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Löcher


 
 
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Valentin.
Schneckenpost


Beiträge: 6
Wohnort: Neben ruhigen Bahngeleisen.


Beitrag01.11.2013 00:40
Löcher
von Valentin.
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Neue Version »

Hallo.

Ich stelle euch mal mein Einstandsgedicht zur Verfügung.
Das Gedicht ist schon ein paar Jahre alt. Ihm widerfuhr damals die Ehre, abgedruckt zu werden. In meiner lyrisch nicht sehr interessierten Schülerzeitung zwar, aber immerhin.


löcher

ich habe löcher in meinen händen
salz rinnt von meinen fingern
es erscheint mir sinnlos allein der versuch
sie zu füllen
weil ein dunkler nebel
mir die sicht versperrt

ich habe löcher in meinen händen
salz in meinen augenhöhlen
salz rinnt durch meine finger
salz tropft hinab
auf eine erde die kein vogel
je berührt

das salz sammelt sich
es tropft in die asche
meiner augen in die leere meiner hände
hinunter auf die schweigenden blumen



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Violett, Ode an
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lilli.vostry
Wortschmiedin


Beiträge: 1219
Wohnort: Dresden


Beitrag01.11.2013 23:31
aw:löcher
von lilli.vostry
Antworten mit Zitat

Hallo Valentin,

ich habe Dein Gedicht jetzt mehrmals gelesen und versuche zu ergründen, was Du mir mit den "Löchern in den Händen" und dem vielen rinnenden, tropfenden, sich sammelnden... Salz sagen willst?

Erstmal ist das eine komisch-gruslige Vorstellung, sich solche durchlöcherten Hände wie Siebe vorzustellen. Sollen sie für eine Leere stehen, offene wunde, unebene Stellen, tatenloses Zusehen, kein Halten, alles fließt weg...

Auch die übrigen Bilder passen in Sprache und Aussage nicht recht zusammen, wiederholen variiert eigentlich immer nur das Eine: zunehmende Umweltverschmutzung bis kein Vogel (mehr) die Erde berührt... Noch fliegen und zwitschern sie ja zum Glück.

Dieses schiefe Eingangsbild würde ich weglassen und den Rest straffen.
Salz rinnt, aber tropft nicht wie Wasser (es sei denn, es handelt sich um nasses Salz; doch die Augenhöhlen sind ja längst ausgetrocknet und voller Asche...) Die Bilder wirken sehr gekünstelt und teils unfreiwillig komisch.

Das ist schade angesichts der durchaus nachdenkenswerten Gedanken und Stimmung des Gedichtes.
Da lässt sich sicher noch mehr herausholen, wenn Du an den schon älteren Text dennoch herangehen willst.

Grüße,
Lilli


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Liv
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen


Beiträge: 29
Wohnort: Nürnberg


Beitrag01.11.2013 23:49

von Liv
Antworten mit Zitat

Hallo,

mir gefällt das Gedicht irgendwie, es hat einen Rhythmus und auch die Wiederholungen finde ich gut.

Leider erschließt sich mit die Aussage dahinter nicht wirklich.

Bei den Löchern in den Händen entsteht bei mir das Gefühl, dass das lyrische Ich etwas festhalten möchte, es ihm aber nicht gelingt. Daher auch die Sinnlosigkeit des Versuch - wenn die Hände löchrig sind ist es ja klar, dass man nichts halten kann.
Das Salz lässt mich instinktiv an Tränen denken, v.a., weil danach ja noch die Augenhöhlen erwähnt werden - wobei bei Augenhöhlen bei mir das Bild von einem Totenschädel entsteht, was die ganze Stimmung noch niedergedrückter macht.

Vielleicht hat du ja Lust ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen wink
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crim
Geschlecht:männlichsex, crim & rock'n'roll


Beiträge: 1578
Wohnort: München
Die lange Johanne in Gold Lezepo 2015
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Beitrag02.11.2013 01:26

von crim
Antworten mit Zitat

Hi Valentin,

auch mir ist das Gedicht ein wenig versalzen. Die Löcher in den Händen, da dachte ich, jetzt kommt was mit Stigmata, irgendwas Christliches, das löst sich dann schnell wieder auf und dann rinnt und tropft das Salz von überallher und einmal von den Fingern, dann nochmal durch die Finger.

In der ersten Strophe ist eine Bezugsungenauigkeit: Der Versuch, sie zu füllen, die Finger? Wahrscheinlich eher die Löcher, aber das ist nicht deutlich.

Sinnlos weil ein dunkler Nebel mir die Sicht versperrt.
Abgegriffen? Ja, für mein Empfinden schon. Eine Erde, die kein Vogel je berührt ... Was sagt mir das? Wenig. Ein Vogel steht wohl für Freiheit, für Hoffnung vielleicht auch, aber aus der gesalzenen Erde, die du vorher ganz gut anklingen lässt, lässt sich das für mich nicht richtig zueinander bringen.

 Der Vogel wirkt eher wie ein Fremdkörper im Gedicht. Die schweigenden Blumen gehen eine bessere Bindung mit der gesalzenen Erde ein, aber auch da frage ich mich, ist das nicht irgendwie plakativ gewollt auf lyrisch gemacht: schweigende Blumen. Naja. Nicht so meins.

Das Salz tropft in die Asche meiner Augen. Das find ich nicht mal schlecht. Da könnte etwas drinstecken, das mich anspricht, aber insgesamt bleibt mir das Gedicht sehr inkongruent.

Ich hoffe, du missverstehst das nicht. Ich heiße dich herzlich im Forum willkommen. Nur dein Text hat mich nicht erreicht.

LG Crim
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Valentin.
Schneckenpost


Beiträge: 6
Wohnort: Neben ruhigen Bahngeleisen.


Beitrag02.11.2013 20:28

von Valentin.
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo ihr.

Jetzt, wo ich es mit Gedanken an euer Kritik nochmals durchgelesen habe, fällt mir auch auf, dass da einiges nicht so ganz zusammenpasst.

@ lilli
Das Gedicht soll eigentlich nur eine Situation beschreiben: Die Stimmung des LI durch 1. Löcher und 2. Salz. Gerade versuche ich, das besser zu strukturieren.
Mir ist aber nicht ganz klar, was du mit "gekünstelt" meinst - etwa die Metaphern, die, wie crim meinte, etwas "gezwungen" wirken?
Allerdings finde ich das Bild "Löcher" nicht schief - nur fremd.

@ Liv
Wir hatten gerade das Thema Religion in der Schülerzeitung. Das Gedicht hieß eigentlich "Verlust", damit erkennt man es vll besser. Das LI steht auf einem Friedhof (Blumen, Trauer) und weint/versucht zu weinen.
Es ist aber fraglich, ob auch die Leser das damals erkannt haben. Da bekommt man keine Resonanz, selbst wenn man aus dem Grundgesetz ein dadaistisches Gedicht würfelt und es mit einem fürchterlichen Layout paart.

@ crim
An christliche Stigmatisierung habe ich eigentlich nicht gedacht, nur an das Nicht-halten-können und damit die Handlungsunfähigkeit. Das Wort "Salz" habe ich so oft erwähnt, weil man dazu die Assoziation "getrocknete Tränen" ziehen sollte, die aber trotzdem nicht versiegen.
Zu den Metaphern ... abgedroschen ... vielleicht ... ein wenig. Ich bin gerade am umschreiben, aber die momentane Grab-Metapher wird dir dann wohl auch nicht gefallen ...

Fortsetzung folgt bald.


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Violett, Ode an
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Erman
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 486
Wohnort: Erde


Beitrag02.11.2013 23:34

von Erman
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Hallo Valentin,

ich finde deinen Text sehr interessant! Wäre hier statt von Salz, von Blut die Rede, dann könnte daraus (mit ein bisschen Verfeinerung am Text) ein sehr gutes Vampir Gedicht werden.

ich habe löcher in meinen händen …......................Ich finde diesen Satz einmalig in der Lyrik. Ich kenne es zwar aus Italo-Western, z.B. Django, dem man Löcher in die Hände schießt, damit er keine Waffe mehr benützt. Löcher im Herzen z.B. habe ich auch gelesen. Doch löcher in den Händen, noch nie! Der Gedanke gefällt mir irgendwie.

salz rinnt von meinen fingern …...........................Es erinnert mich zu erst an Salzsäure, dann doch an Tränen, Tränen schmecken salzig.
es erscheint mir sinnlos allein der versuch
sie zu füllen
...........................................................Da frage ich mich was füllen, die löcher in den Händen?  Stopfen oder füllen? Oder nur die Hände mit irgendetwas füllen? Was könnte das LI in so einem Augenblick, in seinen Händen haben wollen? Etwa das Gesicht der Liebsten, Regen, Blumen, Brief? Interessant.

weil ein dunkler nebel
mir die sicht versperrt
…......................................Dunkler Nebel? Wieso dunkel, der Nebel könnte, auch rot, grün, gelb sein, oder eine andere Farbe haben, sozusagen um die Atmosphäre im Gedicht zu unterstützen. Egal ist ja nur eine Geschmackssache. Ein Nebel, der so stark ist, dass man kaum seine Hände vor sich sehen kann? Wie sieht dann das LI, das von den Fingern rinnende Salz?

ich habe löcher in meinen händen
salz in meinen augenhöhlen
salz rinnt durch meine finger
salz tropft hinab
auf eine erde die kein vogel
je berührt
….....................................................Ich denke, es gibt keine Erde auf die keine Vögel hüpfen oder über sie fliegen. Ich denke hier eher an eine ''Böse oder wütende Erde'' als an eine ohne Vögel. Vielleicht aber dachtest du nur an Brieftauben?

das salz sammelt sich
es tropft in die asche

meiner augen in die leere meiner hände
hinunter auf die schweigenden blumen
.....................................Wie soll das Salz in die Augen (in der vorigen Strophe hieß es aber ''Augenhöhlen'') Tropfen? (Weil das LI am Boden liegt?) Und dann durch die Hände - Löcher auf ''schweigende'' Blumen. Wer beweint hier wen? Das LDU das LI, oder umgekehrt? Schweigende Blumen, stimmt schon, doch '''geneigte Blumen'' z.B. wären hier etwas passender.


Alles in allem ein sehr interessanter Monolog des LI im Dichten Nebel, auf eine Erde ohne Vögel mit durchlöcherten Händen und an vier Stellen Salz.


LG Erman


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lilli.vostry
Wortschmiedin


Beiträge: 1219
Wohnort: Dresden


Beitrag03.11.2013 18:57
aw:Löcher
von lilli.vostry
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Hallo Valentin,

wie ich Deiner Antwort entnehme, wollltest Du mit diesem Gedicht die Stimmung auf auf einem Friedhof und Unfähigkeit des LI zu weinen, ausdrücken.
Diese Assoziation hatte ich überhaupt nicht (wie die anderen Kommentierer auch auf die Schwächen der Bilder hinwiesen).

Zumindest lag ich mit meiner Ahnung worum es sich handeln könnte - mit dem Haltlos, wegfließen - nicht ganz daneben...

Das Bild mit den "Löchern in den Händen" erschließt mir aber nicht die Stimmung, die Du nachempfindbar machen möchtest, sondern verschließt, versperrt mir die Sicht und führt m.M. nach weg von der Situation in eine völlig andere Richtung. Ich dachte zunächst auch an Western und dann kurz an den ans Kreuz Genagelten...

Das Bild an sich ist schief, weil es m.E. keine Metapher für etwas ist, jedenfalls wird es mir aus den folgenden Zeilen nicht klar, wirkt weit her geholt, gekünstelt bzw. künstlich.

Ebenso das Salz, dass für "getrocknete Tränen" stehen soll.
Darauf wäre ich nie gekommen.
Du benennst die Begriffe nacheinander, wiederholst  sie, ohne einen ersichtlichen inhaltlichen Zusammenhang herzustellen. Alles bleibt losgelöst und zerfasert.
So haben sie zwar einen gewissen Rhythmus, doch das allein macht für mich noch kein (gutes) Gedicht.

Ich würde empfehlen, weniger Bilder aber sinnfälliger zusammenbringen, was nicht heißt das alles direkt benannt werden muss.

Würde mich interessieren, wie eine neue Fassung dieses Gedichts dann aussieht.

Grüße,
Lilli


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Valentin.
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Beiträge: 6
Wohnort: Neben ruhigen Bahngeleisen.


Beitrag06.11.2013 21:59

von Valentin.
pdf-Datei Antworten mit Zitat

löcher

ich habe löcher in meinen händen
salz in meinen augenhöhlen

löcher halten nichts
es scheint sinnlos
sie zu füllen
weil meine hände nichts halten können

ich habe Löcher in meinen Händen
salz in meinen augenhöhlen

salz fließt von meinen wangen
salz rinnt durch meine hände
salz fällt hinab
auf gesunkene erde und geneigte blumen

ich habe Löcher in meinen Händen
salz in meinen augenhöhlen

das salz sammelt sich
es tropft in die asche
meiner augen in die leere meiner hände
hinunter auf dein grab



Ich habe diesmal einige Metaphern rausgenommen und versucht, ein wenig mehr Struktur hineinzubringen. Jetzt sieht mal vll besser, dass mit Salz Tränen gemeint sind. Das Bild von den durchlöcherten Händen, das lilli kritisiert hat, hab ich aber gelassen, weil ... naja, das ganze Gedicht dreht sich ja darum ...


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Violett, Ode an
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Aranka
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Beitrag09.11.2013 12:39

von Aranka
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Hallo Valentin,

erst mal, willkommen im Forum. Und nun nur kurz zu deinen beiden Texten.
Kurz, da ich erst am Montag wieder Zeit habe mich länger darauf einzulassen, lese sie beide heute zum ersten Mal.

Aus meiner Sicht ist die erste Fassung um vieles besser als die zweite.
Dein Bedürfnis nun dem Leser auch ganz deutlich das Grab vor das Auge zu holen, halte ich nicht für notwendig und auch nicht so gut gelungen.
"Schweigende Blumen" oder "stille Blumen" reicht für mich aus.

Auch passen diese wiederholenden Zweizeiler nicht zum Textton, sie hämmern, und der Ton im ersten Text ist für mich stimmig: ein wenig verlassen, still, leicht düster, traurig eben.

Ich denke, der erste Text bräuchte nur kleine Veränderungen. ich werde mich Montag noch mal melden und mich dann jedoch auf die erste Fassung beziehen.

Schönes Wochenende Aranka


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Aranka
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A
Beitrag11.11.2013 14:03

von Aranka
Antworten mit Zitat

Hallo Valentin,

nachdem ich nun mehrmal beide Versionen gelesen habe, bin ich mir sicher, das die Metaphern „ich habe löcher in den händen“ und auch „salz in meinen augenhöhlen“ dir sehr wichtige Elemente sind.

Die erste lese ich so: das LI kann nichts halten, ihm entgleitet etwas. Das Salz in den Augenhöhlen vermittelt mir so etwas wie „leer geweint“, keine Tränen mehr, nur das Salz ist geblieben, es brennt. So stehen die Eingangzeilen der 2. Version ganz gut da und vermitteln mir „Trauer/Trostlosigkeit“.

Zitat:
ich habe löcher in meinen händen
salz in meinen augenhöhlen


Ob man nun die Formulierung wählt: „ich habe Löcher in den Händen“ und damit auch die Vorstellung der Stigmatisierung/ oder des Gekreuzigten evoziert, oder vielleicht anders formuliert (meine Hände sein durchlöchert /löchrig ) muss der Autor abwägen.

Zitat:
löcher halten nichts
es scheint sinnlos
sie zu füllen
weil meine hände nichts halten können


Jetzt erklärst du deine Metapher. Warum? Traust du der Metapher nicht, oder den Lesern. Das sollten sich vielleicht die Leser alleine erschließen können. Hier wäre vielleicht sinnvoll zu sagen, was das LI hier zu halten oder zu ergreifen versucht. (Die Aussage: „jeder Versuch sie zu füllen ist sinnlos“ wäre mMn genug Ergänzung.)

Zitat:
ich habe löcher in meinen Händen
salz in meinen augenhöhlen


Ob diese Wiederholung die Metapher wirklich intensiviert oder sie gar schwächt, darüber würde ich nachdenken.

Zitat:
salz fließt von meinen wangen
salz rinnt durch meine hände
salz fällt hinab
auf gesunkene erde und geneigte blumen


Hier schubst mich der Autor recht massiv durch die Wiederholung des Wortes „Salz“ und zwingt mich in fast „hämmerndem Rhythmus“ dem Salz Schritt für Schritt zu folgen. Für mich entsteht hier kaum eine Stimmung, auch kein wirkliches Bild. Ich sehe hier nicht mehr das LI, sondern das Salz. „gesunkene erde/geneigte blumen“ Da habe ich das Gefühl, du willst einfach sicher gehen, dass der Leser erkennt, dass das LI vor einem Grab steht.

Zitat:
ich habe löcher in meinen Händen
salz in meinen augenhöhlen


Zitat:
das salz sammelt sich
es tropft in die asche
meiner augen in die leere meiner hände
hinunter auf dein grab


Hier sprichst du es dann nochmals deutlich aus. ich denke, in der ersten Fassung hast du mehr versucht, die Stimmung des LI einzufangen.

Ich würde vielleicht etwas näher an der ersten Fassung bleiben bei den Änderungen. Ich würde auf die Wiederholungen verzichten, vielleicht die beiden Metaphern trennen:

„löcher in den Händen“ und darum die erste Strophe bauen. Sie halten Blumen denke ich, und können doch nichts mehr wirklich halten, vielleicht benennst du diese letzten Blumen, sagst konkret, welche es sind. Gib dem Leser Bilder.

„salz in den Augenhöhlen“ darum könnte die 2. Strophe ranken. Es könnte rinnen, auch auf die Blumen. Das LI sieht verschwommen, selbst der Vogel in der frischen Erde schwemmt davon. Ich weiß nicht warum, aber der Vogel gefällt mir hier. Vielleicht weil er mir ein Bild gibt. Ich stehe auf einem Friedhof, ein frisch ausgehobenes Gab, oder auch ein frisch bepflanztes, warum soll nicht auch da ein Vogel picken, nur das LI ist nicht in der Lage ihn zu sehen in seiner Trauer.

Zitat:
auf eine erde die kein vogel
je berührt


Das Bild verstehe ich nicht ganz, es ist auch immer schwer, etwas zu zeigen, was „nicht“ da ist.

Ich denke du könntest das Bild, das du hier zeichnen möchtest: das LI vor einem Grab, sein Empfinden von Trauer und Leere, in zwei kürzen Strophen und ggf. zwei Schlusszeilen prägnanter auf den Punkt bringen. Du kannst deine Metaphern und Bilder verwenden.

Ich hoffe du kannst mit meinen Gedanken etwas anfangen. Sie zeigen dir meine Leseweise, die natürlich nicht deine sein muss. Das wirst du abgleichen und demnach damit umgehen.

Ich wünsche dir hier im Forum eine für dich erfreuliche und erfolgreiche Arbeit.

Liebe Grüße Aranka


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literaplähn
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Beiträge: 7



L
Beitrag11.11.2013 19:43

von literaplähn
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Hey,

mich erinnerte das Gedicht etwas an die Bergpredigt, sprich "Salz der Erde". Obwohl ich ein unumstößlich Überzeugter Atheist bin muss ich sagen, dass ich die Idee mag, doch die Stimmung ist mir zu "Christlich" und dabei stark aufgesetzt.
Aber vermutlich verstehe ich es nur zu religiös.
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firstoffertio
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Beitrag11.11.2013 22:53

von firstoffertio
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Ich habe das Gefühl, dass hier zu viel Wiederholung drin ist.

Die Löcher in den Händen habe ich als die Zwischenräume zwischen den Fingern verstanden. Auch wenn man sie zusammenquetscht, kann man darin keine Flüssigkeit halten.

Ich lese es, kurz gesagt, so: Li steht am noch nicht zugeschütteten Grab (die Erde, die kein Vogel je berühren wird) und weint und ist noch zu fassungslos, um schon zu trauern. Der Titel Löcher bezieht sich auf die Augenhöhlen, das noch offene Grab, und die zwischen den Fingern, und das Gefühl innendrin in LI.
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