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Arbeitstitel: Verfolgung, Teil des 1. Kapitel


 
 
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Nito
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Beiträge: 105



N
Beitrag08.10.2013 19:26
Arbeitstitel: Verfolgung, Teil des 1. Kapitel
von Nito
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1. Kapitel (Verfolgung)

Ich war als unabhängiger Kameramann auf unzähligen Kriegsschauplätzen gewesen und traf, in der Sicherheit der Hotellobbys abseits der oft grauenhaften Geschehnisse, auch immer wieder auf Ricki. Er gehörte zu denen, die nie in vorderster Reihe standen, dafür am lautesten die wildesten Geschichten zu erzählen wusste. Er war auch der, der immer, egal wo er war, Whiskey oder Frauen auftrieb, der immer wusste, wo eine Party stattfand oder großzügig Runden schmiss. Aber er fand auch immer Wege zu ausgefallenen Interviewpartnern abseits des Mainstreams, und oft hatte er dabei mich mit meiner Kamera mitgenommen. Dank ihm konnte ich an alle große Agenturen meine Fotos verkaufen und hatte bald einen angesehen Namen in der Branche.
Er war auch in der Nähe, als ich das eine Bild zu viel geschossen hatte. Mein Freund, der sich um die Kameratechnik kümmerte und ohne den ich nie unterwegs war, kam bei einer unvorhersehbaren Schießerei in die Schussbahn der Kugel, die mich getroffen hätte. Und ich drückte dabei den Auslöser.
Ich war fertig mit den Kriegen, ich war fertig mit der Kamera, ich war fertig mit meinem Leben. Ricki blieb bei mir während meines Zusammenbruches, und als ich bei der nächstbesten Gelegenheit das Land verließ, begleitete er mich zurück nach Hause. Er überredete mich, zu ihm zu ziehen, was ich eher unbeteiligt mit mir geschehen ließ. Meine bisherige Unterkunft war ohnedies nichts anderes als ein nur mit dem Nötigsten ausgestatteter Stützpunkt zwischen den Reisen zum nächsten Kriegsschauplatz.
Rickis Wohnung befand sich in einem alten zweistöckigen Haus, dessen beide Flügel durch das Treppenhaus getrennt wurden. Auf jedem Stockwerk befanden sich vier große Wohnungen, und Ricki hatte zwei nebeneinanderliegende im ersten Stock erstanden. Er hatte sie zusammengelegt und in einem Teil ein kleines, separates Appartement eingerichtet, in das ich nun einzog. Allmählich wurden Ricki und ich Freunde, trotz unserer gegensätzlichen Art. Ich war immer ein Einzelgänger gewesen, er brauchte Gesellschaft. Doch er ließ mich in Ruhe, und seine Einladungen zu seinen Partys, die er ab und zu gab, blieben angenehm unverbindlich.
Ich dachte über seine Großzügigkeit nicht nach. Doch allmählich bekam ich mit, dass er mehr an meinem Bildmaterial als an mir interessiert war. Aber das änderte nichts an der Dankbarkeit, die ich ihn gegenüber empfand.
Ehe er zum Krisenberichterstatter wurde, war auch er Fotograf gewesen, aber er verfügte nicht über das ‚Kameraauge‘. Allerdings hatte er ein untrügliches Gespür für ein gutes Bild. Und so machte er bald den Vorschlag, als Agent die Vermarkung meiner Bilder zu übernehmen, Ausstellungen zu organisierten, Fotoserien für Bücher zusammenzustellen. Er entpuppte sich als ausgezeichneter Geschäftsmann. Seine vielen Beziehungen waren ihm dabei sicherlich hilfreich, und er war bei seinen Verhandlungen auf charmante Art gerissen. Ich hatte mich um die Preise, die ich schon bekommen hatte, nicht groß gekümmert, und erst durch Ricki verwandelten sich einige meiner Bilder in pures Gold. Ricki nahm jetzt auch andere Fotografen erfolgreich unter seine Fittiche. Später erzählte er mir, dass er das Reporterleben schon länger leid gewesen sei und nur auf eine Gelegenheit gewartet hatte, etwas anderes anzufangen.

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KeTam
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Alter: 49
Beiträge: 4952

Das goldene Gleis Ei 1
Ei 10 Ei 8
Pokapro und Lezepo 2014


Beitrag10.10.2013 08:44

von KeTam
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Hallo Nito,

was du da schreibst klingt interessant. Nur, wie du einsteigst in dein MS, würde mich so nicht packen, nicht zum weiter lesen verleiten.

Mein ganz subjektiver Vorschlag wäre, dass du vielleicht mit einer Szene aus einem der Kriege beginnst, die dein Protagonist erlebt hat, vielleicht schreckt er aus einem Traum hoch oder so was. Dann würde ich mit Handlung im Hier und Jetzt beginnen und all diese Infos über Ricki usw an passenden Stellen einfließen lassen.
So wie es jetzt ist, erhalte ich als Leser zwar sehr viele Informationen, die an sich darauf hindeuten, dass das ein reizvoller Plot sein könnte, aber sie erreichen mich noch nicht wirklich, da ich deinen Protagonisten noch gar nicht kenne.

Lg, KeTam.
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Trearu
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 16
Beiträge: 342
Wohnort: Jenseits der Legenden


Beitrag10.10.2013 11:58
Re: Arbeitstitel: Verfolgung, Teil des 1. Kapitel
von Trearu
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Nito hat Folgendes geschrieben:
Mein Freund, der sich um die Kameratechnik kümmerte und ohne den ich nie unterwegs war, kam bei einer unvorhersehbaren Schießerei in die Schussbahn der Kugel, die mich getroffen hätte.

Wirkt recht umständlich formuliert.
Und wenn man jemanden "Freund" nennt, sollte dessen Tot nicht nur Thema eines Satzes sein.

Ich bin nicht wirklich begeistert von dieser berichtenden Erzählweise.
Ich kann es mir nicht genau erklären aber, nach dem Durchlesen eines solchen Textes frage ich mich oft, was dessen 'Sinn' / 'Ziel' ist.

Leider geht es mir auch mit deinem Text so.
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Nito
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Beiträge: 105



N
Beitrag10.10.2013 20:10

von Nito
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Hallo KeTam,

vielen Danke für deine Rückmeldung.
Was ich aus Unerfahrenheit nicht bedacht habe, ist, wie wichtig die Textauswahl ist. Ich hätte eine spannendere Szene auswählen sollen.
Hier ging es mir darum, den Zusammenbruch des Protagonisten zu erklären, wie es zu seiner Beziehung zu Ricki, mit dem er wenig gemeinsam hat, kommt und er wieder Boden unter die Füße bekommt. Deshalb die vielen Informationen über Ricki, während der Protagonist, noch in seinem Trauma gefangen, tatsächlich wenig Kontur hat. Aus den Kriegserlebnissen und der Beziehung zu Ricki entwickelt sich die weitere Geschichte.
Aber du hast recht, würde ich damit beginnen, wie es zu dem Tod seines Freundes kommt, beginnen, wäre der Leser gleich mit in der Szene und bekäme nicht einfach nur eine Information. Guter Vorschlag, werd ich probieren.
Weshalb dich der kurze Ausschnitt nicht packt, liegt wahrscheinlich auch an meinem „altmodischen Schreibstil“, wie mir ein Leser mal bescheinigte. Ich arbeite dran.

Nochmals Danke für deinen Tipp und dafür, dass du dich mit meinem Text auseinandergesetzt hast.

Lg
Nito
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Nito
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N
Beitrag10.10.2013 20:34

von Nito
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Hallo, Trearu,

wir alle haben das Glück, nicht jeden mit unserer Erzählweise begeistern zu müssen.
Sinn und Zweck ist doch immer, eine Geschichte zu erzählen. Ob sie Interesse erweckt und ob und wie das gelingt, steht auf einem anderen Blatt.

Lg
Nito
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Nito
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Beitrag10.10.2013 20:40

von Nito
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Ich habe vergessen anzumerken, dass mein Text nur 1 1/2 Seiten aus dem 1. Kapitel (7 Seiten) sind.
Ich habe hier gelesen, dass längere Texte nicht so beliebt sind, deshalb hab ich mich beschränkt.

Nito
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Kallistra
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Beitrag10.10.2013 20:50

von Kallistra
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Hallo Nito,
dein Text macht mich neugierig, aber ich kann mir das alles noch nicht so richtig vorstellen.
Ich finde, man erfährt mehr über Ricki, als über den Protagonisten und die Informationen sind für mich leider auch nur Informationen. Für mich müsste das Ganze ein bisschen "persönlicher" sein, indem du einen Einblick in die Gewohnheiten oder Eigenarten des Protagonisten gibst.

Mein Vorschlag für das erste Kapitel: ein gewöhnlicher Tag aus der Sicht des Protagonisten, wobei du die Informationen über Ricki nebenbei erzählst. Oder zumindest etwas in diese Richtung.


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Phenolphthalein
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Beitrag10.10.2013 21:18

von Phenolphthalein
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Hallo Nito,

ich weiß nicht, inwieweit diese Szenerie mit dem Buch tu tun hat, aber offenbar ist das ja nicht die Geschichte (sondern eine Rückblende).
In jedem Fall stimme ich jedem der Vorredner zu.
Eine Rückblende jedoch solltest du kurz halten, oder aber als eigene Szene schreiben und in die Zeit der Geschehnisse wechseln. Ansonsten verfällst du ein eine Flut von Hilfsverben, die sich hier haufenweise finden lassen (teils mit Absicht, ich weiß).
Die fehlende Kontur deines Protas ist dir aufgefallen, aber wie denkst du, das »Problem« zu beheben? Ich frage, weil ich es durchaus auch hier für möglich halte alles etwas anschaulicher zu schreiben.
Versteh mich nicht falsch. Die Idee ist nicht übel, daraus ließe sich etwas machen, aber ohne dass ich es abschließen beurteilen kann, behaupte ich trotzdem, dass dir die Übung bzw. das schreiberische Handwerk fehlt.
Sollte das stimmen, ist das aber nicht wirklich so tragisch, denn vermutlich bist du hier, um deine Skills zu erweitern.

Viele Grüße,

Phenolphthalein


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-Arthur Schopenhauer
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Nito
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Beitrag10.10.2013 21:47

von Nito
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Hallo Phenolphthalein,

Danke für dein Interesse. Ich stell gleich einen weiteren Teil des 1. Kapitels rein, vielleicht bekommt die Geschichte dann mehr Körper.

lg
Nito
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Nito
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Beitrag10.10.2013 21:50

von Nito
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Hallo Kallistra

Es ist nicht wirklich eine Rückblende, sondern fast kurz zusammen, wie der Protagonist und Ricki zusammenkommen und in Folge zusammen arbeiten. Wie schon angekündigt, leg ich gleich mehr Text nach, vielleicht löst das einige Fragen.
Der Charakter des Protagonisten wird im Laufe der Geschichte lebendiger, hoffe ich jedenfalls. Ich denke, das kann ein Problem einer Erzählung in Ich-Form werden. Der Protagonist kann sich ja nur durch das, was und wie er es tut, darstellen. Am Anfang war mir nur wichtig zu zeigen, der Kerl ist am Ende, so am Ende, dass er völlig passiv ist.
Jedenfalls vielen Dank für dein Interesse, vor allem, weil der Text so, wie ich ihn reingestellt hab, wirklich sehr wenig hergibt. Ich bin einfach von einer falschen Prämisse ausgegangen.

Lg
Nito
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Phenolphthalein
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Beitrag10.10.2013 22:03

von Phenolphthalein
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Nito hat Folgendes geschrieben:
Ich denke, das kann ein Problem einer Erzählung in Ich-Form werden. Der Protagonist kann sich ja nur durch das, was und wie er es tut, darstellen.

Das stimmt nicht so ganz. Der Prota kann sich auch über seine Gefühlswelt darstellen. Dazu darfst du aber nicht nur "erzählen" was passiert und wie es passiert.
Vielmehr musst du ihn auch darüber nachdenken lassen und die Situation über ihn bewerten.

Viele Grüße,

Phenolphthalein


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Nito
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Beitrag10.10.2013 22:13

von Nito
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Fortsetzung Kap. 1 (Verfolgung)

Ricki überredete mich, das Fotografieren wieder aufzunehmen. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Semiprominenz hatte Interesse daran, sich und ihre Familie in ihrer eigenen Umgebung abbilden zu lassen. Ich verbrachte dann meist mehrere Stunden oder auch Tage in den Häusern meiner Auftraggeber, zunächst ohne Kamera, bis meine stille Anwesenheit kaum noch wahrgenommen wurde. Oder ich versuchte durch Gespräche eine ungezwungene Situation herzustellen. Vertrauen aufzubauen. So entstanden Fotoserien, aus denen immer ein paar Bilder mindestens gut wurden. Meine Bekanntheit wurde größer, und ich konnte mir die Aufträge bald aussuchen. So ging ich wieder auf Reisen.

Ich hatte im Dezember einen Auftrag in der Nähe von Nizza angenommen. Es war ein trüber, regnerischer Tag, als ich auf dem weitläufigen Anwesen ankam. Ich war in einem Nebengebäude untergebracht, das über allen Luxus verfügte außer einer funktionierenden Heizung. Das machte nichts aus, solange ich im Haus der Familie arbeitete. Es war die Tochter gewesen, die die Idee hatte, Bilder von der Familie machen zu lassen. Allerdings war sie damit nicht nur auf Zustimmung gestoßen. Ihre Eltern, ein Onkel und ihre jüngere Schwester hatten sofort zugestimmt, aber ihre Brüder und deren Familien ließen sich offensichtlich bitten. Sie würden erst in acht Tagen ankommen.
Ich ließ mir Zeit bei meiner Arbeit. Meine Auftraggeberin, Denise, war keine schöne Frau. Groß und grobknochig mit schmalem, zu langgeratenem Gesicht und einer markante Nase, die gut mit dem großzügigen Mund korrespondierte. Dunkle, leicht mandelförmige Augen, die ihrem Gesicht Exquisität verliehen. Jedes Detail für sich schön, zusammen etwas irritierend.
Ich hatte schon lange nicht mehr so viel Freude bei einem Auftrag gespürt wie jetzt, da ich ihr gegenüberstand. In ihrem Wesen war sie unaufdringlich, und sie bewegte sich sicher und natürlich in ihrer Umgebung. Ihre Eltern waren zu sehr darauf bedacht, sich von ihrer besten Seite zu zeigen. Es war ein hartes Stück Arbeit, bis sie wieder so locker waren, dass ich ein paar brauchbare Bilder schießen konnte. Die Schwester war die Schönheit der Familie und konnte das Posieren nicht lassen. Sie würde die Aufnahmen bekommen, die sie haben wollte, für mich würden sie nicht befriedigend sein. Der Onkel nahm alles gutmütig und ohne großes Interesse hin, doch gelangten mir Aufnahmen, die ihn abseits der Gutmütigkeit zeigten: Nachdenklich, müde, aber auch hart und kalt.

Nach drei Tagen hatte ich meine Arbeit vorläufig abgeschlossen. Denise hatte angeboten, mir für kleine Ausflüge in die Umgebung einen Wagen zur Verfügung zu stellen, aber ich würde doch mehr Zeit in meiner kühlen Unterkunft verbringen müssen, als mir verlockend schien. Ich beschloss, meine Freizeit anderswo zu verbringen und mietete ein Auto. Genaue Pläne hatte ich nicht und fuhr, was sich anbot, zunächst nach Avignon. Ich genoss die um diese Jahreszeit fast touristenfreie Stadt und die Schönheit ihrer Umgebung. Mein Reiseziel wurde allmählich konkret. Mich reizte das blutdurchtränkte Land der Katharer und ihrer ehemaligen Hochburg Carcassonne. Hatte ich nicht schon genug von Blut und Krieg? Doch welches Land war je von Krieg verschont geblieben.
Es war schon Nachmittag, als ich die Stadt erreichte. Ich beschloss, mir die Burg für den nächsten Tag aufzuheben und fand ein Hotel am Rand des alten, quadratisch angelegten Teils der Stadt. Ich stellte den Wagen ab und brachte mein Gepäck in die Lobby, den Anmeldungskram wollte ich später erledigen.

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Nito
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Beitrag10.10.2013 22:15

von Nito
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Fortsetzung 2, Kap. 1 (Verfolgung)

Ich betrat die Stadt. Das Licht der Wintersonne traf hart auf die grauen Fassaden der Häuser. Ich schlenderte, die Kamera vor dem Auge, in Richtung der Kathedrale. Zu meiner Verblüffung sah ich, wie eine Straße weiter Ricki, zusammen mit einem anderen Mann, aus einem Café trat. Ich war gerade im Begriff, ihm zuzurufen, als Ricki den Mann an den Schultern packte, ihn gegen die Hauswand stieß und ihm mit dem Handrücken ins Gesicht schlug. Automatisch betätigte ich den Auslöser immer wieder, wie zurückkatapultiert in die Zeiten der Kriege.
Eine große, dunkle Limousine hielt neben den beiden an. Zwei Männer stiegen aus und zerrten Ricki in den Wagen. Der Mann, den Ricki geschlagen hatte, setzte sich scheinbar unberührt auf den Vordersitz. Der Wagen bog in die Querstraße vor mir ein, als ich durch die Linse sah, dass mich der Mann neben dem Fahrer direkt anvisierte. Es war wohl besser für mich zu verschwinden. Mein Gesicht war zwar durch die Kamera nicht zu erkennen gewesen, aber es waren keine Touristen mit Kameras unterwegs, unter die ich mich hätte mischen können. Sie brauchten nur um den Block fahren, dann hätten sie mich.
Ich packte die Kamera in ihre Tasche, zog meine Jacke aus und wickelte die Tasche in ihr ein, aber so war ich der einzige, der bei dem kühlen Wetter im Hemd spazieren ging. Ich wechselte die Straßenseite, behielt aber die Richtung bei. Ein Schuhgeschäft, ein Frisör, fünf Haustüren, ein Papierladen, der geschlossen hatte, weiter über die Straße, ein Geschäft für Damenunterwäsche, weitere geschlossenen Läden, endlich ein Kleiderladen mit einer second-hand-Abteilung. Ich trat ein, zog wahllos einen Mantel von einem Bügel, einen Schal und eine Baskenmütze aus einem Regal und einen Umhängesack von einem Tisch, zahlte, was quälend langsam ging, zog mir die Sachen an, stopfte meine Jacke und die Kameratasche in den Sack und trat wieder auf die Straße. Der Mantel war mir zu groß, egal. Ich zog meine Schultern hoch und schlurfte, leicht gebeugt und den Blick nach unten gerichtet, auf die Kathedrale zu. Es waren jetzt mehr Menschen auf der Straße. Ich kam an eine Kreuzung, die Ampel stand auf rot, eine kleine Menschmenge hatte sich angesammelt. In ihrem Schutz sah ich mich vorsichtig um. Quer über der Kreuzung sah ich die dunkle Limousine stehen. Die Fußgängerampel schaltete auf grün. Ich passte mich dem Tempo der anderen Passanten an, beugte mich beim Gehen noch weiter nach vor und ging mit dem Menschenpulk über die nächsten Kreuzungen. Hinter der Kathedrale waren Parkanlagen und Bushaltestellen. Wenn ich es dorthin schaffte, konnte ich mich mit einem Taxi zum Hotel zurückbringen lassen, und dann nichts wie weg aus dem lieblichen Carcassonne. Ich war sicher, dass Ricki mich nicht gesehen hatte, aber er wusste vom Auftrag in Nizza.
Es war schon fast dunkel, als ich im Hotel ankam. Ich schnappte meinen Koffer, murmelte an der Rezeption etwas von einer dringenden Familienangelegenheit, legte ein großzügiges Trinkgeld auf die Theke und machte, dass ich davon kam. Die Nacht verbrachte ich in einer der einfachen Lastfahrerabsteigen in der Nähe der Küste.
Am anderen Tag kam mir meine Reaktion ein wenig lächerlich vor, gab aber dem vagen Gefühl, das zur Vorsicht riet, nach. Deshalb fuhr ich in das bergige Central massif. Genügend Abstand zu Carcassonne.
Es war zu kalt für die Jacke und deshalb kaufte ich in der nächstgrößeren Stadt einen diesmal passenden Mantel und auch einen neuen Schal und entledigte mich unauffällig der gebrauchtgekauften Kleidungsstücke, die mir so dienlich gewesen waren. Die Mütze behielt ich wegen der Kälte gern. Danach suchte ich ein Fotogeschäft, das mir den Film von Carcassonne entwickeln würde. Die Wartezeit nutze ich für ein frühes Mittagessen und überlegte, wie ich mit den Negativen verfahren sollte. Wenn während ich meiner Arbeit Auftrag keine Möglichkeit hatte, die Filme selbst zu entwickeln, schickte ich sie täglich per Kurier nach Hause zur Agentur, wo sie bis zu meiner Rückkehr in meinem Safe verwahrt wurden. Das schien mir bei diesen Aufnahmen nicht angebracht. Doch zu einer Lösung kam ich nicht.
Ich holte die Negative ab und strolchte unentschlossen durch die Stadt, die mir nichts bot als gleich aussehende Häuserzeilen in wenig unterscheidbaren Grautönen. Ich wusste, dass ich mich in einem der vielen Naturparks der Region befand, und entschied mich für eine ausgiebige Wanderung.
Es begann schon dunkel zu werden, als ich mich auf die Suche nach einem Hotel machte. Schon beim ersten hatte ich das Glück, dass es um diese Jahreszeit geöffnet hatte. Nach dem einfachen, aber ausgezeichneten Abendessen nahm ich mir in meinem Zimmer die Negative vor. Ich hatte schon lange keine Schwierigkeiten mehr, die Negative umgekehrt, also als Positive, zu sehen. Ja, ich hatte mich nicht getäuscht, es war Ricki. Der Mann, den er geschlagen hatte, war schlank und großgewachsen, hageres, markantes Gesicht, mehr weißes als graues Haar. Als der Schlag ihn getroffen hatte, hat er nur kurz gezuckt, sonst hatte er keine Miene verzogen. Er war auch ruhig, fast gelassen in den Wagen eingestiegen. Aber als er mir aus dem Wagen heraus direkt in die Linse geblickt hatte, sah ich den Ausdruck fast unbeherrbarer Wut in seinem Gesicht.
Ricki war außer sich gewesen, das konnte ich erkennen. Er war ein großer schwerer Mann, und es wunderte mich, dass er sich so einfach hatte in den Wagen zerren lassen. Nein, es war weniger ein Zerren als ein sich Führen lassen, wie ich jetzt sah. Es war offensichtlich, dass beide gemeinsam mit dem Wagen abgeholt werden sollten, und die Auseinandersetzung hatte nichts daran geändert. Die beiden anderen Männer hatte ich im Profil und en face. Der Chauffeur, Typ distinguierter Diener, der andere bulliger - vielleicht ein Leibwächter? Jedenfalls kannte ich sie jetzt und würde alle drei überall erkennen.

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Nito
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Beitrag10.10.2013 22:26

von Nito
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Hallo, Phenolphthalein,

natürlich hast du recht, ich hab schlicht und einfach vergessen, das dazu zu schreiben. Klar, das ist sogar das Privileg des Ich-Erzählers, dass er sich über seine Gefühle ausdrückt und durch seine Reflexionen über sein Tun, aber auch über die Reflexionen über das, was um ihn herum passiert oder wie andere auf ihn wirken, zumindest mehr als bei den in der 3. Person dargestellten Protagonisten. Danke für die Ergänzung.

Liebe Grüße
Nito
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Phenolphthalein
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Beitrag11.10.2013 09:04

von Phenolphthalein
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Guten Morgen Nito,

ich gehe jetzt nicht jeden Satz durch, aber deine Art die Geschichte zu erzählen ist »eigen«.
Ich denke, hier sind immer noch viel zu viele Hilfsverben im Text (habe versucht ist zu markieren s.u.), was die Story nicht spannender macht.
Natürlich schriebst du in der Vergangenheit, da rutscht schon mal ganz schnell ein »war« und »hatte« in den Text, manchmal ist das nicht vermeidbar.
Aber wie der Name schon sagt, sollten die helfen ein Vollverb zu erstezen oder zu begleiten (und die Zeit anzeigen).
Hier möchte ich gar nicht zu viel ausholen, denn das hat Ralphie schon getan. Schau hier einfach die Lektion   32 und 33 an.

Zitat:
Ricki überredete mich, das Fotografieren wieder aufzunehmen. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Semiprominenz hatte Interesse daran, sich und ihre Familie in ihrer eigenen Umgebung abbilden zu lassen. Ich verbrachte dann meist mehrere Stunden oder auch Tage in den Häusern meiner Auftraggeber, zunächst ohne Kamera, bis meine stille Anwesenheit kaum noch wahrgenommen wurde. Oder ich versuchte durch Gespräche eine ungezwungene Situation herzustellen. Vertrauen aufzubauen. So entstanden Fotoserien, aus denen immer ein paar Bilder mindestens gut wurden. Meine Bekanntheit wurde größer, und ich konnte mir die Aufträge bald aussuchen. So ging ich wieder auf Reisen.

Ich hatte im Dezember einen Auftrag in der Nähe von Nizza angenommen. Es war ein trüber, regnerischer Tag, als ich auf dem weitläufigen Anwesen ankam. Ich war in einem Nebengebäude untergebracht, das über allen Luxus verfügte außer einer funktionierenden Heizung. Das machte nichts aus, solange ich im Haus der Familie arbeitete. Es war die Tochter gewesen, die die Idee hatte, Bilder von der Familie machen zu lassen. Allerdings war sie damit nicht nur auf Zustimmung gestoßen. Ihre Eltern, ein Onkel und ihre jüngere Schwester hatten sofort zugestimmt, aber ihre Brüder und deren Familien ließen sich offensichtlich bitten. Sie würden erst in acht Tagen ankommen.
Ich ließ mir Zeit bei meiner Arbeit. Meine Auftraggeberin, Denise, war keine schöne Frau. Groß und grobknochig mit schmalem, zu langgeratenem Gesicht und einer markante Nase, die gut mit dem großzügigen Mund korrespondierte. Dunkle, leicht mandelförmige Augen, die ihrem Gesicht Exquisität verliehen. Jedes Detail für sich schön, zusammen etwas irritierend.
Ich hatte schon lange nicht mehr so viel Freude bei einem Auftrag gespürt wie jetzt, da ich ihr gegenüberstand. In ihrem Wesen war sie unaufdringlich, und sie bewegte sich sicher und natürlich in ihrer Umgebung. Ihre Eltern waren zu sehr darauf bedacht, sich von ihrer besten Seite zu zeigen. Es war ein hartes Stück Arbeit, bis sie wieder so locker waren, dass ich ein paar brauchbare Bilder schießen konnte. Die Schwester war die Schönheit der Familie und konnte das Posieren nicht lassen. Sie würde die Aufnahmen bekommen, die sie haben wollte, für mich würden sie nicht befriedigend sein. Der Onkel nahm alles gutmütig und ohne großes Interesse hin, doch gelangten mir Aufnahmen, die ihn abseits der Gutmütigkeit zeigten: Nachdenklich, müde, aber auch hart und kalt.

Nach drei Tagen hatte ich meine Arbeit vorläufig abgeschlossen. Denise hatte angeboten, mir für kleine Ausflüge in die Umgebung einen Wagen zur Verfügung zu stellen, aber ich würde doch mehr Zeit in meiner kühlen Unterkunft verbringen müssen, als mir verlockend schien. Ich beschloss, meine Freizeit anderswo zu verbringen und mietete ein Auto. Genaue Pläne hatte ich nicht und fuhr, was sich anbot, zunächst nach Avignon. Ich genoss die um diese Jahreszeit fast touristenfreie Stadt und die Schönheit ihrer Umgebung. Mein Reiseziel wurde allmählich konkret. Mich reizte das blutdurchtränkte Land der Katharer und ihrer ehemaligen Hochburg Carcassonne. Hatte ich nicht schon genug von Blut und Krieg? Doch welches Land war je von Krieg verschont geblieben.
Es war schon Nachmittag, als ich die Stadt erreichte. Ich beschloss, mir die Burg für den nächsten Tag aufzuheben und fand ein Hotel am Rand des alten, quadratisch angelegten Teils der Stadt. Ich stellte den Wagen ab und brachte mein Gepäck in die Lobby, den Anmeldungskram wollte ich später erledigen.



Dann schlug ich vor deinen Porta mit Bewertungen der Situaiton lebendiger zu machen.
Zitat:
Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Semiprominenz hatte Interesse daran, sich und ihre Familie in ihrer eigenen Umgebung abbilden zu lassen.

Das könnte seine Bewertung sein, aber ...
... was macht sie zur Semiprominenz?
Das Geld und die schicken Anwesen. Zumindest ist es das, was du mir bestenfalls vermittelst. Was du dann aber nicht erklärst:
Warum machen Geld und Anwesen sie zur Prominenz? Steigert den Bekanntheitsgrad, okay. Das kann ich mir vielleicht ableiten, doch ist es nur ein Indiz. Zudem kann es sein, Ass nur ich das denke. Also:
Wie muss ich mir Semiprominenz im Allgemeinen verstellen?
Weißt du das? Denn es muss auf deine Prominenz zutreffen.
Warum sind sie Semiprominent?
Sind sie in ihrer/m Gemeinde, Dorf, Stadt bekannt, darüber hinaus aber nicht mehr?

Natürlich führt es zu weit, all das in einem Satz einzubauen (oder in zwei), aber wenn du solche Wörter einbaust, müssen sie auch eine klare Bedeutung haben.

Ein Beispiel:

Den überwiegenden Teil meiner Aufträge bekam ich von den Dorfprominenzen, deren Einfluss und Bewunderung  sich meist nur auf ihre Gemeinde beschränkte. Häufig schien dieser Status auch nur an ihrem Geld und den schicken Anwesen zu liegen, aber manche zeigten auch ein hohes Maß an Sozialverantwortung (...)

So wie du es schreibst, könnte es aber auch einfach nur ein Faktum sein. (Womöglich willst du das auch, aber Selbst das könnte dein Porta bewerten).

Hast DU keine Meinung? Bestimmt. Dann hat aber sicher auch dein Prota, wenn er lebensecht wirken soll, eine Meinung.
Woran reibt er sich, was gefällt ihm etc.

Da gibt es noch andere Dinge, die ich zerlegen könnte, aber du hast deinen Text in den Einstand gepostet, und um eine detaillierte Kritik zu schreiben, die den Text zerpflückt, fehlt mir im Moment die Zeit.

Die Idee des Textes finde ich aber anständig. Auch was du versuchst auszudrücken.
Dass er versucht ein Teil zu werden, damit er nicht auffällt, dass er mit seinen Fotos »Momentaufnahmen« machen will, oder dass er versucht, sie aus ihrer »Wohlfühlzone« herauszuholen, sind schöne Aspekte. Da könnte man bestimmt auch Konflikte einbauen.

Viele Grüße,

Phenolphthalein


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-Arthur Schopenhauer
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Papagena
rara avis


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Wohnort: zwischen Kisten und Kartons
Ei 8


Beitrag11.10.2013 15:06

von Papagena
Antworten mit Zitat

Hallo Nito!

Nito hat Folgendes geschrieben:
wir alle haben das Glück, nicht jeden mit unserer Erzählweise begeistern zu müssen.


Das ist schon richtig, aber mit der Einstellung kannst du gleich jede Kritik abschmettern. smile
Wenn ich den Thread recht überblicke, hatten wir bisher noch keinen Kommentator, der sagte: „Jau, genau in dem Stil will ich die ganze Geschichte erzählt bekommen!“

Ich habe den ersten Teil gelesen und dachte: „Wann geht es denn endlich los?“ Du präsentierst Hintergrundgeschichte, breitest die Vergangenheit aus, erzählst, wie und warum Ricki und der Prota jetzt zusammenarbeiten. Aber die Geschichte fängt nicht an. Da ist kein echter Haken, mit dem du Leserinteresse angeln kannst. Alles berichtend, keine aktive Szene. Da werd ich als Leser langsam unruhig.

Die Sache ist (wenn ich richtig verstanden habe): Du willst durchscheinen lassen, dass der Prota total durch den Wind ist. Und aus dem Grund verzichtest du darauf, mit einer Szene zu starten? Ich verstehe nicht wirklich, warum ...? Der Erzähler ist das ICH in Echtzeit ... aber was passiert ist, liegt unbestimmte Zeit zurück. Wieso also sollte der Erzähler noch zu verwirrt sein, um "eine ordentliche Geschichte" zu erzählen? Du schießt dir damit selbst ins Bein. Wenn du dir eine Figur ausdenkst und in Ich-Form erzählen möchtest und die Figur ist Analphabet, dann ... schreibst du gar nichts?

Jetzt hab ich das alles geschrieben und will aber gar nicht sagen, dass du deinen Einstieg so nicht machen „darfst“ oder „sollst“. Dürfen darfst du sowieso, aber tun solltest du's natürlich nur, wenn du so gut bist, dass dir die Erzählweise niemand übel nimmt (oder nur wenige oder ein paar mehr -- eben gerade so viele, dass du noch zufrieden bist). Jetzt scheint es halt so, dass ein berichtender Stil über längere Strecken nicht so wahnsinnig häufig zieht. Das behaupte ich jetzt einfach und stütze diese Behauptung darauf, dass man aktive Szenen weit häufiger in der Prosa liest. Show, don't tell. Der ganze Kram.

Fang von mir aus an, wie du anfängst, aber sei dir bewusst, je länger du so berichtest, desto größer ist die Gefahr, dass deine Leserschaft flüchtet. Die Leute sind noch da, weil du einen interessanten Hintergrund geschaffen hast. Die Figuren könnten was sein, der Schauplatz könnte was werden, die Geschichte könnte mich interessieren (das ist geraten, weil ich keine Ahnung habe, was die Geschichte ist). Das sind alles Versprechungen. Fang an, diese zu erfüllen, sonst klappt der gemeine Leser nicht nur das Buch zu, sondern ist außerdem sauer auf dich.

*

Ich habe die folgenden Teile auch gelesen und mir zwischendurch immer wieder gewünscht, du hättest eine aktive Szene aus der Stelle gemacht. Vielleicht beginnst du mit deiner Erzählung zu früh, wer weiß.
Meine Meinung: Wenn du an deinem Einstieg festhalten willst, dann solltest du spätestens im zweiten Teil mit der Berichterstattung brechen, weil es immer ermüdender wird, dem Text zu folgen.

Ach so: Ich finde, du schreibst authentisch. Ich kauf dir dein ICH ab. Was du schreibst ist interessant, da könnte was draus werden.
Ich würde dem ICH nur gerne sagen, er solle erst mal das Geschichtenerzählen über weite Strecken erlernen, bevor er loslegt. wink

Gruß
Papagena


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Trearu
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Beitrag11.10.2013 15:17

von Trearu
Antworten mit Zitat

Ruhig, ruhig, Nito.... Hast du Angst das dir die Leser weglaufen, wenn du nicht alle 5 Sätze die Handlung weitergebracht hast?

Leser sind geduldig. Nicht ohne Grund stehen auf den Bestseller-Listen Bücher in denen die Handlung über Seite, oder sogar Kapitel die nicht ansatzweise voranschreitet.

Mit dem, was du hier in ein paar Absätzen beschrieben hast, füllen andere ein halbes Buch.

Zitat:
wir alle haben das Glück, nicht jeden mit unserer Erzählweise begeistern zu müssen.
Sinn und Zweck ist doch immer, eine Geschichte zu erzählen. Ob sie Interesse erweckt und ob und wie das gelingt, steht auf einem anderen Blatt.

"Erzählen" ist hier das Schlagwort. Versuch es mal mit richtigen "erzählen" anstelle einfach nur "zusammen zu fassen".
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Nito
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Beiträge: 105



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Beitrag11.10.2013 15:30

von Nito
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Hallo, Phenolphthalein,

Dank für deine Bemühungen.
Was die Hilfsverben betrifft, bin ich etwas ratlos. Zum einen, weil im Deutschen das Perfekt und Plusquamperfekt und auch das Passiv (z. B. wahrnehmen werden) mit Hilfsverben gebildet werden, also unvermeidlich sind. Deshalb fallen mir bei den wenigsten von dir angeführten Beispielen Alternativen ein. Klar könnte ich Interessen haben durch sich interessieren ersetzen. Doch beide haben für mich verschiedene Nuancen.

Hilfsverben allein verwende ich nur zweimal: „Es war ein trüber, regnerischer Tag“ und „Es war schon Nachmittag.“ Ansonsten sind es klassische Subjekt-(Hilfs-)Verb-Objekt-Sätze, bzw. Adverbialkonstruktionen, die ein Hilfsverb brauchen, was zugegebenermaßen langweilig wirken kann. Ich bin aber kein Freund von „bunten“ Verben, mags lieber schlicht. Ich sehe dieses Eigensein aber nicht wirklich als Probleme des Textes, sondern als eine Eigenheit des Stils, die man ablehnen kann. Spannend macht so was einen Text wirklich nicht, hier Spannung zu erzeugen, war auch nicht meine Absicht.
Ich habe mir die Lektionen, auf die du hingewiesen hast, angeschaut. Finde darin aber auch keine Lösung für das Problem.

Unter Semiprominenz verstehe ich die Leute aus der Schicht unter den oberen Zehntausend, die Geld und, in diesem Fall, das Geltungsbedürfnis haben, sich von einem Fotografen, der „in“ ist, fotografieren zu lassen. Sie gehören nicht zur eigentlichen Creme de la creme der Gesellschaft. Also oberste Mittelschicht. Diese Familie, das kommt später zur Sprache, sind reiche Fabrikbesitzer, die sich derzeit in ihrem Landbesitz aufhalten. Aber das ist ja nur eine Bezeichnung, die ich gewählt hab, um zu zeigen, mit welcher Klientel mein Protagonist zu tun hat und weshalb er viel Kohle machen kann. Dieses Wort kann leicht ausgetauscht werden.
Und es ist nur ein Faktum, mein Protagonist hat keine Meinung zu seiner Klientel. Sie ermöglicht ihm die Arbeit, die er sehr gern macht. Auch das wird später ausgeführt.

Danke für die Anerkennung für meine Idee. Konflikte bekommt er aber nicht wegen seiner Arbeit, sondern weil Denises Familie in unsaubere Geschäfte verwickelt ist. Der geohrfeigte Typ ist quasi das Familienoberhaupt von Denises Familie und mein Oberbösewicht, und der Protagonist, der eigentlich nur in Ruhe arbeiten will, wird wegen seiner Beziehung zu Ricki, der tief mit drin steckt, und wegen der Fotos mit reingezogen. Zwischen dem Protagonisten und Denise entwickelt sich eine Liebesgeschichte.
Danke nochmal für deine ausführlichen Anmerkungen.

Viele Grüße
Nito
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Nito
Leseratte
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Beiträge: 105



N
Beitrag11.10.2013 17:11

von Nito
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Hallo, Papagena,

das Zitat "Wir alle haben das Glück, nicht jeden mit unserer Erzählweise begeistern zu müssen" ist die Antwort auf Trearus Bemerkung: „Ich bin nicht wirklich begeistert von dieser berichtenden Erzählweise. Ich kann es mir nicht genau erklären aber, nach dem Durchlesen eines solchen Textes frage ich mich oft, was dessen 'Sinn' / 'Ziel' ist. Leider geht es mir auch mit deinem Text so.“
Das ist für mich eine persönliche Ansicht, was für mich völlig ok ist. Ich habe dieser Ansicht die meinige entgegengestellt.
Persönliche Ansichten sind keine Kritik, denn sie stellen keine Diskussionsgrundlage her, wie Kritik es wohl sollte. Deshalb ist, eine persönliche Ansicht zu äußern, auch nicht ein Kritikabschmettern.

Wahrscheinlich werde ich den Einstieg verändern, habe aber noch keine genaue Vorstellung darüber, die müssen wachsen. Danke für die Anregungen.
Gefreut habe ich mich über „Ich finde, du schreibst authentisch. Ich kauf dir dein ICH ab. Was du schreibst ist interessant, da könnte was draus werden.“ Ob der Ich-Erzähler authentisch rüberkommt, das war mir wichtiger als Ideen zum Inhalt. Denn gerade zum  Ich-Erzähler fehlt dem Autor oft die nötige Distanz für eine realistische Einschätzung. Den Inhalt kann man immer ändern, ebenso den Aufbau einer Geschichte. Wenn aber der Protagonist künstlich wirkt, ist es schwierig, ihm im nachhinein Leben einzuhauchen.

Gruß
Nito
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Nito
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Beiträge: 105



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Beitrag11.10.2013 17:14

von Nito
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo, Trearu,

nein, ich hab keine Angst, dass mir Leser weglaufen, wenn ich nicht alle 5 Sätze die Handlung weiterbringe. Ich habe überhaupt keine Angst vor oder um weglaufende/n Leser.

Dein Rat, es mal mit richtigen "Erzählen" statt nur "zusammen zu fassen", macht mich ratlos. Für mich sind die beiden Fortsetzungen des 1. Kapitels gerade keine Zusammenfassung mehr, sondern der Protagonist erzählt, was und weshalb er was tut. So sehe ich das jedenfalls.

Gruß
Nito
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Trearu
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Beitrag12.10.2013 09:41

von Trearu
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Wenn ich mir deinen Charakter beim Erzählen vorstelle, denke ich an jemanden, der vor einen Polizisten steht und kurz und prägnant, die Ereignisse schildert.

Ein Dialog...
Eine Beschreibung des Umfeldes...
Die Gefühle des Protagonisten...
Dessen subjektive Wahrnehmung...
...
Einfach die Beschreibung einer Szene, ohne nach ein paar Worten zur nächsten zu springen...

All das fehlt, um ihn in einen alten Mann, der seine Geschichte beim Lagerfeuer erzählt, zu verwandeln. Smile
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Phenolphthalein
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Beitrag12.10.2013 12:36

von Phenolphthalein
Antworten mit Zitat

Trearu hat Folgendes geschrieben:
Wenn ich mir deinen Charakter beim Erzählen vorstelle, denke ich an jemanden, der vor einen Polizisten steht und kurz und prägnant, die Ereignisse schildert.

Ein Dialog...
Eine Beschreibung des Umfeldes...
Die Gefühle des Protagonisten...
Dessen subjektive Wahrnehmung...
...
Einfach die Beschreibung einer Szene, ohne nach ein paar Worten zur nächsten zu springen...

All das fehlt, um ihn in einen alten Mann, der seine Geschichte beim Lagerfeuer erzählt, zu verwandeln. Smile


Hey Trearu,

dessen dürfte sich Nito vollkommen bewusst sein.

Nito hat Folgendes geschrieben:
Ich bin aber kein Freund von „bunten“ Verben, mags lieber schlicht.


Und dann ist's halt so bzw. es bedarf keiner weiteren Worte.

LG,

Phenolphthalein


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Nichts ist leichter, als so zu schreiben, dass kein Mensch es versteht; wie hingegen nichts schwerer, als bedeutende Gedanken so auszudrücken, dass jeder sie verstehen muss.

-Arthur Schopenhauer
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