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adelbo Reißwolf
Beiträge: 1830 Wohnort: Im heiligen Hafen
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24.09.2013 19:00 Stimmen von adelbo
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Oskar lehnt sich im Sitz zurück, streckt die langen Beine so weit wie möglich von sich, sieht aus dem Fenster. Die Welt huscht vorbei, der Intercity hat seine Reisegeschwindigkeit erreicht. Oskar verliert allmählich den Geruch von Katzen, Hunden, Kaninchen aus der Nase, die täglich in die Praxis seiner Mutter zur Behandlung gebracht werden.
Er spürt Hunger. Nichts Ungewöhnliches, Hunger ist sein ständiger Begleiter. Darin liegt es wohl begründet, dass er als Vierzehnjähriger begann zu kochen. Zur Belustigung der Mutter, die selten kochte und zum anfänglichen Spott der Freunde, entdeckte er die Küche als sein Domizil.
Mit Hingabe schneidet er Gemüse, mariniert, paniert, blanchiert und lässt sich auch von der Entrüstung des Vaters nicht beeindrucken. „Konzentriere dich aufs Eishockey spielen, nur Weichlinge kochen.“ Solche Sätze können ihn, der ansonsten in den Worten des Vaters das Evangelium sieht, wie die Mutter behauptet, nicht abhalten. Aus dem Spott der Freunde wurde Begeisterung, die Küche der Mutter zum Schauplatz ausgelassener Dinnerpartys.
Oskar kramt aus seinem, auf dem Nebensitz abgestellten, Rucksack einen regenbogenfarbigen Behälter hervor, nimmt ein Sandwich heraus und beißt ein großes Stück ab.
„Ist hier noch frei?“ Ein grauhaariger, korpulenter Mann, braun gebrannt, mit zu kurz geratener Anzughose, einer grauen Tasche in der Hand, deutet auf den Sitz gegenüber und setzt sich, bevor Oskar den Bissen herunterwürgen kann.
Der Mann besitzt überraschend blaue Augen, mit tausend Fältchen drum herum. Die Hosenbeine geben blau-weiße Socken frei.
Oskar findet ihn witzig, grinst ihn an.
Der Mann grinst zurück. „Ich hoffe, es geht Ihnen gut, junger Mann?“ Die tausend Fältchen verdoppeln sich.
Aus Oskars offenen Rucksack tönt das Handy. - Mama ruft an -
Oskar holt es heraus, sagt: „Entschuldigen Sie“, zu seinem Gegenüber und hält es an sein Ohr.
„Hallo Mama.“
„Hast du einen Sitzplatz bekommen, Oskar?“
„Ja, der Zug ist heute nicht so voll.“
„Na, dann dauert es ja nicht mehr lange.“ Sie holt tief Luft. „Und er hat dich sechs Wochen in seinen Fängen.“
„Mama!“
„Das ist nur die Wahrheit. Jedes Mal kommst du verändert zurück. Er manipuliert dich.“
„Mama, in sieben Monaten werde ich achtzehn.“
„Na und. Er kriegt dich immer. Bin mal gespannt, was er sich in diesen Ferien einfallen lässt!“
„Mama, hör auf, er ist mein Dad.“
„Das weiß niemand besser als ich.“ Bitteres Lachen. „Denk daran, was du mir versprochen hast.“
„Ja Mama. Ich bin nicht alleine, muss Schluss machen.“
„Melde dich jeden Tag, hörst du.“
„Nicht jeden Tag, Mama. Aber oft, versprochen. Mach es gut.“
Oskar steckt das Handy zurück, gräbt die Zähne in sein Sandwich, schluckt den Seufzer mit dem Bissen herunter.
Der Mann holt aus seiner Tasche eine Tüte mit rotwangigen Äpfeln und ein kleines Messer heraus, legt ein Stück Zeitung über seine Knie und beginnt geschickt einen Apfel zu schälen.
„Fahren Sie auch das erste Mal in diese Richtung?“ Er bietet Oskar ein Stück Apfel an.
„Nein. Seit ich neun bin, verbringe ich die Ferien bei meinem Vater und fahre in diese Richtung.“ Oskar verdrängt den Anblick der schwarzen Ränder unter den Fingernägeln und beißt ein Stückchen Apfel ab.
Der Mann reicht Oskar noch ein Stück, die Hand ist voller Farbflecke, schiebt sich dann nacheinander den Rest des Obstes in den Mund, knüllt die Zeitung mit den Schalen zusammen und legt sie mit der Tüte Äpfel neben sich auf den Sitz. Er greift erneut in die graue Tasche und fördert einen abgegriffenen Block und den Stummel eines Bleistiftes zutage.
Er malt, denkt Oskar. Das zweite Stück Apfel schmeckt gut. Interessiert schaut er zu, wie der Mann den Block auf den Knien richtet, den Stummel zwischen die Finger der rechten Hand nimmt und mit Schwung über das Papier gleiten lässt. Oskar würde gerne malen. Er freut sich. Der erste richtige Maler, dem er begegnet.
- Dad ruft an –
Oskar kramt das Handy hervor, hält es ans Ohr, folgt mit den Augen der Hand.
„Hey Dad.“
„Hallo mein Junge. Wo bist du jetzt?“
„Kann ich nicht genau sagen.“ Oskar sieht auf seine Uhr. „Ich schätze noch knapp drei Stunden, und ich bin da.“
„Du brauchst dich nicht zu beeilen. Ich habe noch in der Kanzlei zu tun. Wird bestimmt nach 20.00 Uhr. Schlüssel hast du ja.“
„Kein Problem Dad. Ich hau mich aufs Ohr.“
„Aber nur so lange, bis ich komme. Ich will mit dir noch weg heute Abend. Den Mief der letzten Monaten vertreiben.“
„Dad, was soll das?“
„Du siehst doch bei deiner Mutter nichts anderes als krankes Viehzeug, mit seinen hysterischen Herrchen und Frauchen.“
„Dad, du weißt, ich liebe Tiere.“
„Was bleibt dir auch anderes übrig. Deine Mutter zwingt dich dazu.“
„Dad, das stimmt nicht.“
„Erzähl mir nichts. Sie will, dass du, genau wie sie, den Kühen mit den Händen im Hintern wühlst.“
„Dad! Tierärzte kümmern sich auch um andere Dinge.“
„Ich sehe schon, sie hat dich wieder mal voll im Griff, mein Junge. Also denk daran, wir ziehen los, wenn ich komme.“
„Ich weiß noch nicht Dad.“
„Sicher, bis nachher.“
Dieses Mal unterdrückt Oskar den Seufzer nicht, während er das Handy zurücksteckt.
Der Mann richtet sich auf, hält sich den Block in einiger Entfernung vor die Augen und sieht abwechselnd zu Oskar hin und auf das Papier. Er nickt, reißt das obere Blatt ab und reicht es hinüber.
„Wahnsinn!“ Oskar sieht sich, die Stirn gerunzelt, die Lippen zusammengepresst, mit dem Handy am Ohr.
„In der kurzen Zeit, toll. Darf ich es behalten?“
- Mama ruft an –
Oskar zögert, sieht dem Mann in die blauen Augen. Der zieht die Schultern hoch, lächelt.
„Mama, was ist denn?“
„Warum bist du so unfreundlich Oskar? Kaum bist du auf dem Weg zu ihm, bist du nicht mehr mein Junge.“
„Das stimmt doch nicht, Mama.“
Der Mann greift nach dem Bleistiftstummel. Oskar beobachtet die Hand, wie sie über das Papier eilt.
„Trink nicht so viel Alkohol Oskar, dein Vater ist Alkoholiker. Sieh dich vor.
„Dad ist kein Alkoholiker.“
„Wer täglich Alkohol trinkt, ist es sehr wohl.“
„Mama!“
„Ist ja gut. Pass auf dich auf Oskar, hörst du?
- Die Fahrkarten, bitte. -
„Ja Mama. Ich muss Schluss machen, der Schaffner will die Fahrkarten sehen. Bis morgen.“
Oskar wühlt in seinem Rucksack, sein Gegenüber zeichnet unbeirrt weiter.
Der Schaffner tritt nahe an den grauhaarigen Mann heran, tippt ihm auf die Schulter. „Na, Doktor, ist es Ihnen in Spanien zu heiß geworden?“
Der Mann hebt den Kopf, grinst den Schaffner an. „Bin gleich fertig.“
„Machen Sie hin, Doktor. Sie haben wieder mal Glück, dass ich Verständnis für Lebenskünstler habe.“
Der Bleistiftstummel schrammt über das Papier, der Mann wischt mit dem Zeigefinger kurz an einer Stelle und richtet sich auf. Er hält den Block wie vorhin mit ausgestreckten Armen von sich, nickt, reißt das Blatt ab.
„Komme schon, Herr Dienstvorsteher.“ Er reicht Oskar das Blatt, räumt den Block, die Äpfel und die Zeitung mit den Apfelschalen, das kleine Messer in seine Tasche.
Oskar hat das Mäppchen gefunden, legt das Blatt zur Seite und gibt dem Schaffner seinen Fahrschein.
Der Mann ist aufgestanden, hebt kurz die Hand.
„Machen Sie es gut, Junge.“ Er wendet sich ab und geht zwischen den Sitzen den Gang entlang.
Eilig markiert der Schaffner die Karte und geht ihm hinterher.
- Dad ruft an -
Oskar greift nach dem Handy, zögert, nimmt das Blatt, nimmt es in beide Hände. Er sieht einen jungen Mann mit seinen Zügen, seinen Locken, mit zusammengepressten Lippen, der vor zwei Gleisen steht. Das linke Auge blickt zum linken Ende der Gleise hin, das rechte zum rechten Ende der Gleise. Dort sind jeweils ein Lautsprecher gezeichnet, aus denen Schallwellen strömen und daneben, zwei abgeknickte Ohren.
Oskar sieht aus dem Fenster. Der Zug verlangsamt die Fahrt, die Bilder werden klarer, die Welt erkennbar.
Er schreckt auf.
- Mama ruft an –
Vorsichtig faltet er die beiden Zeichnungen zusammen, verstaut sie und steht auf. Mit Schwung hievt er eine Reisetasche aus dem Gepäcknetz, schultert den Rucksack und geht in die gleiche Richtung, wie kurz zuvor der grauhaarige Mann und der Schaffner.
Durch zwei Waggons schlängelt er sich hindurch, dann hält der Zug an. Er steigt aus. Nach ein paar Sekunden kann er die Beiden neben dem letzten Waggon ausmachen. Der Schaffner klopft dem Mann auf die Schulter, sieht prüfend am Zug entlang und gibt das Signal zur Weiterfahrt.
Die Waggons rollen langsam an Oskar vorüber. Er beschleunigt seine Schritte, der Mann ist vom Bahnsteig verschwunden. Als der Zug vorbei ist, sieht Oskar ihn über die Schienen laufen.
Oskar blickt nach rechts, dann nach links, steigt die Bahnsteigkante hinab und folgt ihm quer über die Gleise.
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Luvinia Wortedrechsler
L Alter: 29 Beiträge: 71
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lady-in-black Bitte nicht füttern
Beiträge: 1474 Wohnort: Killer Förde
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25.09.2013 11:21
von lady-in-black
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Moin,
bei deinem Text würde ich am liebsten die Notbremse ziehen.
Und zwar deshalb, weil du meiner Meinung fast das Ziel erreicht hast, aber durch eine falsche Weichenstellung drohst, daran vorbeizufahren.
Bitteres Lachen, rotwangige Äpfel, Zähne die sich in ein Sandwich graben und unterdrückte oder nicht unterdrückte Seufzer ... *seufz* (nicht unterdrückt).
Du beherrscht doch die Regeln, also fange endlich an, sie zu brechen! Sei einfach mutiger, löse dich von langweiligen bekannten Phrasen oder Beschreibungen und bringe mehr eigenes, kreatives in den Text ein.
Es gibt im Text viel zu viel "bekanntes", und das nimmt deiner guten Idee die Tiefe, die Ernsthaftigkeit ... und mir als Leser die Motivation, eingehender darüber nachzudenken.
_________________ - Ich würde mich gerne geistig mit Dir duellieren ... aber ich sehe Du bist leider unbewaffnet.
- Nein, Stil ist nicht das Ende vom Besen.
- Ich spreche fließend ironisch, auch im sarkastischen Dialekt. |
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hobbes Tretbootliteratin & Verkaufsgenie
Moderatorin
Beiträge: 4279
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25.09.2013 22:54
von hobbes
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Hallo Unbekannte/r,
hier hat es mich leider von der handwerklichen Umsetzung her einige Male rausgehauen.
Dann der Name, also Oskar. Ich frage mich, ob du mit einem Oskar das gleich verbindest wie ich. Ich neige bei einem Oskar dazu, mir ein kleines, dickliches, naives Kind vorzustellen. Einen Oskar würde ich spontan in ein Bilderbuch stecken. Sätze wie diese
Zitat: | Oskar würde gerne malen. Er freut sich. |
passen prima zu diesem Eindruck.
Mir fällt da spontan Ole Könnecke und "Anton und die Mädchen" dazu ein. Was eigentlich gut ist, denn ich mag Ole Könnecke, muss eigentlich fast immer lachen, wenn ich seine Sachen lese/anschaue.
Das mache ich bei den oben zitierten Sätzen auch, aber hier ist es vermutlich nicht beabsichtigt.
Oder doch? Wie alt ist dieser Oskar? Wirklich noch so klein, wie diese Sätze, sein Name und der Stil glauben machen?
Aber würde er dann Wörter wie "Evangelium" verwenden?
Die Geschichte ist mir für diesen Wettbewerb und im Vergleich mit den anderen fast ein bisschen zu "einfach". Zwei Menschen, zwei Wahrheiten, die an Oskar zerren. Dann kommt jemand, der ihm deutlich macht, das er darauf keine Lust mehr hat. Oskar steigt aus und geht dem Mann hinterher.
Und gerade dieses Ende macht die Geschichte für mich zu leicht verdaulich. Denn eigentlich läuft er jetzt ja nur dem nächsten "Heilsbringer" hinterher. Anstatt (zum Beispiel) nach seiner eigenen Wahrheit zu suchen.
Mir ist das zu schnell, zu leicht, die Figuren zu abgegriffen, zu glatt.
Hört sich jetzt alles ganz schrecklich an, ist aber eigentlich gar nicht so. Die Geschichte ist ja gar nicht verkehrt, sie hat auch einen gewissen Witz (wobei ich mich immer noch frage, ob der beabsichtigt ist), aber wie gesagt für diesen Wettbewerb und im Vergleich zu den anderen, hätte ich ein bisschen "mehr" erwartet.
(Aber - oje - bitte nicht gerade bei meiner Geschichte nach "schau, so macht man das, so stelle ich mir das vor" suchen)
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Lapidar Exposéadler
Alter: 61 Beiträge: 2700 Wohnort: in der Diaspora
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26.09.2013 21:10
von Lapidar
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Schon allein deswegen gut, weil mal niemand stirbt. Lach.
Schöne ruhige Geschichte, die genau das Dilema des jungen Mannes beschreibt, wenn seine Eltern ihre Animositäten sozusagen auf seinem Rücken austragen. Er versucht es allen Recht zu machen. Die Lösung finde ich sehr schön.
_________________ "Dem Bruder des Schwagers seine Schwester und von der der Onkel dessen Nichte Bogenschützin Lapidar" Kiara
If you can't say something nice... don't say anything at all. Anonym. |
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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27.09.2013 22:13
von firstoffertio
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Das ist eine liebe Geschichte, ein wenig arg märchenhaft. Letztlich von beidem etwas zu viel für mich.
Es geht darum, dass Oskars Selbstbild bisher sehr bestimmt ist durch Mutter und Vater, und er sich nicht davon befreit und selbst gefunden hat. Der liebe Maler hilft ihm auf die Sprünge. Insgesamt ist mir diese Behandlung der Vorgaben zu einfach.
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KeTam Ungeduld
Alter: 49 Beiträge: 4952
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28.09.2013 15:03
von KeTam
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Die Idee die verschiedenen Wahrheiten/Lügen aus der Sicht der Eltern zu zeigen, die sich um ein Scheidungskind streiten, find ich frisch. Und auch dass die Wahrheit (?) des Kindes dazwischen liegt.
Nur was mir gar nicht gefallen hat, ist, dass da am Ende eben diese wunderbare Erkenntnis kommt, das Happy End. Naja, mir hätt es ohne besser gefallen.
Aber trotzdem eine schöne Geschichte.
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adelbo Reißwolf
Beiträge: 1830 Wohnort: Im heiligen Hafen
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30.09.2013 12:06
von adelbo
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Gleichgültig was dabei herauskommt, es hat Spaß gemacht.
_________________ „Das ist der ganze Jammer: Die Dummen sind so sicher und die Gescheiten so voller Zweifel.“
Bertrand Russell |
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Kateli Eselsohr
Alter: 47 Beiträge: 256 Wohnort: D-Süd
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30.09.2013 16:50
von Kateli
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Oskar steigt aus ... nachvollziehbar.
Ein paar andere Dinge sind allerdings nicht so nachvollziehbar, warum dieser Teenager zum Beispiel immer noch ans Handy geht, obwohl ihn die Eltern so sehr nerven und mehrmals (eigentlich grundlos) anrufen, obwohl es ihm vor dem Fremden peinlich ist - und sie nicht einfach wegdrückt.
Besonders süß (süß, aber daneben) finde ich die Stelle, wo der Vater den Sohn fragt, wo er denn sei, der daraufhin schätzt, wie lange er noch braucht, und der Vater dann sagt, er bräuchte sich nicht zu beeilen - der Junge sitzt in einem Zug!!! Selbst wenn die Bahn nicht gerade pünktlich ist wie eine Schweizer Uhr, wird dennoch eine Ankunftszeit auf dem Ticket oder im Fahrplan stehen, oder der junge Mann nach fast neun Jahren auswendig wissen, wann der Zug ankommt. Und selbst, wenn nicht - wie sollte er sich denn beeilen? Anschieben?
Sorry, wahrscheinlich ist das einfach eine dieser Stellen, die unfreiwillig komisch rüberkommen können, wollte mich nicht lustig machen.
Dafür ist das Thema viel zu ernst, und ich will gar nicht wissen, wie viele Kinder und Jugendliche tatsächlich so zwischen den Stühlen sitzen und von den getrennten Eltern so beeinflusst werden, dass sie echt nicht mehr zwischen Realität, Übertreibung und schlichter Erfindung unterscheiden können.
Die Idee mit dem Portraitzeichner finde ich an sich ganz gut, auch dass Oskar ihm am Ende folgt und nicht auf den vorgezeichneten Wegen, die andere sich für ihn ausdenken, verharrt, aber in der Umsetzung bleibt das alles zu sehr verschwommen, um wirklich ein Angelhaken zu sein, der sich bei mir festsetzt und mich zum weiter drüber Nachdenken anregt, schade.
LG
Nina
_________________ Zombies just want hugs |
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Kara Eselsohr
K Alter: 46 Beiträge: 293
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K 01.10.2013 08:42
von Kara
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Hallo Inko!
Ich mag Deinen Text, sowohl die Protagonisten, als auch die Idee dahinter. Solide Arbeit, aber im Vergleich fand ich andere besser. Sorry, ich kann es Dir gerade nicht anders erklären, nicht böse sein.
LG, Kara
_________________ ...nur wer sich bewegt, bewegt auch was...
... Gras wächst auch nicht schneller, wenn man dran zieht... |
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gold Papiertiger
Beiträge: 4926 Wohnort: unter Wasser
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01.10.2013 18:15
von gold
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hallo Inko,
eine ganz nette Geschichte, wie sie tagtäglich passieren könnte. Ich würde sie eher der U-Literatur zuordnen.
Lg gold
_________________ es sind die Krähen
die zetern
in wogenden Zedern
Make Tofu Not War (Goshka Macuga)
Es dauert lange, bis man jung wird. (Pablo Picasso) |
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finis Klammeraffe
F
Beiträge: 577 Wohnort: zurück
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F 01.10.2013 18:43
von finis
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Hallo,
Geniale Idee und richtig gut umgesetzt. Das Ausbrechen aus dem elterlichen Einfluss und die eigenen Wahrheiten der jeweiligen Elternteile, das ist echt richtig, richtig gut. Auch mit den Einschüben "Mama ruft an" und so weiter.
Nur eines: Welcher Teenager sagt "Dad"?! Habe ich - hier in Deutschland zumindest - noch nicht gehört. Und bei "Oskar" denke ich sofort an eine deutsche Kulisse. "Papa" hätte ich passender gefunden.
Habe ich sehr gerne gelesen.
Lieben Gruß
finis
_________________ "Mir fehlt ein Wort." (Kurt Tucholsky) |
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Bawali Klammeraffe
Alter: 80 Beiträge: 538 Wohnort: Wettingen, Schweiz
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02.10.2013 09:29
von Bawali
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Nachdem ich alle Beiträge aufmerksam durchgelesen habe, gibt es nun zu jedem eine kurze Anmerkung und eine erste vorläufige Einstufung. Aus meiner natürlich subjektiven Sicht stützt sich meine Einschätzung auf Aussage, Verständlichkeit, Schreibstil und das Handwerkliche des Textes sowie natürlich darauf, ob und wie gut Thema und Zitat umgesetzt wurden.
Der junge Oskar ist gefangen zwischen seinen geschiedenen Eltern. Jedes Elternteil versucht, den Jungen auf seine Seite zu ziehen und zu beeinflussen. An sich eine klassische, leider oft zu findende Lebenssituation von Kindern zwischen ihren Eltern. Ein ernstes Thema gut dargestellt. Allerdings sind sowohl Thema wie Zitat etwas dünn eingearbeitet und im ganzen hätte etwas deutlicher die problematische Situation von Oskar, auch aus seinen Gedanken formuliert, erwähnt werden können.
Die Befederung setze ich im mittleren Drittel an. Die endgültige Federnzahl werde ich erst nach einem weiteren Durchgang, quer über alle Texte vergleichend, setzen.
_________________ Ein Freund ist ein Mensch der dich mag, auch wenn er dich kennt. (frei nach Elbert G. Hubbard) |
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Gast
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02.10.2013 09:52
von Gast
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Hallo
Eine leicht schräge Geschichte, besonders der schielende Blick des Jungen auf der zweiten Zeichnung, der schön illustriert, wie der Sohn in die jeweils "richtige" Richtung gezerrt werden soll, von den Stimmen seiner Eltern.
Der Titel könnte auch heissen: "Der Aussteiger". Eigentlich ist das ganze ja der Beginn einer langen Geschichte, der Text lädt ein zum Weiterspinnen, das gefällt mir.
Lorraine
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ash_p Wortedrechsler
Alter: 35 Beiträge: 51 Wohnort: Berlin
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02.10.2013 10:52
von ash_p
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Die Zerrissenheit von Scheidungskindern wird hier einleuchtend beschrieben. Jedoch ist die Reaktion von Oskar eine total unrealistische. Im echten Leben würde so ein Junge doch niemals aussteigen und einem wildfremden folgen. Nein irgendwie passt das nicht zu Oskar. Die Intention für diese Handlung, für das Aussteigen ist mir nicht einleuchtend genug. Nur wegen einem Bild? Nur wegen der Zerrissenheit, die ihm plötzlivh klar wird, obwohl sie ihm doch eigentlich schon die ganze Zeit klar war? Ich finde der Autor macht es sich hier ein bißchen zu einfach.
Da hätte einfach noch mehr passieren müssen.
_________________ Im Herzen haben wir alle unsere eigene kleine Welt. |
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holg Exposéadler
Moderator
Beiträge: 2394 Wohnort: knapp rechts von links
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02.10.2013 11:09
von holg
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Das ist an sich eine schöne Geschichte über Erkenntnis und und Emanzipation. Der Alte Mann als Katalysator der Entwicklung des Protagonisten, der sich aus dem Geflecht der um Einfluss und Beziehung kämpfenden Eltern befreit.
Ich erlebe hier die Versionen der Wahrheit nicht als Unmöglichkeit, sie mit zu teilen, sondern als mehr oder weniger bewusst negative Darstellung des jeweils anderen und seines Einflusses auf Oskar.
Wie gesagt, schöne Geschichte, gerne gelesen, nur haben sich andere mMn besser mit dem Thema auseinandergesetzt.
Mittelfeld
holg
_________________ Why so testerical? |
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BlueNote Stimme der Vernunft
Beiträge: 7304 Wohnort: NBY
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02.10.2013 14:38
von BlueNote
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Bis auf den Schluss gefällt mir der Text hervorragend. Am Anfang war irgend eine Formulierung verkehrt. Ach, das gibt jetzt trotzdem die Höchstwertung!
Zuerst dachte ich noch, dass mich der Drehbuchstil etwas stört. Aber man liest sich ein!
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Lupo Eselsohr
Beiträge: 364 Wohnort: Pegnesien
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02.10.2013 18:20 Hand(y)zeichen von Lupo
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Viel Verpackung um -zigmal ähnlich gelesene Familienverhältnisse. Die Dialoge halte ich für völlig Handy-untauglich. So sprechen Eltern mit dem Sohn meines Erachtens nur persönlich. Die Idee mit dem Zeichner amüsiert mich. Diese Szene hätte ich mir ausführlicher gewünscht zu Lasten der mobilen Sätze.
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Mardii Stiefmütterle
Alter: 64 Beiträge: 1774
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03.10.2013 11:18
von Mardii
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Oskar ist ein großer Junge von 17 Jahren. Ein wenig naiv und ehrlich. Er blickt schon durch, wenn seine Eltern sich gegenseitig anfeinden. Dabei versucht er nicht für eine der Seiten Partei zu ergreifen, irgendwie liebt er sie doch beide.
Man kann absehen, dass er dabei irgendwann auf der Strecke bleiben wird. Und da kommt der schräge Maler daher und will nichts weiter von ihm, als ihn zu zeichnen. Oskar sieht die Bilder und merkt, der Mann hat ihn richtig erkannt. Was tut Oskar: Er heftet sich an dessen Fersen. Ende der Geschichte.
Das ist ein Jugendlicher auf der Suche nach seiner Identität. Mir scheint, da steckt eine Auslegung des vierten Gebots dahinter. Wenn das Kind sich nicht zwischen einem von seinen zwei Eltern entscheiden darf, wählt es einen anderen, einen dritten Weg.
Das ist sehr unterhaltsam geschrieben, mit einem Hang zur Ernsthaftigkeit.
_________________ `bin ein herzen´s gutes stück blech was halt gerne ein edelmetall wäre´
Ridickully |
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Amaryllis Forenschmetterling
Alter: 38 Beiträge: 1380
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03.10.2013 17:38
von Amaryllis
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Liebe/r Inko,
vorab noch ein paar Worte: Ich persönlich sehe mich nicht als E-Literatur-Expertin, weder in schreibender noch in lesender Form, also nimm es mir bitte nicht übel, sollte ich nicht alles so verstanden haben, wie es vielleicht gemeint war. Zudem habe ich unter einem relativ hohen Zeitdruck gelesen und kommentiert, meine Obergrenze, einen Text zu lesen, lag also bei zwei Lektüredurchgängen.
So, jetzt aber zum Text:
Er ist einer meiner Lieblingstexte. Bei meinen handschriftlichen Notizen am Ausdruck habe ich bei jedem einzelnen Bewertungskriterium ein Plus hingemalt: Zitat, Gleise, Inhalt, Sprache. Der Text ist flüssig zu lesen, man kann mit deinem Prota mitfühlen, das offene Ende regt zum Nachdenken an, verleiht dem Ganzen auch einen leicht märchenhaften Anstrich.
Einziges Wehmutströpfchen: Zweimal hast du die Anführungszeichen vergessen - aber das wird wohl keinen Einfluss auf die Federnvergabe haben.
Meine Bewertung erfolgt, sobald ich alle Texte kommentiert habe.
Alles Liebe,
Ama
_________________ Mein Leben ist ein Scherbenhaufen...
Aber ich bin der Fakir. |
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Babella Klammeraffe
Alter: 61 Beiträge: 884
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03.10.2013 19:03
von Babella
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Sehr lebendig, sehr anschaulich. Sehr gern gelesen!
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Akiragirl Dünnhäuterin
Alter: 33 Beiträge: 3632 Wohnort: Leipzig
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03.10.2013 21:22
von Akiragirl
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Hallo Inko,
dein Text hat viele gute Ansätze, ist mir aber insgesamt nicht stringent genug. Ich mochte die Idee, das Thema auf diese Weise umzusetzen: Dass jemand zwischen 2 Menschen hin und her gerissen ist und sozusagen zwischen zwei Gleisen steht. Ich freue mich insgesamt über jede Geschichte ohne Mord und Selbstmord und Depressionen. Da hat die Geschichte viele Pluspunkte gesammelt. Auch die Themenvorgabe hast du gut umgesetzt; beide Vorgaben, meine ich. Klar erkennbar, nicht zu naheliegend und unoriginell.
Ich verstehe leider oft die Zusammenhänge zwischen Teilen der Geschichte nicht. Vielleicht liegt es gerade an mir, weil es einfach spät ist und ich nicht mehr so gut denken kann, aber was hat die im ersten Teil ausführlich dargestellte Tatsache, dass Oskar gerne kocht, mit dem Rest der Geschichte zu tun? Du lenkst mich als Leser irgendwie in eine Richtung, die dann plötzlich doch nicht eingeschlagen wird. Ich dachte, es wird in der Geschichte jetzt um das Kochen gehen und wie Oskar sich da gegen alle Widerstände durchsetzen muss, aber dann fängt eine ganz andere Geschichte an … Soll der Hunger Oskars hier eine metaphorische Bedeutung haben? Hunger nach Liebe oder sowas? Weil die Eltern nur mit sich selbst beschäftigt sind? Aber da muss man halt schon sehr um die Ecke denken; die Geschichte gibt das im Grunde nicht her. Ist mir nicht stringent genug.
Der Mittelteil der Geschichte ist dann, wie ich finde, recht gelungen. Besonders der Mann, der Oskar zeichnet, hat mir gefallen. Die Gespräche mit den Eltern sind zwar z.T. etwas „too much“, aber für mich noch im Rahmen.
Das Ende verstehe ich dann wieder nicht mehr so richtig. Ja, er will nicht mehr zwischen den Gleisen stehen, zwischen den Lautsprechern seiner Eltern. Aber dass er dann einfach dem fremden Mann folgt? Ist der fremde Mann irgendwie seine innere Stimme? Existiert er eigentlich gar nicht?
Es liegt sicher nicht daran, dass ich keine Fantasie hätte, etwas in die Geschichte hineinzuinterpretieren, aber sie müsste mir da einfach noch mehr Ankerpunkte geben, an denen ich mich entlanghangeln kann. Wenn man in etwas alles und nichts hineinlesen kann, wird es irgendwie beliebig.
Dennoch ist die Geschichte gut geschrieben und lässt sich angenehm lesen. Zudem sind die Vorgaben gut verarbeitet.
Daher gibt es 7 Federn von mir.
Liebe Grüße
Anne
_________________ "Man bereut nicht, was man getan hat, sondern das, was man nicht getan hat." (Mark Aurel) |
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