Dicht im August

[Ralf Langer]

Dicht im August


Biere in den Zeiten der Kohlära?
Das war früher:
jetzt begieße ich meine
stillen Tage im Klischee
mit den Früchten des Korns,
und denke viel an früher;
Ach, so zärtlich war der Dry Gin,
als ich noch Onkel Toms Lütte
schön trank,
bis sie abtauchte
in der leicht verträglichen
Seichtigkeit des Weins.
Aber so ist es
als Mann ohne Leidenschaften:
wem die Runde schlägt,
der muss sie auch bezahlen.
So sitz ich hier
im Restaurant am Rande
des Wahnsinns,
immer auf der Suche
nach dem vergorenen Weib,
mit Satan dem Leisen,
meinem Zauberzwerg,
und warte auf Bordeaux.

[urban savage]

Auf Grund von Inkompetenz kann ich mir über handwerkliches leider kein Urteil anmaßen. Ich muss allerdings feststellen, dass es auf den unbedarften Leser außerordentlich unterhaltend wirkt. Ich wäre vor lauter Unterhaltung fast vom Stuhl gefallen.

[Ralf Langer]

hallo urban,

dann hat es eigentlich seinen sinn erfüllt...

herzlichen gruß
ralf

[Constantine]

Hallo Ralf,

Als du mit der "Kohlära" beginnst, dachte ich, es wird ein ironisches Gedicht, welches den Wandel der Politik mit dem Wandel der Trinkgewohnheiten deines Protagonisten kombiniert. Leider hat sich meine Erwartung nicht erfüllt, sondern es bleibt ein Spiel der Zitate bei einem nicht zu greifenden Protagonisten. Er trinkt und ist irgendwie stets auf Frauenschau, mit "vergorenen Weib" sucht er wahrscheinlich eine Frau mit der gleichen Trinkleidenschaft wie er. Sein Alkoholismus wird nicht greifbar. Frauen kommen im Gedicht bis auf das kleine Mädchen (Lütte) keine vor. Was dein Protagonist an Wahnsinn in seinem Dasein erlebt hat, kann ich nur erraten.

"Als Mann ohne Leidenschaften" passt für mich nicht, weil das Trinken für ihn eine Leidenschaft ist.

Abgesehen vom Wortspiel:
welches "Klischee" ist gemeint?
"Lütte" musste ist googeln. Meinst du damit ein kleines Mädchen, welches sich dein Protagonist schön trinkt? Verstehe ich leider nicht. Hat er bereits im Knabenalter mit dem Trinken begonnen?

"bis sie abtauchte " <-- ist damit weiterhin das kleine Mädchen gemeint?

Eine nette Spielerei ohne Tiefe (leider nicht mehr). Wenn das dein Anspruch war, dann passt es.

LG,
Constantine

[urban savage]

Ich sehe hier eher einen nostalgischen Genießer, der sich schwermütig an bessere Tage erinnert. Er ist ein Mann ohne Leidenschaften, nicht weil er nicht möchte, sondern weil er nicht kann. Was ihm an Genuss geblieben ist wirkt nun weniger reizvoll. Dennoch würde ich hier keinen Säufer mit einem Alkoholproblem sehen, sondern einen etwas wehmütigeren, reifen Mann, der nicht verlernt hat über sich selbst zu lachen. Alkohol ist normalerweise keines meiner Lieblingsthemen, aber hier kann ich den Trinker bedenkenlos sympathisch finden.

[Ralf Langer]

Hallo miteinander:

dies ist was ich eine Fingerübung nenne. Sie besteht aus Buchtiteln und spielt mit homophonien:


Dicht im August  = Licht im August
Biere in den Zeiten der Kohlära = Liebe in den Zeiten der Cholera
Stille Tage im Klischee = Stille Tage in Clichy
Früchte des Korns = Früchte des Zorns
So zärtlich war der Dry Gin = So zärtlich war Suleikin
Onkel Toms Lütte = Onkel Toms Hütte
die leicht verträgliche Seichtigkeit des Weins = Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins
etc pp bis
Warten auf Bordeaux = Warten auf Godot.

Ein Sinn schleicht sich hier nur „seitwärts“ hinein und ist nicht stringend.
Es ist ein Experiment.

Von Zeit zu Zeit entwickle ich solche Texte. Sie helfen mir Worte und ihre Bedeutungen abzuklopfen.

Lg
Ralf

[urban savage]

Wir sind hier in der Unterabteilung Trash und sollten dementsprechnd beurteilen. Natürlich ist es nicht die Neuerfindung des Rades und wenn ein Wortspiel ans nächste gehängt wird, dann geht es auch nicht unbedingt um den weltbewegenden Sinngehalt und die Bedeutung für das große Ganze. Es ist eher Kleinkunst als Hochkultur. Ich habe Wortwitz erwartet und ihn in nett verpackter Form bekommen.

Wie hast du das Gedicht denn geschrieben ? Hattest du zuerst die Buchnamen und hast dann versucht sie irgendwie in einen halbwegs sinnigen Zusammenhang einzubinden, hattest du ne Buchnamenslist oder noch was anderes ?

[Ralf Langer]

hallo urban,

am anfang steht bei sochen stücken so eine art "geistesblitz"

in diesem fall war es "warten auf bordeaux", das gefiel mir, hatte witz.

dann setze ich mich hin, mach ne exeldatei, und notiere buchtitel und daneben entwickle ich homophone oder ähnliche gedanken.
das kann tage oder wochen so gehen.
irgendwann entstehen dann die ertsen verknüpfungen. dann entsteht ein prototext.
irgendwann kommt dann eine idee, hier war es der alkohol als kitt. dadurch fallen viele titel durchs raster.
... et voila fertig...

ein ähnliches beispiel hierfür ist mein stück "dicht er lesen".
wenn du magst kannst du ja mal drüber schauen.

herzliche dank für die aufmerksamkeit
ralf

[firstoffertio]

Ich weiß noch nicht, ob ich hinter alles gekommen bin. Aber mir scheint da so ein Lallen, vielleicht bewirkt durch Alkoholgenuss, enthalten zu sein, und erst mal finde ich das witzig. Dem Ernst muss ich mich später nähern. Diese Zungenschläge habe ich noch gefunden:

Dicht (LICHT?) im August


 Biere in den Zeiten der Kohlära? (KOHL ÄRA/CHOLERA)
 Das war früher:
 jetzt begieße ich meine
 stillen Tage im Klischee
 mit den Früchten des Korns,
 und denke viel an früher;
 Ach, so zärtlich war der Dry Gin,
 als ich noch Onkel Toms Lütte (HÜTTE)
 schön trank,
 bis sie abtauchte
 in der leicht verträglichen
 Seichtigkeit des Weins.( LEICHTIGKEIT DES SEINS)
 Aber so ist es
 als Mann ohne Leidenschaften: (EIGENSCHAFTEN)
 wem die Runde schlägt, (STUNDE SCHLÄGT)
 der muss sie auch bezahlen.
 So sitz ich hier
 im Restaurant am Rande
 des Wahnsinns,
 immer auf der Suche
 nach dem vergorenen Weib, (VERLORENEN)
 mit Satan dem Leisen,(WEISEN)
 meinem Zauberzwerg, (ZAUBERBERG)
 und warte auf Bordeaux. (ich Weiss nicht mehr, wie man sie schreibt: B.B.)

vielleicht waren das nicht alle. Die Vorgehensweise ist witzig, die Botschaft nicht unbedingt.

Edit: Habe inzwischen gesehen, dass du schon erklärt hast. Meine Trefferquote war also unzulänglich, aber auch nicht sooo schlecht.

[holg]

Weinselig, trashig, bibliophil.
Mich hat's gut unterhalten (und ich frage mich schon wieder ob du das alles gelesen hast oder nur mit Titeln protzt. Glaube da fehlt ein s. Weiß aber nicht wo.)
Holg

[Ralf Langer]

hallo holg,
wäre es dir lieber ich sagte dir welche bücher ich davon gelesen habe...
oder wäre es besser für mich, dich im galuben zu lassen, ich hätte sie alle gelesen?

ich sags mal diabolisch: sie stehen alle bei mir im bücherschrank



ralf

[Rübenach]

leicht, locker und mit dem Thema angemessenem Unernst. Die stillen Tage im Klischee sind vielleicht etwas bemüht, (ich nehme an, die hast du gelesen) aber das Warten auf Bordeaux finde ich genial. Mit Freude gelesen.

[Ralf Langer]

hallo rübenach,

ja warten auf bordeaux, das war der öffner...

lg
ralf

[holg]