt, vorab fünfstellige "Kostendeckung" im Netz zu erbetteln, das ist nicht mehr nur Kostenminimierung, da sind m. E. sichere Gewinne im Falle eines Flops mit einkalkuliert!

Muss dann ein Autor, der für sein "Werk" nur   ~ 1.500 Euronen zusammenbetteln muss sich nicht diskriminiert vorkommen?
("Für den Schrott genügt ein Baukastencover und der Durchlauf des Korrekturprogrammes durch einen Praktikanten …")

 Wink


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Liebe Grüße vom Dichter, Denker, Taxi- Lenker

Harald

Um ein Ziel zu erreichen ist nicht der letzte Schritt ausschlaggebend, sondern der erste!
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markoose
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Beitrag04.12.2013 15:06
100fans
von markoose
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Ich gebe Harald Recht, man muss schon sehr genau hinschauen, bevor man sein Herzblut auf die Straße schüttet. Soweit ich es gelesen hatte, klang es sehr vernünftig, zumal man bei 100 Vorbestellungen auf jeden Fall verlegt wird.
Aber wie gesagt, gerade in diesen Jahren, in denen der Buchmarkt viele Änderungen erfährt, muss man es sich genau anschauen.

 :roll:
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Drakenheim
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Beitrag12.12.2013 14:32

von Drakenheim
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Wenn das gedruckt wird, möchte ich eins haben! Ich habe eben die Kommentare komplett überscrollt, um zur Fortsetzung zu kommen.

Ich frage mich ja, wie es weitergeht. Ist er vielleicht doch im All? Ist es wirklich seine Aufgabe, die Kapsel zu testen? Oder ist er das Versuchstier, das 48 Stunden von der üblichen Reizüberflutung abgeschlossen wird, um seine Reaktion zu testen?
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markoose
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Beitrag12.12.2013 19:00
Muahaha (evil laugh)
von markoose
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Vielen Dank, mehr braucht ein Schreiberling wie ich nicht, um motiviert zu werden.
Hier die Fortsetzung.

:-)
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markoose
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Beitrag12.12.2013 19:05
»Sicherheitsprotokoll«
von markoose
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»Bauer E2 auf E...«
»Countdown für Testreihe 2-17, noch 50 Minuten.« Wieder war die Durchsage durch die Bordwand zu hören gewesen. Allmählich machte sich Peter ernste Gedanken darüber. Wie konnte das sein? Er war in einem abgeschlossenen Testlabor und wurde rund um die Uhr überwacht. Hörten sie die Durchsagen nicht? Vielleicht hatten sie nur Mikrofone innerhalb der Kapsel. Aber selbst dann hätten sie etwas hören müssen. Er nahm sich vor, irgendwie mit Minzig Verbindung aufzunehmen, wenn eine weitere Durchsage käme.
»Bauer E2 auf E...«
»Verzeihung, wenn ich sie unterbreche. Die Positionsbestimmung ist abgeschlossen. 47 Stunden, 49 Minuten und 53 Sekunden bis zum nächsten Zeitfenster für den Wiedereintritt in die Erdatmosphäre. Entsprechende Kursänderungen werden initiiert.« Sofort erfolgten mehrere kleine Erschütterungen. Peter konnte auf den ausgeklappten Fensterschilden den Widerschein der Triebwerke sehen, die der Kapsel stoßweise Impulse gaben und sie parallel zu Erdoberfläche drehten.
Ihm war jetzt die Lust an Schach vergangen. Er spürte einen leichten Druck auf der Blase und begann sich Gedanken zu machen, wie es hier wohl um die Toiletten bestellt war. Ein Grummeln im Bauch ließ ihm zudem bewusst werden, dass er seit heute Morgen außer irgendeiner Aufbauspritze bei einer der zahlosen Untersuchungen nichts zu sich genommen hatte.
Er wollte sich gerade umschauen, als ein sonderbares orangefarbenes Blinken die Illusion des Weltraums zeriss. Eine Drehspiegellampe leuchtete gerade mal fünfzehn Meter von der Kapsel entfernt an der Wand und ein Warnsignal gesellte sich dazu. Durch das unstete Licht, das die Weltraumprojektion immer wieder störte, konnte Klein die ungefähren Ausmaße der Laborhalle erkennen. Wenn auch zu Teilen durch die Rückwand der eigenen Kapsel verdeckt sah er mindestens zwanzig weitere Kapseln an der hinteren Wand der Halle stehen.
»Testreihe 2-17, noch 45 Minuten. Ladesequenz der Testkapseln beginnt.« Kaum war die Stimme verklungen, begannen sich die hinteren Kapseln auf einem Band in Richtung Wand in Bewegung zu setzten. Die Vorderste wurde durch eine Art Sonde an einem Roboterarm geprüft, was mit einem durchdringend hohen Ton verbunden war, dann leuchtete kurz ein grünes Licht auf und sie verschwand in einer Klappe.
Peter konnte seinen Ärger nur mit dem Gedanken an das Geld beruhigen. Dieses Institut war anscheinend ein ziemlich dilettantischer Verein, wenn sie den einen Test mit dem anderen störten. Offenbar hatten sie Platzmangel.
Immer wieder verschwand eine Kapsel nach dem Aufleuchten der grünen Lampe in der Wand, als plötzlich eine rote Lampe brannte.
»Sicherheitsprotokoll aktiv, Kapsel 14 weist unzureichenden Zustand auf. Routine für Behelfskapsel läuft an.«
Schlagartig erlosch der Bildschirm vor Peter und in der Halle ging eine weitere Lampe an, diesmal über ihm an der Decke. Sie beleuchtet einen mächtigen Greifarm. Dieser setzte sich auch sofort in Bewegung und nahm nach mehreren zackigen Richtungsänderungen die Kapsel vor der Wand vom Band und setzte sie außerhalb seines Sichtbereiches ab.
Klein beschlich ein sonderbares Gefühl, das sich von seinem Unterleib schnell in Richtung Magen vorarbeitete – es ist nur eine Simulation.
Plötzlich war der Greifer wieder über ihm und senkte sich in Angst einflößender Geschwindigkeit herab. Etwa zwei Meter über der Kapsel blieb er dann abrupt stehen und die Fensterschilde begannen sich zu schließen. Schwärze umhüllte ihn.
»Behelfskapsel festgelegt. Austausch eingeleitet.«
Peter überkam Panik. Was sollte das um Himmels Willen! Er war doch gar nicht für eine scharfe Testreihe vorgesehen. Das war ein Fehler!
»Hallo! Herr Minzig? Hallo!« Er rief lauthals in die Dunkelheit, nur um vor der Lautstärke seiner Stimme und der Panik, die darin mitschwang, zu erschrecken. »Hallo! Ihr macht einen Fehler.« Schließlich begann er, wie wild an die verschlossenen Fenster zu klopfen. Seine Stimme hallte unangenehm dumpf und trotzdem überlaut in der Kapsel wieder. Dann war ein metallisches Geräusch zu vernehmen und ein Ruck fuhr durch die Kapsel. Spürbar wurde sie in die Höhe gerissen und vollführte in der Schwebe einige Richtungsänderungen. Mit einem blechernen Hall setzte sie wieder auf. Klein verstummte. Der Schweiß war ihm ausgebrochen, seine Hände schmerzten und er keuchte schwer. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er in die Dunkelheit und versuchte zu erahnen, was nun geschehen würde.
Dann hörte er ihn, diesen durchdringend hohen Ton, der von der Robotersonde stammen musste. Als er verklungen war, setzte sich seine Kapsel wieder in Bewegung. Die Kapsel hatte die Kontrolle bestanden. Was sollte er nur tun?
Kraftlos ließ sich Peter in den Sessel zurücksinken und schnappte nach Luft, während er aus dem Summen und Ruckeln schloss, dass er sich wohl immer noch auf dem Band befand. Nach einer nur schwer messbaren Zeit in absoluter Dunkelheit wurde die Kapsel so gedreht, dass er auf dem Rücken lag. Dann fand das Ruckeln in einem Klicken und einigen Servos, die mehr zu spüren als zu hören waren, ein Ende.
Der Bildschirm erhellte sich und zeigte Minzig in Großaufnahme. »Herr Klein? Herr Klein, sind sie da?«
»Wo soll ich denn sein, bitte schön?« Peters Panik war einer großen Verärgerung gewichen.
»Ah, sehr schön.« Er wirkte verlegen. »Wir haben hier einen kleinen Fehler in den Missionsparametern des Hauptrechners. Ich habe das bereits weitergemeldet, warte jetzt aber noch auf die Entscheidung von oben. Ich bin mir sicher, dass wir sie da bald rausholen.«
»Was heißt hier ‚Ich bin mir sicher’? Ich will sofort hier raus! Kümmern sie sich darum! Gibt es hier keinen Notaustieg? Sagen sie mir jetzt nicht, dass es aus dieser Rettungskapsel keinen Notaustieg gibt!«
»Herr Klein.« In Minzigs Stimme schwang auf einmal eine große Distanz mit. »Das hier ist kein mittelständischer Betrieb. Wir sind ein Weltunternehmen. Allein ihre Testreihe kostet mehrere Millionen und der scharfe Start geht in die hundert Millionen. Seien sie versichert, dass wir alles tun, was möglich ist. Wir sind aber auch ein gewinnorientiertes Unternehmen, das seinen Aktionären gegenüber verantwortlich ist. Das verstehen sie doch, Herr Klein? Ich melde mich in ein paar Minuten wieder. Minzig Ende.«
Klein blieb fast die Luft weg. Er hatte sich diesem Konzern offensichtlich ausgeliefert. Konnte das sein? War er so blauäugig gewesen? Gehörte das vielleicht auch zum Test?
»Licht.« Die Standbydiode des Monitors blieb das Einzige, das den Innenraum der Kapsel erhellte.
Frustriert durch das fehlende Licht begann Klein fieberhaft, alles abzutasten, um vielleicht selbst den Ausstieg zu finden.
»Testreihe 2-17, noch 40 Minuten. Ladesequenz der Testkapseln abgeschlossen.« Ohne jegliche Regung hattte die Stimme seine ergebnislose Suche kommentiert.
Peter wurde es heiß und kalt und er sank wieder zitternd in seinen Sessel. Er kam sich schrecklich ausgeliefert und betrogen vor. Was sollte er nur tun?
Zäh vergingen die Momente, in denen er nur seinen eigenen Atem hörte und von Atemzug zu Atemzug wurde die Luft heißer und stickiger. Aus irgendeinem Grund lief die Klimaanlage nicht. Peter begann, schrecklich zu schwitzen.
»Testreihe 2-17, noch 35 Minuten. Externe Energiezufuhr wird abgekoppelt. Trägersystem versorgt sich jetzt selbst.« Für einen Moment flackerte die kleine Standbydiode am Monitor. Ein kurzes anschwellendes Rauschen und ein eisiger Luftzug auf seiner Stirn kündeten von der wieder laufenden Klimaanlage. Dankbar um die vermeintlich frische, aber auf jeden Fall kühle Luft, wischte sich Peter die verschwitzten Haare, so gut es eben ging, mit seinen Overallärmeln trocken.
»Herr Klein?« Von einem Moment auf den anderen war Minzigs ausdrucksloses Gesicht wieder auf dem ganzen Bildschirm zu sehen. »Herr Klein, ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht.«
»Kommen sie mir nicht so.« Peter ließ die Arme sinken und ahnte bereits, dass das nichts Gutes bedeutete.
»Dann fang ich mit der Schlechten an. Herr Klein.« Minzig ging noch näher an die Kamera heran, sodass nur noch Augen, Nase und Mund zusehen waren. »Sie fliegen ins All.«
»Das könnte ihr nicht machen! Dafür habe ich meine Einwilligung nicht gegeben! Ich will hier sofort raus! Ich …«
»So beruhigen sie sich doch.« Minzig wartete eine Weile schweigend bis Klein sich ausgetobt und die Aussichtslosigkeit seines Protestes begriffen hatte.
»Herr Klein. Sie haben uns ihre Einwilligung gegeben, auch wenn das so nicht geplant war. Die Ladeautomatik des Zentralrechners muss neu justiert werden. Der Austausch einer scharfen Kapsel mit der aus einem anderen Testlauf war so nicht vorgesehen.«
Peter war den Tränen nahe und es schürte ihm die Luft ab.
»Sie sind, wenn man den Ärzten glauben schenken darf, topfit, Herr Klein. Ihre Kapsel ist auch weltraumtauglich, da kann ich sie beruhigen, und der Test dauert genau genommen sogar kürzer, als wir besprochen haben. Sie sind nur gute zwei Stunden im All. Sie fliegen da rauf, werden abgekoppelt, der Bordcomputer berechnet den Wiedereintrittswinkel, sie kommen in der allgerischen Wüste runter und das war’s. Im Anschluss gibt es noch ein paar medizinische Tests und ein Debriefing.« Minzig lehnte sich zurück, dass beinahe seine Schultern zu sehen waren. »Und dann gibt es einen dicken Bonus, der ihnen das Fünffache einbringt. Statt fünftausend für achtundvierzi Stunden bekommen sie jetzt fünfundzwanzigtausend für gerade mal zwei Stunden « Ein kleines selbstgefälliges Lächeln umspielte seinen linken Mundwinkel.
Peter wusste nicht recht, was er sagen sollte. Er fühlte sich gefangen und dennoch. Jetzt war er schon einmal hier und fünfundzwanzigtausend Euro-Dollar würden ihm immerhin einen Neustart ermöglichen.
»Und außerdem, Herr Klein«, Minzig näherte sich der Kamera mit verschwörerischer Miene, »dann können sie mit Fug und Recht behaupten, ein echter Testpilot mit Raumerfahrung zu sein. Das kann nicht jeder. Das kommt bei der Frauenwelt bestimmt nicht schlecht an. Sie verstehen doch, Herr Klein?«
Langsam nickte Peter den Bildschirm an, war sich aber über seine Gefühle überhaupt nicht im Klaren.
»Also, Kopf hoch, Herr Klein. Das schaffen sie schon. Ich bin ja immer bei Ihnen. Während der Startsequenz muss ich mich allerdings ausklinken, damit ich der Startkontrolle nicht dazwischen funke. Sie verstehen doch, Herr Klein? Denken sie einfach an das Geld. Minzig Ende.« Schlagartig war der Bildschirm schwarz.
Im selben Augenblick beschlich Klein wieder ein ungutes Gefühl. Er versuchte, seine Gedanken zu sortieren.
Im Endeffekt war es so, wie Minzig gesagt hatte. In spätestens zwei Tagen würde er darüber lachen und das Geld kassieren. Peter kniff die Augen zusammen und atmete kurz und kräftig aus. Also gut. Wenn das All einen neuen Besucher wollte, sollte es wohl so sein. Ein flüchtiger Gedanke flackerte durch seinen Hinterkopf – er hatte nichts mehr zu verlieren.
»Testreihe 2-17, noch 30 Minuten. Triebwerke werden angefahren.«
Klein spürte ein unterschwelliges Vibrieren, das die gesamte Kapsel erfasste. Nervös rieb er seine schweißigen Handflächen an seinen Oberschenkeln ab. Die Luft war mittlerweile beinahe zu kühl, und da er sich einigermaßen beruhigt hatte, war sein Kreislauf nach unten gegangen, was ihm ein leichtes Frösteln bescherte. Als hätten seine Hände davon nichts mitbekommen, waren sie mit kaltem Schweiß bedeckt. Das Vibrieren wurde jetzt merklich stärker.
»Testreihe 2-17, Triebwerke bei dreißig Prozent.«
Peter ging sein Leben durch den Kopf. Nicht in einzelnen flüchtigen Bildern, sondern in mehreren, deutlichen Passagen. Ihm kam sein Vater in den Sinn, wie er mit ihm zusammen vor einem Videospiel gesessen hatte und nicht verlieren konnte. Er sah seine Mutter, wie sie ihm sein Pausenbrot gab und ihm auf dem Weg zur Schule nachwinkte, während sie ihm irgendetwas nachrief, an das er denken solle. Seine erste Freundin, und wie sie sich küssten, sein Schulabschluss und die verrückten Flausen, die er und seine Freunde damals im Kopf gehabt hatten. Er hatte ein Leben gehabt, wie andere auch, ein schönes Leben. Was war aus ihm geworden? Er saß geschieden und ohne eine Festanstellung wie eine Laborratte in einer dunklen Kapsel, hatte feuchte Hände und war auf dem Weg ins All.
Peter versuchte, sich das Geld vorzustellen und was er als Erstes damit machen würde.
»Testreihe 2-17, Triebwerke bei fünfundsechzig Prozent. Testlauf beendet. Countdown bei 21 Minuten.«
Als Erstes würde er richtig fein essen gehen. Vorher würde er sich neue Kleider kaufen müssen. Und dann würde er Urlaub machen. Nein, kein Urlaub. Er war jetzt lange genug untätig in phlegmatischer Zeitverschwendung versunken. Er würde sich in Bewerbungen stürzen. Vielleicht bekam er eine Anstellung in einer größeren Stadt. Er könnte ja umziehen. Es würde sich ja sowieso niemand um ihn scheren. Vielleicht Christiane? Nach allem, was er wusste, war sie immer noch allein. Vielleicht könnte er ja ...
»Testreihe 2-17, Transfer des Trägersystems in drei, zwei, eins.«
Wieder ein Ruckeln und Klein wusste, dass sich die Trägerrakete mit den Rettungskapseln auf die Startrampe schob. Seine Magennerven spielten verrückt und in seinen Bauch rumorte es. Wenn er doch endlich wieder ein Licht hier drinnen hätte oder wenigstens mit diesem REKA-Programm reden könnte. Das würde ihn ablenken. Doch ihm blieb nichts anderes als zu warten. Minuten, in denen nur ein leichtes Vibrieren zu spüren war und er von seinem Gleichgewichtsinn nur vage Informationen bekam, wohin die Reise ging.
Die Trägerrakete stoppte.
»Testreihe 2-17, Transfer Trägersystems abgeschlossen. Countdown bei fünfzehn Minuten.«
Peter wurde einmal mehr bewusst, dass das Zeitfenster eines zumindest theoretischen Ausstiegs oder gar einer Flucht immer kleiner wurde. Unterbewusst tasteten seine Hände noch einmal in der Dunkelheit umher, ob da nicht doch irgendwo ein Griff und ein Notausstieg waren.
»Testreihe 2-17, vierzehn Minuten bis zum Start.«

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Drakenheim
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Beitrag12.12.2013 22:07

von Drakenheim
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Du hast das Kästchen für den Fortsetzungshaken gefunden. Schade, dass die beiden Zwischenstücke nicht mit erfasst sind.

Ich überlege gerade. Ich lese das gern und will dich nicht aufhalten, aber hast du den Faden für öffentlich sichtbar eingestellt, oder nur für Forenmitglieder? Aber das geht, glaube ich, erst ab 15 Beiträgen.

Wie machen das andere hier im Forum? Ich weiß, es gibt Fortsetzungsthreads und es gibt Arbeitsgruppen, wo das alles nicht so öffentlich stattfindet. Ich bin selber noch Neuling, aber weiß einer von den alten Hasen, was Markoose am besten machen kann, wenn er seine Story doch mal veröfentlichen will?

Ah, eine Erbse möchte ich anklagen: Algerien hat mit dem All nicht so viel zu tun. Obwohl nach der nächsten Rechtschreibreform, in 2050, wer weiß, ob es nicht doch allgerische Wüste heißt?
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Fahrender Gaukler
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Beitrag12.12.2013 22:33

von Fahrender Gaukler
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Drakenheim hat Folgendes geschrieben:
Du hast das Kästchen für den Fortsetzungshaken gefunden. Schade, dass die beiden Zwischenstücke nicht mit erfasst sind.


Jetzt sind sie es. Wink

Von dem Kästchen "nur für registrierte User" lasse ich aber erst mal die Finger. Ich weiß gerade nämlich nicht, ob es wirklich so ist, dass man erst 15 Beiträge auf dem Tacho haben muss, ehe man die verwenden kann. Im schlimmsten Fall würde ich dann markoose aus seinem eigenen Thread aussperren, weil er mit weniger als 15 Beiträgen nicht auf derart "gesicherte" Threads zugreifen kann.

@markoose: Wenn du diese Funktion aktiviert haben möchtest, hau mich einfach noch mal darauf an, sobald du die 15 hast. smile


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Trenne dich nicht von deinen Illusionen. Wenn sie verschwunden sind, wirst du weiter existieren, aber aufgehört haben zu leben.

(Mark Twain)
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Beitrag12.12.2013 22:41
Algerien, der Raumhafen
von markoose
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Hallo Drakenheim,
zu dein Fragen bezüglich der Häkchen kann ich dir nicht viel weiterhelfen, da ich mir da noch nicht so viele Gedanken gemacht habe, aber danke für den Hinweis.

Dass Algerien nichts mit der Raumfahrt zu tun hat, ist so nicht ganz richtig, da zumindest laut dem guten Wikipedia Ende der 50er Anfang der 60er die Franzosen da wohl Raketen getestet haben. Außerdem sollten Raumhäfen in der Nähe des Äquators und in dünnbesiedeltem Gebiet liegen. Da habe ich gedacht, Algerien, warum nicht.

Vielen Dank für das kritische Denken. Genaue Recherche ist mir sehr wichtig.

Gruß
Markoose

P.S.: Dank auch an Fahrender Gaukler
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Mark_Brandis
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Beitrag12.12.2013 23:18

von Mark_Brandis
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Hallo markoose,

Deine Story ist nach wie vor klasse spannend. Danke auch für den Tipp mit den 100 Fans. Das schaue ich mir auf jeden Fall mal an.

In Sachen Algerien und "All" bin ich zunächst auch in die Falle getappt.

Gemeint war aber wohl, dass Du an einer Stelle einen Tippfehler hast:

allgerisch ... Verstehste? Wink Tja, Obacht bei Autoren-Kollegen, die sind immer für ein Wortspiel gut. Daumen hoch²

Eine Anregung hätte ich auch noch: Ich habe den Eindruck, dass es besser klingen würde, wenn Du nicht zwischen "Peter" und "Klein" hin- und herwechseln würdest. "Klein" klingt irgendwie cooler. "Peter" würde ich wohl nur einsetzen, wenn seine neue Freundin ihn ruft oder dergleichen.

Viele Grüße

Mark Brandis
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markoose
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M
Beitrag12.12.2013 23:29
Ja, die Wortspiele
von markoose
pdf-Datei Antworten mit Zitat

wohl gut möglich, dass ich das mit dem Wortspiel nicht begriffen habe.
:-)

Den Hinweis mit den Namen notiere ich mir. Wobei ich zum Einen unterscheiden wollte, wenn er offiziell angesprochen wird und zum anderen wenn er denkt oder sich mit Reka unterhält. Hinzu kommt, dass ich wegen Satzbau und Stil einfach mehr Bezeichnungen brauche. Denke aber drüber nach.

Danke
Markoose
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